Modalverben streichen

Seid gegrüßt,

gibt es hier noch andere Irre und Irrinnen, die in ihren Sätzen die Hilfsverben wie “war” z.B. einfach weglassen? Wenigstens hin und wieder? Ein Beispiel:

Obschon sein Schlaf tief, fotografiert sie ihn nur ein einziges Mal.

Es fehlt ein “war”, das weiß ich, aber lässt es von euch jemand auch einfach weg? Ab und an? Denn manchmal gibt es eine Häufung derartiger Konstrukte, die ich damit zerschlagen will (die Häufung, nicht die Konstrukte). Meine Korrektoren mahnen das fehlende Verb grundsätzlich an, sehen es also nicht als Stilmittel sondern als Fehler. Was ich oft mache, ist wenigstens die Doppelung wegzulassen:

Weil sein Schlaf nicht tief und die Nacht vorüber war, blieb es bei dem einen Bild.

Das finde ich elegant. Beim ersten Beispiel fürchte ich, dass man mir nicht mehr folgen kann, weil es völlig aus der Mode ist, Modalverben einfach wegzulassen. Früher hingegen war das nicht so ungewöhnlich, wie ich glaube. Ich mache das vielleicht ein- oder zweimal pro hunderttausend Wörter.

Für mich ist das fehlende “war” im ersten Satz definitiv ein Fehler, kein Stilmittel.
Das ist ein Fehler, den ich nicht mache, ich mache dafür andere Fehler.
Der zweite Satz gefällt mir, auch ich finde den sprachlich elegant.

Wie wäre es mit: Obschon er fest schlief, fotografierte sie ihn nur ein einziges Mal.

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Hier passt meiner Meinung nach die Zeit des zweiten Verbs nicht. Es müsste auch Präteritum sein, ist aber Präsens.
Ich würde so nicht schreiben. Aber es ist für mich auch schwierig, eine Alternative vorzuschlagen, weil ich den Kontext gar nicht kenne.
Ich verstehe z.B. nicht, warum es ihre fotografischen Aktivitäten irgendwie hätte fördern sollen, dass er einen tiefen Schlaf hat.
Außerdem - und das stört mich immer ein bisschen an der Stilanalyse in Papyrus - betrachte ich beim Stil nie einen Satz isoliert. Ich ändere oft auch nicht nur einen Satz, wenn er irgendwie nicht hinkommt, sondern schreibe notfalls den ganzen Absatz um, damit ich Worthäufungen etc. vermeiden kann. Ich würde den Satz, womöglich den ganzen Absatz wahrscheinlich total umformulieren, weil mich das Fehlen von “war” hier auch stört.

Das zweite Beispiel erinnert mich an eine Stilblüte, die unser Deutschlehrer uns früher mal vorgelesen hat. Ich weiß zwar nicht mehr, wie man das nennt, aber er hat es uns als Beispiel gezeigt, das man vermeiden sollte. “Erst schlug er die Scheibe und dann den Weg zum Bahnhof ein.”
In deinem Beispiel sind die beiden Elemente mit “und” verbunden, sodass das Verb eigentlich im Plural stehen müsste.
Aber, wie gesagt, ich kann das nur in einem Kontext beurteilen.

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Gefällt mir sehr gut, weil du ein Substantiv vermeidest (Schlaf) und vom Nominal- zum Verbalstil kommst. Letzterer gilt als weniger behäbig und sperrig.

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P.S.: Übrigens handelt es sich bei “war”, also “sein” nicht um ein Modal- sondern um ein Hilfs- oder Vollverb - je nach Kontext.
Modalverben sind “müssen, können, dürfen, sollen, wollen, mögen”.

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Wenn man schreiben würde “Obschon in der Tiefschlafphase, wurde er fotografiert” statt “Obschon er in der Tiefschlafphase war, wurde er fotografiert”, dann würde sich das weggelassene “war” für mich nicht falsch anfühlen. Das ist aber nur mein Bauchgefühl, dafür könnte ich keine Grammatikregel nennen.

