Portrait aus der Burgklinik

Spuren im Herzen

Dieses literarische Portrait widme ich meinen lieben Mitpatienten aus der Burgklinik, Jürgen, Frank, Marc, Heino, René, André, Ute, Christa, Claudia, Anne und Melek. Die in mein Leben getreten, mein Herz aufgeschlossen und darin verblieben sind.

Alles begann mit meinen ersten Worten: „Hallo. Ist dieser Platz noch frei?“ Mein erster Tag in der Reha. Genauer gesagt, mein erstes Abendessen im Speisesaal der mittelalterlichen Burgklinik. Wer hätte gedacht, dass dies der Moment sein würde, der unsere wunderbare Gruppe entstehen lies.

Ein Bär von einem Mann. Ein Teddybär. Ein Teddybär mit Motorsäge, eigenem Wald und der Vorliebe für’s Wandern und Grillen. Immer für einen Spaß oder guten Spruch zu haben. Ihm verdanke ich manches Rezept und wir schwelgten regelmäßig in Bildern von herrlich Gegrilltem. Seine Sprechweise, einzigartig und beruhigend. Er verlor nie den Faden, wenn wir in einem Gespräch unterbrochen wurden und setzte dann unvermittelt seine Erzählungen fort.

Der Dritte im Bunde und an unserer Tafel, auf der Arbeit überblickte er einfach alles. Ihm kam im Lager nie etwas abhanden. Nie etwas wurde vergessen. Was man von seinen Essensmarken nicht gerade meinen kann. Dann gab es eben wieder mal nur vegetarisch für ihn, statt einem vorzüglichen Sauerbraten.
Was ihm an Marken fehlte, machte er aber mit einem Herz aus Gold und seinem fröhlichen Lachen wieder wett. Und natürlich mit seinen tierischen Nachtlichtern für Kinder. Die so manches Kinderherz, aber auch Erwachsene erfreute.

Ein bärtiger Riese mimte den Vierten in unserer Runde. Aufgeweckt und fröhlich. Sein lächeln ließ einen die Sorgen weiter weg erscheinen. Seine Art, sowohl liebenswert, als auch angenehm, teils mysteriös. Ein Weltenbummler der in mir immer wieder die Neugierde weckte und mich gleichzeitig mit seinen trockenen Sprüchen beglückte. Ein angenehmer Mensch, der bei vielen in guter Erinnerung verbleibt.

Ein Koloss markierte die Nummer Fünf. Ein Sportler, der nie zu Ruhe kam, mehr vertilgen konnte, als jeder andere von uns und eine starke Zuneigung zu Eis zeigte. Er war bekannt dafür, ein Spaßvogel zu sein, der sich nicht davor scheute, andere mit seinen Sprüchen zu narren. Dieser freundliche Kerl verschrieb sich den Menschen, denn als Feuerwehrmann rettete er unzählige Leben. Wann immer er sich uns anschloss, genossen wir alle seine Anwesenheit.

Eines Abends, als ich einer anderen Gruppe beiwohnte, ich weiß nicht mehr wann und worum es ging, da lachten wir so herzlich wie seit langem nicht mehr. Da gab es einen Mann, dessen Lachen so ansteckend war wie die alljährliche Grippewelle. Ein liebender Vater und Ehemann, der das Herz am rechten Fleck hat und ein sehr angenehmes Wesen. Er nahm sich Rat zu Herzen und zeigte Dankbarkeit und Mitgefühl.

Auch die Frau, die ich „Die Nummer“ nenne und Teil unserer Gruppe werden sollte, war an diesem Abend dabei. Eine kleine schreckhafte Leseratte, die kein Blatt vor den Mund nahm, dabei aber stets freundlich und respektvoll blieb. Die ihre Form des Humors mit einfließen ließ und immerzu von ihrem Harald schwärmte. Ihre manchmal verpeilte, aber liebenswerte Art sorgte immer wieder für amüsante Momente.

Auf einem gemeinsamen Busausflug nach Fulda, lernte ich eine Dame kennen, die eine interessante Persönlichkeit und einen Sinn für das Schöne besitzt. Sie lud den bärtigen Riesen und mich ein, ein Kloster zu besuchen. Danach besichtigten wir weitere historische Gebäude und kehrten gemeinsam in ein Kaffee ein. Man kann zurecht sagen, dass sie sehr aufgeschlossen und neugierig ob ihres Umfeldes ist. Sie lernt gerne neue Menschen kennen und genießt die verbrachte Zeit mit ihnen.
Auch sie wurde Teil unserer stetig wachsenden Castle Group.

Die letzte Person die sich uns anschloss, kam aus einer anderen Gruppe, zwei Tische weiter, die sich leider schon früher auflöste und mit der wir lose verbunden waren. Unsere Tischnachbarn waren wie Seelenverwandte. Daher war der Abschied für unseren adoptierten Neuzugang nicht leicht. Wir allerdings, waren um einen weiteren tollen Menschen in unserer Gruppe reicher. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Drei weitere, mir sehr wertvolle Personen möchte ich gegen Ende nicht unerwähnt lassen:

Eine Patientin die ich kennen und schätzen lernte, eine wahre Künstlerin, brachte es fertig, selbst aus einem fehlgeschlagenen Versuch ein Kunstwerk zu schaffen, dass seinesgleichen sucht. Sie hellte meinen Tag auf, mit ihrer freundlichen Art und ließ mich vor Neid erblassen, bei jedem weiteren Gemälde.

