Show, don't tell! Hilfe!

Hallo,

ich bin neu und (leider) auch kein Sprachgenie. Gerade schreibe ich an einem Fantasy-Roman und bin relativ mitting in diesem auf Papyrus umgestiegen. Hat super geklappt, aber mit einigen Stilanalysen tue ich mich schwer. Konkret geht es gerade, wie das Betreff bereits verrät, um “Show, don’t tell”.

Beispiel: Lukas strich ihm über den Kopf, es fühlte sich so an, als würde seine Hand auf Rinde gleiten.
Hier meckert Papyrus “fühlte” und “als”. Also habe ich versucht den Satz konkreter um zubauen
Variante zwei: Lukas strich ihm über den Kopf, unter seinen Finger spürte er Rinde.
“Als” ist raus, aber spürte mag er auch nicht.

Mir ist klar, dass das Programm es nicht wirklich erkennen kann, ob es ausreichend beschrieben ist. Ich verstehe nur ehrlich gesagt, das Konzept dahinter nicht. Vielleicht hat jemand Lust mir mal zu erklären, ob das Programm hier einfach überreagiert oder ich einfach unwissend bin :smiley:

Liebe Grüße
Alexander

Meine Werke sind unter https://linktr.ee/AlexanderAsmussen zu finden

Es geht nicht um eine ausreichende oder unzureichende Beschreibung. Es geht darum, eine Beschreibung durch eine Handlung zu ersetzen.

Einfachstes Beispiel:
“Sie war eine Tratschtante.”

Du überlegst dir, was eine Tratschtante ausmacht und lässt sie etwas machen, woraus hervorgeht, dass sie eine Tratschtante war.

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Lies dir mal diesen Thread durch:
https://forum.papyrus.de/threads/show-dont-tell-wortspielereien.7807/

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ausnahmsweise verweise ich mal auf einen Beitrag zum Thema in unserem Blog, du musst nur das www. davorsetzen:

diebuchnachteule.de/2020/09/24/show-dont-tell/

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Zu “show, don’t tell” haben Suse und Yoro eigentlich alles Wesentliche gesagt, aber noch eine Bemerkung zur Stilanalyse. Es ist ein Hilfsmittel, dass dich zum Nachdenken und ggf. Änderungen bringen soll, kein Zwang. Dein Beitrag klang ein bisschen danach, als wolltest du mit Gewalt die Stilanalyse zufriedenstellen :wink:

Das Programm weiß nicht, wie und was du genau geschrieben hast und ob es passt. Aber “fühlen” oder “spüren” kommen oft in typischen tell-Konstruktionen vor (Sie fühlte sich müde.), die man vielleicht besser durch show ersetzen könnte (Sie sank noch tiefer ins Sofa und kuschelte sich ins Kissen. Ihre Lider wurden immer schwerer und sie konnte schon gar nicht mehr nachvollziehen, worüber sich die Expertin in der Talkshow im Fernsehen gerade so echauffierte). Darum schlägt die Stilanalyse an.

In deinem konkreten Beispiel, würde ich weniger an dem “fühlte” etwas ändern, sondern eher das taktile Gefühl näher beschreiben, dass ihn an eine Rinde erinnert.
Lukas strich ihm über den Kopf. Es fühlte sich rissig an, knorrig, rau, wie mit Flechten bewachsen. Borkig, schoss es ihm durch den Kopf. Wie die Rinde der hundertjährigen Eiche, die in seiner Kindheit auf dem Dorfplatz gestanden hatte.
Damit startest du das in Yoros verlinktem Artikel erwähnte Kopfkino.

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Hallo,
danke für Eure Antworten, bei der von Suse habe ich noch voll auf dem Schlauch gestanden, lag vielleicht daran, dass ich die um 0 Uhr gelesen habe. Das von RalfG, dicken Dank, hat den Knoten dann gelöst, so das ich dann verstanden habe worum es geht. Der Link von Yoro war sehr hilfreich, eine tolle Erklärung.

Was wohl mein Problem ist, gerade bei den beiden Beispielen von Yoros Seite finde ich beides gut. Vielleicht fällt es mir daher auch schwer mir das vorzustellen. Das bedeutet wohl viel Arbeit für mich.

Egal wie, danke an euch drei, das hat mir sehr weiter geholfen!

Liebe Grüße
Alexander

@RalfG Deine Beschreibung finde ich absolut erstklassig:thumbsup:

@Zephir Mal so ein Tipp: Wenn du beim Schreiben - und ich verstehe das so, dass du noch mittendrin bist? - bereits die Stilanalyse „anwirfst“, dann macht die dich verrückt. Das Überarbeiten, Umformulieren ist doch immer nur der zweite Schritt.

