Ich glaube du musst nur eine glaubwürdige Ilusion schaffen. Wer war schon tatsächlich in einem chinesischen Krankenhaus
Für eine Illusion reicht es meist Umgebungsedtails, Wetter, Unterschied Tag/Nacht und Mentalität der Leute zu mischen. In Budapest kann man sogar mit Streetview herumlaufen. Sieht aus wie Frankfurter Allee (in Berlin) ergänzt mit Straßenbahnen, großen Brücken und kleinen Geschäften - genau so würde ich es beschreiben
Hilfreich kann youtube sein. Suche mal „Pov“ (point of view) walking oder drive videos.
z.b " Budapest Hungary 4k HDR Walking Tour"
Manchmal hilft das schon, weil du z.b Kleidung der Leute siehst. Geräusche hörst, etc. Am besten, wenn dabei nicht geredet wird
Ich gebe aber zu, dass ich in den Roman Hela und Korian der stellenweise an der Ostsee spielt, Orte gewählt habe, die ich oft besucht habe. Trotzdem habe ich Details „hinzugefügt“ wie einen Tierarzt etc. Aber bestimmte erwähnte Wanderwege und Landmarken findet man halt tatsächlich
Ich wäre sehr vorsichtig, über Orte zu schreiben, an denen ich selbst noch nie (oder nur kurz als Tourist) war. Berlin würd grad noch gehen, Mainfranken und ein paar Ecken im Pott auch.
Ich war heuer zum ersten Mal in Budapest (ich weiss, eine Schande für einen Ösi) und hab mir sowas wie Prag erwartet - bisschen K&K-Charme, bisschen Moderne, etwas Tourisneyland und ein winziger Hauch Ostblock. Was fand ich vor? Eine deprimierende Müllhalde in der nur das Abcashen funktioniert und in der die Menschen echt kaputt aussehen.
Ne, keine Tipps von mir. Einen Ort musst du selbst fühlen, wenn er wichtig für die Story ist.
Das Problem ist, dass das nicht klappt, wenn man selbst kein Bild vor Augen hat. Daher hatte ich vorgeschlagen, ein anderes Setting zu nehmen, was aber wohl aufgrund der Geschichte nicht funktioniert.
Vielleicht kann man in solchen Fällen die Szene einfach extrem kurz gestalten und an der Oberfläche bleiben.
Oh, das tut mir leid, wie kam es denn dazu?
Als Augenzeuge hast du natürlich eine ganz andere Gefühls- und Detailwelt zu dem Thema. Trotzdem kann man sich dem Unbekannten annähern. Z.b musst du, um Krimis zu schreiben, weder Mordfälle erlebt, noch durchgeführt haben. Die Illusion ist einfach, dass die Leser ebenfalls „keine echten Ermittler/Täter sind“, sondern du ein bisschen ihre Erwartungen erfüllst.
Zum Beispiel, wenn ich jetzt über schreckliche Bedingungen in afrikanischen Krankenhäusern berichte, würde man das sofort glauben (Dritte Welt Land - natürlich! Muss so.)
Aber:
Ich kenne einen Augenzeugenbericht, von jemanden (Motorradsturz in Afrika) dessen Bericht war eine Mischung aus Skurril und sehr positiv. Positiv: Alle waren unglaublich freundlich und sie hatten echt Ahnung von alle Arten von Knochenbrüchen. In Europa hieß es, die Versorgung war ausgezeichnet gewesen.
Skuril: Der Krankenwagen nahm „unterwegs“ noch ein paar Knochenbrüche vom Dorf mit. (Wenn der Wagen schon mal fährt …)
Skuril2: Es gab kein Krankenhaus essen. Aber es gibt Minijobber, die dir (den Touristen?) alles vom lokalen Markt besorgten, was du essen willst. Sie gaben sogar empfehlungen, und brachten es so, dass man es gut vom Bett verspeisen konnte.
Man stelle sich mal vor, jemand bringt einen Döner in die Charite, 50b
@Arletta,
ja, da die beiden jünger sind (Anfang-Mitte 20) hätten sie einen anderen Fokus als ich. Deswegen habe ich mir Podcasts junger Leute angehört. (war zum Teil nervig, wegen all dem äh und hm und weiß ich nicht.)
Stimmt, in dem Projekt schreibe ich auch über das platte Land (Niedersachsen), Harz, Wernigerode, Leipzig und dabei fühle ich mich sehr viel sicherer. Es macht sogar Spaß, diese Orte zu beschreiben. Ich fühle mich, als wäre ich dort und wenn ich eine mitternächtliche Szene am Stünzer Park beschreibe, wie Emmaus Mitternacht schlägt, weiß ich zu 100%, was ich da tue. Diese Sicherheit werde ich bei Informationen aus „2.Hand“ nicht bekommen.
Wenn du mir gerade keine Tipps zu Budapest geben wolltest, ist es dir leider doch gelungen. Deine Sicht ist sehr verschieden, von dem, was ich bisher erfuhr. Ich lese daraus deine Enttäuschung über den Schmutz der Großstadt und Menschen, die nicht viel haben.
Das ist ein interessanter Gedanke: Die Sicht auf einem Ort ist nicht objektiv. (Tut mir leid, wenn ich so lange gebraucht hab, um mir das bewusst zu machen. Aber lieber spät als nie.)
Aber diese Tatsache ist auch befreiend, weil (Sofern ich nicht behaupte, dass in Budapest die Aller fließt und die Menschen in Lehmhütten hausen) ich nun trotzdem vage authentisch sein kann.
@Suse,
ich habe deinen Rat in gewisser Weise trotzdem befolgt. Die beiden sind bei ihrer Ankunft ziemlich erschöpft und verpennen den Tag. Sie wachen erst am frühen Abend wieder auf, organisieren ihre Weiterreise, essen was. So haben sie haben keine Gelegenheit, die Stadt groß zu erkunden und ich kann etwas vage bleiben.
@Koebes
OMG, das war bestimmt ein Kulturschock! Ich kann nur mit einem Zahnarztbesuch im türkischen Nirgendwo aufwarten. Aber das war auch nicht so wie man es von hier kennt.
Asthmaanfall in einer „kleinen“ Stadt (ca. 1 Mio Einwohner).
Definitiv. Ich kam mir vor wie in einem Film, der in den 60ern in Sibirien spielt.
Hygiene? Fehlanzeige.
Privatsphäre? Fehlanzeige.
Englisch sprechende Ärzte? Fehlanzeige.
In Deutschland zugelassene Medikamente? Fehlanzeige.
Dafür: Patientenbetten auf den Fluren, Warteschlangen vor der Annahme über 100! Personen, unnötige Untersuchungen geplant (man wollte mir Blut abnehmen und mich röntgen).
Es war wirklich der reinste Horror. Du stehst da und weißt eigentlich ganz genau, was dir wirklich hilft (Cortisoninjektion) und die gaben mir Medikamente mit, die ich nach telefonischer Rücksprache mit meinem Hausarzt in die nächste Tonne geworfen habe.
Zum Glück hatte ich einen chinesischen Kollegen dabei, sonst wäre ich aufgeschmissen gewesen. Erst nach einem sofort gebuchten Flug nach Peking kam ich dort in ein vernünftiges Krankenhaus, welches sich auf westliche Patienten spezialisiert hatte.
Ich hatte damals Panik, nicht mehr nach Hause zu kommen.