Hi,
nehmen wir mal an, jemand tötet einmalig einen anderen Menschen aufgrund einer psychischen Störung. Einmalig klingt zwar etwas seltsam, aber ich möchte darauf hinaus, dass mein Protagonist kein Serientäter ist. Der Täter wird gefasst. Er wird verurteilt. Das Urteil wird nicht angefochten und ist rechtskräftig.
Was passiert, wenn eindeutig erwiesen ist, dass der Täter ein psychisches Problem hat?
Kommt er ins Gefängnis für x Jahre (abhängig von der Schwere der Tat)?
Kommt er ins Gefängnis mit anschließender Sicherheitsverwahrung (Reminder: Einzeltat, kein Serientäter, d. h. der Täter war bis zum Tötungsdelikt unbescholten).
Kommt er überhaupt nicht ins Gefängnis sondern in eine geschlossene Psyhiatrie? Wenn ja, gibt es eine Chance auf Entlassung?
Gibt es andere „Bestrafungen“? Vielleicht in Richtung offener Vollzug oder so etwas? Welche Alternativen zum „normalen Knast“ gibt es überhaupt?
Mir reicht es, wenn die Angaben an der Oberfläche bleiben, da mein neuer Roman in der Zukunft spielt und (zumindest bis jetzt geplant) auf den Erinnerungen einer Oma zu besagtem Täter basiert.
Ich nehme an von X bis y alles möglich. Die Frage nach der Schuldfähigkeit liest man ja immer wieder. Vorsatz, Affekt, Gesamtkontext…
Bin ja zum Glück juristisch nur Laie, aber ich denke wirklich, dass von Haft mit Sicherheitsverwahrung (besondere Schwere der Tat und Wiederholungsgefahr) bis zu Bewährung (z. B. nicht zurechnungsfähig und Tod durch Folge ungünstiger Umstände) alles möglich ist.
Ich habe hier DeutschandFunk Nova einen guten Artikel dazu gefunden von/mit einem Juristen.
Die für dich vermutlich hilfreichsten Passagen:
Zitat
Die Sicherungsverwahrung hingegen ist keine Strafe, sondern wird immer dann angeordnet, wenn Richterinnen oder Richter in den Verurteilten eine Gefahr für die Gesellschaft sehen. Eine „vorweggenommene Gefahrenprognose“ nennt es der Jurist. Eine Art Vorsichtsmaßnahme, weil begründeter Verdacht besteht, dass der Verurteilte eine ähnlich schwere Straftat noch einmal begehen könnte.
Zitat:
Zwar sei es unwahrscheinlich, dass gegen einen Ersttäter eine Sicherungsverwahrung verhängt wird, wer allerdings schon viele Straftaten begangen hat, als Wiederholungstäter gilt und als gefährlich für die Gesellschaft eingestuft wird, bei dem kann auch ein Bagatelle-Delikt ausreichen, damit er in die Sicherungsverwahrung kommt.
Also ja, wenn das Gericht meint, dein Ersttäter bedeute eine Gefahr für die Allgemeinheit, kann auch da Sicherungsverwahrung angeordnet werden. So mein nicht-juristisches Laienverständnis des Artikels.
Es gäbe da die Begrifflichkeit der „Eigen- und Fremdgefährdung“. Allerdings aus dem PsychKG. Das kommt im Alltag recht häufig vor.
Vielleicht für eine Zukunftsgeschichte modifizierbar.
Das hängt wirklich sehr vom Einzelfall ab: Art und Schwere der psychiatrischen Erkrankung, Schwere der Tat, Wiederholungsgefahr. In der Regel wird ein forensischer Psychiater mit einem Gutachten beauftragt. Dann ist vieles möglich, von normalem Strafvollzug über Unterbringung in einer forensisch-psychiatrischen Einrichtung oder Suchtklinik (Drogenabhängige) und Massregelvollzug.
Hallo Suse
Ich denke, er könnte in die geschlossene Psychatrie, eventuell in die forensische Psychiatrie eingewiesen werden. Möglicherweise hat er den Mord in einer Psychose, ausgelöst durch Drogen oder im Rahmen einer dekompensierten Schizophrenie begangen.
Viel Spass beim Schreiben.
Wunderbar. Prinzipiell kann ich romantechnisch dann ja wenig bis gar nichts falsch machen. Ich probiere mal verschiedene Versionen aus. Dann sehe ich, was im Kontext am Glaubwürdigsten ist.
Beides passt leider nicht zu meinem Protagonisten. Obwohl ich mich mit Schizophrenie vielleicht auch mal auseinandersetzen sollte. Drogen sind de facto überhaupt nicht im Spiel.
