Schriftweiten

Hallo zusammen,

wer sich für Typographie speziell interessiert findet hier sehr gute Adressen:

[www.typografie.info[/URL] oder unter www.100besteschriften.de oder unter praegnanz.de

Vielleicht können wir auch einen neuen Titel “Typographie” aufmachen.

Ganz wunderbar ist auch das Buch Paul Renner, Die Kunst der Typographie.

Man muß sicherlich überragende Schriftentwürfe und deren Designer besonders würdigen. Zum Teil gibt es bei diesen Schriften hochwertige Ligaturen- und Kerning-Funktionen, Sonderzeichen, Schriftschnitte.

Viele dieser Schriften haben sich in Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten bewährt.

Diese Schriften müssen nicht unbedingt etwas kosten, manche sind auch als Systemschriften bei Windows dabei (kann nur für Windows, nicht für das Max-OS sprechen). Hervorragende Schriftsammlungen wurden früher (wahrscheinlich auch heute noch) mit Corel-Software mitgeliefert. Hervorragende Schriftschnitte habe ich bsp.-weise von einem alten Corel-WordPerfect-Office-Paket.

Ganz interessant ist die leider geübte Praxis, bekannte Schriften plagiatartig unter anderem Namen anzubieten, wie es z. B. Microsoft gerne tut (Helvetica-Plagiat Arial, Frutiger-Plagiat Segoe UI). Das kann einem egal sein oder man kann es abscheulich finden.

Wichtig ist schließlich heute die Bildschirmdarstellung der Schriften durch moderne Technologie. Ein Gutteil der Beliebtheit der Plagiat-Schrift Arial ist ihre gute Bildschirmdarstellung.

Zu achten ist auch darauf, ob für Schriftschnitte wie fett oder kursiv eigene Schriftdateien vorliegen oder diese elektronisch erzeugt werden.

Schließlich muß man auch beim Dateiaustausch die Verfügbarkeit der Schriften auf anderen Rechnern beachten.

Klassiker:

Serifenschriften: verschiedene Garamond-Varianten, Palatino, Times New Roman, New Century Schoolbook, Goody Old Style, Bodoni, Caslon, Baskerville, Bookman Old Style

Serifenlose Schriften: Franklin Gothic, Futura, Gill Sans, Univers, Helvetica, Frutiger, Avant Garde

Gute modernere Schriften:

Serifenschriften: Charter; Georgia; Minion Pro

Serifenlose Schriften: Myriad Web Pro und Myriad Pro

Ich habe sicherlich noch einige vergessen.

Mein Liebling ist aber Futura in light, Book, Medium, Heavy, Medium Bold, Black, etc. … Alles, was ich gut mit der Futura formatieren kann, mache ich auch in Futura (aus dem alten Corel-Paket). Bei den Serifenschriften mag ich die Charter am liebsten.

Und um Himmels willen keine Comic Sans. Diese habe ich in einem wissenschaftlichen Vortrag auf einem Kongreß am Wochenende ansehen müssen.

Viele Grüße

Thomas](http://praegnanz.de/start)

Danke Ike und Thomas. Eure jüngsten Erklärungen helfen doch schon viel weiter. :slight_smile:

Was meinem diesbezügl. Laienstand jetzt noch nicht recht einleuchtet:

Mit ist zwar nun ein wenig klarer, dass, wo (Billig-)Schriften ein fehlerhaftes (wie gibt’s so etwas überhaupt???) oder fehlendes Kerning aufweisen, der optische Schriftausgleich (bzw. das geübte Typographenauge) herhalten muss, was programmtechnisch nun wohl unterschiedlich gehandhabt wird.

Was ich weniger verstehe ist, warum das richtige Kerning (als optisch perfekt ausgeglichene Laufweite von Buchstaben und Wörtern verstanden) nicht Teil der (eingebauten) Normalschriftenlaufweite des Betriebsprogrammes ist, da einerseits doch über dieses die Fonts installiert und verwaltet werden und andererseits die mathematisch ausgeglichene Laufweite (das Kerning) ohnehin computergebundene Sache ist/sein sollte?

Gerade solche reinen Rechenarbeiten wie den metrisch richtigen Laufweitenausgleich von Schriften sollte doch das Betriebsprogramm des Computers selbstständig erkennen und lösen können…, anstatt Mitbringsel der jeweiligen Fonts zu sein?

