Hut ab. Du bist eine großartige Bereicherung für dieses Forum.
Ich habe zwar mit Deinem “Normalsprech” teils auch noch so einige Herausforderungen, aber es macht Spaß! Vielen Dank.
Hallo Ulli,
woran sich sehr schön demonstrieren läßt, was es mit … ähm … Signifikaten [sic] auf sich hat und wie man – beinahe schon notwendig – in die Irre gehen kann, sobald ein anderer Gebrauch von einen gleichen Signifikanten gemacht wird, als man’s selbst gewohnt ist und natürlich für richtig hält. Mir war schon klar, als ich deinen Beitrag noch gar nicht zuende gelesen hatte, was das Problem ist. Denn mit erinnerndem Rekurs auf meinen inzwischen schon lang zurückliegenden Biologieunterricht (worin ich übrigens ein Musterschüler war: Abi-Note 1), ist mir sofort die “andere semantische Dimension” von ‘Onto’- und ‘Phylogenese’ zurück ins Bewußtsein gerieselt, wobei diese “Andersheit” so gänzlich anders ja auch wieder nicht ist: Es gibt ja jede Menge Überschneidungspunkte.
Der Unterschied liegt letztlich in der jeweiligen Fokussierung auf einen bestimmten Ausschnitt des Gesamtphänomens: Und ich persönlöich meine, der Anthropologe, Kulturtheoretiker, Sprachphilosoph und noch andere, die v.a. auf die anthropologische Dimension am phylogenetischen Aspekt abheben, tun gut daran, das Biologische daran nicht gänzlich auszublenden, was freilich umgekehrt nicht minder gelten sollte, dann gäbe es m.E. viel weniger Verständigungsschwierigkeiten, als sie oftmals anzutreffen sind. Eventuell würde daraus sogar ein zutreffenderes Menschenbild in den jeweiligen Wissenschaften etabliert werden können – aber ich fürchte, davon sind wir noch einb ganzes Stück entfernt (‘Interdisziplinarität’ wird ja schon lang gern im Munde geführt, aber mit dem Machen sieht’s dann oft doch recht trübe aus; übrigens sehr zu meinem persönlichen Bedauern).
Es ist jedenfalls so: Mit Bezug auf Spracherwerb und verwandte wiss. Fragestellungen ist in der einschlägigen Literatur tatsächlich von jeweils ‘ontogenetischem’ resp. ‘phylogenetischem Spracherwerb’ usw. die Rede; meine Erwähnung dieser Termini entspringt also keinesfalls nur einer Idiosynkrasie. Und das hat ja auch seinen ganz eigenen Sinn, denn etymologisch ist klar, daß keine Einzelwissenschaft exklusiven Anspruch auf Nutzung erheben kann, weil gr. γένεσις ganz gewiß – genauso wie ὀντο und ‘φῦλον’ – ein breites Betreffeld aufreißen, was polysemische Effekte fast schon zwingend erscheinen läßt.
Viele Grüße von Palinurus
… was aber natürlich auch zur Aufweichung der jew. Begriffe führt, zu einer unerwünschten Unschärfe (sofern man nicht absichtlich so argumentiert - nein, ich meine nicht Dich).
Gleiches gilt bspw. für den inflationären Gebrauch von “Evolution”, was für mich eindeutig nur mit Lebendigem zu tun haben sollte - andererseits, wo wären wir in der Sprache ohne treffende Analogien?
Sprich, mit derlei Missverständnissen aufgrund “gleicher Begriff, aber anderes gemeint” wird man wohl leben müssen.
Liebe Suse,
ich bin dessen durchaus inne, aufgrund weniger spezifischer wiss. Prägungen (in einem winzigen Facettenpartikel des Wirklichkeitsspektrums), kaum immer den richtigen Ton für alle hier im Forum zu finden. Mir ist das selber arg. Zu meiner Entschuldigung vermag ich nur vorzubringen – auch gegenüber @Alex Sassland , die das ähnlich artikuliert hat (bei gleichzeitigem Lob, das mich sehr erfreute) --, daß es einmal gar nicht so einfach ist, den gewohnten wiss. Slang auf “Normalsprech” runterzubiegen und es zum anderen dabei zwei (Folge-)Schwierigkeiten gibt: Einerseits das Platzproblem, weil dann oft weitschweifigere Erörterungen vonnöten sind, die nicht nur den Editor kollabieren lassen, sondern auch zusätzliche Anstrengungen mit sich bringen würden, wozu außerdem der Zeitfaktor tritt, denn es kostet mich natürlich auch mehr Zeit, den für mich gewohnten Weg des Argumentierens zu verlassen.
