Es gibt eigentlich kein Problem - es ist mehr eine theoretische Diskussion.
Mumien allerdings kann man nicht in ihren mehreren Alternativen (die man sich gebastelt haben muss) “durchblättern”, um sich die schönste Variante herauszusuchen - das ist, was als neue Funktion angestrebt wird.
Von der Idee, alle Schreibphasen in 1 Dokument vereint haben zu müssen, habe ich mich schon vor langer Zeit verabschiedet. Es tut dem kreativen Prozess im Gegenteil sehr gut, wenn man ab und an einen Schnitt macht.
Zum Beispiel: Man beginnt mit einem Exposé. Tüftelt daran herum, ändert, spielt, baut ein, verwirft … bis man eines Tages das Gefühl hat, “das ist es jetzt”. Die Grundidee ist zu einer Geschichte ausgebaut, gewissermaßen eingerastet.
Dann zerlegt man das in Szenen. Und merkt sofort, es wird ein bisschen anders, als man sich das in der Exposé-Phase vorgestellt hat. Sei es, dass Probleme auftauchen, an die man nicht gedacht hat (“hmm, wie kommt er jetzt an den Schlüssel für die Tür?”), sei es, dass einem bessere Effekte einfallen, sobald man angefangen hat, in Szenen zu denken anstatt in großen Storybögen. Also weicht schon die Szenenliste vom Exposé ab. Da kein Schreibsystem der Welt eine solche Anpassung automatisch zurückübersetzen könnte, müsste man das Exposé von Hand anpassen …
… was aber unnötige Liebesmühe ist, denn wenn man erst mal dabei ist, den eigentlichen Text zu schreiben, kommen einem nochmal Ideen, macht man manches nochmal anders als in der Szenenliste geplant!
Kurzum: All die Zwischendokumente sind immer nur Zwischenstände. Am Ende zählt der Text, wie ihn der Leser am Ende bekommt.
Ah, auf Deine Einschätzung war ich gespannt, Andreas
Deckt sich ziemlich mit meiner.
Ich denke also, dass Varianten für kleine Abschnitte noch Sinn ergeben mögen - kommt der Gag jetzt “so” oder “so” formuliert besser? Ist im Sachbuch “diese” oder “jene” Formulierung griffiger und erklärender? Ist im Werbetext “dies” oder “das” gelungener?
Für größere Passagen, die sogar den Sinn des Gesamttextes verändern, dürfte eine Varianten-Verfolgung eher zum Verzetteln führen.
Und wenn man alte Passagen nachschauen will, dann ist dafür unsere meiner Einschätzung nach total unterschätzte und viel zu wenig benutzte Dokument-Backup-Funktion ziemlich perfekt, da man sogar Kommentare zu den Revisionen dazupacken kann (ab hier Schnitt und Änderung - “Micha und nicht Tom ist jetzt der Mörder”).
Da kann man beliebig nachschauen, wie’s mal vorher aussah, genau wissend, dass man jetzt drei Tage, eine Woche, einen Monat oder wie lange auch immer zurückgeht.
Bei Backups glaubt jeder zu wissen, wie die Funktionalität aussieht, und erst, wer sich anschaut, was Papyrus da kann, staunt und nutzt das intensiv.
ich würde eine Variantenverfolgung in größerem Ausmaß auch eher verwirrend finden.
Ich für meinen Teil habe ein Dokument, dass mit dem Haupttext verknüpft ist, in dem ich alle möglichen (und teilweise auch unmöglichen) Textpassagen kopiere (Zumindest bei größeren Sachen). So habe ich für das aktuelle Dokument alles schnell bei der Hand, ohne dass mir irgendwelche Kennzeichnungen im normalen Arbeitsbereich auf die Nerven gehen.
Brauchen tue ich diesen gesonderten Text allerdings selten, denn wie AndreasE schon sagte:
Die Backupfunktionen sind mir in dem Fall auch zu aufwendig. Wenn ich Variationen vom gesamten Text haben will, speichere ich ihn lieber zu einem bestimmten Zeitpunkt, mit unterschiedlichen Namen ab.
Ja, genau. So ungefähr auf der Ebene eines Absatzes könnte ich mir das vorstellen.
Beim aktuellen Roman habe ich hier und da Varianten einfach in einen Kommentar gepackt. Eben genau dafür: Um nochmal nachzudenken, will ich es so, so oder so? Wobei das 2-3 Stellen in einem 600-Seiten-Roman waren, um mal die Relation aufzuzeigen.
Sobald man die Konsequenzen einer Änderung nicht mehr auf 1 Schirm überschauen kann.
Denn: Wenn ich in Kapitel 3 Szene 2 austausche, dann hat das ja nicht selten weitreichende Konsequenzen. Wenn Frodo statt Sam mit jemand anderem aufbricht, einer Hobbit-Frau womöglich, ändert sich der gesamte Rest des Romans!
das Herantasten an die Story, bei dem plötzliche Gedankengewitter, nicht vorhergesehen Probleme und blitzartige Erkenntnisse zu Planänderungen zwingen, egal, wie schön man sich vorher die Story in groben Zügen zurechtgelegt hat.
