Täterperspektive

Liebe Freunde der Spannungsliteratur,
in meinem Schreibumfeld gibt es aktuell stark polarisierende Kontroversen zum Thema Täterperspektive. Wie steht ihr dazu; sowohl als Leser, als auch als Autor?
Ich liebe Täterperspektiven, schließlich sind doch die Antagonisten wichtige Figuren und es wert, ordentlich charakterisiert zu werden und eine entsprechende Entwicklung zu durchlaufen, oder? Das wiederum finde ich aber als Autor extrem anspruchsvoll umzusetzen. Setzt ihr sie ein? Wie handelt ihr das? Widmet ihr ihnen einen eigenen Nebenstrang? Hin und wieder ein kleines Kapitel? Oder streut ihr nur vereinzelte Gedanken ein? Das alles ohne all zu weit vom Kernthema abzuweichen, keinen Info-Dump zu fabrizieren und den Leser nicht zu verwirren? Meist bleibt der Täter über weite Verläufe ein großer Unbekannter und tritt erst im Showdown aus seinem Schatten. In meinen Augen zu spät, um noch großartig Figurenentwicklung zu betreiben. Umgekehrt muss sich der Autor ein bisschen in die Karten schauen lassen (zu Lasten der Spannung?) wenn er Täterperspektiven zu früh bringt, obwohl ich sie rein dramaturgisch am liebsten in der Exposition sehen würde. Freu mich auf eure Meinungen und Tipps! Danke!

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Ich nutze die Täterperspektive nur sehr sparsam. Wenn es erforderlich ist, zu erklären, wer die handelnde Person in einem Kapitel ist. Mehr nicht.

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Kommt ja sehr auf die Idee der Gesamthandlung an.
Von kurzem Bewusstseinsstrom bis hin zu dem gesamten Roman aus Täterperspektive geht ja alles.
Die Frage ist ja, welchem Protagonisten folgt man denn mit Dir?
Beispiele:
„Hannibal“ folgt über weite Strecken der Perspektive Lekters.
Holmes und Millionen Krimis ausschließlich der der Ermittler.
Mr Mercedes hat Kapitel aus Täter und Ermittlersicht.
JAWS hat kurze Perspektiven aus der Sicht des Hais.

Alles plottbar.

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Henning Mankell beherrschte es auch meisterlich, Täterperspektiven in seine Thriller einzubinden, Und das so, dass die Spannung davon enorm profitierte.

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In Notizen zu einer Hinrichtung wird das super gemacht. Ist aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben, immer Kapitelweise.

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Danke für deine Antwort, so praktizieren es tatsächlich die meisten, was ich eigentlich schade finde, weil ich z.B. die Psyche eines Mörders sehr spannend finde. Oder Geschichten, in denen die Beweggründe des Antagonisten so nachvollziehbar und anschaulich beschrieben sind, dass man am Ende sogar Sympathien für selbst den übelsten Bösewicht entwickelt.

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Danke Michel,
ja, tatsächlich ist die Täterperspektive eine Frage der Dosis und des Plots. Storys, deren Hauptstrang aus Perspektive des Täters geschrieben sind, liebe ich . Bei meinem aktuellen Projekt (Krimi - hauptsächlich aus der Perspektive der Ermittlerin) geht es mir darum, die Täterperspektive (paranoid schizophren, mordet fremdbestimmt) latent einfließen zu lassen … bezüglich Recherche zum Krankheitsbild habe ich prima Kontakte zu einer forensischen Klinik, in der daran erkrankte Gewaltverbrecher untergebracht sind. Nur die literarische Umsetzung bereitet mir gerade Sorgen …

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Hallo Heather, danke! Ja, wahrlich ein super Beispiel! Genau da möchte ich hin: Die Spannung von der Täterperspektive profitieren zu lassen!!! Das trifft den Nagel auf den Kopf. Aber wie du geschrieben hast, Mankell beherrscht das meisterlich! Und das ist der springende Punkt. Ein steiniger Weg, diesen Level zu erreichen, ohne einen Meister zu kopieren …

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Hallo Hannah, das Buch kenne ich tatsächlich noch nicht, werde es mir aber umgehend besorgen. Allein der Titel verspricht viel. Danke für den Tipp!

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Analysiere, welchen Kniff Dir bei anderen Autoren so gut gefiel, und dann experimentiere, probiere aus, welcher Weg allein Deiner werden könnte. ‚Versuch und Irrtum‘, in fast allen Bereichen hilfreich. :grinning:

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Ich habe Täterperspektiven in anderen Büchern positiv gefunden, sofern sie nicht zu krank waren. (schon beides erlebt)

Ich selber nutze sie sehr sparsam und oftmals nur in wenigen Szenen, um z.b die Denkweise des Täters zu verdeutlichen. Manchmal kann man ja in den Augen des Täters erkennen, dass er glaubt, selber das Richtige zu tun.
Oftmals wird in solch einer Szene etwas angestoßen (z.b Befehle gegeben, eine Spur gefunden, eine Falle vorbereitet usw.) worin der Leser kennt, die Protagonisten haben bald ein Problem. :stuck_out_tongue:

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Täterperspektiven sind doch was für Anfänger!

Richtig anspruchsvoll ist es, das Tatwerkzeug zu Worte kommen zu lassen.
Das gibt es bei:
Unterholz. Ein Alpenkrimi
Kommissar Jennerwein ermittelt - Band 5
von Jörg Maurer

Da ist ein Kapitel dem „doppelverzinkten Klappspaten der Marke Gartenfreund“ gewidmet.

Klingt komisch und ist so.

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Eigentlich war er nur ein Löffel, in der Kragentasche eines Clowns. Doch heute würde er mehr sein …

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"Warum ein Löffel, Vetter? "