Wer kann mir mit Informationen zur Arbeit der Kriminalpolizei helfen?
In meinem Roman versuchen drei Männer zwei halbwüchsige Mädchen zu entführen und in ein Auto zu zerren. Mein Held geht dazwischen, schlägt zuerst und kann damit die Mädchen retten, wird aber in der Folge von den drei Entführern krankenhausreif geschlagen. Im Krankenhaus ist er nach einigen Tagen Behandlung wieder in Ordnung. Nun müsste bestimmt die Kripo kommen, um ihn als Zeugen zu vernehmen.
Richtig? Da ich keine Erfahrung mit der Kripo habe, die Frage: Wer kommt da? Wie sehen die Leute aus? Was haben sie an? Wie läuft so eine Befragung ab?
Wäre schön, wenn mir jemand weiterhelfen könnte. Schließlich kann man nicht nur aus eigener Erfahrung schreiben…
“Nach einigen Tagen”… Sobald der Kripo eine Straftat bekannt wurde, geht die Ermittlung los. Hier haben wir es mit mehreren Straftaten zu tun. Die Mädchen bzw. die Eltern werden, sobald sie Kenntnis hatten, warscheinlich eine Polizeiwache aufgesucht haben. Dort fanden sie zunächst die uniformierten Beamten vor. Die meisten Polizei-Standorte haben gleich ein KriPo Kommissariat dabei. Dort sitzen Leute wie in anderen Büros auch. Jeans, Tshit, Sweatshirt. Ggf. auch mal ein Anzugträger…
Der Helfer im Krankenhaus wurde ja warscheinlich zusammengeschlagen irgendwo aufgefunden. Unwarscheinlich, dass die Polizei nicht schon zu diesem Zeitpunkt involviert war. Entweder verständigt durch den Anrufer der 110 bzw. die Leitstelle, spätestens aber nach Eintreffen und Erstversorgung durch die Rettungssanitäter. Da hier kein Zweifel über das Vorliegen einer/mehrere Straftaten bestand, wurde die Polizei informiert. In dem von Dir beschriebenen Fall würde diese nicht warten, bis das Opfer “wieder hergestellt” war, sondern ihn im Krankenhaus besuchen und nach Absprache mit dem dortigen Personal möglichst frühzeitig bereits befragen. Parallel wurde der Fundort/Tatort natürlich nicht ignoriert. Das Ziel ist ja, die Täter zu finden, und je nach Verletzung ist ein Opfer ja sofort oder nach einigen Stunden bereits vernehmungsfähig. In soweit ist “krankenhausreif” ein dehnbarer Begriff.
KriPo Leute haben an, was andere auch anhaben. Das sind Büromitarbeiter mit Aussendienstterminen, die in Privatkleidung arbeiten dürfen, und das tun die auch…
Was sie auf jeden Fall tun werden, ist, sich vorstellen/ausweisen. Und das i.d.Regel nicht mit einem Sheriffstern an Kettchen wie in manchen Krimis, sondern mit einem Dienstausweis mit Foto (so sieht der in Hessen aus https://www.polizei.hessen.de/ueber-uns/dienstausweis/ )
Du kannst Dir eigentlich jeden aus Deinem Bekanntenkreis als Kripo-Beamten vorstellen und als Vorbild nehmen für Deine Geschichte, wenns nicht gerade ein Rollatorfahrer, ein absoluter Hippie oder BTM-Fall ist natürlich… ,-)
Vielen Dank. Das hilft mir bereits ein Stück weiter. Da habe ich also alle Freiheit, mir die Kripo-Beamten zu gestalten. Das ist gut.
Ja, sei “frei”. Das, was wir in Krimis sehe, dass so ein Team von gefühlt 5 Leuten pro Stadtteil alles macht, von der Seelsorge über das Tätscheln von Stadtteiloriginalen, Erziehung von Jugendlichen, Verkehrsregelung bis zur Mordermittung usw… ist nicht Realität .-)
Als bei mir in Hamburg in Laden eingebrochen wurde kam erst eine Streife. Die hat kurz begutachtet und eine Anzeige aufgenommen.
Dann kam eine nette Dame Typ Apothekenhelferin 10 Jahre vor Verrentung in ganz normaler Privatkleidung mit einem Köfferchen und hat Fingerabdrücke von Türrahmen/Klinken etc. genommen.
