es wächst und gedeiht, aber wieder einmal habe ich eine Frage.
Ich habe mittlerweile die meisten meiner Figuren „entwickelt“ und kann sie in meiner Geschichte einordnen. Wie macht ihr es mit dem „Leben“ eurer Nebenfiguren, wie entwickelt ihr diese Figuren, wie tief lasst ihr so einen Charakter ein eigenen Leben haben, auch die die nur kurz erscheinen und sonst nur noch als „Randnotiz“ existieren werden, zu Entwicklung der Geschichte aber beitragen ?
Die Figurendatenbank wächst in Papyrus und ist mir eine große Hilfe, nur würde ich meine Geschichte sortieren, hier fehlt mir ein Startpunkt in meinem Gewirr
Soll ich mit einem „Tod“ beginnen oder eher „mitten im Leben“ ? Uns so die Geschichte in der Gegenwart mit Rückblicken in die Vergangenheit erweitern ?
Ich bin gerade etwas ratlos, aber mein 2025er Ziel ist eine fertige Geschichte.
Das mit der Figurendatenbank ist wahrscheinlich hilfreich. Ich würde sie vielleicht nutzen, wenn ich einen Roman mit vielen Figuren schriebe.
Normalerweise mache ich Notizen. Dafür nehme ich ein oder mehrere Figuren mit in mein Leben, lerne sie kennen, schaue wie sie sich in verschiedenen Situationen verhalten, mache evtl. wieder Notizen.
In Tagträumen baue ich sie in die Geschichte, in ihre Szenen ein. Dabei steuere ich, lasse ihnen einen gewissen Freiraum. Damit kann ich dann arbeiten oder mache nochmal Notizen. Teilw. total chaotisch auf Papierschnipsel, teilw. chronologisch. Auch dabei lerne ich sie kennen. Manche mögen nicht schlampig niedergeschrieben werden. Dann weiß ich schon wieder mehr über die Person.
Will sagen, ich lade die Figuren so lange ein, besuche sie so oft, bis ich mich nur noch hinsetze und die ganze Geschichte aufschreibe.
Der Anfangsprozess kann ein paar Tage dauern, aber dann läuft es.
Wenn ich deine Grafik anschaue, ähm, da würde ich wahrscheinlich schon bald nicht mehr durchblicken. Okay, deswegen schreibst du ja auch hier. Vielleicht kommen ja brauchbare Tipps.
Ich wollte nur anregen, es mal auf andere Arten zu versuchen - deinen Figuren nah zu kommen, sie wirklich gut kennenzulernen.
Du kannst sie mögen, oder blöd finden.
Wie Leute aus dem echten Leben. Doofe, witzige, gefährliche, imposante, schlaue, traurige, nette, gruselige, liebenswerte …
Ehrlich gesagt halte ich mich nicht lange auf mit einem detaillierten Vorab-Entwurf meiner Figuren (selbst bei den wichtigsten Protas mach ich grad mal ein grobes Soziogramm) sondern lasse sie sich selbst im Lauf der Geschichte entwickeln und werde sehr oft dabei von ihnen überrascht. Das hat zwar den Nachteil, dass ich manchmal einiges im Nachhinein korrigieren (löschen) muss, aber den Vorteil, dass sich hinter jedem Twist eine neue Entwicklungsmöglichkeit für die Figur ergeben kann. Und dann hab ich etwa diese superbad Bikerbitch die meiner Prota im ersten Teil der Story die Hölle heiss macht und sie im zweiten vor den wirklich Bösen rettet. Ich mag diese Überraschungen sehr.
Auch die Vor-Geschichte der Protas gebe ich (bzw sie selbst) nur preis, wenn es der Story dienlich ist oder es die Logik erzwingt.
Meist (nein, eigentlich immer) gibt es nur wenige Figuren in meinen Geschichten. Vier oder fünf von ihnen spielen eine tragende Rolle im inzwischen fünften Roman. Damit entwickeln sie sich von Geschichte zu Geschichte weiter. Immer mal wieder tauchen bei einer von ihnen neue Eigenschaften auf, neue Verhaltensweisen, neue Dummheiten, neue Eigenheiten. Sie leben schlicht und ergreifend ihr eigenes Leben - ich darf es nur noch aufschreiben
So in etwas schreibe ich gerade, entwickle die Vita des Charakters beim Schreiben, preisgeben will ich natürlich auch nicht. Ich brauche es für mich um es relativ schlüssig zu haben. Vielleicht stehe ich mir wieder selber mit diesem Anspruch im Weg.
