Kurzgeschichte mit Geist

Hier mal eine Gruselgeschichte. Mich würde interessieren, ob sie für euch spannend zu lesen ist. Gibt es Stolperfallen in der Geschichte?
Ich würde mich sehr über Rückmeldungen freuen, natürlich auch gern kritische.

Frieda und Kai

„Schau mal!“ Frieda hüpft auf einem Bein die Stufen zur Eingangstüre hoch. Auf jeder neuen Treppenstufe balanciert sie kurz mit der Hand an der Wand. Verena folgt ihrer Tochter in das denkmalgeschützte Ärztehaus aus dem Jahr 1907.
„Ich will alleine mit dem Aufzug fahren.“
„Soll ich nicht lieber mitkommen?“
„Nein, ich will sehen, ob ich schneller bin.“ Die Türen schließen sich und Verena läuft eilig die Stufen nach oben, der Zahnarzt ist im dritten Stock. Eine Stunde später verlassen sie die Arztpraxis. Frieda fährt wieder alleine mit dem Aufzug.
Verena biegt im Erdgeschoß um die Ecke, in Erwartung ihre Tochter schon wartend vorzufinden.
„Frieda, wo bist du?“ Ihre Stimme hallt in der Weite des Eingangsbereiches. Noch nie kamen ihr diese alten Mauern so kalt vor. Suchend schaut sie sich um. An der Anzeige vom Lift entdeckt sie ein blinkendes Licht. Der Fahrstuhl befindet sich kurz unterhalb des 3. Stockwerkes. Sie rüttelt an der Aufzugtüre, die sich kein bisschen bewegt. Ich Herz schlägt schnell und hart in der Brust. Ängstlich ruft sie: „Frieda, hörst du mich? Der Aufzug steckt fest.“ Sie legt ein Ohr an die Tür, doch der dicke Stahl schluckt ihre Worte.
„Ich laufe rauf zur Praxis und hole Hilfe, bin gleich wieder da.“ Gehetzt rennt sie nach oben, aus Sorge um ihr Kind.

„Mami, ich habe Angst. Warum fährt der Aufzug nicht?“ Frieda, wickelt eine Haarsträhne um den Zeigefinger und kaut auf der Unterlippe. Sie schluckt den Teigkloß in ihrem Hals, bemüht sich tapfer zu sein, kämpft gegen die Tränen, die sich Tropfen für Tropfen einen Weg aus den Augenwinkeln bahnen.
„Weine nicht, du bist nicht allein.“ Argwöhnisch sieht Frieda sich in ihrem Gefängnis um. Da ist der Spiegel am Bedienpult und die metalglänzenden Wände. Außer ihrem ängstlichen Gesicht kann sie niemanden sehen. Ein kalter Hauch streift ihre Wangen, wischt eine Träne fort. Friede weicht zurück zur Wand.
„Du kannst mich nicht sehen. Ich heiße Kai und bin ein Geist, der in diesem Haus geboren wurde. Kurz nach meinem achten Geburtstag erfasste mich direkt vor dem Haus ein Auto. Mir gefällt deine blaue Haarschleife, darum bin ich mit dir in den Aufzug gestiegen. Du scheinst nett zu sein.“ Die freundliche und sanfte Stimme tröstet Frieda.
„Das ist unfair. Ich kann dich nicht sehen.“
„Es gibt da eine Möglichkeit, aber du als Mädchen traust dich das niemals.“
„Quatsch! Ich will dich sehen.“
„Dann sprich mir nach. Durch Jahrzehnte vom Schleier getrennt, lade ich dich ein, mein Gefährte zu sein. Sanguinis guttae me ad te ligant. Den letzten Teil musst du dreimal wiederholen.“ Trotzig reckt Frieda das Kinn vor. Die unbekannten Worte stolpern über ihre Zunge. Sie wiederholt den Spruch ein zweites Mal. Der Aufzug ruckelt, das Licht erlischt und Frieda landet auf dem Boden, wo sie etwas in die Hand sticht.
„Los sag es!“, verlangt Kai und sie zitiert den Spruch ein letztes Mal. Die Lampe flackert und taucht den Innenraum in grelles Licht. Der Aufzug fährt mit einem Ruck weiter und sie sieht einen Jungen im blauen Pulli, mit schwarzen Haaren, der sie angrinst. Als sich die Tür öffnet, tritt er hinter sie.
„Frieda, geht es dir gut? An deiner Hand ist Blut.“ Schon spürte sie Mamas Arme im flauschigen Wollpulli, die sie an sich drücken.
„Ich bin hingefallen, als der Aufzug weitergefahren ist.“ Auf dem Heimweg erzählt Frieda vom Jungen mit den schwarzen Haaren. Verena wuschelte ihr durch die dunklen Locken.
„Dann hat dein neuer Freund ja die gleiche Haarfarbe wie du. Sicher hast du nur dein Abbild im Wandspiegel gesehen.“ Nach dem Abendbrot erzählt Frieda ihrem Papa vom heutigen Abenteuer.
„Ich hatte keine Angst, weil ich nicht alleine im Aufzug war. Ein Geisterjunge war bei mir. Kai ist acht Jahre alt, nur ein bisschen älter als ich.“
„Komm mal her, mein Spatz.“ Frieda kuschelt sich auf Papas Schoß. Er erzählt ihr, dass Kinder manchmal einen unsichtbaren Freund haben, den die Erwachsenen nicht sehen können. Vor allem Kinder mit viel Fantasie, so wie Frieda. Sie geht in ihr Zimmer, wo Kai auf ihrem Schreibtischstuhl sitzt und sich im Kreis dreht. Zweimal nach rechts und zweimal nach links.
„Toller Karussell Stuhl“
„Warum glauben sie mir nicht?“ Frieda sitzt im Schneidersitz auf ihrem Bett, eine große Kegelrobbe als Kuscheltier auf dem Schoß.
„Sie sehen mich nicht. Nur du siehst mich. Es ist unser Geheimnis.“ Frieda zeigt Kai das Spiel Tic-Tac-To.
„Mach dich bitte fertig. Ich komme in zehn Minuten, dann lese ich dir eine gute Nachtgeschichte vor“, ruft Verena zur Zimmertüre herein.
Kai hockt sich auf den Boden und lehnt sich mit seinem Rücken direkt an das Fußende des Bettes. Frieda liegt zwischen ihren Kuscheltieren und hört gebannt der Geschichte zu, die Mami vorliest. Am Ende des Kapitels legt Verena das Buch auf das Schränkchen neben dem Bett, deckt Frieda zu und gibt ihr einen Kuss auf die Nasenspitze.