Gleichwohl möchte ich darum bitten – @oskar21 hat es ja gestern auch getan – bei Nichtverständlichem halt einfach nachzufragen, sofern dabei etwas Interessantes durchklingt, ich werde mich jedenfalls bemühen, es dann besser zu machen.
Zum anderen Thema (rezente Denke und entsprechende Projektionen ihn Sci-Fi und Historischen Romanen):
Ein sehr schönes Beispiel für genau das, was ich meine! Auch wenn es (scheinbar) nur Äußerlichkeiten betrifft, wird das zu Kritisierende daran eklatant. Denn ich glaube, doch sagen zu dürfen, daß es nicht ganz abwegig ist, jemandem zu unterstellen, er schaffe nicht wirklich die je angemessene zeitgenössische Atmosphäre (egal ob Autor oder Filmmacher), wenn er seine Protagonisten z.B. so anzieht, wie’s rezent der Brauch ist, obwohl die Handlung erst tausend Jahre später angesiedelt ist. – Vielmehr schlägt sich daran m.E. die Denke nieder: Hauptsache, der technische SchnulliPulli ist abgefahren … auf den menschen kommt es gar nicht so an …
Ich halte das für grundfalsch, weil es eigentlich vor allem auf den Menschen ankommt …
Im Historienfall ist das nicht anders, auch wenn da die Kleidung meistens angepaßt ist, aber der Mensch, der drinsteckt, trotzdem wie zu Jetztzeiten denkt und sich verhält.
Allerdings: Das Ganze ist nicht nur ein Fehler unserer modern times! Guckst du dir Renaissance-Gemälde und Illustration (tlw. auch solche aus späteren wie auch früheren Zeiten) an – oder Kirchenfassaden mit Figurenschmuck usw. --, fällt schnell ins Auge, daß bspw. antike Szenarien, wie etwa alt- und neutestamentarische Motive, oft lustig im je zeitgenossischen Ambiente angefertigt wurden, nicht nur Kleidung betreffend, sondern auch Accessoires, Waffen, Architektur usw. – Auch ein von gewisser Gleichgültigkeit gegen Geschichte und Entwicklung geprägter Blick also schon bei unseren Vorfahren! Obwohl gerade die Renaissance da mit ihren klügsten Köpfen entsprechende Reflexionen angeregt hatte; was andersherum sagen will: Ignoranz gegen wiss. Forschung ist nicht nur heutzutage weitverbreitet, sondern war’s schon immer bei vielen, wenn auch niemals allen.
Womit sich gewissermaßen der Kreis zum vorher Angesprochenen schließt: State of art zu sein, wenigstens soweit, daß es nicht peinlich wird, setzt halt ein gewisses Bemühen voraus … niemandem fällt Wissen einfach in den Schoß …
Viele Grüße von Palinurus
Hallo Ulli,
da sprichst du ein bedeutendes Wort gelassen aus!
Und ja: Von mir ein d’accord dazu. Aber nicht nur, weil es sicher tatsächlich unvermeidliche Probleme gibt deswegen. Sondern zugleich liegen darin große Möglichkeiten … und … und es ist immer wieder auch ein einzigartiges** Abenteue**r, durch die ozeanische Polysemie der Wörter und Begriffe zu segeln … gerade auch beim Schreiben literarischer Texte … Denn mal ganz ehrlich: Was wäre ein solcher Text, eignete ihm nicht etwas von jener AMBIGUITÄT, die die Imagination erst richtig freisetzt – anheizt gewissermaßen wie ein magisches Feuer, in dem des Menschen Vorstellungskraft zu glühen beginnt – und die Phantasie wie einen wunderschönen labyrinthischen Garten blühen läßt?!