Die Idee mit dem Einladen gefällt mir. Bei den Hauptcharakteren klappt es, diese kann ich sehen und fühlen, teilweise sogar hören. Hier fällt es mir nicht allzu schwer weitere Eigenschaften/Ticks hinzuzufügen.
Die Nebencharakter sind gerade mein „Blocker“ wie weit soll ich hier ein „Leben“ entwickeln, das ich mit der Figur „glaubhaft“ in der Geschichte bleibe, vielleicht alles Anfängerfragen…
Die Zeichnung zeigt nur die Verbindungen zwischen den Figuren, diese ist für mich klar, sollte aber als Beispiel dienen um meinen Gedankengang zu verdeutlichen.
Nimm eine Hauptfigur in ihrer Wichtigkeit und Gänze, ziehe die Hälfte ab und es ist nur noch eine Nebenfigur.
Was ich sagen will, stecke nicht alles rein in die Figur. Mache nur Andeutungen die für den Fortgang wichtig sind. Nicht immer muss man alles von jemandem wissen. Von deinen Nachbarn weißt du ja auch nicht alles. Von einem das, vom anderen das. Es sind nur Nebenfiguren in deinem Leben. Deine Familie/Freunde sind die Hauptfiguren.
An einer Stelle musst du die Nebenfigur loslassen. Und wenn sie dir zu wichtig ist, dann ist es vllt. eine Hauptfigur?
Das ist mir mal passiert. Ich kam einfach nicht weiter mit meiner HF. Dann habe ich für jede Figur, auch NF, auf einem Zettel eine eigene Szene geschrieben. An irgendeinem Punkt, wo ich sie gerade sah. Und ich war von drei NF so begeistert, dass meine HF erst nur im Hintergrund war und jetzt gar kein Teil der Geschichte mehr ist. Die gleiche Grundidee, das gleiche Setting, aber eine viel bessere Geschichte. Und drei NF zu HF gewandelt.
Alles ist möglich. Du musst nur den Knoten finden.
Aktuell arbeite ich auch an meinem ersten längeren Projekt. Ich habe die Charaktere tatsächlich nur recht grob skizziert, mir war wichtig, ihre Persönlichkeitszüge zu notieren und vor allem, wie sie aussehen, da ich immer schnell vergesse, ob mein dunkelhaariger Protagonist jetzt schwarze oder braune Haare hatte, und sowas in einem Krimi durchaus mal wichtig werden kann. Ist doof, wenn sich das mitten im Buch ändert.
Hintergrundgeschichten habe ich keine extra geschrieben, bei ein paar Charakteren hat sich das von selbst ergeben im Laufe der Handlung, bei denen habe ich das dann notiert. Bisher fahre ich sehr gut damit und hatte nicht mehr Arbeit damit, als nötig.
Aber, wenn Du Spaß an Charaktererstellungen hast spricht nichts dagegen, Dich sehr ausführlich damit zu befassen. So werden die Charaktere sehr lebendig und glaubhaft. Bei meinen denke ich manchmal, sie sind fast etwas zu flach gehalten. Dafür sind meine Geschichte und die Beziehungen der Charaktere zueinander recht kompliziert, deshalb denke ich, passt das wieder. Wenn Deine Geschichte aber hauptsächlich von den Charakteren und ihren jeweiligen Persönlichkeiten und Lebensgeschichten handelt, ist es vielleicht sinnvoll, da ordentlich Zeit und Arbeit investieren.
Aber wie gesagt, ich habe selbst nicht super viel Erfahrung und kann Dir nur mit Denkanstößen dienen. Du bekommst hier sicherlich auch fundiertere und erprobtere Tipps.