Später wurde ich auf das Kommissariat geladen, um mir Bilder anzusehen von Leuten, ob die schon mal in den Tagen vorher im Laden gewesen sein könnten. Im Büro war eine, überspitzt gesagt, “Barbie”, wohl Azubi, und ein Typ, den ich eher als Gemeinschaftskundelehrer am Gymnasium gesucht hätte, der mit mir am Computer dann die Bilder durchklickte…
Bei mir im Haus wurde in einer Wohnung einen Stock drüber mal eingebrochen. Ca. 1 Woche später kamen Kripobeamte und befragten alle Bewohner. Sie waren normal gekleidet, eher sogar lässig. Direkt nach dem ich die Tür geöffnet hatte, stellten er sich als Kripo vor und zeigte seinen Ausweis so schnell, dass ich kaum Gelegenheit hatte, ihn zu sehen. Einer befragte mich, der andere den Nachbarn an der Tür gegenüber.
Was mit gefallen hat: Neben der Befragung erklärten sie mir, wie leicht man eine Tür öffnen kann, die nicht verschlossen, sondern nur zu ist. Ich hatte mich nämlich gewundert, wie der Einbrecher Hoftor, Haustür und Wohnungstür so leicht überwinden konnte. Seitdem schließe ich auch von innen ab und auch, wenn ich nur mal 5 Minuten weg bin.
Viele Dank, Jan. Du bestätigst das auch noch einmal. Jetzt bin ich am Überlegen, wie ich da zwei Beamte als Nebenfiguren einführen kann. Sie sollten, außer ihrem Job nachzugehen, noch eine Funktion in der Geschichte haben. Da muss ich mal ein bisschen nachdenken.
Hallo Max,
ich bin seit zwanzig Jahren bei der Kripo in Frankfurt. Viele Jahre war ich bei einer operativen Straßeneinheit. Dort gab es Kollegen die bis zum Hals Tätowiert waren und ihre Haare als Zopf trugen. Die sahen eher aus wie Rocker. Bei einem Kommissariat das sich mit Wirtschaftskriminalität beschäftigt tragen die Kollegen Anzüge. Ansonsten gibt es keinen Dresscode. In einer Großstadt kann man Polizisten nicht an ihrer Kleidung erkennen. Die laufen rum wie alle anderen auch.
Für das polizeiliche Gegenüber gibt es andere Erkennungsmerkmale die wichtiger sind. Insbesondere geht es darum wie sich Polizisten verhalten und bewegen.
Nur im Sommer gibt es kleidungstechnisch oft eine Besonderheit. Viele tragen dann eine offenes Oberhemd über dem T-Shirt. Dadurch können sie die Waffe verbergen und gleichzeitig sicherstellen, das sie im Gefahrenfall schnell an die Pistole gelangen.
Aber natürlich laufen auch andere Menschen im Sommer so herum. Also ist nicht jeder, der ein offenes Oberhemd trägt automatische ein Polizist.
VG
Jens
Vielen Dank, Jens. Das ist sehr hilfreich. Vor allem die kleine Information zum offenen Oberhemd über dem T-Shirt ist gut. Damit werden die Figuren authentisch. Nichts ist schlimmer, als dass Details bei Figuren nicht stimmen und sich der Autor damit unglaubwürdig oder lächerlich macht.
Hallo Zusammen,
ich habe eine Frage zur Arbeit der Kriminalpolizei und vielleicht könnt Ihr mir helfen. Leider habe ich keinen Kriminalbeamten in meinem Bekanntenkreis.
Mich interessiert der Ablauf der stattfindet, wenn die Polizei einen Hinweis auf einen Mord bekommt. Im meiner Idee hat ein Augenzeuge der Polizei telefonisch gemeldet, daß er gesehen hat, wie ein Mann erschossen wurde. Wie geht die Polizei vor ? Ich stelle mir das so vor:
Zuerst prüft eine Streife, ob was an der Sache dran ist. Die Streife findet Blut und meldet dies der Kriminalpolizei. Die schickt einen Ermittler vorbei, der dann die Spurensicherung dazuruft, um die Blutspuren zu sichern und den Tatort nach weiteren Spuren zu untersuchen. Die gesicherten Blutspuren kommen zur KTU und werden untersucht, ob es Menschenblut ist. Da die KTU dies bestätigt, fängt der Kommissar an zu ermitteln.
Ist dies in etwas richtig so ? Ab wann wird denn eine Mordkommission aufgestellt ?
Wenn nun im Laufe der Ermittlungen die Leiche gefunden wird, ist der Ablauf wohl ähnlich, oder ?
Streife, Kommissar, Spurensicherung. Kommt die KTU auch zum Tatort oder macht das alleine die Spurensicherung ?
Kommt auch ein Gerichtsmediziner zum Tatort um die Leiche zu begutachten und den Tod festzustellen oder macht das der Notarzt vor Ort ?
