Mehrteiler

Hallo zusammen,

ich schreibe aktuell an einer Geschichte zum Thema: “Was wäre, wenn alle Konten plötzlich auf Null stünden?” → Vielen Dank an die vielen wertvollen Kommentare und Hinweise im Lesezirkel.

Ursprünglich hatte ich geplant, die gesamte Geschichte in zwei Bände zu verpacken, welche wiederum jeweils in zwei Teile unterteilt sind (alos insgesamt vier in Teile). Aktuell komme ich langsam auf die Zielgeraden des ersten Entwurfs für den ersten Band (bin aktuell bei 80.000 Wörtern und gehe davon aus, dass noch ca. 20% fehlen).

Ich habe den ersten Teil ca. 10 Leute probelesen lassen und das Feedback bekommen, dass sie neben der eigentlichen Haupthandlung gerne mehr darüber erfahren würden, wie sich der Rest der Welt unter den neuen Vorzeichen (auf einen Schlag ganz neue Besitzverhältnisse) entwickelt. Ich selbst finde es total spannend, diese Nebenstränge zu verfolgen, habe aber immer das Gefühl, dass das zu sehr von der Haupthandlung ablenkt. Außerdem würde mein Plan, die gesamte Geschichte in zwei Bänden zu erzählen, damit nicht mehr funktionieren. Hinzu kommt, dass ich ebenfalls mit dem Gedanken spiele, mir vielleicht eine Agentur für die Veröffentlichung zu suchen und überhaupt keine Ahnung habe, wie die mit ersten Teilen von potenziellen Tetralogien von neuen Autoren umgehen.

Habt ihr damit zufällig Erfahrung? Hattet ihr schonmal eine ähnliche Situation, dass eure Geschichte zu groß für ein klassisches Romanformat ist? Wieviel Raum würdet ihr euch für Nebengeschichten geben? In der Fantasy kommt das ja durchaus vor, weil es sehr hilft, die Welt kennenzulernen. Aber wie ist das im (Wirtschafts-)Thriller? Überspannt man da den Spannungsbogen?

Bin mir aktuell noch nicht sicher, wie ich weiter vorgehe und dachte, vielleicht habt ihr ja ein paar inspirierende Gedanken zu der Problematik.

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Hallo Greg,

meine Ansicht ist: Wenn du so ein feedback bekommst, solltest du dir das zu Herzen nehmen! Denn – jetzt spekuliere ich zwar, aber womöglich nicht gänzlich ins Blaue hinein – es ist doch wohl kaum verwunderlich, daß das kommt, sofern du „Die Welt“ ausblendest und dich ganz auf den Mikrokosmos deiner Romankonstellation kaprizierst. Ich meine: Bei so einem Thema! – Aber Hallo!

Wenn du’s nun auch noch selber spannend findest, dann spricht doch rein gar nix (mehr) dagegen. Und nein: Nebenhandlungen – die diesen Namen verdienen – „lenken“ nie „ab“! Deshalb heißen sie ja ‚Neben‘-Handlungen (ich geb mal kurz ein bißchen den Sprachkomiker), weil sie eben (direkt) neben dem Hauptstrang angesiedelt sind und somit nicht ablenken, sondern ‚den Blick weiten‘, Variationen aufpoppen lassen, um Langeweile vorzubeugen, nicht zuletzt natürlich auch, um (andere) Farbe :thumbsdown: und ein bißchen RambaZampa ins Geschehen einzuschleusen, etc.pp.

Will sagen: Nebenhandlungen sind keine „Ablenker“, wenn sie sich gut ans Hauptgeschehen anlehnen – was keineswegs heißt, daß man nicht auch mal kurz 'nen tatsächlichen Schwenker einbauen kann, das ist an passender Steller oft sogar ein Hit! --; sie würden nur dann das Ganze schädigen, wenn sie lapidar sind oder der Kontext nachhaltig verlassen wird, was man doch aber eigentlich gut kontrollieren kann …

Und ja: Pläne sind da, sie umzuschmeißen, wenn es die (Schreib-)Sachlage erfordert. Ansonsten wären eher Kochrezepte oder Gebrauchsanleitungen für Klopapierhalter zu verfassen als Romane, denn die (und Verwandtes) bedürfen, um zu funktionieren, wirklich eines Planes, der dann kaum noch umgeworfen werden kann, weil dabei ja alles glasklar ist. Aber hast du schon mal einen interessanten, spannenden, also guten Roman gelesen, an dem alles glasklar gewesen wäre? :smiley:

