James Hilton - Der verlorene Horizont

Originaltitel: Lost Horizon
Autor: James Hilton
Jahr: 1933
Verlag: DTV
Umfang: 198 Seiten, broschiert

In Berlin Tempelhof treffen einander drei alte Schulfreunde und quatschen über vergangene Zeiten. Dabei kommt die Rede auf die Entführung von vier Engländern, von denen seither, bis auf eine Person, jede Spur fehlt. Einer der drei, er ist Romanautor, hat diesen Mann ein Jahr nach seiner Entführung in einer chinesischen Stadt getroffen und gemäß seiner Berichte ein Roman-Manuskript geschrieben. Dieses Manuskript leiht er dem namenlosen Icherzähler, der den Leser durch Prolog und Epilog der Handlung führt. Und damit beginnt die Geschichte:
Wegen eines Volksaufstandes im fiktiven Ort Baskul, (Britisch-Indien) werden massenhaft Engländer auf dem Luftweg evakuiert. Eines dieser Flugzeuge, eine Spezialmaschine, die für besonders große Höhen gebaut ist, wird von einem Chinesen mit Waffengewalt entführt, an Bord befinden sich drei Männer und eine Frau. Nach stundenlangem Flug über schneebedeckte Gipfel kommt die Maschine in heftige Turbulenzen. Der Pilot setzt zu einer Notlandung auf einer steinigen Hochebene an, verletzt sich und stirbt kurz danach. Die Passagiere bleiben unverletzt. Vor seinem Tod erzählt er der Hauptfigur des Romans, Conway, dass es ganz in der Nähe eine Lamaserei mit Namen Schangri-La gibt, in der sie Aufnahme und Verpflegung finden würden.
Die vier machen sich nach seinen Angaben auf den Weg und begegnen bald einer Gruppe von Tibetern, allesamt Bewohner der Lamaserei. In Schangri-La angekommen, werden die Neuankömmlinge freundlich behandelt, sie sind erstaunt über die westliche Bequemlichkeit der Unterbringung, die riesige Bibliothek, und die vielen Kunstgegenstände aus aller Welt, die sie hier vorfinden. Auf ihre drängenden Fragen wird nur mit freundlichem Lächeln geantwortet, alles wird zur rechten Zeit erklärt, heißt es monoton von ihrem hilfsbereiten Führer, dem chinesischen Mönch Tschang.
Eine Atmosphäre der Ruhe und Zufriedenheit scheint über Schangri-La und seinen Bewohnern zu liegen, die sich schon nach kurzer Zeit auf die Entführten überträgt. Alle Menschen, die hier leben, wirken freundlich und gut gelaunt, es gibt keinen Streit, keine Gewalt, keinen Zwang. Nur heitere Gelassenheit. Ehrgeiz gilt als verpönt, Müßiggang als Tugend.
Die vier Neuankömmlinge dürfen sich im gesamten Klostergelände frei bewegen, nur die geistliche Führung des Klosters, den Hohenlama bekommen sie nicht zu Gesicht. Der vom Ersten Weltkrieg traumatisierte Conway freundet sich langsam mit dem Gedanken an, dauerhaft zu bleiben. Auch die anderen, mit Ausnahme des jungen Hitzkopfs Mallison, der möglichst rasch nach Hause will, sympathisieren mehr und mehr mit dieser Möglichkeit.
Das ist gut, denn eine Rückkehr scheint vorerst unmöglich. Es wird Monate dauern, bis die nächste Trägerkarawane eintrifft. Ohne Führer und guter Ausrüstung ist es unmöglich, die vereisten Bergketten zu überwinden, von den Klosterleuten findet sich niemand dazu bereit. Zudem gibt es keine Karte, in der Schangri-La eingezeichnet ist. Der Standort der Lamaserei ist ein streng gehütetes Geheimnis.
Nach einigen Wochen des Aufenthalts wird Conway zu einem Gespräch mit dem geheimnisumwitterten, obersten Lama von Schangri-La eingeladen, einem vergeistigten Greis unbestimmbaren Alters. Von ihm erfährt Conway, dass die Entführung kein Zufall war, außerdem werden ihm derart unglaubliche Dinge über Schangri-La und seine Bewohner offenbart, dass Conway bald nicht mehr weiß, was er glauben kann.

Die Geschichte ist eine Rahmenhandlung. Der Rahmen wird aus der Ich-Perspektive erzählt, die eigentliche Handlung aus der Sicht Conways. Das zentrale Thema des Romans kreist um die Sehnsucht der Menschheit nach dem verlorenen Paradies, einem sicheren Zufluchtsort, geschützt vor dem Unbill und Hader der Welt. Schangri-La scheint ein solcher Ort zu sein. Geradezu das Idealbild einer maßvollen, menschlichen Gesellschaftsform, eine zur Realität gewordene Utopie. Aber obwohl Conway in der Lamaserei sein persönliches Paradies entdeckt zu haben glaubt, muss er, als es um die ultimative Entscheidung geht, feststellen, dass seine kulturelle Identität einen langen Schatten wirft.
Das Buch erschien im Jahr 1933, geriet sofort zum Bestseller und machte James Hilton, ebenso wie den mittlerweile millionenfach kopierten Begriff Schangri-La, mit einem Schlag weltberühmt. Zugleich war der Roman das weltweit erste veröffentlichte Taschenbuch.
Die Geschichte liest sich spannend wie ein Krimi, obwohl kaum etwas Aufregendes passiert. Primär wird die Handlung über Dialoge vorangetrieben, im Besonderen durch die philosophischen Gespräche zwischen dem Hohenlama und Conway. Es gibt dennoch kein sinnloses Geschwafel, ganz im Gegenteil, jeder (kluge) Satz bringt die Geschichte weiter, immer wieder gibt es neue Wendungen. Erzähltechnisch und stilistisch ein Genuss, beeindruckende Landschafts- und Stimmungsbilder, tiefe Innensichten der Hauptfigur und des Hohenlamas runden das Werk ab.

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Danke für Deine immer wieder tollen Buchvorstellungen - das macht richtig Lust aufs Lesen!

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Danke, @Manuela K., dieses Buch steht auch bei mir seit Jahrzehnten im Bücherschrank.
Und obwohl ich überhaupt nichts für Esoterik und ähnliches Geschwurbel übrig habe, gehört Der verlorene Horizont immer wieder zu den Prints, die ich erneut hervorhole und lese…
:slight_smile:

Peter

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Das liegt vermutlich daran, dass es sich bei diesem Buch keineswegs um esoterisches Geschwurbel handelt. :wink:

Merci, Manuela :slight_smile:

Ich will Dir gern recht geben, dennoch: Das Buch fehlte früher in kaum einem Esoterik-Buchladen.
Doch egal: Ich mag es bis heute!
:wink:

Peter

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