Viele, viele Fragen, die mich da interessieren. Kann mir jemand helfen ?
Vielen Dank.
Viele Grüße,
Dirk Osygus
Ich kann nur laienhaft antworten, nur teilweise und beziehe mein Wissen mehr aus englischen Krimis als aus deutschsprachigen:
Wenn der Polizei gemeldet wurde, dass ein Mann erschossen wurde, dann würde ich annehmen, dass mehr als nur eine Streife hingeschickt.
Ich würde auch meinen, dass mehr als ein Ermittler der Kriminalpolizei zu einem (auch nur möglichen) Tatort kommt.
Ich habe vor einigen Monaten “Abattoir Blues” gelesen. An einem abgelegenen Ort wurde eine Blutspur gefunden. Habe in Erinnerung, dass die Ermittlungen schon hochgefahren wurden, bevor ein Labor festgestellt hatte, dass es eindeutig Menschenblut war.
In den englischen Krimis ist es üblicherweise so, dass vor Ort von einem Arzt (Amtsarzt? Polizeiarzt? Gerichtsmediziner) der Tod festgestellt wird, die Leiche untersucht wird (z.B. Temperaturmessung) und auch auf mögliche Besonderheiten und Todesursachen, wobei die Ärzte direkt am Tatort mit der Festlegung von Todesursachen in der Regel sehr zurückhaltend sind. Eine umfangreichere Untersuchung macht der Gerichtsmediziner erst später und nicht direkt vor Ort.
Wie gesagt, ist nur Halbwissen. Inwiefern die in englischen Krimis geschilderten Abläufe der kontinentaleuropäischen Realität entsprechen, kann ich nur mutmaßen.
Hallo Samurai_27
Deine Frage lässt sich nicht abschließend beantworten. So spielt es z. B. eine Rolle, ob sich der Tatort auf dem Land oder in Großstadt befindet.
Ich kann nur beschreiben wie es in etwa in einer Großstadt (Frankfurt) wäre:
Wenn nicht sofort klar ist, dass es sich um einen Spinner handelt (kommt oft vor) wird immer so vorgegangen, als wäre die Sache ernst. Auch wenn dies im ersten Moment unklar ist.
Zeuge ruft 110 an und schildert, dass er einen Mord beobachtet hat.
Die Erreichbarkeit des Zeugen wird festgehalten und ihm wird gesagt er soll am Telefon bleiben.
Dann schaltet der Notruf sich in den betreffenden Funkkreis ein.
„Hier ist Notruf an alle. Zeuge meldet ein Tötungsdelikt mit Schusswaffe beobachtet zu haben. Tatort ist der XY Park, in der Nähe des XX Denkmals. Wer kann fahren? Freie Streifen melden sich mit Status 3 für den Einsatz an.“
Die freien Streifen drücken an ihrem Funkgerät den Status drei. In der Einsatzzentrale sehen die Funker dann welche Streifen sich angemeldet haben.
Eine Streife erhält den Auftrag direkt zum Zeugen zu fahren um Kontakt aufzunehmen.
Es wird ein ELO bestimmt (Einsatzleiter Ort). In einem solchen Fall übernimmt das nicht eine Streife, sondern der DGL (Schichtleiter) des örtlich zuständigen Reviers. Der ELO koordiniert die Maßnahmen am Tatort.
Sollte der Zeuge bereits Fahndungsansätze liefern können (z. B. Fahrzeug welches sich vom Tatort entfernt), wird bereits jetzt eine erste Funkfahndung ausgestrahlt. Die könnte wie folgt lauten:
„Im Zusammenhang mit einem möglichen Tötungsdelikt wird nach einem weißen Audi A3 mit dem Teilkennzeichen WI-TT gefahndet. Letztmalig wurde das Fahrzeug um 23:10 Uhr in der XX Straße gesehen. Fluchtrichtung ist nicht bekannt. Eigensicherung beachten! Täter könnte mich Schusswaffe bewaffnet sein.“
Wird das Opfer gefunden, wird als erstes ein NAW angefordert und zwar auch dann, wenn die Person tot zu sein scheint. Hier ist nur keine Eile geboten, wenn auch ein Laie beurteilen kann, dass es keine Rettung mehr für die Person gibt (z. B. abgetrennter Kopf, Verwesung usw.).
Das Opfer wird in ein Krankenhaus gebracht und dabei von einer Streife begleitet. Im Krankenhaus wird versucht die Identität zu klären (Durchsuchung der Sachen).