Am nächsten Tag nach der Schule wartet Kai schon auf dem Pausenhof auf Frieda. Als sie die Treppen herunterkommt, winkt er mit beiden Händen, um sie auf sich aufmerksam zu machen.
„Ich habe schon auf dich gewartet. Wie ist die Schule so?“ Kai reicht Frieda die Hand und hält ihre zur Begrüßung einen Moment fest. Seine Finger fühlen sich so kalt an, wie das Eis aus dem Gefrierfach. Frieda steckt ihre Rechte zum Aufwärmen in die Hosentasche.
„Unsere Lehrerin ist sehr nett, nur meine Banknachbarin Lea ist gemein zu mir. Ich habe meine Stifte vergessen, weil wir gestern Abend noch Tic-Tac-To gespielt haben. Sie wollte mir keine Buntstifte ausleihen, jetzt muss ich zu Hause das Arbeitsblatt ausmalen.“ Ganz selbstverständlich begleitet er Frieda nach Hause. Kai erzählt, dass er von einem Hauslehrer unterrichtet wurde und nie eine Schule von innen gesehen hat. Also beschlossen sie, dass Kai morgen mit in den Unterricht kommt. Mami hat ihr eine Einkaufsliste geschrieben. Am Nachmittag geht Frieda mit Kai einkaufen. Auf dem Rückweg schlendern sie durch den großen Drogeriemarkt. Von der Spielwarenabteilung ist Kai begeistert, so etwas kennt er nicht.

In der Turnhalle teilen sich die Schüler für ein Fußballspiel auf. Lea verfolgt Frieda mit wütendem Blick, weil sie vom Klassensprecher Tim in seine Mannschaft gewählt wird. Beim Spiel lässt Lea keine Gelegenheit aus, Frieda zu schubsen, oder am T-Shirt zu festzuhalten, damit sie den Ball nicht bekommt. Einmal stellt sie ihr sogar ein Bein. Kai hüpft vor Freude auf und ab, als Friedas Mannschaft gewinnt. Nach dem Spiel setzen sich alle auf die Bank, um etwas zu trinken. Mit einem Schrei springt Lea von der Bank auf. Ein nasser Fleck färbt das Hinterteil in den Leggings dunkel.
„He, Lea hat Pippi gemacht“, frotzelt Klaus. Frieda wird rot, nur sie kann Kai sehen. Er steht direkt hinter Leas Bank und rollt grinsend eine leere Wasserflasche zur Seite. Lea ist fies, aber jetzt tut sie Frieda leid, denn die nasse Hose werden die Klassenkameraden lange nicht vergessen.

Einige Wochen später.
Frieda ist verwirrt von Kais Stimme, er ist immer bei ihr. Ohne Pause.
„Hau ab!“, ruft sie. Ein Mann mit Stock und Hut ist empört, als Frieda rücksichtslos an ihm vorbeirennt, diese jungen Menschen haben keinen Anstand mehr. Frieda schüttelt immer wieder den Kopf, hält sich die Ohren zu.
„Hau ab!“
„Du entkommst mir nicht, da kannst du laufen, solange du willst.“ Etwas packt ihre Jacke, Arme halten sie fest.
„Vorsicht! Die Ampel ist rot!“ Verwirrt schaut sich Frieda um und sieht erst jetzt die Kreuzung an der Bundesstraße. Nur wenige Menschen warten auf das Umschalten von Rot zu Grün. Die junge Frau im grauen Mantel lässt Frieda los.
„Ist alles in Ordnung mit dir?“
„Ja.“ Kai steht vor ihr, versperrt ihr den Weg.
„Du hast versprochen, mit mir in die Spielzeugabteilung zu gehen.“
„Das war, bevor du das Matchbox-Auto geklaut hast.“
„Hat doch keiner gemerkt.“ Frieda dreht sich um und läuft den Weg zurück. Mit jedem ihrer Schritte hofft sie, Kai endlich loszuwerden. Wieder begrenzt eine rote Verkehrsampel ihren Weg. Dieses Mal stellt sich Frieda alleine neben die Ampel, den Blick fest auf den Zwilling auf der anderen Seite geheftet. Ungeduldig nagt sie an ihrer Unterlippe, die Hände tief in ihren Jackentaschen vergraben. Etwas Kaltes trifft sie am Rücken. Vom Schwung mitgerissen, machen ihre Beine einen großen Schritt vorwärts. Mitten auf der Fahrbahn stolpert sie, wird geblendet vom grellen Licht.