Oder sehe ich das falsch? Ich selbst empfinde es als wesenltich einfacher, erst einmal einfach nur runter zu schreiben. Nur so läuft das eigene Kopfkino und das Bauchgefühl gleich mit. Eine sinnliche Erfahrung, bevor die „technische“ kommt.

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Hallo Alexander,

Ich finde, dass die zweite Variante den Inhalt der ersten Variante etwas entstellt. Die zweite Variante schafft (nicht gänzlich, aber fast) einen Fakt, nämlich, dass offenbar auf dem Kopf des Gestreichelten Rinde ist.

Bei der ersten Variante ist es nur etwas, was sich wie Rinde anfühlt - es könnte sich also um alles handeln. Vom Wundschorf einer relativ frischen Verletzung, über eine Schuppenflechte oder tatsächlicher Rinde ist vieles möglich. Das Ergebnis würde dem Leser vermutlich in den nächsten Sätzen offenbart, wenn der Streichelnde nachsieht, was er da berührt.

Hier solltest Du wirklich, wie @RalfG bereits schrieb, nicht die Stilanalyse befriedigen, sondern deren Vorschlag analysieren und überdenken und für DICH festlegen, was DU in diesem Satz schreiben bzw. aussagen wolltest. :roll_eyes:

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@Zephir Die Stilanalyse von Papyrus ist übrigens weder unfehlbar noch bist du gezwungen, dich daran zu halten. Es sind Hinweise des Programms, die du aber nach eigenem Ermessen dann umsetzen kannst oder auch nicht. Nicht immer muss es z.B. total falsch sein, eine Gleichzeitigkeit ausdrücken zu wollen. Papyrus wird dir “als” und “während” vermutlich immer erstmal unterkringeln, aber nicht immer ist es sinnvoll, den Satz dann auch wirklich umzubauen.

In deinem Fall hat Papyrus das “als” vermutlich fälschlicherweise als Gleichzeitigkeitskonstruktion angemerkt, dabei ist es an dieser Stelle ja ein Vergleich. Der Algorithmus erkennt das Wort “als” und kann nicht unterscheiden zwischen einem “als” in einem Vergleich und einem “als” in temporaler Funktion.

In diesem Fall hättest du also den Satz gar nicht zwingend ohne “als” formulieren müssen (“müssen” musst du ja ohnehin nicht :wink: ).

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Der zweite Schritt: So halte ich es auch. Allerdings anders als viele andere: In Schritt 1 schreibe ich runter, üblicherweise eine Szene oder zumindest ein gutes Stück davon. Danach schalte ich die Stilanalyse an und redigiere - Schritt 2. Meistens ziemlich oft, und das Redigieren einer Szene und das Schreiben einer oder mehrerer neuer Szenen kann auch völlig durcheinander gehen.

Viele schreiben erst das Buch ganz fertig und redigieren dann. Bei mir geht das ziemlich durcheinander. Was mir aber hilft: Redigieren kann ich zum Beispiel auch nach Feierabend noch, weil das oft handwerkliche Dinge sind. Schreiben ist kreativer, dazu muß mein Kopf freier sein. Durch meine Mischung - Redigieren schon während des Buchschreibens - komme ich zu mehr von beidem. Außerdem hilft mir das Redigieren beim Weiterschreiben: Oft stellen sich mir dabei Fragen, die die Story weitertreiben, oder ein Anschluß offenbart sich beim Redigieren als widersprüchlich (ich schreibe derzeit Szenen mitten ins Buch, sozusagen Verbindungsstücke), den kann ich dann beim Schreiben des nächsten Stücks direkt glattbügeln.

Was mir hilft, würde für andere total chaotisch sein; andersrum könnte ich mir nicht vorstellen, erst ganz am Ende meines Buches mit dem Redigieren ganz vorne anzufangen. Wie so oft gilt hier wohl: Jeder muß seinen eigenen Weg finden.

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Da gefällt mir die Sie-wurde-müde-Variante deutlich besser. Ich bin auch ein Mensch. Ich weiß schon, wie es sich anfühlt, müde zu sein. Müde zu werden. Ich möchte davon keine ewig lange Beschreibung lesen. Also wenn man Sie wurde müde schon unbedingt durch etwas Griffigeres ersetzen möchte, nimmt man Sie gähnte. Hat den Vorteil, auch noch kürzer zu sein. Ich möchte lieber mehr Handlung lesen. Nicht jeder Schritt ist es wert, erwähnt zu werden und nicht jeder Schritt, der erwähnt wird, ist es wert, auch noch ausgewalzt zu werden.