Im Krankenhaus wird der Tod festgestellt. Ein Gerichtmediziner kommt nicht zum Tatort. Die Leiche kommt zu ihm J
Der Tatort wird abgesperrt und sie Spurensicherung angefordert.
In der Nachtzeit wird der KDD (Kriminaldauerdienst) verständigt. Der KDD vertritt die verschiedenen Fachkommissariate in der Nachtzeit und am Wochenende.
Der KDD kommt zur Beurteilung, das es sich um ein Tötungsdelikt handelt und informiert die Mordkommission, die gerade Bereitschaft hat. Außerdem übernimmt der KDD eventuell die ersten Ermittlungen. Z. B.: Gibt es Kameras? Wenn ja, muss das Material gesichert werden.
Eine Mordkommission wird nicht gebildet es gibt sie immer. In Frankfurt sind es glaube ich 4 oder 5. Jede MK besteht aus 5 bis 6 Beamten. Die Angehörigen der MK kommen nach und nach zum Tatort und übernehmen die Ermittlungen. Wobei die das am Anfang an auch nicht alleine machen. Es gibt unter Umständen so viele Dinge zu erledigen, das die MK dafür Unterstützung braucht. Zum Beispiel:
Hausbefragungen um Zeugen zu finden (KDD, Streifen)
Tatortbereichsfahndung (Streifen)
Spurensuche (Spurensicherung, Streifen, KDD)
Observation eine Tatverdächtigen (Operative Einheiten, MEK)
Suche nach einem Tatverdächtigen (Fahndung, Operative Einheiten)
Festnahme (MEK, SEK, Operative Einheiten)
Dass die Mordermittler einen Täter selber festnehmen (wie es oft im Fernsehen zu sehen ist) kommt eher selten vor. Die Ermittler ermitteln, die Suche und der Zugriff werden meistens von anderen Einheiten geleistet.
Das Problem ist, das man den genauen Fall kennen muss um auch nur eine halbwegs vernünftige Antwort geben zu können. Im wahren Leben passieren da unheimlich viele Dinge gleichzeitig. Es gibt Fälle die verlaufen sehr ruhig, bei anderen überschlagen sich die Ereignisse.
Jetzt lese ich gerade bei dir, das nur Blutspuren gefunden werden. Das ist natürlich etwas kniffelig.
Eine Blutspur beweist wenig. Im Bahnhofsgebiet in Frankfurt gibt es überall Blutspuren (von Fixern). Eine Blutspur kann auch von einer Körperverletzung stammen. Es muss also kein Mord sein. Außerdem kann man mit einer Blutspur nicht viel anfangen. Meinetwegen stellt man fest, dass es sich um menschliches Blut handelt. Aber was will man mit der Erkenntnis anfangen? Man hat kein Opfer, keine gesicherte Straftat (kann auch ein Unfall gewesen sein).
Ich hoffe ich konnte dir wenigstens ein wenig helfen.
VG
Jens
Hallo Jens,
und wie Du mir geholfen hast. An so eine detaillierte Antwort habe ich nicht zu glauben gehofft. Das ist klasse.
Ich werde mir das jetzt im Detail ansehen und schauen, wie das alles zu meiner Geschichte passt. Vielleicht muß ich ja die Geschichte der Realität etwas anpassen.
Wenn Du nichts dagegen hast, würde ich mich dann gerne noch einmal an Dich wenden.
Viele Grüße,
Dirk
Kleine Ergänzung aus der Medizinecke:
Der Rettungsdienst wird den Tatort erst betreten, wenn die Polizei ihn gesichert und für den Rettungsdienst freigegeben hat. Ist der Patient bereits verstorben, wird er an Ort und Stelle für tot erklärt (darf nach deutschem Recht nur ein Arzt, ist auch nicht delegierbar). Ohne “Totenschein” darf ein Toter nicht transportiert werden. Es wird, je nach Bundesland, entweder eine vorläufige Todesbescheinigung ausgestellt oder gleich eine Leichenschau durchgeführt. Leichen dürfen nur von Bestattern transportiert werden. Der Rettungsdienst in Deutschland darf keine Leichen transportieren. Ein Krankenhaus darf keine Toten annehmen. (Ausnahme Gerichtsmedizin / Pathologie)
(Verstirbt ein Patient auf dem Transport muss entweder angehalten werden oder es wird unter Wiederbelebungsversuchen ein Krankenhaus angefahren, dass dann aufnehmen muss (meist wird Variante 2 durchgeführt, der Patient wird dann nach Beendigung der Reanimationsmassnahmen im Krankenhaus für tot erklärt)
Vielleicht helfen die Infos zusätzlich.