Kein rotes Sofa, kein dritter Roman, nur der erste Versuch

Ich versuche mich am Mittelalter, genauer gesagt Hochmittelalter der Jahre 1199 und 1200. Barbarossa ist vor 9 Jahren ertrunken, der spätere Kaiser Friedrich der 2. (stupor mundi, das Staunen der Welt) ist ein Bub von 5 Jahren. Zwei Adelige, der Staufer Philipp und der Welfe Otto der 4. streiten, wer der wahre König ist. Bischöfe, Fürsten, Banden, arme Schweine tun alles um zu Macht und Reichtum zu kommen oder zu überleben.
Bürgerkrieg.
Dichter und Minnesänger wie Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Walther von der Vogelweide und der Verfasser des Nibelungenliedes, heute unbekannt, treffen aufeinander auf gefahrvollen Reisen im königlichen Tross.
Die Geschichte beginnt mit einem Traum, geträumt in einem Kerker, geprägt von Hunger, Hoffnung, wirren Gedanken, Wunschvorstellungen.
Zwei Protagonisten gelingt später der Ausbruch und der holprige Aufbau eines Lebens in einer bunten und oft feindlichen mittelalterlichen Welt. Späte Höhepunkte sind ein Ritterschlag und die Vergabe eines Lehens, was wieder Neider auf den Plan ruft. Der Weg dorthin wird gesäumt von Liebe, Schlüpfrigkeit, Eifersucht, Hass, Harmonie, Gesang, Kampf, mittelalterlicher Klerikalität, Lebensgefahr, später Anerkennung,

Ich freue mich auf freiwillige Leser, die Gedanken zu meiner Einleitung äußern möchten. Die Formatierung in diesem Schreibprogramm beherrsche ich noch nicht, wie ihr seht.
Danke schon mal.

Bogen, Schwert und Laute

Mittelalterlicher Roman

Tasso träumt

„Haltet ein, werter Reiter, und schenkt uns einen
Augenblick eurer kostbaren Zeit!“
Tasso, der sein Pferd am Bach hatte trinken lassen und
gerade wieder aufsitzen wollte, drehte sich um und sah
zu allem entschlossene Gesichter einiger
heruntergekommener Gestalten, die Spieße auf ihn
gerichtet hielten. Der Sprecher der Lumpen, ein
speckiger Kerl mit roten Backen, der sich bisher im
Hintergrund gehalten hatte, näherte sich nun
armschwingend und mit festem Schritt:
„Ihr seht, Gegenwehr ist zwecklos. Wenn ihr unsere
dringlichen Wünsche erfüllt, dürft ihr unverletzt
weiterziehen. … Legt eure Waffen auf den Boden. Wir
brauchen die Umhängetasche. Zieht Gürtel samt
Almosenbeutel und Schuhe aus. Ebenso das
Obergewand. Kunz, führe das Pferd herüber.“
Einer griff schon nach dem Pferdehalfter, ein anderer
begann, an der am Pferdegeschirr befestigten
Ledertasche herum zu nesteln, in der Tasso seine Laute
verwahrte. Er legte das Schwert ab. Zwei der
Strauchdiebe bückten sich gleichzeitig danach. Tassos
Herz schlug bis zum Hals, als er den Moment nutzte
und blitzschnell den einen an die Gurgel und den
anderen ins Gemächte trat. Der Erste hielt sich die
röchelnde Kehle, der Zweite den Sack. Der Dritte stach
mit dem Spieß zu, verfehlte Tasso aber knapp. Der
entwand ihm die Waffe und rammte das Ende in seine
Magengegend. Der Kerl krümmte sich unter Stöhnen.
Blitzschnell drehte Tasso den Spieß um und schleuderte
ihn auf den Speckigen. Die Spitze streifte die Schulter
und schlitzte sie auf. Das schmutzig-braune
Leinenhemd verfärbte sich sogleich blutrot. Der
Verletzte starrte einen Augenblick wie gelähmt auf die
klaffende Wunde. Nach einigen ungelenken Schritten
stolperte er schreiend davon. Seine Kumpane eilten
hinterdrein.
Tassos Hände zitterten noch. Er setzte ihnen nicht nach.
Die Zeit drängte. Bis Mittag musste er sein Ziel erreicht
haben.

