Tränen im Morgentau

Versuch einer literarischen Charakterbeschreibung

Jede Erzählung braucht lebendige Figuren, glaubhafte Charaktere.
Es braucht viel Übung, und noch mehr Erfahrung um einen Romanhelden, Leben einzuhauchen. Hier ein bescheidener Versuch meinerseits.

Tränen im Morgentau

Eigentlich war es ein Tag wie viele andere zuvor.
Acht Uhr morgens, der Tag haderte noch mit der Nacht, an diesem Novembermorgen an dem Rita sich nur widerwillig aus dem Bett trollte.
Sie war etwas zu klein geraten für ihr Gewicht, so jedenfalls sah Sie sich selbst.
Schule dachte Sie, ist das öde!
Schon wieder eine Prüfung in Mathe. Wozu gibt es Computer, Smartphone und Rechner. Aber es half ja alles nichts. Zuhause nervte Mutter, in der Schule der Lehrer. Als kleines pummelige Mädchen kannst du dir deine Gesellschaft nicht aussuchen. Also würgte Sie das Frühstück runter, und machte sich auf den Weg.

Die Schultasche schien Tonnen zu wiegen, und jeder Schritt brachte Sie einen Verweis näher. Ihre Standardausrede, das Sie ihr Aufgabenheft zuhause vergessen hat, würde nicht funktionieren.
Sie wußte es!
Sechs Stunden Unterricht sollten reichen, um alles Wissenswerte zu vermitteln. Hausaufgaben sind ein Mittel staatlicher Unterdrückung um junge Mädchen von ihren Träumen fernzuhalten. Sie war dreizehn, und Sie hatte schon das Erste mal ihre Tage.
Sie war etwas erschrocken, wußte nicht, ob Sie sich schämen mußte. Zuhause sprach man über so etwas nicht. Der Weg zur Schule war endlich, und Rita mußte sich ihrem Schicksal stellen. Sie nahm ihren Platz ein, und platzierte ihre Utensilien aus dem Schreibpult. Die Schulglocke läutete, und die Klassentür öffnete sich, doch nicht der verhasste Mathelehrer trat ein, sondern ein junger, fast knabenhafter Aushilfslehrer, der erklärte, dass er für den kranken Kollegen die Vertretung übernehmen würde.
Ist der schön!
Rita dachte wohl etwas zu laut, den die Mitschüler wandten ihre Köpfe Ihr zu, und begannen lauthals zu lachen. Am liebsten wäre Sie in den Boden versunken. (Wo sind die Götter, wenn man Sie braucht?)
Du bist aber auch sehr hübsch, erwiderte der junge Lehrer rasch, um die Schülerin aus der Situation zu nehmen. Nun war es geschehen, Rita war verliebt. Das erste Mal. Es war die ganz große Liebe, nie würde es einen anderen geben.

…so weit nun mein Versuch, einen fiktiven Charakter zum Leben zu erwecken.

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Hi,
zunächst zu den vielen Fehlern, die mich direkt anspringen:

Novembermorgen an → Novembermorgen, an
sah Sie → sah sie
dachte Sie → dachte sie
Rechner. → Rechner?
würgte Sie → würgte sie

Schon wieder eine Prüfung … → Ab hier startet ein in meinen Augen grundloser Perspektivwechsel. Und auch hier direkt wieder: Also würgte sie …
würgte Sie → würgte sie

Der ganze Absatz bis hierhin bringt leider nichts rüber. Auf mich wirkt er wie Notizen, die du noch verarbeiten möchtest. Zum Formalen: Warum fängst du für beinahe jeden Satz eine neue Zeile an?

brachte Sie → brachte sie
das Sie → dass sie

Also ab hier habe ich trotz der Kürze des Textes keine Lust mehr, weiterzulesen. Leider fehlen jegliche Emotionen, es wird kein einziges Bild erzeugt und es sind einfach zu viele Fehler drin. Da fehlen wirklich die Grundlagen.
Sie schreibt man klein, es sei denn, es wird als Anrede genutzt. Dasselbe gilt für Ihr/ihr
ß wird nur noch eingesetzt, wenn das Wort lang ausgesprochen wird wie zum Beispiel in Fuß. Fluss schreibt man hingegen mit 2 s, weil es kurz ausgesprochen wird.

