Kapitelbezeichnungen vs. Orientierung des Lesers

Aloha zusammen,

es gibt ja zig verschiedene Arten seine Kapitel zu benennen. Sei es durch stumpfes durchnummerieren ohne weitere Angaben, durch eine reißerische Kapitelüberschrift ála “Kapitel 258 - Der Einkauf” , die dem geneigten schon teasern, was ihn auf den nächsten Seiten erwartet, oder bspw. wie GRRM der in seinem Epos die Kapitel einfach nach den Hauptprotagonisten benennt, aus deren Sicht das aktuelle Kapitel gerade erlebt wird.

Letzteres hatte ich mir für mein Werk auch überlegt, allerdings mit dem Zusatz einer römischen Nummerierung, also zum Beispiel “Maribel IX”, damit der Leser (und ich) wissen, dass es das 9. Kapitel von Maribel ist.
Gerade bei “Das Lied von Eis und Feuer” lese bzw. höre ich mir alle Kapitel eines Protagonisten hintereinander, weil ich so den Weg und die Charakterentwicklung richtig schön verfolgen kann (also ich hab die Bücher insgesamt 8x gelesen und ca. 20x als Hörbuch gehört).

Was mir allerdings bei vielen Büchern in letzter Zeit aufgefallen ist … der Leser wird in das Kapitel geworfen und weiß quasi dessen Nummer, vielleicht die Kapitelüberschrift und eventuell die Perspektive aus der es geschildert wird. Die restliche Orientierung wird dem Leser überlassen und findet sich entweder im Text selbst oder man sucht sie vergebens und man fragt sich die ganze Zeit: Wann? Wo?

Jetzt gibt es allerdings auch Bücher mit dem genauen Gegenteil. Hier will ich als Beispiel mal “Die Zwerge” von Markus Heitz (ja ich weiß!) anbringen. Dessen Kapitel beginnen in der Art:

Der Steinerne Torweg des Nordpasses
im Reich des Fünften, Giselbart,
im Jahr des 5199sten Sonnenzyklus,
Spätsommer

Man weiß wo man sich befindet, wer der Protagonist ist und wann das Kapitel spielt. Ich bin aber irgendwie zwiegespalten. Einerseits finde ich es schon cool, andererseits passt mir das “An-die-Hand-nehmen” des Lesers auch nicht so richtig.

Also lange Rede und kurzer Sinn … wie gestaltet ihr eure Kapitel im Buch und vor allem, warum gerade auf diese weise und wie gebt ihr dem Leser die räumliche/zeitliche Orientierung? Das hat mich gestern irgendwie beim “Captain America” schauen beschäftigt und neugierig gemacht, deshalb wollte ich mal in die Runde fragen, weil ich denke, dass es durchaus einige gute Ideen gibt.

Merci und LG aus der Pfalz
Matthias

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Derzeit benenne ich meine Kapitel ganz lapidar “Kapitel + Zahl”, wobei ich auch bereits über folgende Möglichkeiten nachgedacht habe:

  • Kapitel 1 - Blah blah blah
  • römische Zahl ohne Text
  • römische Zahl mit Text
  • nur eine ganz normale Zahl ohne Text

Die Kapiteleröffnungen von Heitz sind interessant, passen aber eher nicht zu meinem derzeitigen Krimi Projekt.

VG

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Es gibt zu dem Thema schon einen Thread. Sieh mal hier:
https://forum.papyrus.de/threads/wichtigkeit-von-kapitelüberschriften.8475/#post-69380

Witzig, dass die Forensuche mir gar nichts angezeigt hat - hatte diesbezüglich extra geschaut. Mal sehen ob es thematisch passt.

Ist ja nicht schlimm. Mich hatte das Thema auch interessiert und ich habe es bis jetzt in jedem Buch anders gehandhabt.

Ich auch.
Einmal hatte ich einzelne Wörter als Kapitelüberschriften (das ist Arbeit, wenn die irgendwie “sinnvoll” sein sollen), dann Jahreszahlen (weil eigentlich zwei Geschichten, die dann im Laufe des Buches in der einen zusammenkamen) und auch schon mal nur Nummern …

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Ich handhabe es auf zwei Arten:

A) Einfaches Buch, relativ straighter Plot, aber lebt von seinen Geheimnissen: Kapitel bekommen bei mir eine Nummer + eine Kapitelüberschrift. Die Kapitelüberschrift geistertexte ich sofort, das ist nur eine Orientierung für mich.

