Überfordert mit dem Story-Einstieg, brauch ein paar Leitplanken

So da ich mich immer mehr in meiner Geschichte vertiefe, fallen mir selber „Unstimmigkeiten“ auf, die mich kreativ werden lassen um das zu korrigieren.

Kurz zum Hintergrund, eine fiktive Geschichte in der Zeit zwischen 1960er und 2020er Jahren in Südkorea. Ich habe genug Material und schreibe los. Ich „denke“ mir, ich werde die Geschichte aus Rückblenden, Tagebüchern und politischer/gesellschaftlicher Ereignisse zusammenfügen und bestimmte Personen in den verschiedenen Kapiteln in den Mittelpunkt stellen. Der Hauptplot entsteht daraus.

Meine Hauptfrage an Euch ist nun: Wieviele Personen „verträgt“ eine Geschichte um nicht unübersichtlich zu werden ? Momentan gibt es ungefähr 6-7 Familien und ein paar Nebenpersonen.
Ich gehe bisher von ca 4-5 Handlungssträngen aus, die dann ineinander aufgehen.

Momentan versuche ich einen Handlungsstrang zu schreiben bis dieser zum erstmal auf einen anderen trifft. Ist das eine sinnvolle Strategie oder beginne ich mich schon so zu verzetteln ?

Mit meiner Visualisierung der Geschichte bin ich noch ganz am Anfang und selbst lese ich sehr wenig, was man Buch nennen kann, somit fehlt mir ein Maß was funktioniert.

Das hängt vom Aufbau der Geschichte ab. Der Aufbau, der für den Leser am übersichtlichsten ist und den man fast unendlich fortführen könnte, wäre eine feste Hauptperson, in die der Leser sich hineinversetzen kann, die zuerst A und dann B und dann C … trifft. So wie Tabaluga, der auf seiner Reise einmal zum Baum und einmal zur Schildkröte kommt; oder wie der Held in einem typischen Actionfilm, dem sich nacheinander beliebig viele Hindernisse und Feinde in den Weg stellen.

Je öfter man zwischen völlig verschiedenen Szenarien und Personen wechselt, desto mehr Konzentration und guten Willen verlangt man dem Leser ab. Wie z.B. „Befehl von Oben“ von Tom Clancy. Ich hab gern den Handlungstrang des US-amerikanischen Präsidenten, seiner Frau und seiner Kinder verfolgt, ich hab auch immer wieder gern zum Handlungsstrang der beiden Spione gewechselt, ich hab den Handlungsstrang des Golfkrieges akzeptiert und den grauenhaften und widerlichen Handlungsstrang der Nonne, die an Ebola erkrankte und als Biowaffe missbraucht wurde, zumindest quergelesen, aber als der langatmige Handlungsstrang der amerikanischen „Mountain Men“, die einen Bombenanschlag auf den Präsidenten geplant hatten, mitten im Buch plötzlich im Nichts endete - ätsch, reingelegt lieber Leser, Ende des Strangs, null Berührungspunkte zu irgendeinem anderen Handlungsstrang - da musste ich das Buch erstmal in die Ecke pfeffern und mir eine längere Pause von diesem Frust gönnen.

Klingt für mich sehr sinnvoll. Beim Zusammentreffen von zwei Strängen muss man dann entscheiden, ob man erstmal einen bis zum Ende entwickelt und später nochmal von vorne neu schreibt, um ihn mit den anderen Strängen zusammenzubasteln, oder ob man schon beim ersten Entwurf an allen Fäden gleichzeitig stricken will. Beides hat Vor- und Nachteile.

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Das wäre „einer“ der Handlungsstränge.
Den werde ich erstmal ausarbeiten und dann mal für die Interessierten posten.

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Boah, da steckt aber viel Arbeit und Planung drin!

Dazu wäre jetzt mein spontaner erster Gedanke, dass das für ein Buch verschlungen und komplex genug ist, auch ohne noch zusätzliche weitere Handlungsstränge. Oder?

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so langsam beschleicht mich der Gedanke auch, da ich hier nur den Plot dieser Geschichte skizziert habe. 16 weitere liegen noch hier ohne Skizze. Der Hinweis ist gut. Ich skizziere mal weiter, auf alle Fälle gab es mir schon einen Schub. Was man nicht sieht, ich habe für einen Teil der Personen schon Bilder. Ich kann sie mir quasi anschauen, wenn ich über die Person schreibe, ebenso gibt es Namenslisten für koreanische Familiennamen und für jeden Charakter passende Koreanische Vornamen. Kein Name (Nach + Vor) sollte somit doppelt vorkommen. Viellicht mache ich mir zuviele Gedanken um Kleinigkeiten.

Noch 16 weitere Plots für dasselbe Buch? Das erscheint mir zu viel.
Wenn ich an die dicke Familiensaga „Dornenvögel“ denke und mir vorstelle, dein Buch wäre fünfmal so dick, weil man ständig zwischen den Familiensagas von 6-7 verschiedenen Familien wechselt … :scream:

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Genau deswegen frage ich, so wie es sich herausstellt, sollte ich den ersten Plot mal komplett durcharbeiten und schreiben. Permanent wechseln würde ich jetzt nicht, aber es gibt momentan 3 Kernfamilien: Lee, „Schuldfamilie“ und Familie Oh, die anderen sind notwendige Verbindungen, die die Geschichte auskleiden. Wichtig ist mir, es soll lesbar und packend sein.