Die Sonne hatte den Zenit beinahe überschritten. Ihre
wärmenden Strahlen ließen das saftige Grün der
ansteigenden Wälder und Wiesen leuchten und auch die
farbenfrohe Gesellschaft, die zu Fuß und zu Pferd den
gewundenen Weg hinauf zur königlichen Burg zog.
Wehende Fahnen auf den Türmen und mit Girlanden
aus frischem Grün geschmückte Zinnen kündigten ein
festliches Ereignis an. Vor der Zugbrücke mussten
berittene Ankömmlinge absitzen und mit den Anderen
zu Fuß die Anlage betreten. Die Mitte des Weges hielt
man frei für Ehrengäste, die im Sattel blieben und auf
ein Zeichen in gebührendem Abstand in die stolze Feste
einritten.
Der Zeremonienmeister senkte das Banner. Tassos
Hengst ging schnaubend auf die Hinterläufe und trabte
über die Brücke. Die Huftritte donnerten auf die
Holzplanken und hallten von den Mauern wider.
Fanfarenbläser standen auf dem Halbrund der Tortürme
und bliesen einen feierlichen Hymnus für den beliebten
Barden, den sie von Ferne erkannt hatten. Tasso hob die
Hand zum Gruß und ritt vorbei an den Wehrgängen, auf
denen sich prächtig gekleidete Burgmannen und
winkende Damen des Hofes drängten. Kinder mit
Blumenkränzen im Haar griffen in ihre Körbe und
ließen Blütenblätter schneien. Ihre hellen Stimmen
mischten sich mit Begrüßungsrufen der Erwachsenen.
Hartmann von Aue, der mit Ritterehren versehene
Dichter, war kurz vor ihm eingetroffen. Seine Ankunft
hatte wogende Begeisterung ausgelöst, besonders, als in
Abständen Ausrufer den Namen des Gastes lautstark
kundtaten. Nicht minder leidenschaftlich begrüßte die
Menge Tasso, der als weithin bekannter Spielmann
gleichfalls geladen war. Im belebten Burghof saß der
stämmige Hartmann ab und näherte sich Tasso mit breitem Grinsen:
„Sei gegrüßt, du Gassenmusikant!“
Seine Rechte landete unsanft auf der Schulter seines
eher feingliedrigen Gegenübers, dem es gelang, nicht
einzuknicken und die Herzlichkeit direkt zu erwidern:
„Ich frage mich noch heute, wie diese Pranken es
schaffen, einer Harfe irgendwelche Klänge zu
entlocken und wer solch wohlgesetzte Worte in deinen
Mund legt.“
Eine schallende Lachsalve schüttelte Hartmann:
„Ha, du Meister der einfachen Bauernweisen. Die
würden, wenn man unsere äußere Erscheinung
vergleicht, besser zu mir passen, ich weiß.“
Während er sich lachend zum Gehen wandte, zwinkerte
er Tasso zu:
„Nach Sonnenuntergang naschen wir von unseren
Künsten.“
Knechte führten ihre Pferde durch die bunte Menge zu
den Stallungen.

Die königliche Familie feierte ein großes Ereignis. Des
Herrschers Gemahlin hatte einen kräftigen Jungen
geboren, der nachmittags in der Burgkapelle im Beisein
hoher Verwandtschaft getauft wurde. Darauf begab man
sich zu einer weitläufigen Wiese am Fuß der
Burgfelsen, wo ein Turnierplatz hergerichtet war mit
langen Tribünen und farbenreichen Zelten der
beteiligten Ritter. Die Besucher konnten eine erste
Mahlzeit genießen. Steckfisch gab es in großen
Mengen. Über züngelnden Flammen wurden
aufgespießte Ochsen gedreht. An kleineren Spießen
briet man Schweine und Biber. Berge von Brotfladen
waren von der Burgküche heruntergebracht und auf
einspännigen Karren von den Backhäusern der
Umgebung heraufgezogen worden. Das Volk drängte
sich um die bunt bemalten Planken, die die Kampfbahn
begrenzten. Man bejubelte jeden Ritter, der entlang
trabte, um sich und sein Ross auf den Tjost
vorzubereiten. Edle junge Frauen und solche reiferen
Alters erstiegen die Tribünen auf der Suche nach den
letzten freien Plätzen. Einige von ihnen taten kühl,
andere hatten vor Aufregung rote Wangen oder gar
feuchte Augen. Mitgebrachte Tüchlein oder Blumen
waren bestimmt für die Kombattanten ihrer heimlichen
Verehrung.
Hartmann und Tasso blickten mit wenigen verbliebenen
Wachen von den Zinnen der Burg auf den Platz
hinunter, wo Fanfaren das erste Gestech ankündigten.
Hartmanns Augen verengten sich zu Schlitzen, während
er sich weit über die Brüstung lehnte. Johlen und
Schreien schwoll an, als die ersten Reiter sich mit
wehendem Helmschmuck galoppierend einander
näherten. Die Wucht des scheppernden Zusammenpralls
bog den rot gekleideten Ritter nach hinten. Sein Schild
war gespalten, doch er hielt sich im Sattel. Seine Lanze
brach, bevor sie sich in den Hals des grün verhüllten
Tieres spießte. Seine Vorderläufe knickten ein und es
überschlug sich unter panischem Wiehern. Der Träger
des grünen Waffenrocks verlor, als er aus dem Sattel
geschleudert wurde, seinen Helm und kam nach
dumpfem Aufschlag bewegungslos halb unter seinem
Ross zu liegen. Der Pferdekopf lag schon in einer
großen Blutlache, als Knappen und Helfer den
zuckenden Körper des Tieres mit vereinten Kräften zur
Seite wälzten und den leblosen Ritter an den Beinen
hervorzogen. Die Menge machte ihrem Schrecken mit
lautem Geschrei Luft. Auf den Tribünen war man
aufgesprungen und beobachtete erstarrt, wie dem
weiterhin bewegungslosen Verunglückten die leinene
Schutzhaube vom Kopf genommen wurde.
Hartmann runzelte die Stirn:
„Das fängt ja gut an! … Der Grüne ist oder war ein
Burgunder. Ein Schwarm der Frauen. Höre, wie sie
schreien. Sein Gegner ist ein noch unbeschriebenes
Blatt, scheinbar ziemlich unerfahren. … ersticht das Tier.
Das habe ich noch nie erlebt.“
Vom Turnierplatz kamen nun erleichterte Beifallsrufe
und begeistertes Klatschen. Der Burgunder war zu sich
gekommen, hatte sich mit Hilfe einiger Ritter erhoben
und stand, von seinem Knappen gestützt, auf
wackeligen Beinen. Als er sich schwach winkend an der
Tribüne vorbei schleppte, flog ihm unter unbändigem
Beifall ein Großteil des auf dem Platz befindlichen
Vorrats an Blumen und Tüchlein zu.

