Aw: Taktik bei der Verlagssuche
Liebe Jaqueline,
das ist die Frage aller Fragen: Wie komme ich an einen (großen) Publikumsverlag.
Kapitel 1: Ist mein Buch wirklich verkäuflich?
Zuerst würde ich mich sehr kritisch hinterfragen: Habe ich ein Produkt (mein Buch), das in ein Genre passt, das PVe suchen?
Dann würde ich mich noch kritischer Fragen: Genügt es den Ansprüchen, die entgegen landläufiger Meinung, bei PVn recht hoch sind?
Ist mein Buch sprachlich so, dass es mit den Profis der Branche mithalten kann? Ist meine Geschichte stark genug? Besitzt es Fallhöhe, Konflikte und Wendepunkte? Hat meine Hauptfigur Identifikationspotential? Ist meine Story glaubwürdig? Ist mein Buch mehr als eine Sammlung von Klischees oder noch schlimmer ein “Seelenbuch”, in dem ich mir meine Probleme von der Seele schreibe?
Kurz und gut: beherrsche ich das Schreihandwerk aus dem FF?
Publikumsverlage suchen immer nach verkaufbaren Büchern, neuen interessannten Autorinnen und Autoren. Meine Erfahrung ist: Wenn ich ein gutes Projekt habe, kann ich es verkaufen. Kann ich es nicht verkaufen, hatte ich kein gutes (verkäufliches) Projekt.
Kapitel 2: Was müssen Agenten und Verlage über sich ergehen lassen?
Agenten und Verlage erhalten im Jahr im Schnitt (jeweils) 1000 bis 3000 unverlangt eingesandte Manuskripte. Eine Lektorin schlägt sich mit Bergen von seltsamen Ergüssen herum.
Etwa 1 unverlangt eingesandtes Manuskript von tausend schafft den Weg in den Verlag, und nicht als Spitzentitel, das schaffen wiederum nur die Wenigsten der Wenigen.
Dein Exposee muss also richtig gut sein, muss die Lektoren oder Agenten vom Hocker reißen. Ehrlich: Die haben schon so gut wie alles gelesen …
P.S. Verlage wollen Geld verdienen und Agenten auch. Da Agenten auf Provisionsbasis arbeiten (wer das nicht macht, ist unseriös, Finger weg), wollen die natürlich nur Projekte vermitteln, bei denen auch was verdient wird. Agenten bekommen i.d.R. 15% von allem, was ein Projekt einspielt. Deswegen vermitteln gut Agenten auch nicht an kleine Verlage, weil da nicht viel zu holen ist.
Kapitel 3: Geduld und nochmal Geduld
Du bist von deinem Buch überzeugt, du weißt, dass dein Exposee das Beste vom Besten ist, das du liefern kannst, hast es von ECHTEN kritischen Lesern lesen lassen, hast es zwanzigmal oder fünfzigmal überarbeitet, bis du es fast auswendig kanntest und es immer noch gut findest.
Du schickst es an eine Agentur. Du wirst abgelehnt. Das passiert die bei fünfzig oder mehr Agenturen. (Ich glaube es gibt z.Z. etwa 50 seriöse Lit.Agenturen in Deutschland. Dabei sit die Größe der Agenturen nicht entscheidend für den Erfolg. Auch Ein-Personen-Agenturen arbeiten sehr effektiv!!)
Wenn du Glück hast, bekommst du von den Agenturen Feedback - das ist unbezahlbares Insiderwissen. Auch wenn es zwickt und du wütend wirst: Hör drauf, nimm es ernst. Die haben es nicht nötig, dich zu dissen.
Keine Agentur will dein Projekt vertreten, so weit so schlecht. Das wäre für mich der Punkt, an dem ich sagen würde: Okay, das war nix, auf zum nächsten Projekt.
Du kannst dann noch die Verlagsrunde machen, aber die Chancen bei einem PV angenommen zu werden stehen schlecht, wenn alle Agenten dich abgelehnt haben.
Die gute Nachricht: Wenn du ein **neues **Projekt hast, kannst du alle Agenten und alle Verlage nochmal anschreiben - denn jedes Projekt ist anders, du bist nicht “verbrannt”, nur weil du mal abgelehnt warst.
Es kann sein, dass erst dein zehntes Projekt eine Verlagsheimat findet. Wenn du aber mal in einem großen PV bist, hast du gute Chancen auch drin zu bleiben, mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt.
Und die Projekte, die kein Verlag will, die kannst du ja immer noch selbst unter die Leute bringen. SP war noch nie einfacher als heute, und die Chancen damit erfolgreich zu sein, stehen besser, als ein Jackpot im Lotto.
So weit in aller Kürze.
Ich wünsche dir viel Erfolg und viel Kraft
LG
Martin