Weißt du, ich bin immer etwas skeptisch bei diesen Schreibgurus und ihren Ratschlägen. Ich glaube, du kannst zu jeder These, die da verkündet wird, nach einiger Recherche bei einem anderen Guru die Antithese dazu finden. Abgesehen davon: Wieviele dieser Gurus sind denn als Bestseller-Autoren weltberühmt, wo sie doch den einzig wahren Weg des Schreibens gefunden haben?
Und zu deinem Faustschlag: Du hast ihn eigentlich selbst genannt, die inneren Konflikte des Mannes. Zeige sie dem Leser, überrasche ihn mit unerwarteten Aussagen:
*Wehmütig sah er seiner Tochter beim Graben im Sand zu, wie sie Muscheln zu einem Muster legte, dass bei der nächsten Welle wieder zerstört wurde. Und obwohl er dieses Kind so liebte, wie es jeder von ihm erwartete, wusste er ebenso, dass dieses Kind gemordet hatte.
Alle seine Pläne, seine Träume, das Leben, das er für sich geplant hatte, starben einen unerwarteten und schnellen Tod, als Sarah die magischen Worte sprach: “Ich bin schwanger!”
Das Austauschjahr in den USA, das sorglose Leben eines braungebrannten Surflehrers auf einer Urlaubsinsel waren plötzlich tot und durch Pflicht und Verantwortung ersetzt worden. Und es war an der Zeit, kleine Auszeiten zu nehmen. Auszeiten von seiner Tochter, Sarah und der Gesellschaft, die nicht nach seinen Träumen fragte, sondern nach seiner Funktionsfähigkeit. Um sich wieder wie ein Mensch zu fühlen.
*
Ab da kannst du ja immer mehr Beispiele bringen, was er alles versucht und wie er sich immer weiter weg bewegt, von dem, was man “normal” nennt.
Hat dich die bisherige Kritik schon umgehauen, dass du liegst?
Sehr gut. Damit hast du schon gezeigt, dass du etwas gelernt hast. Es lebe die Langsamkeit! Gut Ding will Weile haben.
Übrigens fällt mir da eine superspannende Szene aus einem Roman von Ken Follett (Die Pfeiler der Macht) ein, in der ein Pokerspiel beschrieben wird. Der Perspektivträger muss einen anderen Spieler (der auch leichte Züge von Spielsucht zeigt) in den Ruin treiben, damit dieser das Land verlässt und er dessen Job kriegen kann. (Das spielt alles im 19. Jahrhundert.) Man fiebert die ganze Zeit mit, weil man wissen will, ob Micky es schafft zu betrügen, ohne dass dies jemand merkt.
Ziel: Micky will seinem Gegner den letzten Cent aus der Tasche ziehen, ohne dass dieser das merkt.
Motivation: Der Gegner muss aus dem Land. Micky will dessen Job haben.
Konflikt: Keiner darf wissen, dass er betrügt. Dann wäre sein Ruf als Gentleman für immer ruiniert und er wäre am Boden. Es geht hier also um seine Existenz. Eine starke Motivation.
Kurz vor dem Ende der Szene sieht es kurz so aus, als sei Micky entlarvt worden. Doch er kann es noch mal hinbiegen …
Verstehe ich das also richtig?
*
Martin steht auf einem Steg und ist in Gedanken versunken. Er stellt fest, dass seine Spielsucht (in Form eines Flüsterns) so stark in ihm ist, das er nicht ohne sie (das Spielen) kann? Er weiß um diese „Schattenseite“, deswegen der Vergleich mit dem Müll?*
Lieber Norman, ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen, dein Text überzeugt so noch nicht und lädt auch nicht zum Weiterlesen ein.
Man kann einen Text zwar langsam starten, es sollte darin aber irgendetwas passieren, etwas Spannendes, Interessantes, Mysteriöses … was auch immer, eben etwas, das die Leser motiviert, sich auf die Sache einzulassen.
Pamina hat völlig recht, einmal damit, dass das noch auf der ersten Seite passieren sollte. Kaum ein anderes Genre hat mit solch ereignislos dahinplätschernden Zeilen (und genau daran krankt dein Prolog) weniger am Hut als der Thriller, erst recht zu Beginn. Thriller- Leser sind nicht für ihre Geduld oder ihre Liebe zu poetischer Ausdrucksweise bekannt, sie wollen den versprochenen Thrill, und sie wollen ihn sofort. Ein saftiger Appetithappen am Anfang muss da schon sein, anderenfalls wird das Buch wieder weggelegt.
Du erreichst das, wie Pamina auch schon sagt, indem du einen interessanten Sachverhalt zeigst. Schmeiß deinen Protagonisten direkt rein in eine aussagekräftige Szene, in der ein schöner Konflikt zumindest schonmal angedeutet wird. Wenn du deine Leser gleich zu Anfang geschickt köderst, kannst du dir später auch mal ruhigere Passagen leisten. Umgekehrt hat die Sache als Thriller keine Chance.
Also Ärmel hochkrempeln und ran ans Überarbeiten, das wird schon.
@ Yoro
Danke als erstes mal für deine Rückmeldung
Was hälst du zum Beispiel davon. Ich berichte im ersten Kapitel über eine Geschichte im Casino die in der vergangenheit spielte. Das zweite kapitel würde dan wieder in die Gegenwart springen und zwar zu diesem und zwar mit dem bezug auf diesen einen Abend an dem “was” passiert war.