Tasso drehte sich, die Arme verschränkend, um und
lehnte den Rücken an die Brüstung:
„Hartmann, warum bist du nicht dabei?“
„Siehst ja, zu was es führt. Ich werde heute Abend
gebraucht mit unversehrtem Leib, klarem Kopf und gut
bei Stimme. … Was ist mit dir?“
Tasso lächelte:
„Mir fehlt der Ritterschlag. ….“
Hartmann feixte:
„Ich vergaß! Du hast zwar einiges hinter dir, aber diese
Ohrfeige hat man dir noch nicht verpasst. Das fehlte
auch noch, jedem dahergelaufenen Saitenschinder
solche Ehren zu erweisen.“
Sichtlich erheitert schubste er Tasso und ging.

Am Abend des Taufrituals traf man sich im prunkvollen
Festsaal. Lange Tische bogen sich unter der Last
ausgesuchter Köstlichkeiten. Rote und weiße Trauben,
Granatäpfel aus dem Morgenland, Bachforellen, Fasan,
Storch, Biber und Hirsch waren angerichtet, goldener
Wein und Gerstensaft schwappten in bauchigen
Tonkrügen. Festlich gekleidete Gäste standen scherzend
beisammen. Ein nicht enden wollender Strom von
Menschen drängte in die Halle. Ehrerbietig das Haupt
senkend verkündete der Hofmarschall den Einzug der
Herrscherfamilie. Vorweg marschierten Fanfarenbläser,
die sich aufstellten und zu jedem folgenden Einmarsch
das Blech erklingen ließen. Darauf führten Jägermeister
des Hofes zwei Hunde herein. Sie hatten alle Mühe, die
kolossalen Exemplare zu bändigen. Erschrocken
verbreiterte man die Gasse. Ängstliches Gekreische
wich bewundernden Ausrufen und Getuschel, als dann
mit stolz erhobenem Haupt die Königin einherschritt,
gekleidet in duftige Seide und Brokat, den Leib
geschnürt, als hätte sie nie ein Kind getragen. Hofdamen
brachten den Spross herein, der mit grimmig rotem
Kopf nach Kräften plärrte. Der hinterdrein schlurfende
Welfenkönig gab ein eher trauriges Bild ab. Sein graues,
eingefallenes Gesicht schien nicht zum herrlich
bestickten purpurroten Mantel mit Hermelinkragen zu
gehören. Einige der sich untertänig Verbeugenden
grinsten insgeheim bei seinem Anblick. Dem König
folgten die Reichskleinodien. Als bedeutsamstes vorweg
die heilige Lanze mit Nägeln des Christuskreuzes, dann
Zepter, Krone, Schwert und Reichsapfel, von seinen
ersten Rittern würdigen Schrittes auf roten Samtkissen
getragen. Darauf ein Dutzend Burgmannen mit
prächtigen Waffenröcken und dem welfischen Wappen
im Schild.
Ein hungriger Gast hatte die Eröffnung des Mahls nicht
erwarten können und zum Fisch gegriffen. Er sank mit
blauem Gesicht, ersterbendem Röcheln und einer Gräte
im Hals in sich zusammen. Die Zuckungen seines
Körpers wurden schwächer und sein Leben endete ohne
den allerletzten Atemzug. Unruhe kam auf. Man drehte
sich zu dem Verblichenen. Der Zeremonienmeister rief:
„Musik!“ und schob Tasso auf ein Podest. Der zupfte
überstürzt eine Weise, die ihm misslang wie nie zuvor.
Die Saiten schienen sich während des Vortrags zu
verstimmen und klangen erbärmlich. Hartmann wandte
sich kopfschüttelnd ab. Im überfüllten Saal interessierte
sich sonst kaum jemand für die Missklänge. Nur die
maultiergroßen Hunde richteten sich auf, spitzten die
Ohren und knurrten. Sie flankierten den König, der auf
seinem Thron mehr lag als saß und mit offenem Mund
vernehmlich schnarchte. Begleitet von erstauntem
Geflüster entblößte die Königin eine ihrer vollen Brüste
und gab sie dem gierigen Prinzen. Der erspähte die noch
weiche Warze, saugte sich an ihr fest und schien sie
verschlingen zu wollen. Milch quoll aus seinen
Mundwinkeln und tropfte auf den brokatverhüllten Leib
ihrer Hoheit. Ein wilder Eber mit starken Hauern
quiekte und schnaubte, als er von Küchenhelfern mit
Seilen an allen Gliedmaßen hereingezerrt wurde. Tasso
versuchte es mit einem Loblied auf den großmütigen
König, doch seine Stimme verendete gurgelnd im Hals.
Derweil waren die edlen Brüste schmal und schlaff
geworden, doch der Thronfolger verlangte heftig
quäkend nach mehr. Ein paar Schritte weiter versuchte
man, dem Eber einen Spieß durch den lebendigen Leib
zu stoßen. Er riss sich los und rannte seine Peiniger über
den Haufen. Die Hunde zerrten zähnefletschend ihre
Ketten aus der Verankerung und verfolgten das rasende
Tier, das sich mit blutigen Hauerschlägen einen Weg
durch die Gäste bahnte. Die Menschen stoben in Panik
auseinander. Tische kippten, verzweifelte Schreie
gellten durch den Raum. Krüge zerbrachen, Blut
mischte sich mit Wein, der in tiefen Pfützen auf dem
Boden stand. Gejagt von den Bestien, preschte der Eber
auf Tasso zu. Der versuchte einen Hechtsprung von der
Bühne, doch seine Glieder gehorchten nicht. Es war, als
stünde er bis zu den Hüften in Schlamm. Beim
vergeblichen Versuch, einen Fuß zu heben, machte der
Eber einen Satz und fegte ihn vom Podium. Einer der
Hunde stand sogleich speichelnd über Tasso, dessen
Nacken zwischen den breiten Kiefern zermalmend. Ein
metallischer Schlag ließ das Tier innehalten… .

