Herzlichen Glückwunsch! Du hast genau die Schwierigkeit beim Schreiben erfasst. Wie zeige ich eine Szene so, damit sie in etwa diese oder jene Emotionen oder Gedanken beim Leser auslöst? Das ist Kunst und Handwerk zugleich.
Vielleicht hilft es dir, wenn du dir deinen Text als Filmszenen vorstellst? Was zeigt die Kamera? Was tun die Schauspieler? Welche Ziele haben sie? Wie werden sie durch Konflikte davon abgehalten?
Bedenke, dass man im Film schlecht innere Monologe zeigen kann. Das Meiste im Film ist visuell. Wie kannst du solche Bilder im Kopf des Lesers erzeugen? Die Kamera sollte immer etwas filmen können, also darf die Figur nicht zu lange untätig bleiben und in Gedanken und Rückblenden versinken. Die aktuelle Szene sollte im Vordergrund stehen.
Ein Psychologe trifft eine Diagnose wie Narzissmus oder Angststörungen ja nicht aus dem luftleeren Raum. Welche Verhaltensweisen sind dafür typisch? Welche Art von Narzissmus liegt bei der Mutter vor? Hält sie sich für etwas Besonderes, Einzigartiges und möchte bewundert werden? Dann tritt sie nach außen vielleicht sogar besonders charmant auf. Oder strebt sie eher nach Überlegenheit und möchte ihr positives Selbstbild gegen tatsächliche oder gefühlte Angriffe, wie z. B. Kritik, von außen verteidigen und tritt dann eher herrschsüchtig und aggressiv auf? Wie äußert sich das im Alltag? Beschreibe konkrete Situationen und wie die Mutter darauf reagiert.
Beispiel:
Die Nachbarin Frau Klopsmeier lässt gegenüber der Mutter die Bemerkung fallen: „Deine Maria hat sich in Mathematik ja auch verschlechtert.“
Wie reagiert sie? Faltet sie Frau Klopsmeier ordentlich zusammen und bestraft die „Verräterin“ Maria? Gibt sie anderen oder den Umständen die Schuld und beglückt Maria mit ständigen Nachhilfestunden durch sie persönlich (und weist die Welt auch deutlich darauf hin), weil ja nur sie es am Besten weiß?
Wieso kommt sie überhaupt darauf, dass Frau Klopsmeier sie und ihre Tochter kritisieren wollte? Diese könnte theoretisch vielleicht auch auf Probleme mit einem neuen Lehrer hinweisen wollen. Fortgeschrittenes Gedankenlesen bzgl. Motive anderer, die dann auch in keinster Weise in Frage gestellt werden, ist auch relativ typisch.
Ja, es ist sehr wichtig sich mit diesen Themen auseinandergesetzt zu haben und ja, das habe ich natürlich sehr intensiv - nicht nur wegen der Mutter. Die Mutter ist übrigens eine verdeckte Narzisstin. Aber letztendlich - natürlich geht es hier nicht um Diagnosen. Das sind auch wieder nur Begriffe und Schubladen….
Deine Geschichte klingt spannend, mir gefällt, dass du sie trotz der schwierigen Umstände mit Humor würzt.
Mit dem Transformieren von »tiefer Angst« meinst du ein Verfremden dieser Angst oder eine Transformation in etwas Ähnliches, vermute ich. So etwas mache ich beim Schreiben an meinem Roman auch gerne. Schreiben ist für mich auch ganz viel Recycling
Vielleicht könntest du tiefe Angst zu einer Blockade transformieren, die die Figur davon abhält, das für sie Richtige zu tun.
Oder du könntest es bei der tiefen Angst belassen und sie in ein Setting mit Personen und Umständen transformieren, die im Gegensatz zur Wirklichkeit stehen und keine Rückschlüsse auf den realen Hintergrund zulassen.
Ich hoffe, ich habe dich bei deiner Frage nach der Transformation nicht missverstanden.
Ja, genau darum geht es um Transformation. Das hast Du richtig erkannt, obwohl ich es nicht dazugeschrieben habe. Die Transformation besteht darin, dass Maria ihre Angst transformiert und so immer mehr erblüht zu ihrem wahren Selbst transformiert.