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Der Satz ist zu lang, dazu kommen Füllwörter. (Anbei: (Talk)show, kommt von zeigen. ;))

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@FancyFux , @Manuela K. :
Puh, da hatte ich ja Glück, bisher ist die Geschmackspolizei noch gar nicht aufgetaucht. :smiley:

Es war ein Beispiel, um die Antwort auf die ursprünglich gestellte Frage zu verdeutlichen. Und Übertreibungen machen anschaulich. Wie in Yoros verlinktem Text ja auch steht, kommt es auf das Mischungsverhältnis zwischen Show und Tell an, und das tariert nun mal jeder anders aus. Natürlich muss nicht jeder Kleinkram episch ausgewalzt werden. Aber der eine steht halt auf viele Details und Beschreibungen, der andere mag eher nüchterne, distanzierte Darstellungen. Die Geschmäcker sind eben verschieden.
Aber wenn ihr treffendere Antworten auf die ursprüngliche Frage habt, freue ich mich auf eure Beiträge.

Ach was!
Und ich Dummerchen glaubte immer, to show kommt eigentlich vom deutschen *schauen *und bedeutet nur zeigen. :wink:

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Hat aber nicht geklappt. Show don’t tell heißt nicht, eine belanglose Aussage, die eigentlich unnötig ist durch eine ewig lange Szene zu ersetzen, die keiner lesen will. Ich bleibe dabei, dass es für “sie fühlte sich müde” (tell) nur “sie gähnte” (show) stehen kann. Deine Übertreibung hat jedenfalls nichts veranschaulicht. Sie hat die Aussage “sie fühlte sich müde” kein bisschen in ein Bild verwandelt. Sondern nur einen belanglosen Fakt über ein paar Zeilen gedehnt. Würde jeder Lektor sofort streichen. Denn das beste show nützt nicht, wenn es schlechter ist als das tell.

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Man kann auch aus Langeweile gähnen …

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Ich danke dir für diesen Satz. Es ist genau das, was in den Schreibratgebern fehlt und daher leider ganze Autorenhundertschaften rumrennen, die Angst davor haben beim “tellen” erwischt zu werden. Die haben sicher Sorge, am Ende würde man davon blind …

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Es wurde bereits alles gesagt. Allerdings fiel mir letztens in einem Buch von Stephan King auf wie häufig dieser fühlte und spürte nutzte.
Die Stilanalyse ist ein super Tool. Aber mach Dich nicht verrückt.
Schreib erst mal die Gedanken hinunter.
Die Übung macht hier wahrlich den Meister.
Es ist anfangs nervenaufreibend, wenn man sieht, was die Stilanalyse alles entdeckt :)) Aber glaub mir, es wird besser!!!

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@FancyFux:
Vielen Dank für Deine über ein paar Zeilen gedehnte persönliche Meinung.
Dein letzter Satz ist hundertprozentig richtig, bringt aber den Fragesteller keinen Millimeter weiter.
Ich freue mich jedenfalls auf dein anschauliches und lektorkompatibles Beispiel, dass ja sicher noch folgen wird.

Das erste Mal Stilanalyse führt unweigerlich zu dem Gedanken: „Waaaas? So schlecht schreib ich?“ Ich hatte das auch gerade und bin besonders an der unterkringelten Verwendung von Hilfsverben verzweifelt. Es hlft, zwischendurch mal bewusst etwas von erfolgreichen Autor/innen zu lesen, um mit der eigenen Schreibe wieder ins Reine zu kommen. „Show, don’t tell“ ist interessant - aber keine heilige Kuh. So halte ich es jetzt für mich. Und bei der nächsten Überarbeitung, nachdem mich die Stilanalyse erstmal ganz wuschig gemacht hatte, habe ich diverse Füllwörter neu zugefügt. Manche Sätze sind ohne „vielleicht“, „auch“ etc… einfach weniger gefällig.

Davon abgesehen hab ich die Stilanalyse sofort liebgewonnen. Werde sie sogar bei längeren journalistischen Projekten einsetzen, nicht nur im Roman.

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Die Stilanalyse hat für den Autor die gleiche Funktion, wie die Laterne für den Betrunkenen. Sie dient eher als Stütze, und nicht als Erleuchtung. :smirk:
(Leicht umgewandelt aus dem Bereich der BWL, wenn es um Statistiken und „Controlling“ geht.)

Schöne Grüße vom Weserstrand.

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