Aus der Traum

Tasso traute sich anfangs kaum, die brennenden Augen
zu öffnen. Er betastete seinen Hals, der ausgemergelt
war, aber unversehrt schien. Keine Bestie über ihm.
Jemand hatte soeben eine schwere Tür geräuschvoll
entriegelt. Das Echo dauerte an, während die
Wirklichkeit zurückkehrte: Kahle Felswände, düstere
Mauern, ekelerregender Geruch. Der bärtige, nicht nur
nach saurem Wein stinkende Wärter stieß ein Bündel
durch die Kerkertür und beförderte es mit einem Tritt zu
Boden. Er schob den Riegel wieder vor und schlurfte
zur schmalen steinernen Treppe. Das Bündel blieb
reglos liegen. Der Vorfall weckte kaum
Aufmerksamkeit. Drei massige zerlumpte Kerle, die
ihre in Fels gehauene Ecke nur gelegentlich verließen
und von denen selten mehr als ein Murmeln zu
vernehmen war, drehten sich beiläufig um. Nur Tasso,
der blass und mit hohlen Wangen ein paar Schritte
entfernt auf einer handvoll Stroh an der Wand kauerte,
setzte sich auf und starrte aus tief liegenden Augen eine
Weile auf den leblosen Neuankömmling. Die
angrenzende Mauer war aus gewaltigen Steinquadern
gesetzt. Zwei Mann hoch fiel durch eine schmale
Scharte tagsüber etwas Helligkeit und hüllte den Raum
in düsteres Dämmerlicht. Duft von Kot und Urin ging
von einer Ecke aus, in der die Insassen sich zu
erleichtern pflegten. Ein bunt schillernder
Fliegenschwarm hatte bei solch reichlichem
Nahrungsangebot die ersten kalten Wochen im Kerker
überdauert. Er bildete das untere Stockwerk des kürzlich
fertig gestellten ersten Turmes im Südwesten der
Stadtbefestigung. An der Außenwand lag verkrümmt
ein Mithäftling, von dem alle größtmöglichen Abstand
hielten. Wachen hatten ihn vor Tagen hereingeschleppt
und den fast leblosen Körper achtlos fallen lassen. Blut
war aus seiner Schläfe gesickert und klebte nun
eingetrocknet in den Haaren. In den ersten Nächten
hatte er sich noch stöhnend aufgebäumt. Jetzt lag er still
und das leise Röcheln der letzten Tage war kaum mehr
zu hören. Von einer schmierigen Verletzung des blaurot
verfärbten rechten Beins ging inzwischen
süßlich-fauliger Geruch aus. Es ragte in eine dunkelrote
Pfütze, in der fette Maden versuchten, festen Boden zu
erreichen. Andere noch nicht Gesättigte nährten sich
gierig in den Tiefen der Fleischwunde. Ein weiterer
Schwarm dicker Fliegen, rastlos um die Wunde
summend, tat es ihnen gleich und saugte an
austretenden Körpersäften. Die Kleidung des
Todgeweihten war von edler Fertigung, jedoch an vielen
Stellen zerfetzt, blutig und verbrannt. Handgelenke und
Hals trugen dunkle Spuren eines Strickes.
Plötzlich drangen aus der in Stein gehauenen Ecke
platschende Geräusche ans Ohr. Die Zerlumpten
sprangen auf und blickten erwartungsvoll nach oben, in
ihrer Mitte einen drei Schritte messenden Kreis
freilassend. Breiige Klumpen fielen durch ein Loch in
der hohen Gewölbedecke und spritzten beim Aufprall in
alle Richtungen. Die drei füllten eilig ihre Tonschalen,
indem sie die auf dem Boden verteilte klebrige Masse
mit den Händen zusammenkratzten und hinein strichen
und zogen sich an ihren Platz zurück. Nun erst hatte
Tasso die Möglichkeit, den verbliebenen, mit Dreck
vermischten Brei von den Strohhalmen zu lutschen und
vom felsigen Boden zu saugen. Sein Essnapf war
zerbrochen, als die Drei ihn bei einer
Auseinandersetzung um die Reihenfolge bei der
Essensausgabe übel zugerichtet hatten. Er war dabei, die
letzten Reste von den Steinen zu lecken, als Einer ihn in
die Rippen trat. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rollte
Tasso zur Seite. Wieder schauten alle empor zu einem
ledernen Wassereimer, der an einem zerschlissenen Seil
langsam nach unten pendelte. Wenn er an das Gewölbe
oder die Felswand schlug, schwappte Wasser über. Die
Wärter machten sich einen Spaß daraus, den Eimer just
in dem Moment wieder hochzuziehen, als die Größten
ihn mit den Fingerspitzen berühren konnten. Nach
einem mit schwerer Zunge geformten „Iss ja schon halb
leer!“ verrichteten einige unter johlendem Gelächter
ihre Notdurft hinein und ließen ihn wieder hinab bis in
Reichweite der hochgereckten Arme. Die Verteilung
war schnell geschehen. Die Zerlumpten tranken und
füllten ihre Schalen, bis das Leder schlaff am Seil hing.
Tasso konnte sich erst jetzt nähern und die letzten
Tropfen auffangen. Er sank in sich zusammen und kroch zurück zur Wand. In den vergangenen Wochen
war er zusehends abgemagert und konnte vor Hunger
und Durst keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ihm
wähnte, dass er hier unten den herannahenden Winter
nicht überleben würde.
Sein Blick fiel auf das bisher bewegungslose Wesen,
das ins Leben zurückzukehren schien.
Ein Arm wurde sichtbar, die Hand tastete nach dem
Kopf, der sich langsam hob. Ein schmerzverzerrter,
kindlicher Blick streifte Tasso. Der Junge sah sich
stirnrunzelnd um und kroch nach langem Zögern zu ihm
hin. Blut rann aus einer Schwellung seiner Stirn und
zeugte von einem harten Aufprall des Kopfes. Sein
Blick war ängstlich und hatte nichts Verschlagenes:
„Wo bin ich?“