Das liegt daran, dass es sich bei diesem Beispiel nicht um einen Nebensatz handelt wie in dem Beispiel, in dem dir, @Corinna, das fehlende Verb als Fehler vorkommt. Ein Nebensatz wird mit einer Konjunktion eingeleitet (hier: obschon) und das konjugierte Verb steht am Ende (war).
Wenn du das Subjekt (er) im Nebensatz weglässt, gibt es keinen Nebensatz mehr und dann braucht es auch das Verb “sein” nicht mehr.
Allerdings musst du dann im Hauptsatz auf eine Passivkonstruktion zurückgreifen, was ich nicht so schön finde. Hier kann es nämlich keine zwei verschiedenen Subjekte geben, denn im ersten Teil fehlt das Subjekt ja.
Manche machen das aus Versehen falsch und schreiben: “Obschon in der Tiefschlafphase, fotografierte sie ihn.” Das bedeutet allerdings, dass sie schlafwandelt …
Ich muss sagen, die Variante mit dem Verb hat mir besser gefallen.

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Das nennt man Zeugma oder Syllepse. (Beispiele in Gero von Wilpert, Sachwörterbuch der Literatur).
Oder in Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft:

Es ist leichter, den Mund zu halten als eine Rede.

Auch bei Heinz Erhardt kann man schnell fündig werden:
Du hängst an meinen Ohren,
grad so wie ich an dir
.
(aus: An meine Brille)

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Auch und gerade bei Heinz Erhardt ist es ein Beitrag zur Komik. Er nutzte das oft und gerne.
Ich wäre mit solchen Konstrukten lieber vorsichtig, Komik kann schließlich auch unfreiwillig sein.

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Den zweiten Satz finde ich unproblematisch, ja, elegant.
Der erste Satz hat etwas gewollt Literarisches, was man grundsätzlich natürlich machen kann, aber dann muss alles andere auch diesen Ton treffen. Wenn nicht, würde ich es auch eher als “hat das ‘war’ vergessen” lesen.

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Genau: »Ich heiße nicht nur Heinz Erhardt, sondern Sie auch herzlich willkommen!«
:slight_smile:

Peter

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Hier hätte ich das Gefühl, dass der Text nicht korrigiert wurde, also dass es ein ungewollter Fehler ist. Ein Häufung von “war” ist besser als falsche Grammatik.

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Stimme den Vorrednern zu, der erste Satz enthält durch die Weglassung einfach einen Fehler.
Wenn im Satz zuviel war gewesen gewesen war, dann hilft nur die komplette Umformulierung.

Der zweite Satz „*Weil sein Schlaf nicht tief und die Nacht vorüber war, blieb es bei dem einen Bild.“ hat hingegen eine gewisse Anmut. *

Der Titel des Threads ist irreführend, “war” ist kein Modalverb.
“Obschon sein Schlaf tief, fotografierte sie ihn nur ein einziges Mal.” klingt entweder bemüht literarisch, wie @AndreasE schon anmerkte, oder unvollständig. Allerdings halte ich ein “war” an der Stelle auch für logisch falsch. Im Grund ist der Satz aus “ihrer” Sicht geschrieben. Sie kann aber nicht wissen, “ob sein Schlaf tief war”, das setzt Allwissenheit voraus, sie kann es bestenfalls vermuten, ergo wäre m. E. der korrekte Satz: “Obschon sein Schlaf tief schien, fotografierte sie ihn nur ein einziges Mal.”

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Oder sie kennt ihn extrem gut, weil er im Tiefschlaf immer wie ein Toter da liegt oder es gibt andere Anzeichen, die so deutlich dafür sprechen, dass es weder eine Vermutung noch Hellseherei ist.

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Danke für die Inspiration @Unbefleckte. Habe gerade eine Textstelle mit vielen “wars” überarbeitet und habe mich jetzt dank diesem Thread für folgende Variante entschieden: "Der schwierigste Teil war erledigt. Der Stein ins Rollen gebracht." Ich glaube, das hätte ich sonst nicht probiert.

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Passt es denn zum Erzählduktus Deines Werkes? Ansonsten würde ich dieses Stilmittel nicht einfach so in Sätze einbauen. Statt “war” kann man auch ein “kam” oder “wurde” in den Satz einbauen.

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Ich würde kein Punkt, sonder ein Komma setzen, dann ziehst du das ‘war’ sozusagen mit rüber.

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Ich empfinde das eigentlich nicht einmal ein besonderes Stilmittel, sondern – zumindest mit dem von @Gutie genannten Komma – als ganz normale Satzkonstruktion. Ob das auch mit dem Punkt funktioniert, da würde ich schon eher auf den Erzählduktus des gesamten Werkes schauen.

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:thumbsup:

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