„Du hast es so gewollt.“ Kai hält ihre Hand ganz fest. Sie ist jetzt nicht mehr kalt. Er zieht sie mit sich. Frieda sieht sich verwirrt um.
„Da liegt ein Mädchen mit schwarzen Locken auf der Fahrbahn. Wieso steht sie nicht auf?“ Kai antwortet nicht, niemand antwortet ihr. Sie bemerkt, dass ihre Beine keinen Boden berühren. Immer schneller geht es vorwärts, schräg nach oben. Das Mädchen auf der Straße spukt durch ihre Gedanken, sie verwirbeln sich im Kreis. Ist es wichtig?
„Jetzt zeige ich dir dein neues Zuhause.“ Kais Stimme holt sie in die Gegenwart zurück. Sie stehen direkt vor der Tür zum Ärztehaus. Es ist dunkel. Kai hält immer noch ihre Hand. Sie treten durch die dicke Holztüre. In der Eingangshalle führt er sie die Treppe in den Keller hinunter und in einen großen Lagerraum. Am Ende des Raumes schwebt er mit ihr durch die Wand in eine kleine Kammer. Dort steht ein Holztisch mit acht Stühlen. Darauf sitzen fünf fremde Mädchen, alle haben dunkle Locken und eine blaue Haarschleife.
„Komm, ich stelle dir den Rest unserer Familie vor.“

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Eine hübsche kleine Geschichte ^^
An dieser Stelle

habe ich das Ende schon erahnen können, daher fand ich es eher eine traurige Story als eine Gruselgeschichte. Auch die Art, wie du erzählst, trägt nicht viel dazu bei, es in dem Sinne gruselig zu machen. Dafür ist es einfach ein bisschen zu knapp, glaube ich. Du könntest Spannung erzeugen, wenn du ein wenig mehr auf die Gefühle der Beteiligten eingehst und den Leser spüren lässt, welche Angst die Mutter um ihre Tochter hat.

Wenn jemand zwischen zweitem und dritten Stockwerk feststeckt und jemand aus dem Erdgeschoss ruft, hört man da wirklich überhaupt noch etwas? Und ja, du schreibst, dass Frieda nichts verstanden hat, aber sie sagt ihrer Mutter trotzdem genau das, was die Mutter hören wollen würde (oder in diesem Fall nicht hören wollen würde?). Außerdem finde ich sie als kleines Mädchen fast schon zu gefasst für ihre Situation. Wenn sie weinen würde, würde ich das auch verstehen, und wenn dann Kai aus dem Nichts zu ihr sagt: „Keine Angst, du bist nicht alleine“, das wäre schon eher gruselig.

Du solltest dich auch mit den Zeitformen noch einmal auseinandersetzen. Es ist hier und da ein ziemlicher Salat aus Präsens, Imperfekt, Perfekt, Plusquamperfekt.

Oh ja, und ich bin echt erstaunt, wie viele dunkelhaarige Mädchen mit blauen Schleifen im Haar offenbar zum Zahnarzt gehen. :face_with_peeking_eye:

Auf jeden Fall danke fürs Teilen der Geschichte! Wenn du sie noch ein bisschen schleifst, kann irgendwann bestimmt auch Albträume davon kriegen :wink:

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Herzlichen Dank für deine ausführliche Rückmeldung.

Diese Geschichte ist mein 1. Versuch einer Gruselgeschichte und war schwieriger zu schreiben, als ich dachte. Ich probiere halt gerne unbekanntes aus.
Falls ich sie rund bekomme, möchte ich sie bei einem Wettbewerb einstellen, deshalb muss sie unter 10000 Zeichen bleiben. Was manchmal gar nicht so einfach ist. Da heißt es also kürzen.
Für die Überarbeitung hast du mir wertvolle Tipps gegeben, ich werde mal versuchen die Spannung zu erhöhen und mehr Angst bei Frieda einzubauen, dafür muss ich an anderer Stelle kürzen. Mal sehen, was wegkann.

Mein Zeiten-Chaos, ⁣ das ist wirklich ein Problem bei mir. Da hilft nur Satz für Satz zu prüfen. Grammatik ist eindeutig meine Schwachstelle. Vielen Dank für den Hinweis.

Vielleicht sind fünf Mädchen mit blauer Haarschleife doch ein wenig viel :wink: oder doch nicht? In meiner Fantasie treibt der Geist Kai schon 50 Jahre sein Unwesen und das Haus, in dem er geboren wurde, war ja nicht immer ein Ärztehaus.

Ich habe die Geschichte soeben nochmal ausgetauscht. Sie ist jetzt überarbeitet.

Der Anfang gefällt mir jetzt schon viel besser!
Das hier:

ist allerdings eine unnötige Information, die nicht richtig in den Text passt. Du willst wahrscheinlich darauf hinaus, dass es das Gebäude schon eine Weile gibt, aber vielleicht kannst du den Eindruck auch über knarzende Treppenstufen, gealterte Fliesen oder einen quietschenden Fahrstuhl lösen.

Generell könntest du überlegen, ob du den Anfang vielleicht zusammenkürzen möchtest, weil da aus meiner Perspektive noch absolut nichts Relevantes für die spätere Handlung passiert. So oder so solltest du aber unbedingt diesen Sprung vermeiden:

Da frage ich mich nämlich sofort, wozu dann der erste Aufbau der Handlung und Szenerie, wenn hier noch so eine Lücke kommt, die das wieder etwas zunichtemacht.

Wenn du im Präsens schreibst, ist die Standardform für die Vergangenheit, das Perfekt, daher müsstest du hier

„Noch nie sind ihr diese alten Mauern so kalt vorgekommen“ schreiben.
Kleiner Hinweis: Du hast „Ich Herz schlägt schnell“ geschrieben statt „Ihr Herz“.

Hier ist ein Komma zu viel. Außerdem bin ich nicht sicher, ob ein kleines Kind wirklich mit einer Haarsträhne rumfummelt, wenn es dabei ist, in Tränen auszubrechen.
Bei den „metalglänzenden Wänden“ fehlt ein „l“, „metallglänzenden“. Hier und da muss auch an anderen Stellen noch Rechtschreibung und Zeichensetzung überarbeitet werden, aber das würde hier an der Stelle jetzt zu lang.