Gruß von Palinurus
Du musst dich dafür doch nicht entschuldigen! Ich habe das gar nicht negativ gemeint sondern als Erklärung dafür, dass ich mich nur mit Bruchstücken deiner Ausführungen beschäftigen kann. Aber das macht ja nichts. Ich picken mir eben das heraus, was ich verwenden kann. Für andere sind andere Häppchen brauchbar. Vielfältiger geht es nicht!
Hallo zusammen,
ich denke, dass es bei der Reinkarnation um unsere Seelen geht und deren Weiterentwicklung.
Das bedeutet, wir werden nicht immer im selben Geschlecht wiedergeboren, sondern sollen auch lernen wie es ist, das andere Geschlecht zu sein.
Jeder hat seine Probleme. Egal ob Mann oder Frau und wir sollen daraus lernen.
Ich habe mich schon als Kind mit dem Thema befasst, da ich neben einem Friedhof großgeworden bin und mir schon sehr früh Gedanken über den Tod gemacht habe.
In einem Traum (Oder waren es Bruchstücke aus Erinnerungen?) war ich auf einer weißen Ebene mit anderen nicht körperlichen Wesen. Wir haben gewartet. Aber es gab kein Zeitgefühl.
Als es so weit war, musste jeder von uns unser Schicksal bestimmen. Wie sollten wir aussehen, wann sollten wir unseren ersten Freund haben, wie und wann sollten wir sterben ect.
Das Einzige, was wir nicht bestimmen konnten war, was wir für ein Geschlecht bekommen sollten.
War man im letzten Leben ein Mann, so musste man im Nächsten zur Frau werden. Es sei denn, man schob es einmalig auf. Dafür musste man in den zwei darauffolgenden Leben dasselbe Geschlecht bekommen, damit die Seele gleichmäßig lernen kann.
Ich war in meinem letzten Leben auch eine Frau und wollte jetzt wieder eine sein, weil ich dann in den zwei kommenden endlich ein Mann sein kann. Alle Entscheidungen die man trifft, sollen dazu beitragen, dass die Seele lernt. Also sollte man bei den Entscheidungen das Leben nicht zu leicht gestalten.
Jemand neben mir wollte nicht widergeboren werden, musste aber und es hat sich für eine Todgeburt endschieden.
Es wollte einfach mal ein Leben aussetzen.
Ich weiß natürlich nicht, ob da etwas wahres dran ist, aber so kann ich es mir ziemlich gut vorstellen.
Zumal ich erst sieben war, als ich den seltsamen Traum hatte. Vielleicht war da was hängengeblieben.^^ LOL
Ein Unsterblicher hingegen kann die Seele nur bedingt weiterentwickeln. Wie sollte er oder sie denn wissen, wie es ist, ein anderes Geschlecht zu sein. Welche Sorgen und Probleme es bei ihnen gibt? Was sie alles durchmachen müssen?
LG Tessley
Lieber @Palinurus , wie @Suse schon sagte - kein Grund für Entschuldigungen, im Gegenteil!
Ich finde Deine Beiträge überaus anregend, teilweise spannend - und wenn ich mich mit einer für mich nicht alltäglichen Thematik beschäftigen muss, ist das gut für mich.
Weiter so!
Klar. Das Bedürfnis nach “perfekten Wort-Definitionen” hat auch nur der Erkenntnistheoretiker und Wissenschaftler “Ulli”.
Der Literaturfreund in mir dagegen liebt interessante neue Analogien, Aphorismen und weitere ungewöhnliche Wendungen und Gebrauch der Sprache, sofern intelligent und treffend und nicht gestelzt und gar zu gewollt.
Auch mein sehr wertgeschätzter alter Professor Walter Sudhaus wird es mit einer Prise Humor nicht ernst gemeint haben, als er mal meinte, dass der Begriff “Evolution” inflationär “verkommt”, weil er immer mehr von Astrophysikern, Geologen und sogar im normalen Sprachgebrauch fehlgebraucht würde.
Mit diesen Begriffen ist es nicht so einfach.
Unsterblichkeit meint meistens, dass der Mensch nicht stirbt, also weiterlebt.