Damit einher ginge auch eine (gewisse) plattformübergreifende Standardisierung, da im Prinzip alle Betriebsprogramme mit denselben Kerningdaten gefüttert werden könnten, die dann geschmacksbedingt immer noch durch den optischen Ausgleich der unterschiedlichen Antwendungsprogramme beliebig verändert werden könnten.

Moin!

Nö, geht leider nicht. Der Abstand der Buchstaben untereinander bei verschiedenen Buchstabenkombinationen ist stark vom jeweiligen Zeichensatz abhängig. Schau Dir zum Beispiel ein Font an, der eine Schreibschrift darstellen soll. Dort müssen sich die einzelnen Buchstaben berühren. Bei einer “normalen” Schrift ist dies aber normalerweise unerwünscht. Dort wird der Abstand zwischen unterschiedlichen Buchstaben unterschiedlich weit sein - bei nicht proportionalen Schriften wie z.B. Courier ist die Breite eines Zeichens - incl. des Abstands - immer gleich.

Dementsprechend hat das Betriebssystem da keine Chance und wird demzufolge die Zeichen bei fehlende Kerning einfach mit einem Standardabstand aneinanderreihen.

Michael

Das beschreibt mein Problem sehr gut. “Ich will doch nur telefonieren.” Ich brauche (wahrscheinlich ebenso wie Linguist) nur eine, maximal zwei optisch ansprechende Schriften für den Druck von Was-weiss-ich-alles. Wohlgemerkt zum Drucken, nicht für den Bildschirm. Dafür will ich nicht ein Dutzend Schriften ausprobieren müssen, zumal am Ende meiner Auswahl garantiert jemand bemerkt: Na mit der Schrift hast du daneben gegriffen, das ist eine Discounter-Schrift mit schlechten Kerning-Tabellen, nimm eine andere, die kostet aber einiges. Oder es fehlen Umlaute…

Deswegen bin ich eingefleischter Fan von Garamond und vor allem Palatino Linotype. Die erfüllen meinen Zweck, und wenn das eine oder andere nicht 100%-ig stimmt, weiß ich wenigstens, dass es kaum einer sieht.

Und ich kann zu meinen zu vielen Hobbys nicht noch das des Typografen hinzufügen. Ich habe schon viel zu viel Zeit damit zugebracht, doch die Meinungsvielfalt unter den Typografen ist ebenso groß wir bei den Historikern und den Juristen.

Hallo miteinander,

man sollte beachten, daß sehr feine oder “warme” Schriften wie die Garamond-Varianten ebenso wie die vortreffliche Palatino nicht gut passen zu Beschwerdebriefen, Dienstanordnungen, etc. Auch bei Hausarbeiten, Promotionen wirken diese Schriften manchmal zu persönlich und filigran. Das gilt besonders für eine typische Buchschrift wie Herman Zapfs Palatino von 1950.

Umgekehrt können manche serifenlose Schriften kalt und abweisend sein, wo es gar nicht gewollt ist. Das gilt z. B. für die Klassiker Univers, Helvetica und das Helvetica-Plagiat Arial.

Bei übersichtlichen Tabellen hingegen sind sachliche Serifenlose für die Lesbarkeit von Vorteil.

Auch eine gewisse Abwechslung zum Times-/Arial-Einerlei erfreut das Auge. Mal eine Charter, Charis oder Georgia statt Times, eine Gill Sans, Mydriad oder Frutiger statt der allgegenwärtigen Arial? Variatio delectat.

Typographie wirkt beim Adressaten selbst dann, wenn er sich darüber gar nicht bewußt ist. Das kann man nutzen.

Man kann mit der Schriftgestaltung unabhängig vom Inhalt gewollt oder ungewollt Wirkung erzielen.

Viele Grüße

von Thomas

@ike:

Danke für die erhellende Erklärung, Ike.

Da ich denke, dass kaum noch nicht-proportionale Schriften in Gebrauch sind und auch das Feld für Schreibschriften vernachlässigbar klein sein dürfte, sollte ein sich selbst anpassendes „Standard-Kerning“ vom Prinzip her für alle Betriebssysteme möglich sein.

