Ich zitiere mal aus dem (brillanten!) Buch “Stressbewältigung Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung”(2. Auflage 2010; Springer-Verlag, S. 215) des psychologischen Psychotherapeuten Prof. Dr. Gerd Kaluza:
“Sei beliebt!
Im Hintergrund dieses Stressverstärkers steht das Anerkennungsmotiv, der Wunsch nach Zugehörigkeit, nach Angenommensein und Liebe. Wenn dieses Motiv übermächtig und zur absoluten Forderung erhoben wird, dann verbindet es sich mit einer ausgeprägten Stressanfälligkeit vor allem gegenüber solchen Situationen, in denen Ablehnung, Kritik und Zurückweisung durch andere möglich sind oder drohen. Als besonders belastend wird auch erlebt, wenn man eigene Interessen vertreten und andere enttäuschen muss oder wenn Konflikte, Meinungsverschiedenheiten u. Ä. mit anderen bestehen. Derartige Situationen müssen unter allen Umständen vermieden oder entschärft werden. Dies wird versucht, indem man eigene Interessen zurückstellt und sich bemüht, es buchstäblich allen recht zu machen. Auch eine übergroße Hilfsbereitschaft steht bisweilen im Dienst des “Sei beliebt!”-Verstärkers. Sicher gibt es immer wieder Situationen, in denen es notwendig oder angemessen ist, Kompromisse zu schließen, nachzugeben und anderen zu helfen. Das Problem liegt auch hier wieder in der Übertreibung, in einem “Zuviel des Guten”, das auf längere Sicht in die Selbstüberforderung und ins Burn-out führt.”
(Von Ulli moderiert) → bitte nicht böse sein, aber wir können keine Links darauf überprüfen, ob sie OK sind, daher nehme ich den Link mal raus. Das ist KEINE Wertung, werte Tintenteufelin, sondern nur die leider vom Gesetzgeber vorgegebene Vorsicht. (Ulli Moderation Ende).
Ich gehe also davon aus, dass deine Protagonistin zuhause nur dann Anerkennung, Liebe, Lob und Beachtung fand, wenn sie ein liebes, braves, angepasstes Mädchen war. (Oder sie zumindest glaubte, dass das so sei.) Eins, das stets seine Hausaufgaben machte, gute Schulnoten heimbrachte, sich nicht schmutzig machte, stets Bitte und Danke sagte, hilfsbereit war. Vielleicht hat sie sogar “die andere Wange” hingehalten, wenn man sie schlug. Sie hat wenig Selbstbewusstsein und das merkt ihre Umgebung. (Daher traut sich der Haussklave auch sich seinerseits bedienen zu lassen). Sie hat nie gelernt “NEIN” zu sagen: denn dann rechnete sie (ob das so gewesen wäre, sei mal dahingestellt) mit Liebesentszug / mangelnder Beachtung.
Vielleicht ist sie ein sogenanntes “Sandwich-Kind”? Das mittlere in einer Familie? Das älteste war lange der Prinz / die Prinzessin, bevor es vom mittleren vom Thron gestoßen wurde. Das älteste Kind muss Kämpfe ausfechten, um das was es darf, die Eltern sind ja noch unerfahren. Das jüngste Kind ist oft das Nesthäkchen: es darf viel mehr als die älteren, denn die Eltern sind ja inzwischen schon erfahren und wissen, was geht. Es muss nicht mehr kämpfen. Ja und das mittlere Kind geht oft ein bisschen unter: es wird von oben gedeckelt, vom älteren Geschwisterteil, muss aber seinerseits als das größere Geschwisterkind auf das jüngste Rücksicht nehmen. Es ist daher oft unauffällig und lernt dann auch, dass es so am besten durchs Leben kommt: wer lieb und brav ist, bekommt Anerkennung, entlastet das doch die Eltern, die mit dem ältesten Kind (vielleicht schon im Teenager-Alter) alle möglichen Sträuße ausfechten müssen und bei denen das Kleinste noch so viel Aufmerksamkeit verlangt, so dass sie dankbar sind, wenn ein Kind wenigstens pflegeleicht ist.