Neulich, im Nest

Neulich, im Nest

Huch. Was ist das? Wo bin ich hier? Und, was bin ich überhaupt? Hmm, keine Ahnung. Oben ist es öde blau, um mich rum ist es grün und rauscht. Und ich sitzte hier in irgendso einem Gestrüpps.
Aber das unbequeme Zeug unter mir stört mich. Das piekst. Weg damit. Oh, das kann ich ganz einfach zertreten? Wie cool. Zack, zack, zack, immer feste drauf. Ha, das macht Spaß. Und jetzt mit dem Hintern rein und einkruscheln. Schon viel besser.

Jetzt hab ich aber Hunger. Haaaaaaaallooooooo! Rgs. Glmpf. Hmpf, damit hatte ich jetzt nicht gerechnet. So einfach geht das? Schnabel auf und schon steckt jemand da was rein? Muss ich nicht mal schlucken. Hallodijoh, das lass ich mir gefallen.

Ok, was gibts denn hier noch so? Und was kann ich denn noch so alles? Aaaaalso, treten geht schon mal gut. Schnabel auf auch. Was ist das? Flügel? Die sind wohl kaputt. Schade. Fliegen ist bestimmt toll. Aber mit den kleinen Futzelstümpchen wird das wohl nix.

Oh, die runden blauen Dinger da sind schön. Aber auch zu nix gut. Sind zu groß um sie zu fressen und nehmen mir nur den Platz weg. Also, raus damit. Uuuuuhhhhh, die sind echt schwer. Aber ich schaff das. Ich bin stark! Und Tschüss. Ha! Weg ist es. Das andere gleich hinterher. Hopp, raus mit dir. Das ist mein Reich, ich bin hier der Chef. Jawoll!
Nanu? Das dritte war doch eben auch noch rund. Was ist da passiert? Loch drin? Mal gucken. Heeee, was fällt dir denn ein. Du kannst mich doch nicht einfach picken. Das kommt ja garnicht ins Nest. Erstmal plattmachen, den Scherbenhaufen, damit ich dich sehen kann. Aha, du bewegst dich. Das gefällt mir nicht. Garnicht gefällt mir das. Und hässlich bist du. Weg mit dir, bevor du mich nochmal pickst.

So. Jetzt ist das Nest sauber. Jetzt hab ich Platz genug. Lass mal was zu Essen bestellen. Ich will ja schließlich noch wachsen.

Unter dem Baum gehen zwei Menschen spazieren. Das Kind freut sich. „Oh, hör mal Mutti. Da ruft ein Kuckuck. Wie schön!“

(Eine kleine Geschichte, die mir während der Woche der Großstadttiere entfleucht ist.) :smiling_face:
Wer das mal live sehen will, das geht da: Kuckuck im Nest
(Darf ich so einen Link einfügen?)

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Hab gerade das Video angeschaut. Wirklich beharrlich, der kleine Kuckuck. Erscheint einem grausam, aber die Natur hat ihre eigenen Gesetzte der Anpassung und des Fortbestandes. Toll erzählte Geschichte aus Sicht des „Nest-Besetzers“.
Ich habe gelesen, dass die Kuckuck Population durch dieses Brutverhalten womöglich in ernste Schwierigkeiten kommen wird. Durch den Klimawandel ziehen viele, der Vögel, in deren Nest der Kuckuck sein Ei legt garnicht mehr, oder nicht mehr so weit nach Süden. Und sie brüten dadurch auch oft früher. Kommt der Kuckuck zurück, und die Jungen der „Wirte“ sind bereits geschlüpft und zu groß , kann er sein Ei nicht mehr ins Nest legen. Biologen beobachten gespannt, ob sich der Kuckuck an diese Veränderung anpassen kann - oder nicht. :thinking:

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Ja, wir hören einfach diesen Ruf des Kuckucks und denken uns nix groß dabei, außer vielleicht, dass wir die Geldbörse schütteln sollten. Total egomanisch, wie wir sind.
Welche Tragödien und sonst noch dahinter stecken, interessiert uns, wenn überhaupt, nur periphär. Menschen. Manchmal bin ich müde. Schrecklich müde…

@Anachronica
Na ja, der Kuckuck verhält sich ja ebenso egomanisch. Die Vogeleltern verlieren ihre eigenen Jungen und versorgen einen fremden , größeren Vogel mit all ihren Kräften. Hat mir den Kuckuck noch nie sympathisch gemacht.

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Der kann nicht anders und als Kind hat mich das auch sehr aufgeregt. Da dachte ich noch, man kann die ganze, komplette Welt retten, wenn man nur will…
Und müde macht mich, dass es sich beim Menschen eben durchzieht. Wir machen uns immer weniger Gedanken um die Hintergründe. Aber das ist ein anderes Thema. :disappointed_relieved:

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Ja, damit hast du natürlich recht. Und mich macht es auch müde weil ich vermutlich viel zu viel denke. Ich habe mal irgendwo gelesen:

Ändere, was du ändern kannst.
Akzeptiere, was du nicht ändern kannst.

Gar nicht so einfach.
Trotzdem, Natur hin oder her, ich mag die Kuckucke dieser Welt nicht. Und davon gibt es auch außerhalb der Vogelwelt genügend von.

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Wenn du es vollständig liest, wird es einfacher:

(Gott,) gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Ist das sogenannte Gelassenheitsgebet. Ich fand die dritte Zeile immer entscheidend.
Und jepp, Kuckucke gibbet überall.

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