Softwarepatente

In den News konnte man lesen, das Microsoft via Patentverstösse im Dokumentformat geschröpft wird.

(www.heise.de)

Wie sieht die Lage von Softwarepatente in Europa aus?

Könnte es irgendwelche Folgen auch für Papyrus haben?

mfg warmduscher

Ich denke, es gibt wesentlich weniger Softwarepatente in Europa, weil hier (noch) strengere Regeln für die Patentierbarkeit angelegt werden.

Das in der Heise-Newsticker-Meldung zitierte Patent ist ein US-Patent (US5787449), dessen Schutzwirkung sich dementsprechend nur auf die USA erstreckt. Darüberhinaus wurde das gleiche Verfahren auch in Kanada angemeldet (CA2150765C) und erteilt – die Schutzwirkung besteht also auch dort.

Sofern Papyrus das in dem Patent beschriebene Verfahren zur vollständigen Trennung von Inhalt, Strukur und Auszeichnung eines Dokuments verwendet, dürfte es in den USA und in Kanada nicht ohne Genehmigung (Lizenz) des Patentanmelders verkauft werden. Ich glaube allerdings nicht, dass Papyrus genau dieses Verfahren anwendet. Da das Papyrus-Dokumentformat jedoch nicht offengelegt ist, kann diese Frage wohl nur von R.O.M definitiv beantwortet werden.

Denke nicht, dass uns das irgendwie betrifft.

Hi.

So vage wie das bei Heise beschrieben wird, könnte das jedes Programm treffen, dass Struktur und Daten voneinander trennt und diese Infos in XML-Dateien abspeichert. Also alle Programme, die mit XML Daten bearbeiten, denn das wurde ja genau zu diesem Zweck mal entwickelt. Da OpenOffice genau das ebenfalls macht, die Klage aber auf MS beschränkt blieb, muss es wohl (hoffentlich) etwa spezielleres sein, insbesondere, da MS behauptet, in den neueren Progammversionen wäre die Patentverletzung nicht mehr drin, ohne dass auf irgend welche Einschränkungen dadurch verwiesen wird.

Um XML geht es dabei gar nicht speziell, sondern um das Prinzip, Inhalt und Form eines Dokumentes getrennt zu manipulieren und zu speichern. (Patent No. 5,787,449)](http://patft1.uspto.gov/netacgi/nph-Parser?Sect1=PTO1&Sect2=HITOFF&d=PALL&p=1&u=%2Fnetahtml%2FPTO%2Fsrchnum.htm&r=1&f=G&l=50&s1=5787449.PN.&OS=PN/5787449&RS=PN/5787449).

Insofern könnte das durchaus auch andere Programme betreffen, die sich dieser Technik bedienen. Die Frage scheint nur zu sein, ob da durch eine Klage auch was zu holen ist. Insofern kann man ja vielleicht hoffen, dass die Open-Source-Gemeinde damit nicht belangt wird.

Also gilt das dann auch für HTML mit CSS. Oder Papyrus mit globalen Formaten. Oder ein PDF mit Feldern. Oder… - im Grunde einer ganzen Menge von Daten, die per EDV verarbeitet werden. Denn da ist “Förmchen” (=Form als Vorlage, INI-Datei, etc.) und “Teig” (=Inhalt, Text, Bild, etc.) ein afaik schon sehr lange und vor allem sehr verbreitetes Verfahren.

Nein! Wenn das Patent sogar HTML + CSS betreffen würde, dann wäre der Aufschrei in der Technikwelt sicherlich viel größer.

Ich habe das Patent mal überflogen und finde es in großen Teilen recht gut und verständlich geschrieben. Es beschreibt im “Stand der Technik”, dass bekannte Dokumentformate wie Wordperfect, RTF oder auch SGML den Inhalt eines Dokuments mit Informationen zu seiner Formatierung oder zu seiner Struktur vermischen. Das heißt, inhaltliche Texte werden von Markierungen für Textauszeichnungen gefolgt, dann kommt der ausgezeichnete Text, dann wieder eine Markierung zum Ende der Auszeichnung, usw. Ein Programm muss deshalb zunächst den ganzen Text durchgehen (parsen), um zu ermitteln, welche Teile davon besonders formatiert werden sollen oder welchen Struktureinheiten sie zugeordnet werden können. Das Patent stellt weiter dar, welche Nachteile sich aus dieser Form der Informationsablage ergeben.

Anschließend wird der neue, erfindungsgemäße Ansatz zur Informationsablage aufgezeigt (Beschreibung der Erfindung), der die zuvor beschriebenen Nachteile überwinden soll. Dabei werden zwei Szenarien dargestellt: a) Die Konvertierung eines bestehenden, nach altem Muster gespeicherten, Dokuments und b) Die Erstellung und Bearbeitung eines neuen Dokuments.

Die Erfindung besteht nun darin, dass ein Dokument komplett in zwei Teile zerlegt wird: Der eine Teil enthält ausschließlich den Inhalt, also den Text des Dokuments, ohne irgendwelche Markierungen bezüglich Formatierung oder Struktur. Der zweite Teil (als “map” bezeichnet) enthält ausschließlich Informationen zur Formatierung oder Struktur des Textes und keinerlei Inhalt. Die Formatierungs- und Strukturinformationen sind dabei mit Positions- oder Adressierungsinformationen versehen, durch die der Bezug zum Inhalt hergestellt wird. Die Position beschreibt z.B. dass die Zeichen Nr. 0 bis 27 den Dokumenttitel darstellen und die Zeichen Nr. 28 bis 165 einen Absatz. In ähnlicher Form werden alle weiteren Struktur- und Formatierungsdaten abgelegt.

Sowohl HTML als auch XML vermischen aber zumindest Strukturinformationen mit Inhalten des Dokuments (Textpassagen wechseln sich mit Markierungen (Tags) ab). Ich sehe deshalb nicht, dass dieses Patent irgendwelche Auswirkungen auf diese Technologien haben könnte.