Diesen Weg, “das Plotten”, sollte ein Programm unterstützen. Dass man dabei die eine oder andere Szene oder noch kleinere Einheiten in mehreren Varianten versucht, halte ich eher für einen unbedeutenden Nebenschauplatz. Der eine oder andere mag hier für sich einen Schwerpunkt sehen, doch zumindest meine reale Welt deckt sich mit dem von dir geschilderten Weg, eine fertige Story zu erzeugen. Ich vermute, dass das die große Masse auch so sieht.
Allerdings glaube ich, dass jeder so seinen eigenen Weg hat, sich an eine Story heranzutasten. Ich schätze allerdings, dass sich die Wege im Detail, zumindest beim Mainstream der Masse, gar nicht so sehr unterscheiden. Es wäre hier vielleicht sinnvoll, diesen Weg des ‚Plottens’, einmal zu beschreiben, damit alle, auch das Papyrusteam über dasselbe reden. Bei meiner Vorstellung vom Plotten beispielsweise ist die Verwaltung von mehreren Varianten irgendwie implizit gegeben, ohne dass man es vielleicht so nennen würde.
“Die” Vorgehensweise gibt es nicht; es hat wirklich jeder Autor eine etwas andere (wie ich in meinem Seminaren beobachten konnte). Von daher sollte ein Programm da möglichst wenig Annahmen zum “Workflow” machen.
Der wichtigste Variantenvergleich findet, zumindest in den Entwurfsstadien, eh im eigenen Kopf statt. Man macht lange Spaziergänge und malt sich unterschiedliche Handlungsabläufe aus, zum Beispiel.
Äh. Sorry, aber das “riecht” für mich nach dem “typischen” → “Kenn-ich-nich-nutz-ich-nich”. Ich finde es immer schade, wenn wir eine so ausgereifte Funktion anbieten, die keinerlei Arbeit nebenher macht, und dann dennoch so oft und (hart formuliert, ich weiß, aber dennoch ist es so) *leichtfertig *gegen die drei goldenen Grundregeln der Computerei (“Sicherheitskopien”, “Sicherheitskopien” und “Sicherheitskopien”) verstoßen wird.
Das Dokument-spezifische Backup mit Revisionskontrolle ist vollautomatisch!
Man muss man *einmal *einschalten, im Menü “Dokument” bei “Dokument-Eigenschaften” → “Dokument-Backups”. Ein Menü-Aufruf, gefolgt von einer Checkbox.
Und wird sogar noch dazu aufgefordert, wenn der Text eine gewisse Größe erreicht hat. Es gibt eigentlich *keinen *Grund, das für einigermaßen wichtige Texte *nicht *einzuschalten.
*Genau *das macht die Dokumentspezifische-Backup-Funktion - nur vollautomatisch. Der zitierte Weg ist der deutlich aufwendigere.
Dazu noch: Will ich eine bestimmte Version kennzeichnen und besonders schützen, reicht, wenn ich bei den Revisionen (der Dialog nach dem Backup-Einschalten-Dialog) einen Kommentar vergebe - fertig, diese Version wird besonders behandelt, ist am Kommentar erkennbar und wird nie beim Aufräumen gelöscht.
Plotten ist ein völlig anderes Thema, was mit diesem hier nix zu tun hat - das gehen wir ja jetzt mal an, da wird es sicher auch hier im Forum einige Diskussionen dazu geben.
Basis wird sein, was wir mal mit Andreas Eschbach in mehreren längeren Arbeitssitzungen entwickelt haben, als er uns hier vor einiger Zeit besucht hat.
Wie Andreas hier auch schreibt - was man in längeren Spaziergängen durchdenkt, ist nicht Thema der hier angedachten Funktionalität, sondern hier geht es nur um Varianten für kürzere Formulierungen, nicht um längere Passagen.
In der Praxis entscheide ich mich immer sehr schnell für eine Alternative. Wenn ich mit einem Textteil nicht zufrieden bin, schreibe ich den neuen darüber. Wenn ich ihn besser finde, wird der andere gelöscht; wenn ich mir nicht sicher bin, verschiebe ich ihn auf das Klemmbrett. Für Kurzgeschichten ist das eine komfortable Lösung; bei längeren Texten und vielen Einträgen auf dem Klemmbrett kann das natürlich sehr unübersichtlich werden.
Eine Möglichkeit wäre, den Klemmbrettbereich über einen Button umschaltbar zu machen, und zwar von einem dokumentbezogenen Klemmbrettbereich auf einen kapitelbezogenen Klemmbrettbereich und umgekehrt. Bei der Auswahl des kapitelbezogenen Klemmbrettbereichs wird immer derjenige, der im Navigator ausgewählt ist, angezeigt. Der Benutzer hat dann die Möglichkeit, kurze Alternativen in einem Klemmbrett unterzubringen oder für längere Alternativszenen mehrere Klemmbretter anzulegen.
Spannende Idee! Das diskutieren wir morgen gleich mal im Entwickler-Treff!
Und - richtig: Papyrus-typisch, dieser Entwicklungsprozess. Wir haben gute Basis-Ideen, und unsere Anwender bringen dann noch Ideen dazu, die die Stärken noch besser machen! Danke dafür!