Munchs Dream of van Goghs lazy Absinth-Bar

Gibt’s hier auch Leute, die regelmäßig Schreibübungen machen?

Um möglichst abwechslungsreich zu bleiben und um meine Insta-Follower zu füttern, versuche ich immer wieder irgendeinen Blödsinn zu schreiben. Keine große Literatur, nur kleine Szenen oder so etwas. In der Art des folgenden Textes haben sich auf meiner Festplatte inzwischen bestimmt hundert Microstorys angesammelt.

Munchs Dream of van Goghs lazy Absinth-Bar

»Vincent, altes Schlitzohr!« Munch, bereits hackedicht, stolperte in die kleine Taverne und warf die grob gezimmerte Holztür ins Schloss.
Van Gogh saß im Kerzenschein an einem wackligen Tisch und war, wie so oft, sein einziger Gast. Er hielt den Kopf tief über seine Hände gebeugt, denn er bemühte sich, seine Fingernägel mit einem Messer zu reinigen, dessen Größe nahelegte, dass es sich um ein Gerät für die Feldarbeit handelte. Er blickte missmutig auf, unterbrach seine Körperhygiene, rammte die Klinge in die Holzplatte und schlurfte hinter den Tresen.
»Wie immer?«
»Wasn sonns?«, lallte Munch.
Van Gogh griff hinter sich ins Regal, in dem außer einer schmuddeligen Flasche nur muffige Luft stand. Er zog den Korken und goss scharf riechende Flüssigkeit in zwei Schnapsgläser. Das weniger Volle schob er seinem Gast rüber.
»Dasabernichgerecht!«, protestierte Munch.
»Trink’s aus oder lass es bleiben!« Van Gogh kippte, schneller als Munch blinzeln konnte, seinen Absinth herunter.
»Ey!«, rief Munch empört. Dann stutze er. Sein Gesicht blickte ihm aus dem Spiegel hinter dem Tresen entgegen, sein Mund war zu einem länglichen »O« verzerrt. Mein Gott, sah er scheiße aus, ein Kandidat fürs Delirium. Munch schlug entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen. Dann stürmte er aus der Taverne und rannte hinaus in eine Landschaft, die im orangeroten Abendlicht wie die Hölle glühte.
»Tür zu!«, brüllte ihm van Gogh hinterher.

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Hallo Thomas, ich mache keine klassischen Schreibübungen, dazu habe ich zu viele Ideen, die umfangreicher sind. Ich nehme mir sie dann immer wieder vor, verbessere, verbessere, verbessere…, wie ein WortTeig, der geknetet wird. Mein Stil ist detaillierter, er rollt wie ein WortFilm über das virtuelle Papier. Den kurzen Wortwechsel finde ich gut, da würde ich nicht an der umgebenden Beschreibung knausern. Gibt meiner Meinung einen guten Kontrast.

Zitat: Vincent, altes Schlitzohr!« Munch, bereits hackedicht, stolperte in die kleine Taverne und warf die grob gezimmerte Holztür ins Schloss.

So mein Stil: “Vincent, du altes Schlitzohr”, zischte es missmutig durch Van Goghs schmalen Lippen. Er sah Much, wie er hackedicht in die alte Taverne stolperte, sich dann einen Moment an der grob gezimmerte Holztür festhielt und sie dann mit einem kräftigen Stoß hinter sich zuwarf.

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Darf dein Stil sein. Ist für mein Empfinden aber eine Verschlimmbesserung. Es bereichert die Szene kaum, braucht aber viel mehr Worte.
Nebenbei: Van Gogh begrüßt sich in deiner Version selbst …

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Darf gerne so sein, sonst wäre die ganze Literatur auch zu langweilig.

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Hallo Sigrid,

nichts gegen unterschiedliche Audrucksweisen und nicht jeder muss den Telegrammstil schätzen, aber leider muss ich Stolpervogel zustimmen. Es wäre interessant zu wissen, wie lange du schon schreibst, da deine mit Adjektiven gespickten Satzkonstruktionen gerne von Anfängern verwendet werden. Ich weiß, wovon ich rede :wink:

Du merkst allein an der Dopplung des überflüssigen “dann”, dass deine Satzkonstruktion lediglich den Charakter einer Aufzählung hat. Wenn dein Stil grundsätzlich so aussieht, würde ich an deiner Stelle spaßeshalber versuchen, einen alten Text umzuschreiben. Und zwar so, dass aus jeweils einer langen Satzkonstruktion zwei oder drei kurze Sätze entstehen.