An der Formatierung kannst du gern noch etwas üben :wink: Wie kommt die überhaupt zustande? Jede Zeile scheint einen Absatz zu haben?
Besonders die Kerkerszene hat es mir angetan, die ist herrlich eklig. Den Rest bekommst du per PN, sonst schmeißt mich das Forum wegen Überlänge raus. :wink:

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Wie komme ich an die PN? Was ist das?
VG
Byogart

Schau mal rechts oben, wo dein grüner Kreis mit dem „B“ ist, neben dem Lupen-Icon… da kannst du Nachrichten abrufen. Einfach anklicken. Gesendet habe ich die schon vor einer Stunde, da müsste auch eine „1“ stehen für eine Nachricht.

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Oh… und ganz links unten im Browser kannst du die auch sehen… habe ich eben erst entdeckt :smiley:

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Gude KayGee
(bin Hesse)
Vielen, vielen Dank für deinen ausführlichen und anregenden Kommentar. Hättest du gerne öffentlich machen können. Kein Problem. Kann man deinen Beitrag rüberholen, um ihn hier zu besprechen? Dann haben alle was davon. Ich kriege das technisch noch nicht hin, außerdem solltest du einverstanden sein. Wenn das nicht geht, melde ich mich auf „PN“.

Moin!
(Bin Hamburgerin)
Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich ein totaler MA-Fan bin. Deine Geschichte hat richtig Potential. Allerdings habe ich drei Anläufe gebraucht, um sie zu Ende zu lesen und musste darüber nachdenken, woran das liegt.
Tasso träumt:
Irgendwie ist der Traum entweder zu lang oder nicht lang genug :smiley: Ich bin da selbst nicht im Reinen mit mir. Du beschreibst zum einen sehr ausführlich Weg, Ankunft und Fest in der Burg, zum anderen aber sind mir die Szenen entweder gar nicht wichtig genug oder nicht spannend genug geschrieben.
Ich versuche mal, das aufzuschlüsseln und hoffe, das ist dir nicht alles zu viel:
Die Szene des Überfalls: Das Erste, was mir durch den Kopf ging war: Seit wann reden heruntergekommene Lumpen so geschwollen? Ist das Absicht? Sind das verkappte Adlige? Der Anführer könnte vielleicht so reden - die anderen schweigen ja eh - ich finde aber, er könnte mehr Gossensprache haben.
Du beschreibst nur, dass „einige“ heruntergekommene Lumpen vor Tasso stehen, dann aber zählst du den ersten, zweiten, dritten und vierten … ich schlage vor, gleich zu sagen, dass da fünf Gestalten stehen, denn die habe ich gezählt- einen hast du irgendwo verloren. Und dass Tasso schweigend alles ablegt, ist doch auch ungewöhnlich? Beschreib doch ruhig auch seine Gefühle. Ist er gleichgültig, aufgeregt, wütend? Warum gehorcht er so einfach und wieso verteidigt er nicht seine geliebte Laute? Irgendwie hakt das alles etwas und ich weiß nicht, ob ich den Part lieber viel ausführlicher oder gar nicht haben will :slight_smile: Das Pferd könnte verärgert scheuen, weil es keine Fremden mag. Ein Tritt ins Gemächt und gleichzeitig ein Handkantenschlag an die Kehle des anderen wäre für mich logischer.

Die Ankunft beschreibst du unglaublich schön, bunt und lebhaft. Aber:

Das liest sich so, als würde er auf der Hinterhand über die Brücke laufen… lustig :slight_smile: Vielleicht eher: „…ging schnaubend auf die Hinterhand, stampfte beim Aufkommen und trabte dann nervös…“?

