Ich war Teilnehmerin des Basiskurs Erzählen 5 (Dramaturgie und Spannung) an der Bundesakademie in Wolfenbüttel. Wie versprochen, (@Suse) stelle ich ein kurzes Feedback dazu ein.
Die Organisation hat zu 100% geklappt, die Räumlichkeiten waren angenehm, wobei ich jedoch zur Übernachtung keine persönliche Erfahrung beisteuern kann. Doch die anderen fanden ihre Zimmer schön, nur die Betten etwas schmal.
Die Kursleiter (Stefan U. Meyer und Olaf Kutzmutz) machten einen kompetenten und gut vorbereiteten Eindruck.
Wir haben im Grunde zuerst herausgearbeitet, was Spannung bedeutet (also begrifflich und für einen Text) und wodurch sie erreicht werden kann. (Plot, Dialoge, Figuren, Setting, Humor, Erotik usw)
Danach haben wir verschiedene Texte in Kleingruppen analysiert, bearbeitet, verändert, eigene Plots entworfen und vorgestellt, Minigeschichte geschrieben.
Ich fand es MEGA anstrengend, besonders da man quasi immer unter Zeitdruck stand und wusste, ich muss das vortragen und mich damit der Kritik/ persönlichen Meinung stellen.
Am letzten Tag wurden die vor dem Kurs eingereichten Texte jedes Teilnehmers vorgetragen, von einer Person analysiert, in der Gruppe diskutiert und zuletzt gab es Anmerkungen von Stefan und Olaf. Die Vielfalt der Texte (nicht nur inhaltlich) war aus meiner Sicht enorm. Leider gab es nur 2 Fantasy-Leute. (davon war ich 1)
Die meisten hätten mein Buch nicht gelesen. Das könnte mich nun traurig machen. Aber ich bin es nicht. Ich stellte einen Kapitelauszug vor, eine Szene, in der ein Kind von einem Erwachsenen dazu gebracht wird, von den Zinnen einer hohen Mauer zu springen. Diese Szene ist verstörend. Am Verstörendsten für alle, auch für den Lektor war jedoch die scheinbare Fühllosigkeit dieses Erwachsenen, die wiederum auch nicht so 1000%ig ist, was die meisten auch so wahrnahmen.
Und das erste was ich sagte war: „Diese Kritik macht mich glücklich.“
Denn genau diesen Eindruck wollte ich erzielen.
Doch nun kommen Zweifel auf, ob ich es so lasse. Denn ich will ja, dass der Leser gefesselt ist; sich aber nicht schaudernd abwendet. (Aber gut, das ist ein anderes Thema)
Jedenfalls war ich froh, dass es von Seiten des Lektors außer dieser (von mir)GEWOLLTEN Irritation nix zu meckern gab.
Aber zurück zum Feedback.
Unsere Gruppe war altersmäßig sehr gemischt, was mir enorm gefiel. Von der Rentnerin zur Mitte/Ende 20 jährigen Dramaturgin, die 4,5 h aus Hannover angeradelt kam, war alles dabei. Das spiegelte sich auch in der Arbeitsweise und in den Texten wieder. Wir haben uns alle gut verstanden, viel zusammen gelacht, fleißig gearbeitet und ich finde es fast schade, dass sie nun aus meinem Leben wieder verschwunden sind.
Inhaltlich hat es mir viel gebracht, die Textübungen noch mehr. Aber ich denke, dass erfahrene Hasen an der Stelle vlt. unterfordert sind. Doch es ist ja auch ein Grundkurs.
Lange Rede kurzer Sinn:
War es toll?
Ja!
Danke für deinen Bericht. Es ist schön zu hören, dass du etwas für dich mitnehmen konntest.
Mich schreckt auch die Vorstellung, unter Zeitdruck etwas abzuliefern. Das Programm hatte ich mir im letzten Jahr schon angeguckt und auch das neue von diesem Jahr angeschaut und dann wieder verworfen. Etwas vorgeschoben… Naja.
Zusammengewürfelte Gruppen finde ich spannend, gerade wenn man eigentlich garnicht zusammenpasst. Aus meiner Lebenserfahrung heraus sind das die Besten.
Vielleicht schaue ich mir Wolfenbüttel auch mal an.