Wenn du kannst, bau noch eine Stelle zwischen der nassen Hose von Lea und dem Finale ein, in der Frieda den Taten von Kai mit mulmigem Gefühl zuschaut oder so. Bisher ist der Zeitsprung nicht nachvollziehbar genug. Beim Leser muss sich auch langsam ein unwohles Gefühl einstellen und das geht nicht, wenn Kai ein bisschen Schabernack zu Friedas Verteidigung treibt und im nächsten Absatz Frieda Kai nicht mehr sehen will. Das „Einige Wochen später“ ist da auch ein bisschen kontraproduktiv, glaube ich, das würde besser wirken, wenn es in den Erzählfluss eingebunden würde, statt ihn so als „Einschub“ zu unterbrechen (z.B. „Nur wenige Tage später hält Frieda es nicht mehr aus.“ oder so). Das Wort „verwirrt“ verwirrt mich in diesem Kontext auch, vielleicht findest du da ein besseres. Sie ist ja eher verzweifelt und getrieben von seiner Stimme, genervt, verärgert, irritiert, irgendwie so etwas, nicht einfach nur konfus.

Und dass Kai sie auf die Straße stößt, kommt ein bisschen zu plötzlich und für den Leser unerklärt, weil die Emotionen bei Kai noch gar nicht richtig hochgekocht sind. Da hattest du in der alten Version noch eine Aussage von ihm dazwischen, oder?

Was das Ende angeht, glaube ich, dass es richtig cool wirken könnte, wenn du die Reihenfolge der letzten paar Sätze änderst. „… in eine kleine Kammer. „Komm, ich stelle dir den Rest unserer Familie vor.“ Hier steht ein/Frieda sieht einen Holztisch mit acht Stühlen. Darauf sitzen fünf fremde Mädchen, alle haben dunkle Locken und eine blaue Haarschleife.“

So, ich hoffe, die Liste an Anmerkungen war jetzt nicht zu lang und das hilft dir weiter. :sweat_smile: Deine Geschichte wird auf jeden Fall langsam! :gem:

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Die Idee und den Twist finde ich sehr gelungen. Da steckt Grusel drin.
Bei der Umsetzung bist Du allerdings noch sehr auf einer erklärenden, sachlichen Ebene - bei einer Geschichte, die sich an Kinder richtet und nicht allzu gruselig sein soll, könnte man das einsetzen, aber hier scheint mir das Ende gegen diese Zielgruppe zu sprechen. (Es ist ja eher der Horror aller Eltern).
Zum Einstieg könntest Du das Ärztehaus schon etwas atmosphärischer beschreiben, Winkel, dunkle Türeingänge, ein alter, käfigartiger Fahrstuhl, der mal modernisiert wurde, aber immer Herzen immer noch Düsternis trägt, eine alte oder Retro-Anzeige, in welcher Etage sich der Lift gerade befindet … und über allem ein unbestimmtes Unwohlsein der Mutter, als sie ihre Tochter allein mit dem Fahrstuhl fahren lässt. Was macht es mit ihr, dass die Tochter in den Fahrstuhl steigt? Ihr wird bang, die Hände klamm, als sie das Treppengeländer packt, um die Stufen hinaufzuhetzen, das Aufatmen, als Frieda oben fröhlich aussteigt. Auf dem Weg hinunter genauso, da hast Du das schon besser gelöst. Mir gefallen die kalten Wände, „Ihr Herz schlägt schnell und hart“ und „sie legt ein Ohr an die Tür, doch der dicke Stahl schluckt ihre Worte“ sehr! „Aus Sorge um ihr Kind“ kannst Du bedenkenlos streichen. Die Emotionen machen es gruselig, die Erklärungen sind zu versachlichend. Die benötigst Du auch nicht.
Bei Frieda: „Die freundliche und sanfte Stimme tröstet Frieda“ behauptest Du, aber als Leser fühle ich es noch nicht. Du könntest es umwandeln in eine körperliche Reaktion, wie „In der Stimme lag eine Sanftheit, in der sich Frieda geborgen fühlte wie in ihrer warmen Kuscheldecke“, nur irgendwie schöner …
„Der Aufzug ruckelt, das Licht erlischt und Frieda landet auf dem Boden, wo sie etwas in die Hand sticht.“ Hier frage ich mich, was Frieda hier fühlt. Dass sie eiskalt den komplizierten Spruch wiederholt, kann ich mir schlecht vorstellen. Schließlich wird das gefangene Kind durchgeschüttelt, im Dunkeln zu Boden geworfen und schmerzhaft verletzt. Hier wäre ich spätestens beim Schrei nach Mama, und der herrische Geist müsste damit umgehen …
Das war jetzt Gemecker, aber mir hat die Geschichte wirklich gut gefallen. Etwas mehr Emotion und sie wird richtig, richtig gut.

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@CO2
Vielen Dank für deine wertvollen Anmerkungen, einiges habe ich direkt übernommen. Vor allem deine Idee mit der Änderung für den Schluss gefällt mir sehr gut.
Jetzt muss ich die Geschichte erst mal zur Seite legen und dann nochmal daran feilen, sonst bin ich blind vor allem für meine Fehler.

Die Atmosphäre am Anfang ist mir sehr wichtig, damit der Leser gleich ein Bild vor Augen hat und in die Geschichte gezogen wird. Bei Kurzgeschichten ist mir das sehr wichtig, trotzdem werde ich auch den Anfang nochmal überarbeiten.

Karl bekommt noch einige Zeilen, um seine fiese Seite besser auszuleben.
Ich danke dir für deine Mühe und das nochmalige Lesen.

@Cato_K
Freut mich sehr, dass dir die Idee zu der Geschichte gefällt.
Auf einer meiner Notizen steht, zu erzählend, deshalb greife ich deine Vorschläge für meine Überarbeitung gerne auf. Du hast mir einige gute Ansatzpunkte aufgezeigt, die mich auf neue Ideen gebracht haben.
Mehr Emotionen werden meine Geschichte bestimmt spannender machen.
Herzlichen Dank für dein konstruktives „Gemecker“ und das Lesen meiner Geschichte.