Das ist nicht flüssig. Der eingeschobene Satz ist an der falschen Stelle:
„Der Träger des grünen Waffenrocks verlor seinen Helm, als er aus dem Sattel geschleudert wurde, und kam…“

Aus der Traum
Das Ende des Traums ist sensationell. Und man versteht auch sofort, was er beim Aufwachen mit in den Traum gezogen hat - das Entriegeln der Kerkertür.
Die Kerkerszene ist fantastisch eklig :smiley: Genau so stelle ich mir damalige Kerker vor. Entwürdigend, verdreckt, verkeimt, entmenschlichte Bewohner.

Das ist ein sehr schönes Beispiel für verwirrende Info, die ich oft in deinem Text wiederfinde. Dank deiner schönen vorherigen Beschreibung sehe ich schon einen Kerker mit unbehauenen Wänden, unebenem Boden aus Stein und festgetretenem Dreck… da ist es logisch, dass die Ecke auch felsig ist… oder soll sie gemauert sein?

Is ja schon halb leer!“ Iss wäre die Befehlsform von Essen.

Ich hoffe, mein vieler Text schreckt dich nicht ab. Trotzdem denke ich, dass Tipps gerade am Anfang wichtig sind. Einer meiner Lieblingsautoren für diese Zeit ist Sam Feuerbach. Er kann alles… geschwollenes Parlieren Adliger und die einfache, derbe Sprache, der Bauern. Er hätte keine Bedenken, zu beschreiben, dass die Wärter in einen Wassereimer pissten, denn das passt in die Zeit.

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Gude KayGee,
Ich bereite meine Antwort an dich gerade vor. Wird etwas länger. Vorher eine Frage: Habe ich meinen Beitrag falsch eingestellt? Ich finde ihn nur unter meinem grünen Punkt. Unter den anderen Themen(Schreibrunde etc) taucht er nicht auf. Wie hast du ihn überhaupt gefunden?
Die mißlungene Formatierung hat Papyrus beim Einstellen selbst fabriziert. Mein Text war ursprünglich recht ordentlich angeordnet.
Heute war Zauberflöte in der Semperoper. Kaum Zeit.
Morgen ist mehr Luft. Melde mich.

Du hast deinen Beitrag unter Tipps & Tricks eingestellt. Gefunden habe ich ihn, weil ich mir über die „Themen“ ganz links oben die neuen Beiträge anzeigen lasse. Darunter ist übrigens ein Reiter „Meine Beiträge“ da findest du deinen auch.

Alles gut, lass dir Zeit. Ich glaube, keiner hier ist Vollzeit-Autor und jeder hat Familie, Freunde, Arbeit, Hobbys. :slight_smile:

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Gude KayGee,
sitze im Bus. wenn mir übel wird von der Schaukelei, schreibe ich in Etappen.

Der Einstieg als Traum schien mir auch lang. Er hat wechselnde Szenarien. Geht das? Träumt man so? Nach kurzen Döse-Phasen sind Szenenwechsel vielleicht möglich. Wer wacht schon gerne auf aus einem Traum, der einem zunächst zusagt. Schöne Träume können dauern, bis es immer grotesker wird, Ängste die Oberhand gewinnen und die Blase platzt. Man wacht schweißgebadet auf, der Puls rast…
Hast recht, er ist lang. Kürzen muß ich noch lernen.

Spannung?
Ist sicher nicht durchgängig da. Muß das?
Gefahr von Längen und nachlassender oder überhaupt keiner Spannung tue ich in mein Nähkästchen.
Aber Beispiel Musik: Jazz instrumental oder A capella
Gesang - wenn man nicht kurzzeitig in gängige Harmonien zurückkehrt, fallen einem die schrillen, kratzigen, garstigen Zusammenklänge, die es bringen, nicht mehr auf. Werde mich kritisch prüfen.

Beim Überfall Strauchdieben eher Gossensprache geben?
Mein erster Gedanke war, daß Hochtalentierte und Hochwohlgeborene in schweren mittelalterlichen Zeiten nicht immer die Kurve in die wohlhabende Schicht gekriegt haben und bei höflicher Ansprache von hinten den Überraschungsmoment noch besser für sich nutzen konnten. Eine knackige Ansprache aus dem sozialen Urschlamm heraus hätte natürlich auch was Faszinierendes. Mir fallen da direkt einige Wendungen ein.

Anzahl der Gegner
In diesen unruhigen Zeiten gibt es immer wieder Waffengänge, Aggression, Tote, Verletzte, und man hat natürlich gerne den Überblick zum Abschätzen seiner Überlebenswahrscheinlichkeit. Ich hatte anfangs alle Spannungen, Überfälle und Kampfszenen in Zahlen gefaßt. Gibt ein gutes Gefühl. Es waren acht, drei sind noch da. Wir sind zu zweit, sind aber bessere Bogenschützen, also macht euch vom Acker.
Durch eine gewisse Häufung solcher Vorkommnisse erschien es mir wie ein Wiederholungsfehler.
Habe die meisten Zahlenangaben rausgenommen und durch „einige, wenige, Handvoll, Grüppchen, Schar“ ersetzt. Aber wie man es macht…Ich sehe hier auch ein Defizit.