Ich denke, dass jeder für sich das richtige Maß an Ausarbeiten der Figuren finden muss. Die einen beschreiben gerne alle Figuren bis ins Detail, andere lassen sich von ihren Figuren überraschen. Für beides gibt es tolle Autorinnen und Autoren als Beispiel. Da du schreibst, dass du dich über jeden Tipp freust: So gehe ich vor, etwas anders als die meisten Vorrednerinnen und Vorredner, vielleicht ist ja was für dich dabei
Ich tendiere mittlerweile zu den Ausarbeitern. Für meine Hauptcharaktere und die wichtigen Nebencharaktere gehe ich folgendermaßen vor.
ich schreibe eine kurze Biografie als Übersicht, ich vermute ähnlich dem groben Entwurf von @michel(?), jedenfalls sind mir dabei ähnliche Aspekte wichtig wie michel
ich schreibe die Lebensgeschichte der Figur
ich schreibe die Lebensgeschichte nochmal, diesmal als Selbstbetrachtung der Figur
ich stelle konkrete Fragen an die Figur, die sich aus Lebensgeschichte und der Selbstbetrachtung ergeben und um die die Figur absichtlich einen Bogen gemacht hat
Für weniger wichtige Nebenfiguren schreibe ich:
eine kurze Biografie
eine kurze Selbstbetrachtung
Für Statisten schreibe ich:
eine Kürzestbiografie
Ich berücksichtige dabei ausschließlich Themen und Zeiten vor der Geschichte und gehe von der Geburt bis ungefähr dem Beginn der Handlung.
Was mir das bringt:
Ich lerne die Charaktere sehr gut kennen, für mich sind es danach lebendige Persönlichkeiten.
in der Biografie stecken bei jeder Figur Brüche, Verletzungen, Traumata, lustige Begebenheiten usw., die die Figuren interessant machen
ich bekomme neue Ideen für die eigentliche Geschichte
ich weiß später in bestimmten Situationen, wie eine Figur aufgrund ihrer Biografie auf etwas reagieren könnte oder habe ein Gefühl dafür
es macht mir Spaß. Ich weiß, dass das, was ich in den Biografien schreibe, so nicht im Roman auftaucht: Also kann ich schnell tippen und schreiben, ohne mir Sorgen um den inneren Kritiker machen zu müssen.
Was mir das nicht bringt:
einen schnell geschriebenen Roman, die Variante kostet Zeit
Text, den ich im Roman unterbringen kann.
Man sollte aufpassen, sich nicht zu verzetteln und ewig nur zu planen. Ich muss auch damit leben können, zehntausende Wörter zu schreiben, ohne, dass sie im Roman auftauchen. (Der Vorteil: Diese Wörter sind viiiiiel schneller geschrieben, als die, die später mal im Roman stehen sollen.) Aber für mich spart es am Ende trotzdem Zeit. Mein Mammutprojekt, das sich nach drölfzig Jahren grade der Fertigstellung zuneigt, habe ich anders angefangen, da habe ich die Figuren nur grob ausgearbeitet. Ich habe es im Laufe der Jahre mehrfach bereut, am Anfang nicht mehr Zeit investiert zu haben, die beim Ausarbeiten gesparte Zeit habe ich mit Zinseszins in die Überarbeitungen stecken müssen. Deswegen neige ich vielleicht bei meinen neuen Projekten ins andere Extrem, fühle mich damit aber grade sehr wohl.
Danke für Deinen Einblick. Ja ich werde die Biografien schreiben und meine Charaktere einladen. In meiner Geschichte begegnen sich die Figuren mehrmals im Leben, da muss eine „Linie“ rein
Auf alle Fälle haben mir Eure Tipps bisher sehr viel Ideen gegeben, wie ich weiter vorgehen werde.
Wenn ich mit meinen ersten Entwürfen zufrieden bin, werde ich zum Probelesen einladen.
Nur nochmal kurz: Auf jeden Fall, soweit wie nötig vor-/ausarbeiten. Ist noch die Frage, ob sie Nebencharakter sind, die öfter auftauchen oder am Ende nur Statisten .?., die gleich wieder verschwinden. Und, aber das probierst du ja nun „beobachten“, was sie in welcher Situation tun …
Good luck und einen lieben Gruß
So habe nun alle Charaktere auf Karten festgehalten. Einer lebte nur sehr kurz, aber notwenig und die andere haben beim Notieren, ein Leben bekommen. Der „Knochen“ ist da, das „Fleisch“ kommt beim Schreiben.
Eure Gedanken haben das mit ermöglicht. Ich habe nachher noch einen Tee mit einem Charakter…aber erstmal wieder Unterricht, man muss die Sprache können um das Land zu verstehen
Die „Komparsen“ beschreibe ich hauptsächlich „äußerlich“, ausführlich genug, um sie zu unterscheiden/ wiederzuerkennen, falls sie mehr als einmal auftauchen. Details füge ich nachträglich hinzu, wenn sie benötigt werden.
