Stell Dir vor es ist Krieg und Einer will hinsehen

Illegale EU Einreise Hastig luden sie die Rucksäcke aus dem Boot. Dann sprangen sie ans Ufer. Sie schlugen sich in die Büsche. Auf dem See hörten sie das Schnellboot kommen und Stimmen. Es waren nicht unsere, das hörte er. Es war der Grenzschutz. Der Scheinwerfer schickte sein gleißendes Licht durch die Bäume. Sie irrten mit den Rucksäcken durch den nächtlichen Wald. Auf die Straße konnten sie nicht, dort stand ein Polizeiauto mit Blaulicht.
Frierend und erschöpft erreichten sie eine Lichtung. Sie ließen sich ins Grad fallen. Sie rauchten. Dymtro sah auf die Uhr. Es war jetzt halb vier.
„Du bist schuld!“ Mischa spuckte aus…
Dymtro schwieg betreten. Er hätte sie aufnehmen sollen. Zumindest für diese Nacht. Stattdessen hatte er die Jungs ins Ausland geschafft. Ohne Geld und Papiere.
„Und was sollen wir hier? Im feindlichen Ausland.“ Sergej hieb mit der Faust in die Hand.
„Aber in der Hütte hättet Ihr auch nicht bleiben können.“ wand Dymtro ein.
„Wollten wir ja auch gar nicht.“ Mischa fluchte. „Wir wollten nur am See zelten.“
Erklärte Sergej.“Was sollen wir jetzt hier?“
„Das könnt Ihr doch auch hier.“ Dymtro versuchte ruhig zu bleiben. „Na toll.“ Sagte Alex. „In Russland Fahnenflüchtig und hier illegale Einwanderer.“ Er drückte die Zigarette aus. „Sie hassen uns. Von ganzem Herzen.“ Sagte Sergej. „Weil sie für die Ukros sind.“
„Du hast uns von Regen in die Traufe gebracht, Doktorchen.“
„Ich wollte euch nur vor der Einberufung retten. Ich wollte doch nur Euer bestes.“ Rechtfertigte sich Dymtro.
„Unser bestes.“ Mischa stöhnte. Er kochte vor Wut. Er brüllte. „Du bist schuld. Du dummer Doktor hast uns hier her geschafft!“ Er stand auf und riß sich die Jacke vom Leib. Er warf sie in den Schnee. Er hob die Fäuste und wollte auf Dymtro losgehen. Da hörten sie Hundebellen. Sergej und Alex sprangen auf. Sie fielen Mischa in den Arm. „Laß gut sein Braunbär.“ Segej redete auf Mischa ein. Wieder bellten die Hunde. „Verdient hättest Du es ja, Doktorchen.“ Mischa schnaufte schwer.“ Voll eins in die Fresse. Dafür haue ich Dir eines Tages eins in die Fresse! Ich schwör Dir Doktor. “Das will ich sehen.“ Alex feixte. „Wie Du dem Doktorchen die Visage polierst.“ Er rieb sich die Hände. „Aber das hilft uns jetzt auch nicht weiter.“ Sergej wiegelte ab. Wieder hörten sie das Bellen. Sie erstarrten. Lichter von Taschenlampen tanzten in der Finsternis. Die Stimmen kamen immer näher.
Wie auf ein Kommando rannten sie los. Im Gebüsch stolperte er. Keuchend blieb er liegen. Aus der Deckung beobachtete er die Szehne. Hell lag die Lichtung im Mondlicht. Die Grenzschützer traten aus dem schwarzen Wald und leuchteten in die Büsche. Der Hund bellte aufgeregt. Er stöberte Sergej und Mischa auf. Wieder ein Bellen. Ein Jaulen. Ein Winseln. Er fuhr zusammen. Der Hund. „Sa siga!“* Brüllte jemand. Stille. Die Kälte kroch in ihm hoch. Mühsam unterdrückte er Zähneklappern. Er zitterte am ganzen Körper. Die Patrouille zog hastig ab. Oben auf der Straße startete der Wagen. Ohne Blaulicht raste er davon. Estnisch: „Du Schwein“
Als es endlich still war, erhob er sich. Er hörte ein Geräusch. Neben ihm stand Alex. Sie schlurften aus dem Wald. „Und jetzt?“ Fragte Alex als sie die Lichtung erreichten.
„Wir bleiben hier. Zelten und angeln.“ Antwortete er. “Bis der Krieg vorbei ist.“ Er ruderte dabei heftig mit den Armen um wieder warm zu werden.
„Geht nicht. Niemand kennt uns hier und Niemand will uns Russen hier.“ Drüben im Wald währen wir sicher. „ Alex war stinksauer. „Jetzt sind wir richtig am Arsch. Ohne Geld im Ausland.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Und ohne Schengen Visum.“ Ergänzte Dymtro. „Wir sind jetzt illegale Einwanderer in die EU.“
„Da haben es Sergej und Mischa viel besser. Die sitzen jetzt warm und trocken.“ Stellte Alex fest. „Bin ich mir gar nicht so sicher.“ Dymtro klapperten die Zähne. „Sie werden bestimmt abgeschoben. Direkt zur Armee. Und dann… Ukraine.“ Er ruderte wild mit den Armen. „Scheibenkleister.“murmelte Alex.
„Dort werden sie auch was Gutes tun. Sie werden Dünger. Für Sonnenblumen.“ Dymtro lachte bitter. Er dachte an seinen Sohn. ‚Bei den Spezialkräften hat man immer Action. Fremde Häuser durchsuchen und sowas.’ Hatte Oleg gesagt. Hätte er es ihm doch nur verboten. Nächste Woche sind wir aus Weißrussland zurück.‘ Hatte er im Februar am Telefon gerönt. Er war jetzt Dünger für Sonnenblumen. Ein halbes Jahr war schon vergangen und der Schlamassel lange nicht vorbei. Der Zar hatte seinen Sohn geopfert. Dymtro rannen Tränen über die Wangen. Zum Glück war es stockfinster.