Danke, das ist lieb von dir. Mal sehen, ob ich es lese, weil ich ja noch nicht weiß, ob ich das mit der Schizophrenie nehme. Ich packe es auf jeden Fall in mein pap-Dokument als Reminder, je nachdem, für welche psychische Erkrankung ich mich entscheide.
Hallo Suse,
bei einem Straftäter, der für sich den Anspruch erhebt nicht schuldfähig gewesen zu sein - aufgrund einer psychischen Störung - gibt dies als Verteidigungsgrund an. Das Gericht beauftragt dann einen Gutacher zur Feststellung der Schuldfähigkeit. Wenn der Gutachter zu dem Ergebnis kommt, dass der Täter zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig und somit nicht schuldfähig war, kommt der Täter in eine psychatrische Verwahrung (meistens bei Tötungsdelikten). Obwohl der Täter strafrechtlich nichts zu befürchten hat, dient die Unterbringung in der Psychatrie dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten und der Täter erhält die notwendige Behandlung.
Ich glaube, dass auch ein Gutachten darüber entscheidet, ob der Insasse als gesund erklärt wird und somit auf freien Fuß gelassen wird. (ob hier ein Gutachten eines einzelnen Arztes oder eines Gremiums entscheidet entzieht sich meiner Kenntnis).
… siehe oben. Gutachten durch forensischen Psychiater, oft an Uniklinik angesiedelt, der beurteilt letztlich, ob und in welchem Umfang der Täter zum Tatzeitpunkt schuldfähig war oder nicht; natürlich kann so ein Gutachten auch angefochten werden. Von dem Gutachten jedenfalls hängt es ab, wie es weitergeht. Massregelvollzug ist die „menschenfreundlichere“, therapeutisch betreute Parallele zum Strafvollzug - für psychiatrisch kranke Täter, die einerseits wegen der Schwere der Schuld, andererseits zum Schutz der Allgemeinheit, in Verwahrung genommen werden müssen. Auch hier findet aber permanent therapeutische Arbeit statt und eine Entlassung ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Das hier natürlich immer wieder Fehlentscheidungen passieren, ist hinlänglich bekannt.
Ich habe das eine Zeitlang miterleben müssen/dürfen, als ich, noch auf der Suche „meiner“ Fachrichtung in einer psychiatrischen Universitätsklinik gearbeitet habe und dabei z.T. auch bei forensischen Untersuchungen beteiligt war (in besonders lebhafter Erinnerung habe ich einen älteren Mann aus Österreich, der seine Frau in viele kleine Teile verarbeitet hatte und dann nach Deutschland reiste, wo er nach einer Fahndung festgenommen wurde - es ist übrigens auch für den sehr erfahrenen Psychiater manchmal eine Herausforderung, solche Patienten zu beurteilen. So mancher hat erstaunliches schauspielerisches Talent.)
Ihr Lieben,
ich habe eure Anmerkungen - so wie ich es eigentlich immer mache - auf einem Denkbrett festgehalten. Jetzt muss ich „nur“ noch abhaken, was auf meine Geschichte zutrifft und was nicht und dann kann ich loshämmern.
Oh ha, das nenne ich mal strukturiert. Musst du nur noch Wörter wegstreichen, weil du die Geschichte schon im Kopf hast oder formt sie sich jetzt vor deinem geistigen Auge?
Die Antwort mag komisch erscheinen, aber beides trifft zu. Ich habe eine ungehobelte Geschichte im Kopf, die sich vermutlich während des Schreibens noch drastisch ändern wird bis sie die endgültige Form bekommt. Ich plane immer nur stückchenweise und passe den Plan dann jeweils meinem täglichen Geschreibsel an. Manchmal auch umgekehrt, d. h. dann streiche ich ganze Passagen, weil sie nicht mehr ins Konzept passen, so wie ich sie notizenhaft festgehalten habe. Das ist bei mir ein ständig wechselnder Prozess. Üblicherweise brauche ich dafür 2 Jahre. Ach ja, und das Ende muss ich schreiben, bevor ich die Mitte erledige. Ohne dieses Ziel kriege ich nichts zustande.
Um dir ganz konkret zu antworten: Affekt und Eigengefährdung kann ich schon mal wegstreichen.
Da bin ich ja beruhigt. Ich dachte schon, du hast die Zeltstangen schon aufgestellt und musst nur noch die Zelthaut drüber ziehen. Es klingt nach einem guten Prozess und ist bei mir ganz ähnlich. Nur das Ende schon zu schreiben, bekomme ich nicht hin. Im Moment hilft es mir, einzelne Szenen zu schreiben, die noch nicht offensichtlich zusammen gehören. Einfach das, was schon gedanklich fertig ist, rausbringen.
Viel Spaß beim Schreiben.