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Hallo Mia_A
Mich irritierte in deiner Geschichte die letztendliche Frage, warum Kai Mädchen mit dunklen Locken und einer blauen Haarschleife ‹sammelt›. Dieses Rätsel ließe sich mit einer kleinen Einfügung lösen.
Zitat:
Kurz nach meinem achten Geburtstag erfasste mich direkt vor dem Haus ein Auto. Mir gefällt deine blaue Haarschleife, solch eine Schleife sah ich im Haar der Fahrerin, darum bin ich mit dir in den Aufzug gestiegen.
Dann ist deine Geschichte für mich, in sich harmonischer.

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Mir gefällt die Geschichte sehr! Das Ende hat es in sich. Da bekommt man ja Gänsehaut. Ich weiß nicht, ob ich mein Kind so schnell wieder alleine Lift fahren lasse… :wink:
Nein, Spaß beiseite. Ich finde die Story gelungen, ich schließe mich allerdings meinen Vorrednern an in Bezug auf den Absatz mit dem Zahnarzt. Beim ersten Lesen kam es mir so vor, als würde da etwas fehlen. Es klafft eine Lücke.

Im Nachinein weiß ich, dass es dir nur um den Lift ging. Vielleicht kann man das noch etwas anders einbauen.

Außerdem bin ich extrem neugierig, warum der Junge böse ist. Warum er die Mädchen mit blauer Schleife „sammelt“. Schwierig, das umzusetzen, ohne im Voraus zu viel zu veraten… Aber eine Erklärung wenigesten im Nachgang wäre schön.
Ansonst finde ich die Geschichte echt gut. Hat was gruseliges. Beim Lesen sah ich förmlich diese geschichte als Film vor meinem inneren Auge ablaufen. Ich sehe diesen traurigen blassen Jungen in Horrorfilm-Manier vor mir, wie er das Mädchen ködert, der Zuschauer das Unheil kommen sieht und am liebsten das Mädchen davon abhalten will, wie sie ein drittes Mal den Satz ausspricht…

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@AndreasB
vielen Dank für deinen Vorschlag. Ich werde auf jeden Fall für dieses Rätsel einen Hinweis einbauen.

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@Penny
herzlich Dank für deinen freundlichen Kommentar. Ich freue mich sehr über dein Lob.
Am Wochenende habe ich Zeit zum überarbeiten der Geschichte. Den Anfang werde ich mir nochmal vornehmen. Da ich nicht über 10000 Zeichen kommen möchte, muss ich mal sehen, dass ich noch Hintergrund zu Kai unterbringe.

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Auch mir gefällt deine Geschichte gut.

Diesen Satz könntest du streichen, falls du noch was loswerden willst. Die Ampel hast du im Satz davor schon erwähnt und mein Lesefluss war unterbrochen, weil ich überlegt habe, wer der Zwilling ist.

Vielleicht könntest du dafür nach

noch eine kleine Beschreibung einfügen, warum sie sich so sehr von ihm gestört fühlt.
Ich wünsche dir viel Erfolg mit der Geschichte.

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Hi Mia!

Ich hab erst Version 2 gelesen und fand die Geschichte recht angenehm zu lesen -aber noch nicht so wirklich schaurig. Meine Anmerkungen sind natürlich nur ne Meinung.

Wie andere schon gesagt haben: „Denkmalgeschützt“ und 1907 sind eigentlich blanke Informationen und sie sagen nicht so viel aus. „Denkmalgeschützt“ ist eigentlich eine rechtliche Kategorie. Das sieht man dem Gebäude nicht unbedingt an und ein 1907 errichtetes Gebäude kann heute auch topmodern aussehen. Klar, die Kombination ergibt logisch, dass es eben kein moderner Glasbau ist. Aber ich denke, du könntest das anders machen.

Allerdings … Warum eigentlich überhaupt? Welchen Zweck hat das Ärztehaus eigentlich? Gewöhnlich gibt es doch in der Gruselgeschichte immer einen Fokus. Das Geister/Mörderhaus, den Geist des Mädchens, das Monster im Wald usw. Hier wäre meines Erachtens dieser Fokus eher Kai, also der Geist.
Um es mal überspitzt zu formulieren. Wo der Geist wohnt, ist doch eigentlich egal?

Ich nehme an, das ist auch der Grund, warum @CO2 dir zum Kürzen rät. Du machst im Grund zwei Settings auf. Und hier spüre ich auch eine gewisse Dissonanz. Das Ärztehaus ist ja offensichtlich umgenutzt, also muss es mal ein Wohnhaus gewesen sein, ist es jetzt aber nicht mehr. Klar kann das erst kürzlich passiert sein. Auf der anderen Seite wurde Kai bei einem Autounfall getötet. Und seine Beschreibung deutet auch nicht auf ein quasi historisches Kind hin. Der Geist wirkt eher äh jung, auch so vom geisterlichen her.

(Ich schreib dir hier mal eine PM zu.)

Welchen narrativen Zweck hat eigentlich die Beschwörungsformel?

Hier erzählt Kai meines Erachtens zu viel in zu kurzer Zeit. Er fällt so ein bisschen mit der Tür (seiner Geschichte) ins Haus. Dadurch und, weil du, wie andere schon gesagt haben, nicht so richtig zeigst, wie Kai von tröstend zu mörderisch wird, kommt er mir hier eher vor wie Caspar (der freundliche Geist). Vielleicht kannst du da mehr andeuten?

