„Guten Tag!“, ich werfe fröhlich einen Stapel Unterlagen auf den Tisch. „Bist du bereit?“
Müde und irritiert schaut er mich aus den Augenhöhlen an, leicht zusammengekauert und in sich versunken sitzt er da in seinem xxl-hoodie, die große Kaputze sein Gesicht verschattend knibbelt er an seinen Fingernägeln. Der zum zehnten mal in der Mikrowelle erwärmte Spuckschluck Cappuccino wie immer kalt in seiner Tasse.
„Hm.“
Ich grinse. „Was ist das da für eine Scheisse, die du da trinkst, Junge? Du brauchst definitiv einen Zaubertrank zur Abwechslung!“
„Was laberst du da? Ich brauche eine Zigarette…“, er will nicht lächeln.
„Gut,“, ich muss ihn etwas mehr beeindrucken, ich pokere. „wir fahren nach England!“
Moment, was erzähle ich ihm da?! Als ob ich nach England fahre. Ich trau mich das nichtmal, aber es wäre schon geil. Warum eigentlich nicht?
„Warum eigentlich nicht?“, wiederhole ich laut und überzeugt. Und ich muss überzeugend klingen um ihn zu überzeugen. Und auch mich. Ich will gar nicht nach England. Ich will aber auch nicht hier sein und ich kann mir vorstellen, dass es sicher eine bereichernde Erfahrung sein wird. Mein Gott, bin ich aufgeregt.
„Wir bleiben eine Woche,“ füge ich fast gegen meinen Willen hinzu. „Die Fahrt dauert nichtmal zehn Stunden.“ Bist du eigentlich wahnsinnig?! Wir fahren da nicht hoch. Doch, wir tuns. Fick dich. Fick DU dich. Überzeug ihn gefälligst mehr, damit er nachher dich überzeugen kann.
Mit einem Lächeln im Mundwinkel schaue ich ihn entschlossen an. Sein Blick springt in meinen Augen hin und her, den Witz suchend. Aber es gibt keinen Witz. Zur Not fahr ich tatsächlich dort hoch, nur um ihn überzeugt zu haben. Meinen Blick unverändert sehe ich zwischen Entsetzen und Irritation ein kleines Funkeln in seinen Augen. Ich liebe dieses Funkeln. Das wars mir wert.
„Du spinnst“, sagt er mit einem halben Lächeln und greift nach seinem Cappuccino, um die kalte Pisse umzurühren.
„Ich weiß.“, grinse ich schäbig.
Hey,
eine lustige Idee die Überzeugung auf diese Art auszulagern.
Ich hab während des Lesens ein bisschen die Person, die denkt oder spricht verloren.
Da wäre eine Überarbeitung sinnvoll, wie ich finde, um den Gedankengang etwas deutlicher zu machen.
Und ich persönlich würde Dialoge, die man in der gesprochenen Sprache spricht nicht ins Schriftliche ein zu eins übernehmen. Also sowas wie „hm“ …
Sonst find ich die Szene gut und nachfühlbar
Blockzitat
die große Kaputze sein Gesicht verschattend
Der zum zehnten mal in der Mikrowelle erwärmte Spuckschluck
den Witz suchend
Solche Partizipkonstruktionen finde ich ein wenig seltsam und mühsam zu lesen.
Blockzitat
„Die Fahrt dauert nichtmal zehn Stunden.“ Bist du eigentlich wahnsinnig?! Wir fahren da nicht hoch. Doch, wir tuns. Fick dich. Fick DU dich. Überzeug ihn gefälligst mehr, damit er nachher dich überzeugen kann.
Ist das ein Dialog oder ein innerer Monolog?
Dito. Das ist quasi eine eingedeutschte englische continuous-Form, aber dieses ‚etwas machend‘ macht sich im Deutschen halt nicht wirklich gut.
Finde ich auch, wobei man das mal ruhig einsetzen kann. Dann aber sehr gezielt.
Ich finde die Idee ganz witzig und auch unterhaltsam zu lesen, aber die gesprochene Sprache ist in einem geschriebenen Text meiner Meinung nach unpassend. Über längere Strecken wäre das für meine Ohren/Augen zu anstrengend, einen Text mit Jugendsprache und Alltagssprache zu lesen, da ich es in literarischen Texten gewohnt bin, dass solche Sprache wenn überhaupt, sehr dosiert vorkommt. Es kommt auch darauf an, an welche Leser/innen du dich richtest, aber ich würde es ein bisschen reduzieren mit der Direktheit der Sprache.
Viel Dialog und innerer Konflikt. Schnodderig in der Sprache. Aber - ich mag es sehr! Es ist kurz und dennoch kann ich mir alles in dieser Situation vorstellen. Der Text strengt den Leser an? Na klar! Aber er fordert auch heraus. Finde ich klasse!
Interessant zu lesen, aber ich gebe zu, dass ich nicht so wirklich „einsteige“.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Unterlagen - die vermutlich einem Zweck dienen, mit denen der Gesprächspartner etwas anfangen soll? - und der offenbar spontanen Idee, nach England zu fahren? Obwohl die Unterlagen doch signalisieren, dass es irgendetwas zu tun gibt?
Warum findet der Sprecher, es wäre „geil“, nach England zu fahren, wenn er im nächsten Satz denkt: „Ich will gar nicht nach England“?
Das sind einige Sachen, die mich verwirren - ich fürchte, ich bräuchte mehr Informationen. Handelt es sich um den Einstieg in eine Geschichte? In was für eine Geschichte, eine Kurzgeschichte, einen Roman? Kannst Du noch ein paar Informationen beisteuern?
Warum lautet der Titel „Perversion“?
Welche Frage verbindest Du damit, dass Du den Text hier einstellst?
Nebenbei, aber das ist rein persönlich und geschmäcklerisch: „kalte Pisse“ - solche Vergleiche mag ich nicht besonders; Cappuccino ist v.a. kein Getränk, dass ich so beschreiben würde, selbst kalt nicht
Vielen lieben Dank für die konstruktive Kritik von euch allen!
ich habe einfach mal drauf los geschrieben und gar nicht mit irgendeiner Resonanz gerechnet, dazu bin ich viel zu inaktiv. Die Geschichte ist auch beim Schreiben entstanden. Also warum es „Perversion“ heisst, kann ich bis dato leider keinem beantworten.
Mir fiel es tatsächlich manchmal schwer, Gedanken, innere Monologe und Dialoge gut darzustellen und ich freue mich daher über eure Tipps. Die fand ich allesamt sehr hilfreich.
Die Partizipkonstruktionen waren auch Stellen, an denen ich länger rumgefeilt habe - und das kam dabei raus
Freut mich auch sehr, dass einige von euch den Schreibstil mochten. Ich bin Anfänger und möchte mich gern mehr mit Schreiben beschäftigen und danke jedem einzelnen für sein feedback, das hat mich sehr motiviert.
Dieser Text hat Rhythmus! Lest ihn nicht. Sprecht ihn!
Es fehlt nur die Struktur. Hier wäre ich gern mal Lektor.