Reinkarnation bedeutet hingegen, dass ein Selbst sich neu verkörpert – das Selbst ewig existiert.
Wiedergeburt setzt voraus, dass was da erneut geboren wird, zuvor gestorben ist – sonst könnte es nicht wiedergeboren werden.
Ohne in die Details einzugehen, kenne ich grob folgende Modelle:
Gnosis - der Mensch ist dualistisch. Der Körper wird als schlecht und minderwertig betrachtet, die Seele wird befreit aus dem körperlichen Gefängnis und lebt weiter. Das Gedankengut kommt vor allem aus der griechischen Philosophie und ist beispielsweise in den Katholizismus eingeflossen.
Biblisch - der Mensch ist sterblich. Statt eine unsterblichen Seele zu denken, gilt der Mensch als durch und durch sterblich. Deshalb spricht das biblische Zeugnis von Wiederauferstehung. Der Mensch ist also nicht “unsterblich” (aus sich selbst heraus), sondern wird von Gott zum ewigen Leben erneut erweckt. Hier kann auch von “Wiedergeburt” im wortwörtlichen Sinne gesprochen werden. Der Unterschied besteht darin, dass hier ewiges Leben nur in Gemeinschaft mit Gott gesehen wird, weil der Mensch aus sich selbst heraus sterblich ist. Die meisten Menschen, die von einer Unsterblichkeit ausgehen, glauben aber daran, dass der Mensch irgendwie aus sich selbst heraus ewig ist - und dafür kein Gott gedacht werden muss.
Die Upanishaden (und auch die Bhagavad Gita) gehen von einem ewig existierenden Seelenkern aus (Atman), der “jenseits von Geburt und Tod existiert”. Dieser Seelenkern tritt in einen neuen Körper ein, inkarniert also. Hier kann nicht von Wiedergeburt gesprochen werden, da dieses Selbst eben nicht stirbt. Üblicherweise entsteht bei der Reinkarnation eine neue Identität, die dann mit Deinem jetzigen Ich nichts zu tun hat. Deshalb ist zwar ewiges Leben nicht ganz falsch, aber trifft wohl nicht das Verständnis der meisten Menschen, die ja ihre Identität zu behalten glauben, wenn sie von Unsterblichkeit sprechen.
Der Buddha machte seinerzeit darauf aufmerksam, dass alles, was die Leute für ihr Selbst halten und von dem sie glauben, dass es wiedergeboren wird, irgendwie nicht das Selbst sein kann. Unter Verweis auf die Definition der Upanishaden, dass das Selbst nicht sterben kann, ist alles, was wiedergeboren wird, “nicht (das) Selbst” (anatman). Deswegen geht der Theravada-Buddhismus davon aus, dass alles, was wiedergeboren wird, eben Daseinsfaktoren sind, die die Illusion eines Ich bilden. Deswegen fokussierte sich der Frühbuddhismus auch auf “anatman”, weil ein Selbst möglicherweise existiert, möglicherweise nicht.
Gleichzeitig thematisierte der Buddha aber auch in seinen Lehrbriefen, dass es ein Ewiges geben müsse, weil sonst niemand aus dem Kreislauf des Werdens aussteigen könnte. Der spätere Mahayana-Buddhismus (z.b. auch der chinesische Chan-Buddhismus) fragte deshalb danach, wie denn dieses Ewige beschaffen sei und kam zu dem Schluss, dass wenn es etwas Ewiges gibt, aber der Mensch dem bedingten Werden und Vergehen unterliegt, dieses Ewige leer sein müsse (also frei von Eigenschaften), denn würde das Ewige einen Kern haben, könnte das diesen Kern habende Wesen nicht ins Nirvana eingehen. Deshalb thematisiert der Mahayana-Buddhismus die Leerheit. Das Ewige ist also die Leerheit und weil das Ewige Leer ist, gibt es Werden und Vergehen und sogar die Möglichkeit, dass der Kreislauf von Werden und Vergehen überwunden werden kann.
Das als kurze Zusammenfassung.
Sehr interessant! Offenbar kann man aus diesem Thema einen eigenen Roman machen.