Dies müsste aber wohl an- und ausschaltbar sein, was für Programmierer ja kein Problem darstellen sollte… :slight_smile:

Man müsste halt die Vor- und Nachteile genau abwägen, was hier (zumindest für einen Laien wie mich) nicht möglich ist.

@Alle:

Was neben Faktoren wie Lesbarkeit, Ästhetik und Situations-/Zielgruppenorientierung noch wichtig ist, ist im heutigen Preiswettbewerb der Verlage, wo Autoren im Prinzip nurmehr von den Brosamen leben, die von des Reichen Tische fallen, die Laufweite der Schrift.

Wenn ich beispielsweise von Times New Roman zu Bookman Old Style wechsle, erhöht sich die Seitenzahl um ca. 20%. Zwischen beispielsweise 300 Seiten und 360 Seiten besteht ein nicht unerheblicher Unterschied in der Preisansetzung und damit preislichen Konkurrenzfähigkeit eines Buches.

Moin!

Jepp. Sehe ich ebenso. Ich habe dazu mal Tests anhand eines Textes einer Bekannten gemacht:

  • URW Bookman: 483 Seiten

  • Charter BT: 432 Seiten

  • Computer Modern: 443 Seiten

  • Garamond: 417 Seiten

  • Gentium: 464 Seiten

  • Georgia: 439 Seiten

  • Minion Pro: 400 Seiten

  • New Century Schoolbook: 449 Seiten

  • Palatino: 439 Seiten

  • Times New Roman: 407 Seiten

Das war jetzt nicht mit Papyrus, sondern mit LaTeX erstellt, dürfte sich aber auch nicht massiv unterscheiden. Ich bin damals zum Schluss gekommen, dass Minion Pro meine nächste Schrift wird. Sie spart Platz und sieht gleichzeitig auch gut aus.

Michael

Welchen Schrifttyp aus der doch ganz schön großen Mignon Pro Familie meint ihr denn…? :scream:

vgl. hier

Wobei solche Tests die Tatsache unterschlagen, dass jede Schrift ihre eigene, auf die Situation angepasste, Kombination aus Punktgröße, Zeilenabstand und Zeilenbreite erfordert. Zum Beispiel kann ein Text beim Wechsel von Times 10pt auf Bookman durchaus in 9pt gesetzt werden, wodurch die größere Laufweite der Bookman kompensiert wird. Die Buchstabeninnenräume der Bookman sind viel größer als bei der Times, so dass sie in kleineren Schriftgraden noch gut lesbar ist.

Darüber hinaus haben alle Schriften ihre eigene Anmutung. Die Bookman hat für mich einen leicht verspielten Charakter, so dass mich ihre Verwendung in technischen Büchern manchmal irritiert (z.B. bei den Pragmatic Programmers). Für einen Roman finde ich sie dagegen gut geeignet. Aufgrund der ungewöhnlichen Schriftwahl haben die Bücher der Pragmatic Programmers aber auch einen hohen Wiedererkennungswert.

Moin!

Ich habe die Tests natürlich auch danach beurteilt, welche Schrift mir am meisten zum Lesen gefällt. Auch da schlug sich die Minion Pro (die, die beim Adobe Reader mitinstalliert wird) recht gut.

Ich habe es mit LaTeX erstellt, ob dies eine Anpassung des Zeilenabstands durchführt, weiß ich nicht.

Michael

@ike:

Hab ich da was verpasst oder nicht richtig verstanden?

Ich habe den neuesten Adobe Reader auf meinem Notebook…, finde allerdings weder bei Word noch bei Papyrus die Minion Pro… :scream:

Tja, die will Adobe für sich behalten :slight_smile: Die findest Du im Adobe -Reader -Programmordner im Ordner Resourcen - Font. Von da musst Du sie noch einmal in den offiziellen Windows-Font-Ordner kopieren, damit Papyrus oder andere Programme was davon haben.

Grüße

@akoch:

Tstststs…, typisch, diese Versteckspiel-Programmierer… :smirk:

Aber danke für den guten Tipp…:wink:

Übrigens, es ist in der Tat eine sehr schöne Schrift, nicht zuletzt, weil ihre Schönheit so unauffällig ist. Sie will nicht herausstechen, sondern weiß, was sie hat und braucht deswegen damit nicht reißerische Werbung betreiben… :slight_smile:

Ja, die MinionPro werde ich wohl auch zunehmend einsetzen.

