Selfpublishers Nachtgedanken
Lieber Fan!
Ich weiß, Du bist irgendwo da draußen. Ich bin mir sicher, es gibt Dich. Es muss Dich geben. Dich, der oder die meine Werke verstehen würde, sie verschlingen würde, weil er / sie die Sprache lieben würde, die Geschichten so spannend finden würde, so originell und noch nie dagewesen in dieser ihrer faszinierenden Spielart.
Lieber Fan, ich wende mich an Dich mit einer Entschuldigung: Es tut mir aufrichtig leid, dass Du mich noch nicht gefunden hast, dass ich zu wenig getan habe, damit Du mich finden würdest. Ich habe es versucht, weiß Gott, ich habe meine Unterlagen verschickt an Agenturen und Verlage, ich habe sie wieder und wieder überarbeitet und wieder verschickt, nach sämtlichen Empfehlungen von Röntgen, Eschbach, King und Co. Ich habe mindestens alle YouTube-Videos von erfolgreichen Schreib-YouTuberinnen studiert und wertvolle Marketing-Tipps erhalten, aber leider auch wertvolle Zeit verloren.
Deshalb habe ich mich entschlossen, es selbst zu tun: Selfpublishing!
Ich wusste ja, die Welt – und vor allem Du --, ihr wartet darauf, meine Bücher zu entdecken, weil sie einfach gut sind. Sicher, sie sind nicht für alle; nicht jeder versteht, wie raffiniert die Spannung aufgebaut ist, wie fantasievoll das Setting, und wie intelligent und fein gewoben doch die Bezüge auch zum wirklichen Leben sind. Aber Du, lieber Fan, würdest es erkennen, der Anfang würde Dich vielleicht ein wenig irritieren, aber genau das soll er ja auch, um Dich neugierig zu machen. Und diese Neugier würde reich belohnt beim Weiterlesen, den Sog den Du erst unmerklich, aber dann immer stärker spüren würdest, bis Du atemlos die letzte Seite erreicht hättest und sofort begierig nach der Fortsetzung lechztest.
Ja, so wäre das, und es betrübt mich so sehr, dass Du dieses Glück vielleicht nie erleben können wirst. Denn ich spüre, dass mich die Kraft verlässt, die Kraft, nach Deiner Aufmerksamkeit zu streben, die Kraft, mit vollem Einsatz einen harten Kampf um Dein Interesse zu führen.
Lieber Fan, ich gebe zu, ich stehe kurz davor, Dich aufzugeben. Es schmerzt, Dich zu verlieren, Dich, meinen guten Freund, meinen Bewunderer. Und doch, es erleichtert meine Seele, wenn ich mir endlich eingestehe: Ich bin dazu ausersehen, mein Leben und meine Hingabe dem Schreiben zu widmen – und nicht, um mich selbst zu Markte zu tragen. Der Preis für diese Erkenntnis ist hoch – verliere ich dadurch doch die Liebe, welche Du mir entgegenbringen würdest, könntest Du nur mein Buch lesen!
Und doch, dieser schmerzhafte Verzicht ist unumgänglich, will ich mir meine Leidenschaft und meine schöpferische Kraft bewahren und weiterhin dafür nutzen, was mir das Wichtigste ist: das Schreiben.
So bleibt mir nur dieser kleiner Funke Hoffnung: Vielleicht will es das Glück, dass Du, oder jemand, der mit Dir verbunden ist, durch Zufall auf mein Werk stößt, auf die spärlichen Spuren, die ich mit meinen dürftigen Selfpublishing-Versuchen hinterlassen habe, oder auf ein seltenes Exemplar in der einzigen Buchhandlung der Welt, die den Weitblick hat, es vorzuhalten. Der Gedanke tröstet mich, dass mein Buch auf irgendeinem verschlungenen Pfad doch noch den Weg zu Dir finden könnte, lieber Fan, und dass das Glück, Euch einander endlich begegnet zu sein, Eure Herzen mit einer warmen Dankbarkeit erfüllt.
In Liebe, Dein Autor.