B) Kompliziertes Buch mit völlig verworrener und unvorversehbarer Handlung: Kapitel bekommt eine ordentliche kurze Kapitelüberschrift, die aber sinnvollerweise auf den ersten Blick nichts mit der Handlung, genauer: mit der Erwartung des Lesers an diese Kapitelüberschrift zu tun hat. Oder, die beim Leser eine Erwartung auslöst, die zwar durch die Kapitelüberschrift irgendwie gerechtfertigt ist, aber beim nochmaligen Nachdenken erkennen lässt, dass damit (auch) etwas ganz anderes, wenn auch Wortgleiches gemeint war. Das scheint mir ungeheuer logisch (und dem Charakter des Buches angemessen).

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Und wie machst du es mit der Orientierung des Lesers … beschreibst du dann im Kapitel wo man sich jetzt befindet und zu welcher Zeit, oder muss das der Leser aus dem Kontext schließen, weil die Handlung fortlaufend ist (also ohne zeitliche und örtliche Sprünge)?

Ja, es ist in jedem Kapitel und zu jeder Zeit deutlich, wann und wo und was passiert. Die Menschen in meiner Geschichte sind halt ein Sammelsurium von Charakteren, die jeder für sich stark irrational handeln oder von sehr merkwürdigen Ideen und Bedürfnissen getrieben werden, wie Menschen halt so sind :wink:

Ich erlaube mir viele Freiheiten, aber nicht jene, den Leser im Unklaren zu lassen, wo und wann er sich befindet oder wer gerade handelt oder spricht. Ich habe mal ein bekanntes Sciencefiction-Buch zu lesen versucht, wo ich in jeder Szene überlegen musste, ob die, sagen wir mal “beschriebene Entität” ein Mensch, ein Roboter, ein Cyborg, ein Hologramm oder ein virtuelles Konstrukt war, und das war mir definitiv zu anstrengend.

Warum sagst du bei Heitz “Ja, ich weiß.”?
Ist das ein Insider?

Ich würde diese Kapitelüberlegungen überhaupt erst ganz am Schluss anstellen, wenn der Text fertig ist.
Erstmal alles schreiben, umschreiben, überlegen, sortieren - und dann gucken, wie ich die Abschnitte benenne. Da gibt es ja jede Menge Möglichkeiten, und jede ist gut - solange sie den Text weiter transportiert wie weiland die perforierten Löcher den Film in der Kamera.

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Naja … sein Ruf zeichnet ihn jetzt nicht unbedingt als den übertollen Ultraautor aus und seine Bücher haben durchaus ihre Schwächen im Plot, und diverse Logikfehler und leider auch Deus Ex Machina Momente. Aber ich habe die ersten 4 Zwergenbücher gerne gelesen. Wären es Filme, wäre es gutes Popcornkino gewesen

Ich finde, das kommt immer auf die Geschichte an. Es gibt hektische Thriller, bei denen man froh ist, dass die Kapitel “Dienstag 12 Uhr bis 14 Uhr, Pentagon” heißen, erzählt man eine eher märchenhafte Geschichte, können Kapiteltitel wie “7. Kapitel, in dem Peter Protagius auf überraschende Weise befreit wird” zum Lesevergnügen beitragen. Will man möglichst wenig vom Inhalt ablenken, sind simple Zahlen ratsam – “15” oder “Kapitel 15”, schon römische Zahlen sind für die meisten nicht zu entziffern und ziehen zu viel Aufmerksamkeit auf sich.

Ich frag mich immer: “Wenn ich es nicht schreiben, sondern lesen würde, wie würde ich es mir wünschen, dass es aussieht?” Und so mache ich es dann … :slight_smile:

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Man ist ja schon dankbar, wenn in einer Geschichte mit wechselnden Ich-Erzählern die Kapitel dann entsprechend Auskunft geben:
Marvin. Sonntag.
Charlotte. Mittwoch.
Freytag. Freitag.
:kissing:

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