Moin!

Zur Legalität der Minion Pro gibt es hier einen interessanten Thread. Ist ja schon etwas seltsam, wenn die Schrift zum einen was kostet und zum anderen kostenfrei erhältlich ist.

Es wäre schön, wenn jemand, der die Schrift gekauft hat, mal nachschauen könnte, worin sich die freie unterscheidet.

Michael

@ike:

Das verwundert in der Tat den stillen Schriftenbetrachter. Ich hatte schon bei akochs Hinweis, dass die Palatino Linotype “normalerweise” nicht kostenlos wäre (Eintrag vom 30 August 2008 19:18) geschluckt. Ich habe nämlich weder je einmal Schriften gekauft noch irgendwelche über andere Programme geladen und/oder installiert (Ausnahme jüngst die beim Adobe Reader mitgelieferten Schriften, wobei ich auf diese Art des Schriftenklaus selber gar nicht gekommen wäre) und doch ist diese Palatino Linotype überall auf meinen Rechnern…???

Hat MicroSoft hier einen Vertrag mit Schriftenanbietern für den eigenen Vertrieb…?

Hallo,

die Schrift wurde mit WIN2k und mit XP von Microsoft mitgeliefert, hat aber im Schriftenkopf im Gegensatz zu den anderen „Microsoft-Fonts“ kein Copyright von Microsoft, sondern ein Copyright von den Heidelberger Druckmaschinen und Linotype. Den Originalfont verkauft Linotype immer noch im Laden für rund 30 Euro pro Schnitt, es ist also davon auszugehen, daß die Veröffentlichungen der Microsoft-Fonts hier eingeschränkt sind. Es müsste halt jetzt jemand mal die Eula von Windows daraufhin durchlesen :slight_smile: - ich machs nicht.

Grüße…

Das ist schon fast außerhalb des Themas: Wie beurteilen die hiesigen Fachleute die Schriften von Softmaker? 5000 Schriften für 50 Euro kann nicht gut sein, oder: Es gibt Schätze darunter, oder: So etwas sehe ich mir gar nicht an.

Müsste mal jemand dazu was sagen, der die besitzt und angesehen hat. Es besteht durchaus die Möglichkeit, daß auf jeder Schrift-CD was Hübsches drauf ist. Generell verneinen soll man nie. Nur meistens sind die “guten” Schriften, die auf diesen Samplern drauf sind, auch wenn Sie einen andere Namen haben, schon so weit verbreitet, daß man die nicht noch ein fünftes Mal braucht.

Bestes Beispiel dazu die Schriften-Sampler aus dem Franzis Verlag: Cd in dickem Schuber mit 180 seitigem Fontbooklet, die Schuber sollten an die 100 Euro kosten und werden jetzt bei 2001 für rund 5 Euro verramscht. Sind alles relativ gute, altbackene Fonts, die man durchaus so in den 70/80ern benutzt hat. Keine Schrift habe ich dem Namen nach gekannt, aber das sind alles geklonte Bitstream- und Linotype-fonts, die ich schon im Original habe. z.B. die “University Roman” heißt da “Undercover”, die Bauhausschrift “Huxley” heist “Neolitic”, “Courier” wird als “Sirene” verkauft.

Grüße…

Hab gerade was hoch interessantes dazu gefunden:

SoftMaker darf aus lizenzrechtlichen Gründen den Originalnamen nicht verwenden.

Zahllose Profischriften sind daher unter falschem Namen verfügbar: »Frutiger« als »Front Page«, »Futura« als »Function«, »Gill Sans« als »Gibson«, »Helvetica« als »Hegel«, »Optima« als »Flare O800«, »Palatino« als »Palazzo«, »Syntax« als »Saxony«, »Univers« als »Ultimate« UND »Sabon« als »Savoy«, u.v.a.m.)

Das schmerzt mich besonders, denn ich habe die Schriftensammlung und mir (unwissenderweise) die Sabon (mein persönlicher Liebling) und Palatino für teuer Geld gekauft! Ist aber nicht gesagt, das die Qualität auch wirklich stimmt, zum B. das Pairkerning. Das kann ich ja jetzt prüfen.