In den Wirren der Zeit verirrt

Ich habe mich schreibtechnisch in den Wirren der Zeit verirrt , will sagen, bin unsicher, wie und wann ich verschiedene Zeitformen einsetze. Ich schreibe aus Sicht eines Beobachters, aber nicht komplett als audiktoraler Erzähler.

Beispiel:
Langsam schlenderten die beiden abseits jeden Weges über das nahezu vollständig zugewucherte Gelände des schon vor vielen Jahren aufgegebenen Campingplatzes zum Parkplatz am Sportplatz.

Jetzt kommt eine der Stellne, an denen ich unsicher bin
Dass sich die Natur immer ihr Eigentum zurückholt, war (oder besser ist) hier offensichtlich. Nur noch vereinzelt waren (oder besser sind) die Parzellen der einstigen Stellplätze zu erkennen. Einzig die Wege befanden (oder befinden) sich noch in gutem Zustand.

Ich glaube, dass die Gegenwartsform an solchen Stellen korrekt wäre, bin aber nicht sicher.
Die Stellplätze sind auch aktuell noch zu erkennen und die Wege befinden sich zum Zeitpunkt der Handlung in gutem Zustand.

Aber was ist wirklich richtig?
Oder hab ich nur einen totalen Blackout?

Ich würde die Vergangenheitsform (Präteritum) wählen.

Der Leser erlebt ja gerade mit, wie die beiden Protagonisten schlenderten. (Präteritum)
Kommst du jetzt mit einer anderen Zeit um die Ecke, reißt du den Leser aus dem Lesefluss und distanzierst ihn von der Handlung. Mit der Gegenwartsform holst du den Leser auf die Ebene des - in der Zeit später angesiedelten - Erzählers, der gerade aus der Distanz zurückblickt. Eigentlich soll der Leser aber auf der Ebene und in der Zeit der Handlung bleiben und dort hautnah mitfiebern, oder?

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Der Einleitungssatz ist Vergangenheit, dann würde ich diese Zeitform auch beibehalten.

3 „Gefällt mir“

Ich würde Gegenwart vorschlagen. Da es scheint, als ob die Geschichte sozusagen in der Gegenwart fortgeführt wird. Wenn die tatsächliche Gegenwart erst später geplant ist, dann natürlich erstmal weiter mit der Vergangenheitsform.

ich sehe es wie @_corinna und würde aus den von ihr bereits genannten Gründen in allen drei Fällen das Präteritum beibehalten.

1 „Gefällt mir“

Ich würde ubedingt in der Vergangenheitsform bleiben. Du schreibst von „einer der Stellen, an denen du unsicher bist“, was mir sagt, dass du an mehreren Stellen in die Gegenwart springen würdest. Spätestens beim zweiten Mal würde ich dein Buch weglegen, weil mich das total verwirren würde.
Gerade den Satz „Dass sich die Natur immer ihr Eigentum zurückholt, war hier offensichtlich.“ finde ich richtig elegant. Grammatikalisch bin ich eine Niete, was die Fachbegriffe betrifft, aber hier zeigt sich die Tatsache, dass sich die Natur immer ihr Eigentum zurückholt, unabhängig von Vergangenheit oder Gegenwart, das ist Gesetz. Und dieses Gesetz fügst du in deine Geschichte in der Vergangenheit ein. Toll.
Nachtrag: Wortwiederholungen, ich weiß. Aber ich glaube, in unseren Beiträgen dürfen wir wohl schludern oder?

2 „Gefällt mir“

Leute, ihr seid Spitze …
Inzwischen habe ich die fraglichen Kapitel umgeschrieben und bin in der Vergangenheitsform geblieben.
Trotzdem noch ein Punkt - darf / soll / muss ich in den Kapiteln, die einen kurzen „Abstecher“ in die Vergangenheit machen - es sind immer nur Tage - zu Beginn des Kapitels (evtl. als Unterzeile unter der Kapitelnummer) darauf hinweisen, dass die Handlung des folgenden Kapitels in der Vergangenheit spielt?

Wenn deine Erzählung in der Zeit springt, brauchen die Leser bei den Wechseln deutliche Hinweise darauf, sonst sind die Leser nachher verwirrt und frustriert.

Wie man als Autor die Zeitwechsel deutlich macht, dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Spontan fällt mir dazu ein:

  • Zeitangabe in jeder Überschrift , z. B. „Dienstag, der dritte August“ - Wenn die Überschrift der einzige Hinweis ist, bin ich als Leser dann doch oft verwirrt, weil ich Überschriften meist überlese und mir nicht gemerkt habe, welche Überschrift das vorherige Kapitel gehabt hatte.
  • andere Zeitform für die Rückblenden (Plusquamperfekt statt Präteritum) oder Kursivschrift zur Unterscheidung - finde ich als Leser für einen kurzen Abschnitt okay, aber in längeren Texten anstrengend zu lesen.
  • Eine „Erzählerstimme“, die eine Art Rahmenhandlung zwischen den Kapiteln bildet. - Dann möchte ich als Leser aber den Erzähler auch kennenlernen und eine gewisse Beziehung zu ihm aufbauen, nicht nur hier und da mal drei Sätze, die mich aus dem Fluss der Handlung reißen.
  • Hinweise, die im Fließtext am Anfang des Zeitwechsels eingebettet sind. Z.B. „Drei Tage zuvor…“ - da kommt es für mich als Leser darauf an, wie geschickt der Autor das einflechten kann.

Ich persönlich mag es als Leser generell nicht, wenn nicht chronologisch erzählt wird. Vielleicht, weil ich in der Schule dazu gezwungen wurde, „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ zu lesen…

Ich stimme Corinna zu. Teilweise… na gut, größtenteils :wink:

Ich selbst mag solche Sprünge ganz gern, auch wenn sie nicht immer gut sind. Zeitangaben würden mich zu stark ablenken, ich müsste zurückblättern, um mich zu vergewissern, wann ich was einordnen muss. Zurückblickende Kapitel mit sprechenden Überschriften finde ich schöner.

Ich habe selbst schon einen Roman geschrieben, in denen es regelmäßig Zeitsprünge gab. Ich nannte sie „Rückblick“ und schrieb diese Kapitel kursiv. Zusätzlich bekamen die Rückblicke eigene Titel, sodass man auch da eine Zeitlinie verfolgen konnte. Ich denke, es sollte dem Leser möglichst einfach gemacht werden.

Soll /darf/muss… meiner Meinung nach kann alles und nichts muss. Solange dem Leser der Spaß nicht verloren geht und er möglichst einfach einem oder zwei Zeitsträngen folgen kann.