Hast du mal überlegt, den Satz zu streichen? Ich kann das grad tatsächlich nicht gut begründen, aber vom Gefühl fänd ich es gruseliger, wenn das ein wenig subtiler bliebe. Ich würde die Kinder vielleicht gar nicht schweben lassen, oder besser, es Frieda erstmal gar nicht merken lassen.
@CO2 hat vollkommen Recht mit dem Unguten Gefühl, das man die Geschichte durch hat. Ein Schockmoment sollte aber erst zum Schluss kommen. Und nach dem Schockmoment, musst du zum Schluss kommen, bevor der Leser den wieder überwunden hat.
Du kennst das ja bestimmt auch, wenn du was liest und es passiert was schreckliches (Dumbledore stirbt; Rote Hochzeit etc.) und du liest dann weiter. Dann verblasst das so langsam. Bei einer Gruselgeschichte denke ich, musst du den Leser mit diesem grauenhaften Gefühl zurücklassen. Wenn du zulange brauchst, ist das aber verflogen.
Stell dir vor, du liest die Geschichte am Lagerfeuer. Was du willst ist: Nach deinem letzten Satz sagen alle Zuhörer „woaaah“, zittern und möchten jetzt lieber eine Geschichte mit friedlichen Kätzchen drin, sonst können sie nicht einschlafen. :smiling_imp:
Mein Rat wäre also: Protagonistin sterben lassen und so schnell wie möglich zur „neuen Familie“.

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Hallo,
vielen Dank für die vielen Rückmeldungen, die waren sehr hilfreich zum Überarbeiten meiner Geschichte.

@Anachronica,
danke für deinen Hinweis, tatsächlich war dieser Satz schon markiert um ihn eventuell herauszunehmen. Ich habe schon vermutet, dass der Zwilling hier für Unklarheiten sorgen könnte. Die Stelle mit „Einige Wochen später.“ habe ich überarbeitet.

@AZR,
vielen Dank für die vielen Gedanken, die du dir zu meiner Geschichte gemacht hast.
Zum Geisterhaus, ich denke in dieser Version wird es klarer, welche Bedeutung es für Kai hat.
Zur Beschwörungsformel, da musste ich länger darüber grübeln. Ich weiß nicht, ob du schon mal Geister beschwören ausprobiert hast. In meiner Jugend war das mal ziemlich angesagt. Da gab es bestimmte Worte, die dann auch wiederholt werden mussten. Bei meiner Geschichte soll die Beschwörungsszene einfach eine leicht gruselige Stimmung erzeugen. Im Moment bleibt diese Szene deshalb auch drin.
Zum langen Satz, wenn Kai erzählt, da hast du recht. Die Informationen habe ich jetzt auf mehrere Stellen verteilt.
Zum Satz mit dem Schwung am Schluss, den habe ich tatsächlich mal gestrichen, denn ich glaube so wird der Schluss spannender.
Was die Textlänge nach dem Schockmoment betrifft, hast du sicherlich recht, wenn es eine längere Geschichte betrifft. Da es hier aber sich aber hier nur um eine sehr kurze Geschichte handelt, denke ich, spielt dieses Argument bei einer Leselänge von wenigen Minuten keine große Rolle.

Nochmal Danke an @ die mir so tolle Tipps zum Überarbeiten gaben, meine Geschichte hat ziemlich gewonnen. Hier nun die aktuelle Version.
Viel Spaß beim Lesen, ich wünsche euch einen schönen Sonntag.

„Schau mal!“ Frieda hüpft auf einem Bein die Stufen zur Eingangstüre hoch. Auf jeder neuen Treppenstufe balanciert sie kurz mit der Hand an der Wand. Verena folgt ihrer Tochter durch die knarzende Eichentüre in das Ärztehaus.
„Ich will alleine mit dem Aufzug fahren.“
„Soll ich nicht lieber mitkommen?“
„Nein, ich will sehen, ob ich schneller bin.“ Die Türen schließen sich und Verena läuft eilig die ausgetretene Holztreppe hinauf, der Zahnarzt ist im dritten Stock. Strahlend steigt Frieda aus dem Lift. Erleichterung macht sich bei Verena breit, enge Räume rauben ihr den Atem. Nach dem Arztbesuch fährt Frieda alleine mit dem Aufzug hinunter. Verena biegt im Erdgeschoß um die Ecke, in Erwartung, ihre Tochter schon wartend vorzufinden.
„Frieda, wo bist du?“ Ihre Stimme hallt in der Weite des Eingangsbereiches. Noch nie sind ihr diese alten Mauern so kalt vorgekommen. Suchend schaut sie sich um. Die Anzeige am Fahrstuhl blinkt kurz unterhalb des 3. Stockwerkes. Sie rüttelt an der Aufzugtüre, die sich kein bisschen bewegt. Ihr Herz schlägt schnell und hart in der Brust. Ängstlich ruft sie: „Frieda, hörst du mich? Der Aufzug steckt fest.“ Sie legt ein Ohr an die Tür, doch der dicke Stahl schluckt ihre Worte.
„Ich laufe rauf zur Praxis und hole Hilfe, bin gleich wieder da.“ Die Beklemmung streicht wie Sirup ihren Rücken hinab, gehetzt rennt sie nach oben.