Der Weg zur Schule war endlich → Was soll das bedeuten?
Sie war etwas erschrocken, wußte nicht, ob Sie sich schämen mußte. → In welcher Zeit soll die Geschichte denn spielen?
mußte sich ihrem Schicksal stellen → Welchem Schicksal

Leider muss ich dir sagen, dass es dir hier noch nicht gelungen ist, deinen Charakteren Leben einzuhauchen. Selbst dann nicht, wenn die ganzen Fehler korrigiert sind. Die Perspektive wechselt ständig. Inhaltlich würde ich den Text in den 1950er Jahren oder noch eher verorten. Das sollte dich jedoch nicht davon abhalten, zu beschreiben wie sich Rita verliebt. Du hast es einfach nur so da hin geschrieben. Da ist kein Gefühl zu spüren. Warum lässt du uns nicht teilhaben an ihren Gefühlen?
Ich liebe kurze Texte, doch bei diesem hier mangelt es nicht nur an den sprachlichen Qualitäten, sondern er ist auch schlichtweg ein wenig zu kurz geraten.

Und was haben plötzlich irgendwelche Götter in deinem Text zu suchen? Das passt nicht zum Schulalltag. Auch nicht zu dem aus den 50er Jahren.

Arbeite am besten den Lehrer zunächst aus. Dann Rita. Die Klassenkameraden brauchst du nicht weiter auszubauen, doch wie sieht Rita aus? Wie sieht der Lehrer aus? „Schön“ reicht mir da nicht. Vielleicht hat er faszinierende Lippen oder betörende Augen oder einfach ein ebenmäßiges Gesicht? Was genau gefällt Rita an dem Lehrer? Vielleicht gar nicht sein Aussehen, sondern sein Gang?
Wenn du diese Fragen alle für dich beantwortet hast, überleg dir das Setting und lass den Leser daran teilhaben.

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Suse hat bereits viel gesagt. Die Rechtschreibung übergehe ich, inhaltlich ist es mir zu sehr eine Faktenaufzählung, aber die die Idee gefällt mir.

Überarbeite es und stelle Version zwei wieder ein.

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Was meine Vorrednerin meinte:
Ein Charakter zeichnet sich nicht durch Aussehen aus.
Es sind Eigenschaften. Die lassen besser in Handlungen/ Gedanken als in Beschreibungen packen. Show don’t Tell.
Mir gelingt das auch nur bedingt. Ich bin da eher der allwissende Erzähler.
Was fühlt sie? Wir reagiert sie? Diese Details machen sie lebendig

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Also erstmal: Wow! Mutig, dass du das hier reinstellst. So, meine ich. Die Kritik, die es jetzt hagelt (durchaus berechtigt) könnte dich weiterbringen. Vielleicht. Der Kontakt mit 13jährigen Mädchen von heute hingegen sicher. Mach das, du kannst nur lernen von den Kids.
Ach ja, der Pauker, den du beschreibst, der steht vor einer Diszi, die sich gewaschen hat. Man sagt als männlicher Lehrer zu einer 13jährigen Schülerin nicht, dass sie „auch sehr hübsch“ ist. (Nabokov, schau runter!)
Sorry. Lass die wirklichen Fachleute drüberlesen. Die sind 13, siehe oben. Und ich empfehle dir, alle Bücher von Tamara Bach, wenn du wirklich gute Charakterbeschreibungen von Teenies sehen willst.
Aber hör nicht auf, zu schreiben. Ich glaube, du hast da eine wichtige Geschichte zu erzählen.

