Deswegen meine ganz persönliche Analyse.
Und glücklicherweise haben wir im Deutschen so viele Möglichkeiten …
In diesem Kontext geflohen.
Geflüchtet impliziert heimlich unter Druck oder Gefahr.
Benjamin Braddock (Dustin Hoffman) flieht vor den Erwartungen seiner Eltern und der spießigen Gesellschaft, obwohl er nicht direkt in Gefahr ist.
„Die Reifeprüfung“ (1967)
Dolores „Lolita“ Haze flüchtet letztlich vor Humbert Humbert, der sie missbraucht und kontrolliert.
Lolita (Nobokov 1955/1958)
Das bringt mich zu der Frage, ist Carrie (Stephen King) geflohen, geflüchtet oder war ihre Handlung reaktiv?
Sie hat sich von ihrer Mutter abgewandt.
… könnte es auch treffen …
Ich meine mittlerweile, es geht wirklich beides und kann synonym verwendet werden, man muss sich halt aussuchen, welches besser klingt.
‚Sie hat sich von ihrer Mutter abgewandt und ist ins Studentenheim gezogen‘ sagt im Grunde zwar dasselbe aus, vermittelt aber eine viel harmlosere Stimmung und lange nicht so viel Leidensdruck.
Es bleibt hier bei ‚geflüchtet‘.
So habe ich es gemeint
Tatsache ist, dass es in dem Fall nicht darauf ankommt, denn beides wäre nur eine Metapher, da die Tochter weder wirklich geflohen noch geflüchtet ist. Nimm also ruhig das, was dir besser gefällt, was deinem Sprachgefühl am nächsten kommt. Geflohen oder geflüchtet ist in diesem Kontext so übertrieben, da spielt die sprachliche Feinheit, ob das eine oder das andere, keine Rolle. „Falsch“ ist es ohnehin.
„Ich kann euch sagen, gestern war bei uns Kindergeburtstag, schrecklich! Ich bin geflohen, ging nicht anders.“
Diese Art zu fliehen ist gemeint. Anders sähe es aus, wenn sie durch die dominante Mutter mit dem Tode bedroht wäre. Dann wäre es ein echtes Flüchten, wobei man vermutlich eher vom Entkommen spräche.
Den Post gerade erst gelesen.
Bastin Sick hatte sich in einem der Dativ - Genitiv Bücher mal dem Problem gewidmet. Demzufolge liegt der Unterschied im Antrieb.
Wer flieht, tut dies aus eigenem Entschluss. Wer flüchtet, ist dazu gezwungen.
Das Beispiel dazu lautete sinngemäß: Einige flohen vor dem herannahenden Feind, die anderen konnten später nur noch flüchten.
Nun ist diese Unterscheidung nicht immer einfach. Die Flüchtlinge unserer Tage (die ja neuerdings Geflüchtete genannt werden) wären demnach eigentlich Geflohene. Denn auch, wenn sie am Anfang mal vor einem konkreten Anlass geflüchtet sind, wird der Entschluss, bis nach Europa zu wollen doch aus eigenem Antrieb entstanden sein.
Andererseits haben wir kein entsprechendes Substantiv für „Flucht“, auf das fliehen bezogen. Das wäre die „Fliehung“, was aber ungebräuchlich ist.
In der Altagssprache ist es also weitgehend egal, welches Wort wir gebrauchen. Für das Problem dieses Beitrags gilt dies dann wohl erst recht.
Und nun Klugscheissmodus aus