Ich finde so etwas sehr spannend, habe aber noch nie damit geliebäugelt. Die Art der Aufgabenstellung (also was Spannung bedeutet, kleine Aufgabenschnippsel) erinnert mich ein bisschen an die Aufgaben der Schule des Schreibens Lehrhefte (nur ohne die direkte Auseinandersetzung mit Menschen :P)
Zu deinem Problem: Es ist in Ordnung, wenn einer deiner Protagonisten „grausam“ ist, solange es nicht dein Hauptprotagonist ist. Die Leser suchen die Sympathie (und ein bisschen sich selbst) hauptsächlich im Hauptcharakter und der sollte so menschlich wie möglich handeln. Wenn ein Nebencharakter ein Kind überredet von den Zinnen zu fallen, ist das in Ordnung. Umso mehr möchte man, dass dieser Erwachsene gestoppt wird!
Dieser Effekt konnte nicht erreicht werden, wenn du nur einen Auszug vorliest, indem dein Hauptprotagonist gar nicht mitspielt.
Vielen Dank für den ausführlichen und offenen Bericht. Hört sich sehr gut an!
Kritik will man ja, wenn man zu so einem Seminar kommt.
Daher spricht mir Dein: „Diese Kritik macht mich glücklich.“ aus der Seele… Gerade aus Deinem Kontext (Einzelszene) heraus.
Ich hab auch vor, mir das Seminarangebot noch einmal genauer anzuschauen. Da war ja auch was für meine Genrerichtung, allerdings für Kurzgeschichten…
Ja, klingt wirklich spannend. Ich habe gerade mal ganz kurz in das Angebot reingeschaut und werde mir das Ganze mal überlegen. Zeitlich wohl besser zu mangagen für als ein Kurs bei der SdS
Ich glaube, SdS, dass Lehrmaterialien für mehrere Jahre bietet und ein Wochenendkurs lässt sich (meiner Meinung) nicht vergleichen. SdS versucht mit kleinen Häppchen langfristig eine Veränderung zum Schreiben zu erwirken. Da geht es anfangs viel um Motivation und Planung, und nach und nach, um die Entwicklung verschiedener Ideen zur Geschichte. Mir gefiel vor allem der geöffnete Ansatz "Das ist Problem X, Autor A löst es so, Autor B wiederum so und Autor C ganz anders, nämlich so.
Ein Tageskurs klingt eher wie eine intensive „Klausur“, bei der du vor allem erkennst, wo du bereits stehst. Du nimmst viele Eindrücke mit, vor allem auch in der Wahrnehmung anderer, (Achtung ich interpretiere frei ) aber du wirst nicht von heute auf morgen ein anderer Schriftsteller sein. (Oder doch?) Dazu brauchst du wiederum Übungen, viele Schreibtage, bei dem du das neue Gedankengut umsetzt.
Ich habe SdS nicht besucht, sondern die Lehrhefte … irgendwie bekommen … die ja dem Selbststudium dienen und ich war extrem positiv überrascht. Als junger Mensch damals und ohne echtes Einkommen war mir das leider nicht bezahlbar.
Das klingt plausibel. Wobei ich davon ausgehe, dass man nicht nur erkennt wo man steht, sondern auch einige Anregungen und Lernmöglichkeiten mitnimmt.
Aber der geöffnete Ansatz klingt doch noch interessanter. Motivation ist nicht das Problem, Planung schon eher.
Aber in den nächsten 3-4 Jahren, kann ich neben meinem eigenen Schreiben, nicht auch noch mal 8-10 Stunden zusätzlich aufbringen. Mein Sohn hat da einfach Priorität, so lange er noch Spaß daran hat, mit seinem Vater was zu unternehmen.
Ist schon klar, dass du durch einen Wochenendkurs nicht dasselbe erreichst, wie bei einem Kurs, der über Jahr/e geht.
Es ist ja auch nur ein Grundkurs, der macht keinen zum Experten. Rechnet man alle Basiskurse zusammen, ist so etwas im Verhältnis teurer, als SDS.
Es kommt immer darauf an, was man will und was passt.
Ich denke, ich habe auch vorher intuitiv viel richtig gemacht, doch es ist was Anderes, wenn du Dinge bewusst anwendest/ auswählst. Dafür war der Kurs geeignet.
Das hört sich doch toll an, ich finde auch, dass man in solchen Werkstattsituationen viel lernen kann.
Ich habe vor einigen Jahren mal ein Seminar an der VHS gemacht, da ging es um Figurenentwicklung. Da haben mir vor allem auch die gemeinsam besprochenen Übungsaufgaben viel gebracht. Außerdem bin ich anschließend mit drei Teilnehmerinnen in Kontakt geblieben und wir haben uns dann noch über mehrere Jahre hinweg regelmäßig zu privaten Werkstatt-Lesungen verabredet.