„Mami, ich habe Angst. Warum fährt der Aufzug nicht?“ Frieda kaut auf der Unterlippe. Sie schluckt den Teigkloß in ihrem Hals, bemüht sich tapfer zu sein, kämpft gegen die Tränen, die sich Tropfen für Tropfen einen Weg aus den Augenwinkeln bahnen.
„Weine nicht, du bist nicht alleine.“ Argwöhnisch sieht Frieda sich in ihrem Gefängnis um. Da ist der Spiegel am Bedienpult und die metallglänzenden Wände. Außer ihrem ängstlichen Gesicht kann sie niemanden sehen. Ein kalter Hauch streift ihre Wangen, wischt eine Träne fort. Frieda weicht zurück zur Wand.
„Du kannst mich nicht sehen, weil ich ein Geist bin, der in diesem Haus geboren wurde. Mir gefällt deine blaue Haarschleife, darum bin ich mit dir in den Aufzug gestiegen. Du scheinst nett zu sein.“ Die Stimme spricht freundlich und sanft, wie Papa beim Vorlesen der Gutenachtgeschichte. Friedas Tränen versiegen.
„Das ist unfair. Ich kann dich nicht sehen.“
„Es gibt da eine Möglichkeit, aber du als Mädchen traust dich das niemals.“
„Quatsch! Ich will dich sehen.“
„Dann sprich mir nach. Durch Jahrzehnte vom Schleier getrennt, lade ich dich ein, mein Gefährte zu sein, ligatus. Das letzte Wort musst du dreimal wiederholen.“ Trotzig reckt Frieda das Kinn vor und wiederholt den Spruch. Ein zweites Mal stolpert das fremde Wort über ihre Zunge. Der Aufzug ruckelt, das Licht erlischt und Frieda landet auf dem Boden, wo sie etwas in die Hand pickst.
„Los sag es!“, verlangt Kai und sie zitiert das Wort ein letztes Mal. Die Lampe flackert und taucht den Innenraum in grelles Licht. Der Aufzug fährt mit einem Ruck weiter und sie sieht einen Jungen im blauen Pulli, mit schwarzen Haaren, der sie angrinst.
„Frieda, geht es dir gut? An deiner Hand ist Blut.“ Schon spürt sie Mamas Arme, die sie an sich drücken. Verena umarmt Frieda nochmal fest und gibt ihr einen Kuss auf den Haarschopf.
„Ich bin hingefallen, als der Aufzug weiter gefahren ist.“ Auf dem Heimweg erzählt Frieda vom Jungen mit den schwarzen Haaren. Verena wuschelt ihr durch die dunklen Locken.
„Dann hat dein neuer Freund ja die gleiche Haarfarbe wie du. Sicher hast du nur dein Abbild im Wandspiegel gesehen.“ Nach dem Abendbrot erzählt Frieda ihrem Papa vom heutigen Abenteuer.
„Ich hatte keine Angst, weil ich nicht alleine im Aufzug war. Ein Geisterjunge war bei mir. Kai ist acht Jahre alt, nur ein bisschen älter als ich. Er wurde vor dem Ärztehaus überfahren.“
„Komm mal her, mein Spatz.“ Frieda kuschelt sich auf Papas Schoß. Er erzählt ihr, dass Kinder manchmal einen unsichtbaren Freund haben, den die Erwachsenen nicht sehen können. Vor allem Kinder mit viel Fantasie, so wie Frieda. Sie geht in ihr Zimmer, wo Kai auf ihrem Schreibtischstuhl sitzt und sich im Kreis dreht. Zweimal nach rechts und zweimal nach links.
„Toller Karussell Stuhl“
„Warum glauben sie mir nicht?“ Frieda sitzt im Schneidersitz auf ihrem Bett, eine große Kegelrobbe als Kuscheltier auf dem Schoß.
„Sie sehen mich nicht. Nur du siehst mich. Es ist unser Geheimnis.“ Frieda zeigt Kai das Spiel Tic-Tac-Toe.
„Mach dich bitte fertig. Ich komme in zehn Minuten, dann lese ich dir eine Gutenachtgeschichte vor“, ruft Verena zur Zimmertüre herein.

Am nächsten Tag nach der Schule wartet Kai schon auf dem Pausenhof auf Frieda. Als sie die Treppen herunterkommt, winkt er mit beiden Händen, um sie auf sich aufmerksam zu machen.
„Ich habe schon auf dich gewartet. Wie ist die Schule so?“ Kai reicht Frieda die Hand und hält ihre zur Begrüßung einen Moment fest. Seine Finger fühlen sich so kalt an wie das Eis aus dem Gefrierfach. Frieda steckt ihre Rechte zum Aufwärmen in die Hosentasche.
„Unsere Lehrerin ist sehr nett, nur meine Banknachbarin Lea ist gemein zu mir. Ich habe meine Stifte vergessen, weil wir gestern Abend noch Tic-Tac-Toe gespielt haben. Sie wollte mir keine Buntstifte ausleihen, jetzt muss ich zu Hause das Arbeitsblatt ausmalen.“ Ganz selbstverständlich begleitet er Frieda nach Hause. Kai erzählt, dass er von einem Hauslehrer unterrichtet wurde und nie eine Schule von innen gesehen hat. Also beschließen sie, dass Kai morgen mit in den Unterricht kommt.
„Erinnerst du dich an den Unfall?“
„Eine Frau saß am Steuer und neben ihr ein Mädchen mit blauer Schleife im Haar. Dann kann ich mich nur noch an die Beerdigung erinnern, nur Mama und Papa waren am Grab, meine beiden Schwestern sind nicht gekommen.“
Am Nachmittag geht Frieda mit Kai einkaufen. Auf dem Rückweg schlendern sie durch den großen Drogeriemarkt. Von der Spielwarenabteilung ist Kai begeistert, so etwas kennt er nicht. Als hinter ihnen Sachen polternd zu Boden fallen, kommt Frieda ein Verdacht.
„Kai, warum schmeißt du Dinge aus den Regalen?“
„Weil ich es kann. Ich tue immer, was ich will.“

In der Turnhalle teilen sich die Schüler für ein Fußballspiel auf. Lea verfolgt Frieda mit wütendem Blick, weil sie vom Klassensprecher Tim in seine Mannschaft gewählt wird. Beim Spiel lässt Lea keine Gelegenheit aus, Frieda zu schubsen oder am T-Shirt festzuhalten, damit sie den Ball nicht bekommt. Einmal stellt sie ihr sogar ein Bein. Kai hüpft vor Freude auf und ab, als Friedas Mannschaft gewinnt. Nach dem Spiel setzen sich alle auf die Bank, um etwas zu trinken. Mit einem Schrei springt Lea von der Sitzbank auf. Ein nasser Fleck färbt das Hinterteil in den Leggings dunkel.
„He, Lea hat Pippi gemacht“, frotzelt Klaus. Frieda wird rot, nur sie kann Kai sehen. Er steht direkt hinter Leas Bank und rollt grinsend eine leere Wasserflasche zur Seite. Lea ist fies, aber jetzt tut sie Frieda leid, denn die nasse Hose werden die Klassenkameraden lange nicht vergessen.