„Wir müssen weg hier.“ Mahnte Alex. „Du hast Recht. Die kommen wieder, sobald es hell ist.“Nee, sie werden den Köter vermissen.“
„Wieso den Hund? Die suchen uns.“ Dymtro verstand nicht. „Nee.“ Alex grinste.
„Die Dogge.“ Was ist mit der ? Die ist nicht mehr.“
„Was?“ Er horchte auf.“Was ist mit dem Kläffer?“
Alex lachte trocken. „Habe ihn kaltgemacht. Abgestochen, in Notwehr.“
Dymtro ließ abrupt die Arme fallen. „Scheibenkleister. Bist Du Wahnsinnig? Mord am Bullenhund durch Illegale Russen! “ „Was habe ich denn jetzt wieder falsch gemacht?“ „ Fragte Alex.“ Hätte ich mich etwa aufspüren und verhaften lassen sollen, wie Sergej und Mischa? Dünger für den Donbass
?“ Er zuckte mit den Achseln.„Was soll mit dem Messer werden?“
„Gib her! Du Pridurok**.“ Dymtro riß ihm das Klappmesser aus der Hand. „ Du Idiot!“ Seine Finger glitschten am Griff aus. Er warf das Messer in den See. Mit einem Platschen versank es. Jetzt klebte das Blut an seinen Händen. Mist.
„Die Mietzekatze muß weg!“ Dymtro war jetzt wieder klar im Kopf. „Wieso?“ Fragte Alex verdutzt. „Wenn sie den toten Köter finden, hängen sie uns auf. Mord am Staatsdiener! Und Serjej und Mischa kommen in Teufelsküche. „Wir binden einen Stein an den Kadaver und werfen ihn in den See. Dann verduften wir. Such schon mal einen.“
„Scheibenkleister“ fluchte Alex. Jetzt saßen sie bis zu den Nasenlöchern in der braunen Masse. Nur nicht den Kopf hängen lassen! Er schaltete das Licht am Handy ein. Auf der Wiese gab es keine. Der See glänzte im Mondschein. Ostukraine Russisch:Dummkopf
Endlich fand er einen halben Ziegel am Seeufer. „Hab einen.“Er wusch seine klebrigen Finger im See. Dann kehrte er mit dem Stein zurück. Dymtro hatte inzwischen seinen Rucksack nach dem Isolierband durchsucht. „Wo ist der Hund?“ Fragte er.
Alex leuchtete das Gebüsch am Wiesenrand ab. Rechts neben der Holzbank war er ins Unterholz geflüchtet. Er fand die Stelle. Sie zogen den Kadaver aus den Büschen. Er war warm und klebrig. Dymtro band den Ziegel mit Klebeband am Halsband fest. Sie schleifen den Doggenkörper auf den Anglersteg. Platsch, klatschte er ins Wasser und plumpste auf den flachen Grund. „Scheibenkleister.“ Dymtro trat mit dem Stiefel gegen den Kadaver. Langsam trieb der tote Hund davon. Er driftete ab.
„Die Leiche wird absaufen, sobald sie kalt ist.“ Er dozierte jetzt wie früher im Hörsaal des Pysikums.“Später taucht sie dann wieder auf.“ Erklärte er seinen Studenten.
„Aber woanders, Kollege Oberlehrer.“ Alex lächelte cool. Dymtro zitterte. „War doch nur ein Hund. Außerdem Notwehr.“ Aber Dymtro beruhigte sich nicht so schnell. Seine große Karriere war ruiniert, wenn es raus kam. Vom Professor zum Mordhelfer. In nur einer Nacht. Im Ausland. Da träumte er jahrelang von Freiheit, und dann das? Herr vergib unsere Schuld.
„Vor dem Essen, Händewaschen nicht vergessen.“ Sein neuer Partner aus der Vorstadt holte ihn in die Wirklichkeit. Er grinste. Dymtro schwieg. Ihm war nicht zum Scherzen zumute. Sein zweites Leben fing ja gut an! „Und jetzt?“ Sie wuschen sich die Hände im See.„Wie gehts weiter, Doktor Allwissend?“ Spöttelte Alex. „Auf keinen Fall hierbleiben.“ Er trocknete seine Pranken an der Hose ab. „Ich habe einen Facebook Freund an der Uni in Riga. Vielleicht können wir uns zu ihm durchschlagen?“ „Horoscho
.“sagte Alex. „Besser als meine Idee.“ „Und die währe?“ „Zurück in den Osten, über‘n See und dann in die Wälder.“ „Ach nee.“ Er seufzte. „Ich habe Rubel dabei, wir können sie irgendwo tauschen. “Das er seine ganzen Ersparnisse mitgenommen hatte, sagte er lieber nicht. “ Otlitschno
! Plärrte Alex . Go West to the Baltic Sea! Go West to the Riga Bay!“
„Du sprichtst englisch?“ Fragte er erstaunt. „Only at the Russky Revenge Hackers.***“
Sie schulterten die Rucksäcke und liefen zur Straße. Dymtros Uhr zeigte halb fünf morgens. Er leuchtete mit dem Handy auf die alte Karte aus Sowjetzeiten. Es war nur ein paar Kilometer bis zum Dorf. Dort gab es eine Bushaltestelle. Er setzte sich auf die Bank. Alex versuchte es per Anhalter. Hähne krähten. Eine Gänsefamilie watschelte nach Osten. Die wenigen Autos, die hier so früh vorbeirasten, hielten aber nicht. Vor einem Holzhaus lehnten zwei Fahrräder.
Russisch: *Gut. ** ausgezeichnet ***(fiktiver) Hackerclub in St.Petersburg
Alle Rechte beim Autor. F.G.R. Hamburg Dezember 2022

