Guten Abend, nun habe ich meinen ganzen Mut zusammen genommen, und poste hier meinen allerersten Text. Ich schreiben an einem Märchen-Roman. Der folgende Text ist der erste Kapitel meiner Erzählung.
Ich würde mich sehr über euren Feedback freuen. Vielen Dank im Voraus
Die Verfluchung
In der Nacht vom 23. zum Morgen vom 24. Juli 1917, im düsteren Fichtenwald, Jura, Schweiz.
Selbst das weiße Licht des Vollmondes, so groß, man hatte das Gefühl in berühren zu können, vermöchte den düsteren Fichtenwald nicht zu durchdringen. Auf dem Boden, unter ihren Füssen knisterten die trockenen Äste welche unter ihren schnellen Schritten zerbrachen. Sie lief so schnell sie konnte ohne Orientierung. Bis sie sich vor Erschöpfung, unter eine alte Fichte auf die mit Nadeln bedeckte feuchte Erdschicht sinken ließ. Sie rang nach Luft, hörte ihren Herzschlag pochen. Seine Worte wiederhalten in ihrem Kopf. Mit tiefem Hass erfüllt hatte er zu ihr gesprochen. Seine Augen hatten sie dabei angefunkelt, als würden jeden Augenblick Flamme aus ihnen sprühen.
„Verflucht sollt Ihr sein, und mit Euch alle Eure erstgeborenen weiblichen Nachkommen! Verflucht seiet Ihr, als Euch nie das Glück vergönnt sei, das Leben lang!“ Dann hatte er sich von ihr abgewandt, einige Schritte von ihr entfernt, dann wieder zu ihr gewandt: „So will ich doch Gnade walten lassen, zweihundert Jahre will ich Euch schenken. Zweihundert Jahre sollt Ihr Leben keinen Tag weniger. Nur noch Haut und Knochen gekrümmt vor Schmerzen sollet Ihr sein, vermögt Ihr den Fluch nicht vor Ablauf dieser Frist zu lösen. Gelingt es Euch, so seiet Ihr und Euer Gesindel befreit. Ihr sollet im hohen Alter friedlich des Lebens entschlafen dürfen.“
Zitternd hatte sie ihm nachgeschaut, wie er nach diesen Worten in der Finsternis verschwand, als würde der Wald ihn verschlingen. Als sie ihn nicht mehr sehen konnte, hatte sie sich umgedreht und war wieder losgerannt. Einfach nur weg so schnell sie konnte.
Margarete war unter der Fichte eingeschlafen. Die Feuchtigkeit des Bodens unter ihr hatte sich durch ihre Kleider geschlichen. Am ganzen Körper zitternd war sie aufgewacht. Vögel zwitscherten, es musste früh morgens sein. Durch den dichten Fichtenwald drang nur ein Hauch Licht. Sie brauchte einen Moment um in der fast totalen Dunkelheit etwas sehen zu können. Dann erinnerte sie sich an die Geschehnisse in der Nacht. Aus dem Tiefsten ihrer Seele stieg Traurigkeit auf, dann Angst. In ihr blieb sie gefangen, außerstande sich zu bewegen. Erst das Krähen eines pechschwarzen Raben der sich vor ihr auf dem Boden gesetzt hatte, riss sie aus der Bewegungslosigkeit. Sie schauten sich eine Weile gegenseitig an. Dann schlug der Vogel die Flügel, erhob sich vom Boden, flatterte um den Fichtenbaum herum, und setzte sich auf ihre rechten Schulter. Erschrocken schlug sie um sich, vorauf der Rabe ihr in die Hände pikste. In Panik geraden sprang sie auf und rannte noch tiefer in den Wald hinein. Der Vogel flog ihr hinter her, überholte sie und flog dann vor ihr weiter. Dann wurde er immer langsamer, so dass Margarete, um nicht mit ihm zusammen zu stoßen, auch langsamer werden musste. So gingen-flogen sie daher, der Rabe voraus und Margarete hinter ihm. Ab und zu flattert er ihr um den Kopf und kräht dabei laut. Er loste sie durch das Dickicht bis es immer heller wurde, und sie am Waldrand ankamen. Die Morgensonne schien grell, Margarete musste die Augen zusammenkneifen. Als sie endlich wieder sehen konnte, sah sie ein kleines Holzhäuschen, der Rabe sitzend auf dessen Dache. Vor ihr eine saftige grüne Wildblumenweide. Dahinter in der Ferne, die Silhouette eines Waldes. Es war Juli.
Hier hin, waren alle in den vergangenen Generationen von ihren Familien ausgestoßenen Frauen der beiden Dynastien geflüchtet. Von den Raben begleitet, von ihnen beschützt. In allen Generationen und Epochen hatte es Frauen gegeben welche, im Kampf um ihre Selbstbestimmung von ihren Familien ausgestoßen wurden. Frauen, die so tief mit dem Leben verbunden waren, dessen unendliche Intelligenz wahrnehmen konnten, als dass sie nur diese als Meisterin und Führerin anerkennen wollten. Hier würde sie also leben, alt werden. Nie würde sie den Wald verlassen können, das wusste sie. Denn würde sie auch nur einen Fuß auf die Wiese setzen, würde sich die Erde öffnen und sie verschlingen. Dies war ihr Schicksal.