Anbei das zweite Kapitel von „Uvalog Adventures“. Ich bin gespannt auf euer Feedback!
Gruß
Super Girl
Ein Spion in Bedrängnis (Kapitel II)
„Hast du deine Mission bereits ausgeführt, Junge?“, lautete die erste Frage von Commander Ignaz.
„Noch nicht“, gestand ich.
„Was soll das heißen, noch nicht?“
„Es heißt, dass ich bisher noch nicht dazu gekommen bin“, erwiderte ich in ruhigem Tonfall.
Und fügte rasch hinzu: „Ich bin doch erst einen Tag auf der Neu-Erde. Muss die Mission wirklich so schnell erledigt werden?“
„So schnell wie irgend möglich. Du weißt genau, dass jeder Uvaloger einen wichtigen Teil beitragen muss, damit unsere Gesellschaft funktioniert. Das gilt auch für dich, Arian Cosmin!“
„Das habe ich ja auch verstanden, aber…“
„Nichts aber. Du hast mir Gehorsam geschworen. Also gehorche auch wie ein braver Junge!“
„Aber die Bewohner der Alt-Erde sind mindestens genauso intelligent wie wir. Was ist, wenn sie mich durchschauen und unser geheimer Plan auffliegt? Ist das nicht ein wenig zu riskant? Muss das mit dem Chip implantieren wirklich sein? Es gibt sicher auch andere Mittel und Wege, die Menschheit zu überwachen, oder? Welchen Sinn ergibt diese Aktion eigentlich genau?“
„Was erlaubst du dir eigentlich, Bursche? Du bist auf der Neu-Erde, um einen Befehl auszuführen, und nicht um den Sinn deiner Mission zu hinterfragen!“, donnerte Commander Ignaz nun durch sein PET, sodass es in meinen Ohren klingelte.
„Ja, Sir, das habe ich laut und deutlich verstanden!“, entgegnete ich daraufhin.
„Gut, dann weißt du ja, was zu tun ist, Junge! Und nun geh und enttäusche mich ja nie wieder!“
Klick. Mit diesen Worten hatte Commander Ignaz aufgelegt. Meine Beine schlotterten. Ich wusste im nächsten Moment nicht, ob es eine gute Idee gewesen war meinen Funkpartner zu provozieren. Ich hatte einfach aus dem Bauch heraus geantwortet und wie im Gespräch zuvor hatte mir Commander Ignaz die Leviten gelesen. Puh, das war knapp! Wie gut, dass ich meine Gefühle für Marie nicht erwähnt hatte. Dann wäre er bestimmt total ausgerastet!
„Ach hier steckst du, Cosmin!“, ertönte nur fünf Minuten später eine mir vertraute Stimme. Es war Dylan, der mich beim Verlassen der Jungentoilette entdeckt hatte. Ich seufzte leise. Denn ich wollte nun wirklich meine Ruhe und nicht weiter von Dylan geärgert werden. Darum entgegnete ich: „Lass mich in Ruhe, Watt. Such dir ein anderes Opfer!“ Und fügte noch ein freundliches „Bitte“ hinzu.
Doch Dylan lachte nur, schubste mich gegen die Toilettentür, schlug mir einmal hart ins Gesicht und wollte mir sogar mein PET wegnehmen. Da ertönte eine weitere Jungenstimme: „Hast du nicht gehört, was Arian gesagt hat? Lass ihn in Ruhe und zwar sofort!“ Die dominante Stimme gehörte zu Paul Winter, einem Schüler, den ich bei der Vorstellrunde kennengelernt hatte. Er hatte die gleichen braunen Haare und die gleichen azurblauen Augen wie Marie, deswegen vermutete ich, dass auch er ein Mensch der Alt-Erde war. Und eventuell sogar mit Marie verwandt war. Er half mir auf die Beine und stellte sich demonstrativ zwischen Dylan und mich.
„Es gibt für alles eine friedliche Lösung“, sprach Paul erneut, denn er wollte Dylan nicht provozieren. Dann erklärte Paul uns beiden, was es mit einem Anti-Gravity-Ball-Match im Hyperraum auf sich hatte. Beim Anti-Gravity-Ball musste man einen Ball gegen die Schwerkraft in die Luft befördern und schließlich in einem Korb versenken, was Punkte brachte. Der Hyperraum wiederum war eine virtuelle Zone, die ich bereits aus dem Technik-Unterricht an meiner alten Schule her kannte. Mit einer speziellen Funktion am PET und einer Hyper-Brille gelangte man in den Hyperraum. Dylan war sprachlos, als diese Informationen aus Paul heraus sprudelten!