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Deine Geschichte ist spannend und gut geschrieben. Ich war mit meinem Mann in Syrien und hatte dort guten Kontakt zu den Syrern. Hier nahm ich 3 x in Folge syrische Flüchtlinge auf, möchte mich aber dazu nicht äußern.

Hallo @FritzReim,

vielen Dank für deine Geschichte. Inhaltlich und vom Stil her hat sie mir gut gefallen. Dass die Vergangenheit der Charaktere nur so schlaglichtartig aufscheint, finde ich sehr gelungen, und das Thema ist, soweit ich es beurteilen kann, gut getroffen. Mir erscheint die Schilderung jedenfalls sehr realistisch.

An folgenden Punkten könnte man vielleicht noch mal genauer hinsehen:

  • Perspektive
    An einer Stelle („Er kochte vor Wut“) lesen wir eher Mischas Perspektive als die von Dymtro. Dieses „vor Wut kochen“ ist ja vermutlich äußerlich für Dymtro nicht abzulesen, zumal bei den schlechten Sichtverhältnissen. Davon abgesehen reicht das Gebrüll völlig aus, um Mischas Gefühlslage auszudrücken.

  • Gesten
    Deine Figuren vollführen sehr viele Handgesten, die in der Masse auf mich ein wenig übertrieben wirken. Da könntest du (für meinen Geschmack) vielleicht ein paar rausnehmen und nur die wirklich wichtigen drin behalten. Zum Beispiel sowas wie „Er rieb sich die Hände“. Wenn er das nicht macht, weil ihm kalt ist, sondern aus Schadenfreude, dann wirkt das schon ein wenig comic-haft und überzeichnet.

  • das Ende
    Es ist ein kurzer Text, trotzdem kommt das Ende für mich abrupt. Irgendein Element hat mir noch gefehlt, damit der Text einen guten Schluss hat. Aber was das sein könnte, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Nur, dass mir noch irgendein Satz, eine letzte Aussage fehlt.

Was dem Text davon abgesehen für mein Empfinden noch fehlt, um ihn besser lesbar zu machen, sind eine einheitliche Zeichensetzung und mehr Absätze.
So ganz habe ich auch nicht verstanden, warum der Teil in der Mitte kursiv gesetzt ist. Vielleicht hat es dir da die Formatierung zerhauen, wegen der fremdsprachlichen Begriffe?

Sonst ist es wie gesagt ein gelungener Text, der mich dank der Sprache und dem Stil sofort gefesselt hat. :+1:

DANKE für die konstruktive Kritik. Ein Grund weiterzumachen. Ich habe die Geschichte den ersten beiden Kritikpunkten entsprechend umgeschrieben. Sie ist auf jeden Fall Teil von etwa größerem. Am Ende steht eine schwierige Entscheidung vor allem für Alex, dh. in den Westen (Riga) zu gehen und nicht wieder zurück. Die Handgesten sollen zeigen was die Leute machen beim reden, um das Ganze plastischer wirken zu lassen.
Die Rückblenden dienen, um die Vergangenheit auszuleuchten.

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Inhaltlich gut, der Text braucht noch Bearbeitung. Wenn du Papyrus hast, dann schalte die Korrekturfunktion ein.

Russen werden kaum dieses deutsche Wort verwenden.