Bei wichtigen Personen arbeite ich mich von außen nach „innen“. Ich versuche, mir das Gesicht vorzustellen. Dann frage ich mich, wie die Figur ihre Persönlichkeit nach außen zeigt. Legt sie Wert auf ihr Äußeres? Was für Kleidung trägt sie? Wie würde ihre Wohnung aussehen? Wer wären ihre Freunde? usw. Ich gebe ihr einen Platz in ihrem sozialen Umfeld, eine Familie (oder eben nicht), ein Tier, eine Marotte, einen Traum/Alp usw. Ich gebe ihr eine Geschichte, eine Vergangenheit und zwar bis ins kleinste Detail. All das schreibe ich auf/ bzw. wird mir mit der Zeit so vertraut, als würde ich sie kennen. Dann weiß ich, wie sie spricht, sich verhält oder was sie auf gar keinen Fall tun würde. Der Konflikt/ die Entwicklung ist von Anfang an Bestandteil ihres Wesens. Manchmal assoziiere ich auch mit bestimmten Tieren, zB Schlange, Krähe, Eule usw.
Ich starte morgen mal ein Experiment. Ich habe mir eine KI lokal aufgesetzt (Mistral über Ollama) und werde diese mal zur Charakterentwicklung heranziehen. Ich bin gespannt wie es klappt. Vorarbeiten muss ich natürlich leisten, sonst weiß sie ja nicht, war sie erzählen soll.
Bei Nebenfiguren finde ich allein wichtig, dass man als Leser merkt, dass sie etwas Eigenes vorhaben. Eine Agenda und nicht nur als Stütze für alles, was der Prota oder Anta will, dienen. Als Leser brauch ich von dieser eigenen Agenda nichts Genaues wissen. Aber als Autor. Die Figur strahlt dann etwas aus, was gar nicht beschrieben sein muss, es setzt sich einfach in allem, was beschrieben wird, durch. Für die Story mag es irrelevant sein, für die Lebendigkeit der Figur finde ich es irre wichtig.
(Mir fällt da jetzt spontan Nr. 2 bei Austin Powers ein. Der hat doch was vor, was überhaupt nicht zur Sprache kommt. Ach doch, kommt es. Aber man merkt es von Anfang an.).
Statisten bekommen von mir eine Besonderheit. Der Prota lässt einen Reifen wechseln, während er am Telefon mit dem Anta streitet und den Konflikt vorbereitet? Dann bekommt der Mechatroniker als individuelles Merkmal halt eine komische Brille auf, die ihm fünfmal in die Ölpfütze fällt. Die Ölpfütze, die anzeigt, dass das Auto fünf Kapitel später komplett den Geist aufgeben wird.
Ich denke, dass Nebenfiguren in einer Geschichte dann ihre Berechtigung, ja sogar Notwendigkeit haben, wenn sie (oder ihre Lebensgeschichten) zur Entwicklung der Charaktere oder der Story selbst beitragen. Erst gestern ist mir passiert, dass in meiner Geschichte, quasi aus dem Nichts, ein junger Mann auftaucht und sich in einem eher belanglosen Gespräch mit meiner Protagonistin als schwul outet. Nachdem ich die Szene geschrieben hatte, fragte ich mich: Was in aller Welt will diese Figur hier? Die passt doch überhaupt nicht da rein?
Heute ging es dann weiter. Gabi erfährt, dass der junge Schwule von ein paar homophoben Idioten verprügelt wurde und als sich ihre Klassenkameraden darüber lustig machen, tickt sie völlig aus und beginnt - Zornbinkel, die sie ist - selbst eine Rauferei mit ihnen. Dies aber führt dazu, dass sie von der Exkursion, auf der sich das alles abspielt, in einem von ihren Freunden getrennten Zugabteil nach hause fahren muss. Und dort schließlich zum ersten Mal ihren Todfeind trifft.
Was ich damit sagen will ist, dass auch die Nebenfiguren in unseren Geschichten verdienen, mit Sorgfalt behandelt und respektiert zu werden. Man weiß nie, wozu sie noch gut sein werden.
Schöne Entwicklung einer spontanen Figur, werde ich sicher auch noch haben, zumindest wünsche ich mir das, die Unbekannten, die man im Leben nie erwartet hat.