Was ist denn bitteschön, mein lieber Greg, ein „klassisches Romanformat“? Vierhundert Seiten, sechshundertfünfundneunzig, achthundertzwanzig oder hundertdreiundfünfzig? – Also ich wüßte das nicht zu sagen (habe aber bei Letzterem so meine Zweifel, bei tausend Seiten dagegen gar nicht) …

Laß es laufen mit ein paar Nebensträngen, mal ein bißchen enger geführt und mal etwas weiter. Spanne eine Welt auf und laß die Puppen darin mal Walzer und mal … nach Techno (oder was auch immer an dieserlei BummBumm) tanzen. Für dein Thema ist das doch eigentlich geradezu zwingend. Oder?

Gruß von Palinurus

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Ich meine auch: gerade, wenn Du die “normale” Welt völlig auf den Kopf stellst, sind Nebenhandlungen, oder nenne sie auch Begleithandlungen, sogar wichtig. Du musst ja nicht vom “anderen Ende der Welt” erzählen, sondern wie @Palinurus schon sagte, angelehnt und locker verwoben mit der Haupthandlung. Das gibt Würze, oder Tiefe, erweitert jedenfalls das Sichtfeld.
Natürlich kann man sich in Nebensträngen auch verlieren - wenn es zu viele Fäden werden, könnte es am Ende passieren, dass es etliche lose Enden gibt. Die sind dann entweder ärgerlich für den Leser, oder sie bieten den Ansatzpunkt für eine weitere Fortsetzung. in der sie dann evtl. die Haupthandlung sein können. Unendliche Weiten …

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Hallo Greg. Ich stimme mit @Palinurus und @Alex Sassland überein.
Deine Testleser wollen das, du findest es spannend. 100% Win Win.
101% Weil ich will das auch. Schreib.
Als ich deinen Auszug gelesen habe, hat mein Gehirn angefangen zu arbeiten. Was wäre wenn. What if ist einfach ein geiles Szenario mit unglaublich vielen Möglichkeiten.

Schreib einfach. Aufteilen und splitten kannst du ja immer noch.
Ich musste auch einiges in den zweiten Teil auslagern. Wird ein geiler Cliffhanger. Aber so what?
Und was sollen Agenturen oder Verlage sagen? Das wirst du ja dann sehen.

Also hau in die Tasten!

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102% :wink:
Das Szenario gibt wirklich eine Menge her, das kann man toll ausbauen. Ich will das auch lesen!

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Ungelegte Eier. Klar machst du dir diese Gedanken, aber ich finde, es sind Träumereien. Vielleicht suche ich mir eine Agentur. Hast du dir mal Gedanken darüber gemacht? Das ist genauso schwer, wie einen Verlag zu finden. Schreib erst einmal dein Buch, alles andere kommt viel später. Hey, es ist dein erstes Buch. Zu glauben, dass sich irgendwer (Verlag, Agentur) dafür interessiert, ist schon fast eine Hybris. Es gibt Millionen Schriftsteller, die sich und ihr Werk für was besonderes halten. Frag mal arrivierte Autoren, wann sie ihren Erstling veröffentlicht haben. Das passiert in der Regel nach dem zweiten, dritten oder vierten **erfolgreichen **Buch und nach eingehender Überarbeitung/Neufassung.
Das ist etwas, was man sich, während man am Erstlicng schreibt, natürlich nicht einmal vorstellen möchte, dass all die Arbeit vielleicht umsonst war. Dennoch ist es eher die Regel als die Ausnahme. Den ersten Roman schreibt man, um gut und besser zu werden.
Ich meine nicht, dass es nicht gut wird. Ich weise nur darauf hin, dass das erste Buch, welches man schreibt, selten das erste ist, was man veröffentlicht. Nur, damit hier keine Missverständnisse aufkommen. Das ist nicht destruktiv oder schlechtmachend, es ist eine Tatsache.

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Hi Duane, vielen Dank für deinen Kommentar. Ich empfinde ihn ganz und gar nicht als destruktiv. Dennoch sehe ich es ein wenig anders. Mir ist völlig bewusst, dass es nicht einfach ist, ein Buch zu veröffentlichen und schon gar nicht mit Erfolg. Aber auf der anderen Seite ist genau das mein Ziel. Ich möchte diese Geschichte - und zwar genau diese Geschichte - aufschreiben und ich möchte, dass möglichst viele Menschen die lesen, sich darüber Gedanken machen und mit ihren Freunden darüber sprechen. Die Vorstellung (so unrealistisch sie sein mag), dass vielleicht mal jemand in einer Rezension schreibt: “Das war ein außergewöhnliches Buch. Ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen.” motiviert mich dazu, mich nachts um 23:30 Uhr nach einem anstrengenden Tag noch einmal für zwei Stunden hinzusetzen und noch ein Kapitel schreiben. Selbst wenn ich mich so gar nicht inspiriert fühle und mir meine Figuren in dem Moment blass und langweilig vorkommen.