An der anfänglichen Überfallszene hänge ich etwas. Bischen Schmackes dort finde ich gut. Ich habe einen Ablauf im Kopf, aber die Schilderung nicht entsprechend fein ausgeführt. Hole ich nach.
Das erste, was Tasso ablegt, ist das Schwert. Einer bückt sich danach. In diesem Moment sind Kehle des Einen und Geschlecht des Anderen auf geeigneter Tritthöhe. Es ist noch keine Kleidung abgelegt. Der Typ, der an der Lautentasche herumnestelt, ist noch mit den Knoten beschäftigt.
Tasso macht dem Ganzen früh ein Ende.
So sollte es verstanden werden, also muß ich nacharbeiten. Danke, danke.
Die Tritte bleiben für mich mittelalterlich, also von unten knapp unter Hüfthöhe an den Hals und ins Gemächt. Wird bearbeitet.

Wie der Träger des grünen Waffenrocks seinen Helm verliert, klingt eckig, ungeschickt. Gehe ich nochmal dran.

Der zum Teil in Stein gehauene Sockelraum des Kerkerturms, an einem felsigen Abhang gelegen, ist ein Teil der Stadtbefestigung Marburgs (im Roman „Marpurc“ genannt). Stadtwärts im Felsen, die der Stadt abgewandte Seite ist gemauert. Mauer und Turm existieren schon seit Jahrhunderten nicht mehr. Auf den gehauenem Fels platscht der Speisebrei aus grobem Mehl und Wasser, der aus dem nächsten Stockwerk durch ein Loch in der Decke gekippt wird. Das kann noch konkretisiert werden.

Die Wasserversorgung der Kerkerinsassen geschieht über einen Ledereimer, der beim Herunterlassen an die Wand schlägt. Wasser schwappt heraus. Betrunkene Wärter ziehen ihn hoch, bevor ihn jemand erreichen kann, pinkeln unter lautem Gejohle hinein und lassen ihn wieder runter. Die Insassen trinken wortlos, es ist die einzige Flüssigkeit, die sie bekommen. Bevor die Wärter ihre Notdurft hinein verrichten, sagt einer mit schwerer Zunge: „Iss ja schon halb leer.“
Die Überlegung war, daß der Betrunkene seine Zungenspitze nicht mehr zum T formen kann und der rechtzeitige Stop des S-Lautes nicht möglich ist.
Also Lautschrift Doppel-S. Ist natürlich ein grammatikalisches Unding. Imperativ: „Iss die Suppe auf“ war nicht gemeint. Ich hoffe, das geht durch. Ich schreibe auch in diesem Geschichtchen Lautschrift, zB. wenn die württembergischen Leibwächter des Stauferkönigs schwäbisch schimpfen, weil die jungen Bogenschützen, meine Protagonisten, wegen ihrer militärischen Fähigkeiten im Tross frühe Vergünstigungen genießen.

Dass du die Kerkerszene nicht zu abstoßend fandst, tut mir gut.

Tassos Pferd geht beim Einritt in die königliche Burg auf die Hinterläufe und ich versäume, es sich wieder auf alle Viere begeben zu lassen. Mißverständlich. Habe nicht weiter nachgedacht. Das kriege ich aber hin.

In der Phantasie gesehene Abläufe setze ich voraus und Lesende müssen sich mit den Lücken herumschlagen.
Ich versuche, mir die zweite Optik einzubauen.

Danke, daß du fich so intensiv mit meinem Text beschäftigt hast. Toll!

Moin!
Du bist der Chef, denn es ist dein Werk :slight_smile: Du entscheidest.
Ich bin ganz sicher, dass man sogar ohne Dose-Phasen wirr und viele Szenen hintereinander träumen kann. Das kennt doch sicher auch jeder, sogar bis man auch nach dem Aufwachen noch unsicher ist, ob das nun real war oder nicht.
Nein, Spannung muss nicht durchgängig sein, aber lebhaft oder zumindest so, dass man nicht wegdriftet. So meinte ich das. Ich baue auch gern mal eine Erholphase ein, wenn es eine ganze Weile hochspannend und voller Action gewesen ist.

Aber das entscheidest natürlich alles du. Lediglich bei „Is“ und „Iss“ bleibe ich stur. Ich verstehe deine Gründe, aber die Schwierigkeit ist eben hier in diesem Fall, dass es beide Fälle gibt. Wenn du das Lallen lautsprachlich darstellen willst, dann nimm doch drei „s“ und übertreib es. „Isss ja sch…schon halllb leeer.“ Ich bin davon überzeugt, dass man als Autor nicht immer grammatikalisch perfekt sein muss, besonders, wenn man Stimmungen darstellen will.

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3 S ist ne gute Idee. Du treibst den armen Kerl zu Spitzenleistungen. Werde mir ne Scheibe abschneiden.
VG