Nur widerwillig ließ mich Dylan in Ruhe und willigte in den Vorschlag ein, die Angelegenheit mit einem sportlichen Duell im Hyperraum zu klären. Paul durfte Dylans PET einmal kurz halten, um ihm das entsprechende Programm zur Aktivierung des Hyperraums zu installieren. Wie gut, dass Paul auch eine zweite Hyper-Brille besaß, die er Dylan gab. Dann ertönte jedoch der Schulgong, der die große Pause beendete. „Mist, verdammter! Na gut, wir klären das später in einem Duell, Cosmin. Nach Wirtschaftskunde bist du dran, Opfer!“ Mit diesen Worten funkelte mich Dylan noch einmal kampflustig an. Dann rannte er in Richtung Klassenzimmer.
Paul und ich waren die Letzten, die das Klassenzimmer betraten. Wir tauschten noch unsere Persönlichen Elektronischen Nummern unserer PETs miteinander aus. Paul flüsterte mir zu, dass er sich hinter mich setzen würde, um ein Auge auf den frechen Dylan zu werfen. Deshalb schob er, kaum dass er das Klassenzimmer betrat, Jeff beiseite und nahm auf dessen Stuhl Platz.
„Hey, was soll das?“, beschwerte sich sogleich Jeff. Woraufhin Paul mit seinen Fingern zuerst auf seine Augen und dann auf die von Dylan deutete. Diese Geste sollte heißen: „Ich behalte dich im Auge, Freundchen!“
Dann betrat auch schon ein Erwachsener das Klassenzimmer und klopfte dreimal auf das Lehrerpult. Als Marie sich meldete und erwähnte, dass ich neu in der Klasse war und es mit dem Rabauken Dylan besonders schwer hatte, seufzte der Erwachsene, der sich mir als Gabor Prün vorstellte. „Das ist mal wieder typisch für Sie, Herr Watt. Mit diesem Verhalten machen Sie sich keine Freunde!“, sprach der Lehrer in ruhigem Ton. Mir fiel auf, dass er einen dunkelblauen Anzug mit einem Wappen trug, der zu seiner Haarfarbe passte. Ich erkannte einen Mora-Adler, der auf einem Turm saß. „Das ist mein Familienwappen“, bemerkte Herr Prün, von dem ich weiterhin erfuhr, dass er mein neuer Klassenlehrer sein würde. Offenbar war ihm nicht entgangen, dass ich auf das Wappen an seinem Anzug starrte.
Es dauerte nicht lange, um die Klasse zur Ruhe zu bringen, denn Herr Prün kramte in seiner Tasche und beförderte einen Würfel zutage. Ich erkannte den Gegenstand als Holowürfel. Diese Dinger gab es nämlich auch auf Uvalog. Jedenfalls drückte der Lehrer auf einen Knopf. Nur wenige Sekunden später klappte der Würfel von allen Seiten auf und gab einen fünfseitigen holografischen Bildschirm frei. Nur die Seite, auf der er stand, war bedeckt. Trotzdem reichte diese Vorführung, um die Klasse verstummen zu lassen. Der Lehrer zwinkerte mir geheimnisvoll zu. Was das wohl zu bedeuten hatte? Immerhin kannte ich ihn kaum.
Herr Prün war offenbar kein Mann der großen Worte, denn er erklärte mir kurz seine Vorgehensweise im Unterricht. Er setzte auf praxisnahe Beispiele statt grauer Theorie. Bei ihm mussten die Schüler nur einmal im Jahr eine Schulaufgabe schreiben. Bei ihm gab es keine unangekündigten Tests. „Und er gibt uns als Klasse das Gefühl wichtig zu sein“, flüsterte mir Paul von hinten zu. Ich nickte nur mit dem Kopf, dass ich meinen neuen Hintermann verstanden hatte.
Es folgte ein holografischer Kurzfilm über die Entstehung der Marktwirtschaft. Er hieß: „Handel im Wandel“. Gebannt starrten wir auf den ersten holografischen Bildschirm. Herr Prün nannte dieses Unterrichtsmodell „interaktiven Unterricht“, weil wir selbst die holografischen Darstellungen variieren konnten. Je nach Knopfdruck veränderten sich die Informationen und Bilder auf den Bildschirmen. „Aktive Mitarbeit wird mit guten Noten belohnt“, wusste Marie, die rechts von mir saß. Woraufhin Dylan „Streberin“ in ihre Richtung rief.