Wenn ich hier danach frage, ob man einem Verlag (oder einer Agentur) einen Mehrteiler anbieten kann, dann tue ich das mit der gleichen Intention, wie wenn ich frage, ob ein Einstieg gelungen ist, ob die Figuren authentisch sind oder ob der Schreibstil ansprechend ist. Ich möchte eine Geschichte veröffentlichen, die möglichst viele Menschen berührt.

Ich weiß, dass Viele hier diese Motivation nicht teilen (oder nicht teilen wollen), weil es ihnen allein um das Schreiben an sich geht. Es ist ein Hobby, das ihnen Spaß macht und es ist ihnen vielleicht sogar egal ob oder wie viele Menschen das Geschriebene je zu Gesicht bekommen. Und das ist eine großartige intrinsische Motivation. Für mich gehört aber diese “Träumerei” von einer erfolgreichen Veröffentlichung dazu. Sonst würde ich womöglich in den Situationen, wo ich so gar keine Lust aufs Schreiben habe, Papyrus einfach geschlossen lassen und stattdessen Netflix anmachen.

Ich habe jahrelang Leistungssport betrieben. Und es gab Zeiten, da habe ich mich viermal die Woche zum Training gequält und stand Sonntag morgens in der Halle während meine Freunde noch im Bett lagen und sich vom Samstag abend erholten. Ich habe diese gefühlte Tortur nicht freiwillig auf mich genommen, weil ich das Training so toll fand, sondern weil ich besser werden wollte und weil ich mir immer wieder ausgemalt habe, wie es wäre den Titel zu holen. Und natürlich gab es trotzdem oder gerade deshalb immer wieder emotionale Highlights. Wenn man ein wichtiges Spiel gewonnen hatte oder auch nach einem besonders guten Training. Und so ähnlich geht es mir mit dem Schreiben auch. Es fällt mir nicht immer leicht, weil ich in jeder Sekunde dafür brenne. Aber ich habe auch hier diese Hochmomente. Bei einer tollen Textpassage, einer ausgefallenen Idee, einem witzigen Dialog oder eben bei der Vorstellung, einen Verlag für meine Geschichte zu begeistern.

Ich empfinde das nicht als Hybris. Ich weiß, dass sehr viele Faktoren zusammenkommen müssen, um unter dieser Million von Autoren herauszustechen und ich weiß, dass es eine sehr, sehr gute Chance gibt, dass ich das nicht schaffe. Nicht zuletzt weil die Geschichte (oder mein Schreibstil) vielleicht einfach nicht gut genug ist. Aber so wie ich das sehe, gibt es Faktoren die man beeinflussen kann. Man kann zum Beispiel seinen Schreibstil verbessern, indem man das Feedback hier aus dem Forum ernst nimmt und versucht, es umzusetzen. Oder eben indem man sich Gedanken darüber macht, wie Verlage, Agenturen und potenzielle Leser auf bestimmte Formate reagieren.

Und es handelt sich insofern für mich auch nicht um ungelegte Eier, da ich genau jetzt vor der Entscheidung stehe, das Buch genau so wie es ist ohne große inhaltliche Ergänzungen zu überarbeiten und in sich “rund” zu machen oder ob ich den Umfang quasi verdoppele und den Figuren, der Welt und der gesamten Geschichte noch einmal deutlich mehr Komplexität hinzufüge. Mir ist klar, dass es letztendlich meine Entscheidung ist und ich da den Weg gehen muss, der sich für mich am Besten anfühlt. Nichtsdestotrotz interessiert es mich einfach, ob andere schon in einer ähnlichen Situation waren und warum sie sich für das eine oder andere entschieden haben.