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Mir gefällt die ursprüngliche Version von @Thomas L viel besser, vor allem weil sie dem Leser mehr Raum für eigene Interpretation gibt. Es wird nicht alles zerredet. Der Leser bekommt auch noch Luft zum Atmen.

Hier gab es bei mir ein Missverständnis. Vang Gogh ist sein einziger Gast. Ich wusste zunächst nicht, dass damit er selbst gemeint ist, also, dass der Wirt sein eigener und einziger Gast ist, denn man könnte es auch so verstehen, dass Van Gogh Munchs einziger Gast ist. Anfangs wusste ich nämlich noch gar nicht, wer hier der Gast und wer der Wirt ist. Das hat mich ein bisschen aus dem Lesefluss gerissen, weil ich den ersten Teil noch mal lesen musste.

Hier würde ich anstelle von “herunter” lieber “hinunter” schreiben. Ich konnte auch beim zweiten Lesen nicht erkennen, wer hier der Perspektivträger ist, und nehme an, dass es ein auktorialer Erzähler sein soll. Der Unterschied zwischen “herunter” und “hinunter” liegt in der Perspektive. “Herunter” bedeutet zum Sprecher hin. Wenn ich sage, “der Ball rollt die Treppe herunter”, dann stehe ich unten und der Ball rollt auf mich zu. Wenn ich sage, “der Ball rollt die Treppe hinunter”, stehe ich oben und sehe zu, wie der Ball von mir wegrollt. Durch diesen Unterschied kann man schon sehr viel darüber aussagen, wo sich der Perspektivträger befindet, ohne dies explizit schreiben zu müssen.
Falls doch Munch der Perspektivträger sein sollte, wäre hinunter ebenfalls korrekt.
Vielleicht würde ich den Satz auch umstellen, weil so ein Einschub den Hauptsatz immer sehr unschön zerstückelt: “Van Gogh kippte seinen Absinth schneller hinunter als Munch blinzeln konnte.”

Ansonsten gefällt mir dein Schreibstil sehr gut. Er ist knapp, aber lebendig. Man kann sich alles sehr gut vorstellen und das Kopfkino kann losgehen.

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Ich war der Ansicht, dass die Rollen eindeutig sind, da Munch die Taverne betritt und van Gogh schon drinsitzt. Und der Titel besagt ja ebenfalls, dass es sich um van Goghs Bar handelt.

Das ist definitiv eine gute Alternative.

Vielen Dank für deine ausführlichen Anmerkungen!

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Zuerst dachte ich das auch. Und dann dachte ich, der Wirt hätte ja auch aus einem Nebenraum oder Hinterzimmer den Gastraum betreten können - oder aus der Küche.
Ich habe schon häufiger gemerkt, dass ich mir Titel beim Lesen nur schlecht merken kann. In diesem Fall habe ich ihn wohl noch weniger ernst genommen, weil er auf Englisch war und der Text auf Deutsch.

@Thomas L
Ich mache keine Schreibübungen, sondern lege lieber gleich los.
Da geht es mir wie @Sigrid

Ich mag aber kurze knackige Texte und schreibe auch gern kurz und knackig. Ewig lange Um- und Beschreibungen sind nicht mein Ding.

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Danke @Pamina22 !
Das muss ich mir mal aufschreiben. Da bleibe ich öfter hängen.

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Schöner Text. Gefällt mir. Kurz, knackig. Trotzdem nicht zu wenig drin und (bis auf all die Ausrufezeichen) auch nicht zu viel.

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Ich mag aber kurze knackige Texte und schreibe auch gern kurz und knackig. Ewig lange Um- und Beschreibungen sind nicht mein Ding.
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@Pferdefrau: Ja, kann dir zustimmen, es kommt auf die Textart an und welche Stimmung man erzeugen will. Zu kurz und platt in einem längeren Text wirkt oftmals leblos.

@Thomas: Siehste, war bei dir auch noch Luft nach oben drin, so gefällt es mir viel besser. Ich habe vor 20 Jahren an der Axel-Anderson Akademie/Hamburg drei Jahre einen Fernkurs gemacht, dort hatte man nichts gegen gezielt gesetzte Adjektive einzuwenden. Seitdem hat sich etwas Schreibrost angesetzt. Meine Hauptabteilung sind Sach- und Fachtexte, die ich hobbymäßig geschrieben und veröffentlicht habe.

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