Wäre dan dieser langame aufbau gerechtfertigt?
Das ist aber das Problem:
Ohne die Zusatzinfo aus deinem Post, hätte man - rein vom Text her - diese Schlussfolgerung mit der Spielsucht nie gezogen, dafür ist die metapher zu global-galaktisch, “Schattenseite” kann alles mögliche sein, von verheimlichten Mord über einen verruchten Fetisch bis hin zur Liebe von Frikadellen mit Himbeermarmelade.
Klar das war auch so gedacht. Ich wollte das der Leser das von Zeit zu Zeit herausfindet und als erstes im Ungewissen liest. Halt nur mit der Buchrücken Information. Aber ich werde mich auf euch verlassen, da ihr die Profis seit und ich um jede Hilfe dankbar bin die mich voran treibt. Aber nochmals zurück zu meiner Frage, erstes Kapitel aus der Vergangenheit und dann den langsamen Aufbau. Ist das nicht schon langsam ausgelutscht?
@Norman
ja, das kann funktionieren. Ganz wichtig für einen gut gelungenen Anfang (= ein Anfang, der zum Weiterlesen anregt) ist, dass er Interesse weckt, also Fragen aufwirft, die man als Leser gerne beantwortet haben möchte.
Wann, wo und mit wem es stattfindet, ist dabei gar nicht mal so wichtig, und hüte dich vor irgendwelchen Erklärungen auf den ersten Seiten (!!!).
Stell es dir so vor: Du liest ein Buch an und wenn du nach der ersten Seite denkst, oh verdammt, ich wollte heute eigentlich gar kein Buch kaufen, aber ich MUSS jetzt wissen, wie das weitergeht → ab zur Kasse, dann ist der Anfang gelungen :).
Wenn der Start gut geklappt hat, hast du als Autor für die nachfolgende Story erstmal Carte blanche und kannst (zumindest eine zeitlang) machen was du möchtest, auch das Ganze langsam und akribisch aufbauen. Du darfst bei einem Thriller bloß niemals die Spannung aus den Augen verlieren, denn genau die erwarten die Leser.
LIebesschnulzen gibt es auch schon tausende von Jahren und verkaufen sich immer noch, also why not?
Der Aufbau “Dramatisches Ereignis” - “Wie kam es dazu?” bzw. in deinem Fall vermutlich “Zeitsprung - was hat sich seit damals geändert und langsames Zusteuern auf die nächste Katastrophe” kann funktionieren.
Gut dann versuche ich es mal mit dem Zeit Sprung. Klar ihr habt ja recht, in der ersten Szene, Kapitel, Prolog was auch immer passiert in Wahrheit nicht viel. Der tiefere Sinn den ich zum Ausdruck bringen wollte war das er eigentlich seinem Alltag entfliehen wollte oder etwas in dieser Art, aber gut, dann brauch ich für den Anfang etwas zum anregen, dann wie gesagt ein paar Freikarten und dann geht’s in die Geschichte
Danke für den Tipp, habe ich denk ich mal gut umgesetzt. Habe mich auch darauf geachtet selten Adjektive zu verwenden. Habe einige Regeln vorher gelesen wie zum Beispiel bei dem Wort Sehr. Das kommt nicht einmal auf 63000 Worte vor. Allerdings habe ich bei dem Start die Lektion im Youtubetutorial verpass
Eine Frage noch, ich habe nun durch euer Lektorat sehr viele kästchen auf der Seite das ich die einzelnen Kästchen nicht mehr lesen kann. Wie kann ich die gewählten von den anderen hervor heben?
Leute ich verabschiede mich für heute. Muss morgen um 6:30 wieder auf der Baustelle meine Brötchen verdienen. Gute Nacht und danke euch allen nochmals für die Kritik. Vielleicht schmeiss ich morgen nochmals was in die Runde zum auseinander nehmen, falls jemand Lust dazu hat. Mal schauen
Gute Nacht
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Mich irritieren die zuckenden Mundwinkel und die zuckenden Ohren.
Bin in Sorge um den Protagonisten. Aber nun ernsthaft … Einen Text öffentlich einzustellen erfordert Mut. Du hast nun unheimlich viele Infos und bist selbst vermutlich ziemlich aufgeputscht. Und gebe ich auch noch meinen Senf hinzu: Lass erstmal sacken. Die Spielsucht zum Thema zu machen, kann ein guter Einstieg sein. Ich habe überlegt, wie ich es angehen könnte … Vielleicht hat Dein Protagonist eine Glücksmünze in der Tasche, eine Art Rückversicherung für ein Spiel am Automat. Und dann möchte seine Tochter ein Eis und das ist das einzige Geldstück, welches er bei sich hat. Es entsteht ein Konflikt, ein stiller oder auch ein gesprochener Dialog mit der Tochter. ABER es ist Dein Roman! DU hast etwas zu erzählen. Das Wichtigste ist die Idee. Sieh sie als Seele der Geschichte. Das “Fleisch” kommt auch noch drum herum.
Natürlich kannst Du auch langsam anfangen. Du hast Dir nur selbst ein Bein gestellt, als Du
Deinen Text als Thriller angekündigt hast. Das weckt bei den Lesern, auch bei denen hier
im Forum, Erwartungen, die Du nicht erfüllen kannst.
Nach diesen Erwartungen wird Dein Text beurteilt und für Genre-Fiction ist der Einstieg
natürlich zu langsam. Texte mit einer solchen Struktur würde ich eher im
literarischen Bereich suchen.