Die Doppelstunde Wirtschaftskunde verging wie im Flug. Herr Prün musste Dylan mehrmals ermahnen, den Unterricht nicht zu stören. Mein neuer Rivale betonte, dass er lediglich versuchte die Informationen des heutigen Unterrichts auf seine Weise zu verarbeiten. Was auch immer das genau bedeuten mochte. Dylan war irgendwie komisch.
Nach dem Unterricht stürmten alle nach draußen. Nur ich blieb im Klassenzimmer. Ich äußerte dem Lehrer gegenüber, dass mir sein „interaktiver Unterricht“ sehr gut gefallen hatte, worüber er lächelte. Ich stellte mich ihm gegenüber noch einmal ordentlich vor. Da ich diesen Lehrer sympathisch fand, fügte ich hinzu: „Ich suche hier auf der Neu-Erde nach einer Bleibe. Ich komme von einem anderen Planeten und bin nur vorübergehend hier. Ich habe noch keinen Ort, wo ich wohnen kann. Könnten Sie mir bei diesem Problem helfen?“
Die Antwort kam sofort: „Aber selbstverständlich, junger Freund. Ich habe selber einen Sohn in deinem Alter. Er geht in die Parallelklasse und heißt Hector Prün. Ihr werdet euch sicher gut verstehen. Wenn du möchtest, Junge, kannst du vorübergehend bei mir unterkommen. Ich bin sicher, meine Frau hat nichts dagegen. Wie du richtig erkannt hast, sind wir die Nachfahren eines alteingesessenen Clans. Wir sind aufrichtig, ehrlich und bleiben unseren Prinzipien treu.“ Er zwinkerte mir zu. Ich zwinkerte zurück.
Dann stürmte Marie ins Klassenzimmer. „Herr Prün, kommen Sie mal bitte. Dylan schlägt meinen Cousin Paul. Dabei hat er ihm gar nichts getan!“
Sofort seufzten Herr Prün und ich gleichzeitig. „Immer dieser Dylan. Der lernt es echt nie!“ Mit diesen Worten von Herrn Prün eilten wir zu dritt nach draußen.
Auf dem Pausenhof hatte sich eine große Schülerschar gebildet. Die Schaulustigen beäugten das Geschehen vor ihnen. Marie drängelte sich als Erste durch die Menge, dicht gefolgt von Herrn Prün und mir.
„Ich habe doch gar nicht gesagt, dass du ein Monster bist! Also bitte, lass mich in Ruhe!“, betonte Paul.
„Und wieso habe ich dann das böse Wort aus deinem Mund gehört?“ Dylan hatte die Faust erhoben und drohte seinem neuen Opfer.
„Herr Watt, wenn Sie nicht augenblicklich damit aufhören, bekommen Sie einen Schulverweis!“, rief nun Herr Prün lautstark. Da ich neben ihm stand, zuckte ich kurz zusammen. Denn ich wusste nicht, dass mein neuer Klassenlehrer streng sein konnte. Er war offenbar beides: hart, aber gerecht.
Dylan hatte offenbar vergessen, dass wir noch ein Match austragen wollten. Ich hingegen hatte dieses Detail noch lebhaft in Erinnerung. So rief ich nun an meinen Rivalen gewandt: „Lass Paul in Ruhe, Watt! Nimm lieber mich, ich bin viel zäher! Außerdem stimmt es tatsächlich. Deine Monsterkralle ist gefährlich!“
„Was hast du gerade gesagt, Cosmin-Opfer?“
„Also bitte, meine Herren, mäßigen Sie sich!“, donnerte nun die Stimme von Pauker Ronnigan, der Aufsicht hatte.
Ich erwähnte das geplante Anti-Gravity-Ball-Match, welches Paul vorgeschlagen hatte. Herr Prün fand diese Idee super, was er mir sogleich mitteilte.
„Du kannst Ungerechtigkeiten auch nicht leiden, stimmt’s Junge?“ Dieser Satz kam telepathisch, also mit der Kraft seiner Gedanken.
„Stimmt. Dann haben wir direkt was gemeinsam!“
Da sich Dylan jedoch nicht an die Abmachung gehalten hatte, wurde er nun von Pauker Ronnigan hinter sich her gezerrt. „Das gibt noch mehr nachsitzen, Herr Watt. Bis zum Ende des Monats!“
Dylan stöhnte, als er abgeführt wurde, die Menge jubelte und viele Schüler gingen nach Hause, bis nur noch Marie, Paul und ich samt Herrn Prün übrig waren. „Die Gerechtigkeit siegt eben immer!“, jubelte Marie und klatschte mit Paul und mir ein. Dann verabschiedeten wir uns voneinander. Herr Prün hielt sein Wort. Ich durfte ihn sogleich zu sich nach Hause begleiten! Was für ein netter Lehrer!