Mein erster Gedanke in der Gruppentherapie; wie fantastisch analytisch! Man sprach mit ihr und sie dachte intensiv darüber nach, bevor sie eine gut durchdachte Antwort gab oder Fragen stellte. Sehr sympathisches Auftreten. Ich sehe da großes Potential zur Therapeutin.
Billard müssen wir aber noch mal gemeinsam üben.

Zu guter Letzt erscheint meine Muse. Eine Patientin die in mir Potential als Schriftsteller sah und mich anspornte das Schreiben weiterzuführen. Ich verdanke ihr Anregungen, Ideen und den Einfall meine erste offizielle Lesung in der Burgklinik zu halten, zu der die meisten, der mir wichtigen Personen kommen konnten.

An dieser Stelle möchte ich den zwei Damen aus der Verwaltung meinen herzlichen Dank ausdrücken, die die drei Lesungen überhaupt erst ermöglicht haben. Im Besonderen für die schöne Gestaltung der Einladung für den Aushang. Es war eine wirklich tolle und sympathische Zusammenarbeit!

„Es hat mich tief berührt, dass ihr alle meiner Lesung beiwohntet und ich euch einen schönen Abend bereiten konnte! Auch durch eure vielen lieben Worte, fühlte ich mich sehr wertgeschätzt und gemocht! Es erfüllt mich mit Stolz und großer Freude, dass ich dieser Gruppe angehören durfte. All die Erinnerungen, verbunden mit Gefühlen, nehme ich mit nach Hause. Denn ihr habt mir mehr gegeben als ihr wisst und mehr als ich je zurückgeben könnte. Dafür bin ich jedem einzelnen von euch von Herzen dankbar!“

So unterschiedlich jeder von uns auch ist, desto erstaunlicher ist es, wie harmonisch wir zusammengepasst haben. Wie ein Gericht, das erst mit den richtigen Zutaten eine Komposition der Sinne ergibt.
Jeder einzelne war eine Bereicherung für die Gesamtheit. Daher ist es umso schmerzhafter, dass wir uns am Ende wieder trennen mussten.
Keinen, den ich ins Herz geschlossen habe, werde ich vergessen! In der Hoffnung, dass wir uns bald wiedersehen.

„Und ich wage es, euch Freunde zu nennen!“

@Anduin Ich freue mich für dich, dass Du auf Deiner Reha Menschen kennengelernt hast, die Du als Freunde bezeichnen kannst. Ich war genau vor einem Jahr auch zur Reha und lernte Menschen kennen, die es wert sind, in einer Geschichte verewigt zu werden. Nur eben nicht wie bei Dir, positiv. Ich war schon nach 3 Tagen vollentnervt von der Gruppe, die sich zusammenschloss.

Zu Deinem Text:
Meinem zugegeben mäßiges Verständnis der deutschen Grammatik nach ist „… ein Kloster zu besuchen.“ nicht richtig, da es in Fulda nur ein Kloster gibt. Richtig klingt für mich „Sie lud … ein, das Kloster [Frauenberg]zu besuchen.“

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Ein „grammatikalischer“ Fehler wäre das aber nicht? Und da die Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt ist, ist es doch völlig ok, nicht zu wissen, wieviele Klöster es in Fulda gibt? (der ehemalige Klosterschüler in mir hat übrigens Google befragt, wonach es zwei Klöster - Benediktinerinnen und Franziskaner - in Fulda gibt)

Vielen Dank für deine Worte und deine Stellungnahme.
Schade, dass es bei dir nicht positiv sein konnte. Aber ich vermute wir beide konnten unsere Gefühle durch das Schreiben besser verarbeiten. Zumindest ging es mir so.

Was deine Anmerkung angeht, so ist meine Schreibweise korrekt. Das Wort „ein“ ist in diesem Kontext ein unbestimmter Artikel, damit wird eine unbestimmte oder allgemeine Sache beschrieben. Hier ist es nicht gleichzusetzen mit der Zahl 1 (bspw. ein Auto, zwei Autos, usw). Da ich das Kloster aber nicht benennen wollte und der Fokus in meinem Portrait auch nicht darauf liegen sollte, habe ich mich für den unbestimmten Artikel „ein“ entschieden.

Wenn ich es richtig gelesen habe, gibt es sogar drei Kloster:

Kloster Frauenberg - ein Kloster der Franziskaner. In diesem waren wir aber nicht.

Benediktinerinnenabtei zur Heiligen Maria - das ist auch ein Kloster. In diesem waren wir.

Kloster Fulda oder auch Kloster des Bonifatius genannt - ein Benediktinerkloster. In diesem waren wir anschließend.

@Anduin @donald313 wieder was gelernt.

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