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Hallo @NoName
Du versuchst dich. Das ist in Ordnung. Zur Form will ich mich nicht äußern. Ich kämpfe selbst damit.
Zur Figur.
Du bleibst leider an der Oberfläche, weil du Worte benutzt, um Rita zu zeigen.
Aber dem Leser bereitet es Vergnügen, eine Figur selbst zu entdecken.
Das bedeutet, sage nicht, dass Rita pummelig ist. Deute es an. ( Kleidung, die spannt oder kneift, ein bestimmtes Muster, dass bei ihrer Fülle unvorteilhaft ist, eingeschränkte Beweglichkeit, schnell außer Atem sein usw)
Zeige ihre Gefühle, ihren Widerwillen durch Handlung. Das blöde Matheheft aus der Zimmerecke holen (wo sie es gestern Abend nach vergeblichen Versuch, die Hausaufgaben zu machen, hingepfeffert hat) und mit spitzen Fingern (wie angeekelt) in die Tasche stopfen.
Der Weg zur Schule so anstrengend, als ginge es bergauf und doch wünschte sie sich, er würde nie enden.
Ihre Gefühle beim Anblick des Lehrers: Herzrasen, schwitzige Finger, trockener Mund, hochroter Kopf, nicht antworten können … Es reicht nicht, zu sagen, dass sie schockverliebt ist. Du solltest es so beschreiben, dass der Leser es erkennt, es nachfühlt, sie versteht.
Es läuft darauf hinaus, dass du Rita zeigst, nicht erklärst. Sowohl ihr Äußeres, als auch ihr Innenleben und du solltest bei einer Protagonistin darauf achten, dass der Leser Empathie empfinden kann.

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Toll, dass Du schreibst und super, dass Du so mutig bist Deinen Beitrag zu teilen.
Ich mag Deinen Text nicht zerlegen, daher ein paar allgemeine, ehrlich gemeinte Tipps.

Lies viel. Und alles, was Du besonders toll findest liest Du nochmal doppelt und fragst Dich, WAS so toll an dem Text ist. Das versuchst Du zunächst nachzumachen.

Bestimmte Regeln haben sich bewährt und der Leser erwartet, dass der Text diese einhält. Rechtschreibung, Grammatik zum Beispiel. Das IST wichtig.

Es lohnt sich, wenn man sich beim Schreiben an EINE Perspektive klammert und festbeisst. Das ist für uns Leser einfacher und harmonischer.

Einfach weitermachen, aber fokussierter. Überleg Dir vor dem Schreiben doch einmal, was Du eigentlich erzählen willst. Mach Dir Stichworte zu jedem Punkt und vielleicht sogar zu jedem Absatz. Was will ich mit diesem Absatz ausdrücken? Und ist es wichtig? Geht es deutlicher, kürzer? Wer erzählt in diesem Absatz gerade?

Schreiben ist toll und… lernbar. Aber trotzdem anstrengend und manchmal schwierig.

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Auch wenn es den Eindruck erweckt, wir sind alle überpingelig und wissen alles besser.
Dem ist nicht so.
Wir sind sehr kritisch und meist legen wir den Finger direkt in die Wunde.
Das hat einen guten Grund. Uns ist eine ehrliche, konstruktive und sehr harte Einschätzung wichtig.
Nur so kann man sich verbessern.
Auch wenn der Ton etwas rau ist, es kommt immer ehrlich und von Herzen.
Lasse dich nicht abhalten.
Ich habe bei meinem ersten Versuch ein Buch zu schreiben nur auf meine innere Stimme gehört.
Völlig alleine habe ich es geschrieben, drucken lassen(5 Exemplare) um sie dann nach reiflicher Überlegung in die Feuertonne zu legen. Es war einfach nicht gut. Trotz freundlicher Kritik aus meiner Umgebung.
Auch ich habe hier schon ordentlich den Kopf gewaschen bekommen. Es hat geholfen.

Also nicht unterkriegen lassen.
Horo

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