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Hast du dir vielleicht mal überlegt, wie es wäre, wenn du in Schreibpausen, in denen dir nix einfällt zum Beispiel, was anderes zu schreiben? Kurzgeschichten? Oder hast du vielleicht schon? Das könnte man dann stattdessen als Erstlingswerk sehen, während dein großer Roman voranschreitet. Mir gefällt das Thema und deinen Wunsch, Leser zu haben, verstehe ich voll und ganz. Und so lange deine Piepels nicht ständig duschen oder duschen wollen (so wie in Blackout), könnte das was werden. Nur kann es passieren, dass es länger dauert, als du denkst. Ich skizziere mal etwas Typisches:

Du schreibst deinen ersten Roman. Testleser und Familie sind angetan bis beeindruckt, Agenten und Verlage nicht einmal mäßig interessiert. Ein Jahr vergeht und du hast die Idee für einen zweiten Roman. Fast dasselbe. Aber du lässt dich nicht unterkriegen. Nach deinem dritten Roman, also in der Phase des Wartens, liest du deinen ersten nochmal und denkst dir, kein Wunder, dass es niemand verlegen wollte. Da flattert dir der positive Bescheid für deinen dritten Roman ins Haus. So kann es leicht passieren. Erstlingswerke sind meist nur eine Fingerübung. Mit viel Glück erblicken sie Jahre später dann doch das Licht der Welt. Es gibt Ausnahmen. Aber du bist keine junge Frau, also sieht es mau aus bei dir, was die Ausnahme angeht.

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Da hat Duane völlig recht, genau so läuft es in der Regel ab. Wenn man als Erstling nicht etwas 100%ig Mainstreamkompatibles anliefert, bei dem sich die Verlage einen satten Gewinn ausrechnen, bekommt man eine Agentur oder erst recht einen Verlag meist nicht mal zum Zuhören.

Deswegen ist, gerade für einen Erstling, der Weg des Selfpublishings nicht schlecht. Und bis man sein Werk soweit hat, kann man schonmal drangehen, sich eine Autorenplattform aufzubauen.

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Hallo Greg,

um auf Dein Ursprungsdilemma zurückzukommen - mehr von der Welt zeigen, ohne sich in Nebenhandlungen zu verlieren und den geplanten Umfang (2 Bände) zu sprengen - wie wäre es, wenn Du einfach nur einzelne Szenen hinzufügst, die schlaglichtartig einige Entwicklungen außerhalb des Mikrokosmos’ deiner Protagonisten zeigen? Ähnlich wie Stephen King bei “The Stand” vorgegangen ist?

Die Szenen streust Du zu Beginn, bei Verschärfung und beim Höhepunkt Deiner Katastrophe ein:

  • der hochverschuldete Spekulant, der sich eigentlich umbringen wollte wird dadurch gerettet
  • die Millionärsgattin, die gerade lässig Männes Kreditkarte über die Theke ihres Beautysalons gepfeffert hat, steht plötzlich dumm da und weiß nicht, was sie tun soll
  • der Soldat, dessen Kompanie den Befehl erhalten hat, die Banken zu bewachen und Plünderungen zu vermeiden
  • Krisensitzung im Bundeskanzleramt
  • der Landwirt, der jahrelang als “dummer Bauer” beschimpft wurde und gerade so über sie Runden kam, ist plötzlich ein gefragter Mann und bekommt von der alleinstehenden Mutter zweier Kinder eindeutige Angebote, damit diese ihren Kindern etwas zu essen geben kann, usw.

Das “vertieft” Deine Welt, ohne den Umfang zu sehr aufzublähen.

Just my two cents.

Viele Grüße

Ralf

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@Duane: Das klingt nach einem sehr plausiblen Szenario. Mal schauen, wie wir in zwei Jahren auf diesen Beitrag zurückblicken :wink:

@RalfG: Vielen Dank für den Hinweis. Ja, das wäre auf jeden Fall eine Möglichkeit. “The Stand” war großartig. Aber mit um die 1.500 Seiten nach “normalen” Maßstäben ja im Prinzip auch locker zwei Bände dick. Deine Beispiele sind klasse (zwei davon hatte ich schon auf der Liste). Aktuell habe ich versucht, solche Geschichten über fiktive Zeitungsartikel zu integrieren. Der Protagonist ist ja Journalist. Aber das limitiert die Erzählweise ein wenig. Vielleicht müsste ich es doch mal über eingeschobene Szenen probieren. Die kann ich ja schreiben, wenn mir nix zur Hauptstory einfällt (was sagste dazu, Duane?).

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Ich bin immer dafür, abzuschweifen. Wenn es sich schön liest und interessant ist, ist eine Abschweifung sehr willkommen. Aber detailliert werde ich dazu nichts sagen, denn es ist ja dein Buch.