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Guten Morgen,
Habe mit Interesse deinen Text gelesen. Du hast das mittelalterliche Setting gut eingefangen (finde ich, als nicht Historikerin). Es geht auch gleich spannend los. Was mir auffällt: Der Anfang scheint ziemlich „normal“ für damalige Verhältnisse. Es klingt irgendwie nicht nach einer Traum-Sequenz. Durch die anschließende Szene im Kerker wird deutlich, dass Tasso im Traum einen deutlich besseren Ort, mit Essen im Überfluss sieht. Aber dieser Teil am Anfang ist dafür zu lang und mit zu vielen realen Bezügen durchzogen.
Natürlich kann ich verstehen, wenn du am Anfang gleich die Leserschaft in diese Welt eintauchen lassen willst. Aber ich denke, es wäre vielleicht besser, den Traum etwas zu kürzen und nur die Szene vom Festmahl in der Burg auszuschmücken. Da wird es wild und surrealistisch, mit wildem Keiler und schnarchendem König.
Das davor ist (meiner bescheidenen Meinung nach) einfach zu lang.
Die Szene im Kerker ist heftig. Und genau das muss sie auch sein! Irgendwie dachte ich - dem armen Kerl mit der offenen Wunde muss doch jemand helfen. Aber nein; alle rücken so weit wie möglich von ihm ab. Du beschreibst diesen Ort so eindringlich, die Hoffnungslosigkeit, es geht einem unter die Haut. Sehr, sehr gut geschrieben!
Nur beim „Duft von Kot und Urin…“, war ich an dem Wort Duft hängen geblieben. Vielleicht war das Wort von dir so beabsichtigt, aber z.B. „Gestank“ träfe es in meinen Augen besser.
Sehr gute Beschreibung der Personen, man kann sich alle bildlich vorstellen.
Würde mich freuen, mehr davon zu lesen.
Viele Grüße!

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Ich wünsche dir einen schönen Nachmittag.
Die Antwort kommt etwas verzögert, bin noch im Produktionsprozess (beruflich) und denke in kurzen Pausen etappenweise nach.
Der Traum ist lang. Träumen wir manchmal so lange? Soviele Szenen? Beim Aufwachen erinnere ich mich an die Zeit um das letzte Ereignis. Kurzzeitgedächtnis. Noch schlechter als das. Man fingert hastig nach Kuli und Papier, um das Erlebte festzuhalten. Nach den ersten geschriebenen Worten ist es schon futsch. Das ist moch nicht mal Kurzzeitgedächtnis. Nur ein paar Schwingungen, die rasch in den Dendriten verebben.
Schon was Interessantes, so ein Traum. Hab die REM-Phasen nochmal gegoogelt, um keinen Quatsch zu erzählen. Rapid eye movements bei geschlossenen Lidern. Bei Erwachsenen ca 2 Std REM-Phasen pro Nacht, zum Morgen hin in der Länge zunehmend. Nach einer Grafik bis über 20 Minuten Dauer vor dem Aufwachen. Wir träumen in den REM-Pasen. Blutdruck und Puls steigen. Zeit der Angstträume, Wunschträume, der persönlichen Unzulänglichkeiten, des Bedürfnisses, sich mal angenommen, ernst genommen zu fühlen, souverän zu sein.
Gerade rede ich mich heiß.
In 20 Min kann man vermutlich jede Menge abarbeiten, wir kriegen aber immer nur die letzten verbleichenden ca 20 Sekunden mit. Also habe ich mir mal erlaubt, einen 20 Minuten-Report ablaufen zu lassen. Alles, was da geschieht, ist Wunschtraum für einen einfachen Straßenmusikanten, zwei Stockwerke zu hoch für einen Unterschichtmenschen: Eine Bande im Handumdrehen in die Flucht schlagen, eingeladen sein zur königlichen Taufe, Essen und Trinken im Überfluß, freundschaftlich per Du zu sein mit einem der berühmtesten Dichter des Hochmittelalters (den hat er höchstens mal von weitem zu Gesicht bekommen). Dann aber ächzt es im Gebälk, es wird grotesk, alles bricht zusammen.
Ich denke nochmal drüber nach, ob was gekürzt werden kann.
Der Duft: Gestank ist besser, treffender, hast recht.
Ich drücke mich manchmal nicht ganz passend aus. Kann vielleicht auch was Gutes haben, wenn man einen Begriff zum Abgleich durch die Hirnwindungen schicken muß und stöbert in der beim Menschen ausgeprägten Geruchserinnerung in Verbindung mit dem beschriebenen Bild der Kloake. Wenn man geistig in den Exkrementen gerührt hat, weiß man, daß der Geruch mehr ist als ein Duft. Und hat ihn wieder vollaromatisch in der Nase.
Entschuldige, war halt ein verquerer Ausflug in meine Gedanken vom Elend der Kerkerinsassen.

Herzlichen Dank, daß du dich durch den schlecht formatierten Text gearbeitet hast.
Bevor ich ihn eingestellt habe, sah er vernünftig aus.
Irgendwie scheint auch Papyrus verbesserungsfähig.
Danke für deine guten Anregungen. Ich gehe alles nochmal durch.
Byogart

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Schön, wenn ich ein wenig helfen konnte.
Eine Traum-Sequenz ist nicht einfach zu schreiben. Und sie gleich an den Anfang zu stellen hat auch seine Tücken. Aber das schaffst du - der Anfang ist ja immer das Schwerste.
Und natürlich möchte ich nun wissen, ob und wie der arme Musikant aus diesem stinkenden Kerker herauskommt.
Also wenn du gerne noch was einstellen möchtest - würde mich freuen.
Oder ich warte einfach, bis dein Buch erscheint. Einen historischen Roman habe ich auch schon lange nicht mehr gelesen.
Schönen Abend

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Danke dir für deine aufmunternden Worte. Ein Segen für einen Neuling wie mich. Beim Gedanken an ein Buch wird mir etwas schwindelig. Das Schreiben dient mehr der eigenen Erbauung. Ab in die Parallelwelt. Aber wer weiß, wenn ich und ihr es irgendwann abnicken…

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