Manchmal hilft es ein bisschen, wenn man schaut, welche typischen Strukturen es für das Genre gibt, und das eigene Projekt mit anderen Büchern aus diesem Genre vergleicht.
Du schreibst einen Generationenroman (auch „Familiensaga“ genannt). Vielleicht kannst du im Internet Aufsätze darüber finden, wie ein Generationenroman normalerweise aufgebaut und strukturiert ist?

Es kann nützlich sein, wenn man ein paar verschiedene „Schablonen“ kennt. So, wie ich mich für meinen Liebesroman mit der 7-Punkte-Plot-Struktur beschäftigt habe, bis ich die wohldurchdachte Entscheidung treffen konnte, dass die Tipps zu Punkt 1 mir weiterhelfen, ich aber die Punkte 5 und 6 in meinem Buch definitiv nicht haben will. :wink:

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Hallo :slight_smile: Die Recherche und die Hintergrundwelt sind nur ein Teil des Puzzles. Z.b könnte ein geneigter Autor „nur“ aus den Fragment des Plots, mit der schwangeren Frau, die „künstlich befruchtet“ stirbt und dessen Fall von der Presse untersucht wird, ein komplettes Buch schreiben.

Was ich sagen will: Du musst herausfinden, welche Geschichte du erzählen willst. Möchtest du ähnlich wie bei der Serie „unsere kleine Farm“ eine Familie (bei dir in Südkorea) begleiten, deren Familien dann alle älter werden und verschiedene Erfahrungen machen? Such dir hier am besten, zwei, drei „Sympathie“ Hauptprotagonisten aus. Je ferner die Bekanntschaften der Protagonisten, desto „skizzenhafter“ die Details über sie. Das wäre meine Empfehlung. Dann bleibt der Fokus auf deine Protagonisten, die sich über die Zeit verzetteln und wandeln. Die anderen Familien sind dann leider nur Kulisse.

Machst du das jetzt mit 6 - 7 Familien mit allen Details, besteht eine hohe Gefahr sich zu verzetteln, oder das Werk zu groß werden zu lassen. Dann schreibe lieber mehrere Bücher :wink:

Du kannst auch zwei, drei Familienmitglieder von den verschiedenen Familien gemeinsam als Freunde altern lassen. Das bietet viel Potential, durch die Veränderungen untereinander, obwohl sie befreundet sind. Hier wäre der rote Faden, dass sie sich immer wieder treffen.

Such etwas, was dein Buch aussagen will. Der „möglicherweise komplexe“ Hintergrund der Welt trägt die Geschichte nicht allein, er sorgt nur für das realistische Empfinden. Deine Geschichte muss einen Zweck verfolgen: Z.b Protagonisten von kleinem Mädchen, dass an das Gute glaubt, zur korrupten Geschäftfrau, deren bester Freund bei der Polizei, es einfach nicht wahrhaben will. (Als Beispiel:)

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Vielen Dank für die Hinweise, ich werde mal meine Plots visualisieren und dann Teile synchronisieren.
Was ich auf alle Fälle dank Euch gemerkt habe, dass ich zuviel auf einmal wollte. Die zentrale Idee sind grob gesagt, die „künstlichen“ Kinder, die Idee mit der Presse und Untersuchung der gestorbenen Leihmutter, ist einen gute Idee für einen Handlungsstrang, danke :slight_smile:

Das klingt eher nach einer Serie von Büchern, so wie bei Bridgerton, wo in jedem Teil eines der Kinder im Focus steht, alle anderen Figuren aber auch vorkommen. Das heißt, du kannst dich völlig auf eine Story konzentrieren. Alle anderen Figuren sind Nebenfiguren und im nächsten Buch wechselt die Perspektive und die Hauptfigur. So hast Du die Arbeit für die nächsten fünf Bücher bereits angelegt, musst keine gute Idee verwerfen und kannst dich völlig frei entfalten.

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Wenn wir bei den Büchern von Julia Quinn sind, wären „Verführt von einer Lady“ und „Geküsst von einem Duke“ ein noch besseres Beispiel, weil diese beiden Bände nicht nacheinander spielen wie die Bridgerton-Reihe, sondern gleichzeitig. Dieselben Ereignisse, von denen man in „… Lady“ gelesen hatte, werden in „… Duke“ aus einer anderen Perspektive erlebt. Ein interessantes Konzept, das mir noch in keiner anderen Buchreihe begegnet ist.

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Ich hab die Bücher nicht gelesen bisher. Nur die Serie gesehen. Die ich übrigens sehr mochte, wegen der starken Frauencharaktere und der unkonventionellen Machart (Musik, Besetzung). Modernes Fernsehen, ein tolles Stück Erzählkino!
Die Bücher hab ich bei Medimops schon auf der Wunschliste.

Danke, die Idee ist super :slight_smile: und würde auch in mein Konzept passen. Ich werde es versuchen.

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