Am nächsten Tag begleitet Kai sie in das Einkaufszentrum.
„Du kannst doch nicht einfach der Frau ein Bein stellen. Sie hat sich weh getan.“
„Ihr Hund hat mich angebellt und ich kann Hunde nicht leiden. Ich hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht.“
„Spinnst du, ich will nicht mehr deine Freundin sein. Verschwinde.“ Frieda läuft zurück nach Hause, ohne Kai noch einmal zu beachten. Zu Hause schmeißt sie die Türe zu und ist froh, dass Kai immer wieder zurück in sein Geburtshaus muss.
„Das wirst du büßen, mir einfach die Türe vor der Nase zuzuschlagen. Wenn du nicht tust, was ich sage, wirst du es bereuen.“ Seine Augen sprühen Funken, das hübsche Jungengesicht hat sich in eine Fratze verwandelt.

Frieda wird verfolgt von Kai, er ist immer bei ihr.
„Hau ab!“, ruft sie. Ein Mann mit Stock und Hut ist empört, als Frieda rücksichtslos an ihm vorbeirennt, diese jungen Menschen haben keinen Anstand mehr. Frieda schüttelt immer wieder den Kopf, hält sich die Ohren zu.
„Hau ab!“
„Du entkommst mir nicht, da kannst du laufen, solange du willst.“ Etwas packt ihre Jacke, Arme halten sie fest.
„Vorsicht! Die Ampel ist rot!“ Verwirrt schaut sich Frieda um und sieht erst jetzt die Kreuzung an der Bundesstraße. Nur wenige Menschen warten auf das Umschalten von Rot zu Grün. Die junge Frau im grauen Mantel lässt Frieda los.
„Ist alles in Ordnung mit dir?“
„Ja.“ Frieda dreht sich von der Fremden weg, die daraufhin weiter geht.
„Du hast versprochen, mit mir in die Spielzeugabteilung zu gehen.“ Kai steht vor ihr, versperrt ihr den Weg.
„Das war, bevor du so gemein zu der Verkäuferin gewesen bist.“
„Das hat sie verdient.“ Frieda dreht sich um und läuft den Weg zurück. Mit jedem ihrer Schritte hofft sie, Kai endlich loszuwerden. Wieder begrenzt eine rote Verkehrsampel ihren Weg. Ungeduldig nagt sie an ihrer Unterlippe, die Hände tief in ihren Jackentaschen vergraben. Etwas Kaltes trifft sie am Rücken.
„Du hast es so gewollt.“ Kai hält ihre Hand ganz fest. Sie ist jetzt nicht mehr kalt. Er zieht sie mit sich. Frieda sieht sich verwirrt um.
„Da liegt ein Mädchen mit schwarzen Locken auf der Fahrbahn. Wieso steht sie nicht auf?“ Kai antwortet nicht, niemand antwortet ihr. Das Mädchen auf der Straße spukt durch ihre Gedanken, sie verwirbeln sich im Kreis. Ist es wichtig?
„Jetzt zeige ich dir dein neues Zuhause.“ Kais Stimme holt sie in die Gegenwart zurück. Sie stehen direkt vor der Tür zum Ärztehaus. Es ist dunkel. Kai hält immer noch ihre Hand. Sie treten durch die dicke Holztüre. In der Eingangshalle führt er sie die Treppe in den Keller hinunter und in einen großen Lagerraum. Am Ende des Raumes schwebt er mit ihr durch die Wand in eine kleine Kammer.
„Komm, ich stelle dir den Rest unserer Familie vor.“
Hier steht ein Holztisch mit Stühlen. Darauf sitzen drei fremde Mädchen, alle haben dunkle Locken und eine blaue Haarschleife.

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Hallo @Mia_A,

diese Version ist schon sehr viel runder. :slightly_smiling_face:
Einige Kleinigkeiten sind mir noch aufgefallen:

  • das Spiel heißt Tic-Tac-Toe
  • „Eine Frau saß am Steuer und neben ihr ein Mädchen mit blauer schleife im Haar" → Schleife
  • „Du kannst doch nicht einfach der Frau ein Bein legen" → Ich kenne nur den Ausdruck „ein Bein stellen“
  • Als die fremde Frau Frieda an der ersten Ampel rettet, liest es sich momentan für mich so, als ob Frieda ihr erst versichert, dass alles in Ordnung ist und direkt danach mit einem (für die Frau) Unsichtbaren redet. Da würde ich entweder eine Reaktion der Frau einflechten oder klarmachen, dass sie schon weg ist.
  • Der Zauberspruch ist m. E. für eine Sechsjährige zu kompliziert, um ihn direkt nach einmaligem Hören drei Mal korrekt nachzusprechen. Hier würde ich sprachlich „abrüsten“ nur ein Wort benutzen, ähnlich wie das „Mutabor“ beim Kalif Storch. Vielleicht „ligatus“ oder „colligatio“. Das der Blutstropfen für einen magischen Pakt benötigt wird, dürfte den meisten Lesern bekannt sein.

Du hast jetzt einen schönen Übergang von Casper, dem freundlichen Geist zu dem mörderischen Poltergeist. Das war in der ersten Version noch zu abrupt m. E. :+1:

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Hallo, eine tolle Geschichte, die ich gerne gelesen habe. Ich finde drei Mädchen sind für das Kopfkino doch angenehmer als fünf Mädchen. Da vom Gruselfaktor her in meinen Gedanken noch so etwas bleibt wie zb: Wie viele Mädchen fängt er noch? Macht er weiter?

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@anon37238882,
vielen Dank für die Hinweise, freut mich, dass du meine Geschichte auch als runder empfindest. Ich habe die Fehler direkt korrigiert.
Auch deine Anregung, den Spruch einfacher zu machen habe ich gleich aufgegriffen.

Hallo @Brausedrops,
danke für deine Rückmeldung, freut mich dass du dir die Geschichte weiterspinnst.