Mein Erstling ist in drei Perspektiven geschrieben: Protagonist (Ich-Perspektive), Hauptfigur (3. Person) und Antagonist (3. Person). Jeder hat unabhängig von der gewählten Perspektive eine ganz eigene Art, sich auszudrücken, sodass man sie gut auseinanderhalten kann. Die Sichtweisen wechseln Szenenweise, eine Szene bleibt immer bei einer Figur, es gibt keinen Wechsel innerhalb einer Szene. Da ich jetzt beim Buchsatz aber sehe, dass eben oftmals eine Szene, und damit ein Sichtwechsel auf der neuen Seite beginnt, habe ich drei Sternchen eingefügt, die den Wechsel nochmal deutlich machen. So sieht man am Ende der Seite direkt, dass auf der neuen eine andere Sichtweise ist.
Probleme gab es aber auch ohne die Sterne bei meinen Testlesern nicht.
Das Wichtigste ist einfach, dass sie sich sprachlich unterscheiden.
Kürzlich habe ich ein Buch gelesen mit zwei Perspektiven, beides 1. Person. Wechselte kapitelweise, jedes Kapitel mit Namen und passendem Bildchen verziert. Sah toll aus. Brachte mir persönlich aber gar nix. Die beiden Stimmen klangen so ähnlich, dass ich jedes Mal wieder schauen musste, in wessen Kopf ich gerade bin. Hat mir das Leseerlebnis doch sehr getrübt. Wenn ich im Lesefluss bin, dann achte ich aber so oder so auch nicht auf Kapitelüberschriften. Zum einen, weil die mitunter spoilern, wenn nicht ein Tag oder eine Zahl gewählt wurde, zum anderen, weil ich sie binnen weniger Sekunden eh vergessen habe. Ich will ja wissen, wie es in der Geschichte weitergeht.
Von anderen Schriftarten, oder Kursiv-/Fett- und ähnlichen Formationen würde ich abraten. Im E-Reader werden sie nicht immer richtig dargestellt, und selbst wenn sie es werden, stört es meiner Meinung nach meist den Lesefluss.
Bitte keine unterschiedliche Schriftart oder Farbe oder Ahnliches. Einfach neues Kapitel oder Leerzeile und den 1. oder 2. Satz so gestalten, dass der Leser gleich merkt in wessen Kopf er sich befindet. Ist sowie unser Meister AE sagt, absolut üblich in den meisten Romanen.
Zwei einander abwechselnde Ich-Perspektiven sind anspruchsvoll beim Lesen, das stimmt, also ist es der Job des Autors, dafür zu sorgen, dass man sich als Leser nie fragen muss, in welchem Kopf man steckt.
Wenn man es schafft, das durch die unterschiedliche Sprache zu vermitteln – prima.
Im Zweifelsfall aber würde ich für Überschriften plädieren, die den Sachverhalt unmissverständlich klarstellen. An Zaunpfählen ist nichts Ehrenrühriges. Ich habe bestimmt Dutzende von Romanen gelesen, die das so machen, und die stammten durchaus von etablierten Autoren. (Spontan fällt mir “Die Bruderschaft der Unsterblichen” von Robert Silverberg ein, in dem es vier Ich-Perspektiven gibt. Und über jedem Perspektivwechsel steht schlicht der Name. Peng – Problem gelöst.)
Also, ich bin kein Experte und habe auch noch nie etwas veröffentlicht. Es ist nur eine Meinung. Aber allein durch Vorstellung: Bei der Methode beim Ich-Erzähler auf die Überschriften zu verzichten und es durch Sprache kenntlich zu machen, sehe ich Probleme.
Weil jetzt muss sich jede Figur zu Beginn einer Szene mit anderen beschäftigen. Ich kann eine Szene so nicht mit Gedanken der Figur über sich selbst oder ganz neue Umstände der Umgebung beginnen. Ich muss zu Beginn jeder Szene eine Art Konstrukt haben, das zeigt, wer gerade „ich“ ist.
Das schränkt das Erleben der Figuren und auch den Schreibstil vom Gefühl her erheblich ein. Man hat jetzt nur noch eine Möglichkeit, eine Szene zu beginnen und die muss bei *jeder *Szene angewandt werden (monoton).
Auch mit der Figurensprache zu arbeiten, klingt für mich schwierig, weil sich die Sprache dann wirklich erheblich unterscheiden müsste und der Unterschied schon im ersten Satz einer Szene (oder spätestens im zweiten) deutlich werden müsste. Das klingt für mich nach einem Kraftakt, den man als Autor zu vollbringen hat. Das würde ich gar nicht können.
PS: Es macht Spaß, mit euch darüber zu diskutieren. Wie spannend solche Fragestellungen sein können. Wir haben ein tolles Hobby bzw. bei manchen ist es sogar ein toller Beruf.
Als Leser bin ich nicht unbedingt ein Freund von wechselnden Erzählern in der Ich-Form. Dies liegt aber nicht an der Ich-Form als solches, sondern eher daran wie der Wechsel gehandhabt wird. In den meisten Fällen werde ich aus dem Lesefluss gerissen und suche die Stelle wo der Wechsel stattfand und vor allem zu wem. Gerade die Frage ist bei fehlender Namensnennung fast nicht zu Beantworten, den Ehrlicherweise habe ich nur extrem wenige Romane gelesen wo ich die Personen nur aufgrund der Ausdrucksweise auseinanderhalten konnte - die Charaktere unterscheiden sich in dem Punkt einfach zu wenig. Was natürlich nicht heißt das es keine Romane gibt bei denen es der Autor geschafft hat, oder dass man dies nicht üben sollte. Von daher finde ich einen Namen als Szenen Überschrift in so einem Fall nicht verkehrt.
Auch verschiedene Schriftarten könnte eine Lösung sein. Dann müsste aber von Anfang an klar sein welche Perspektive hinter welcher Schriftart steckt. Für den Autor dürfte das auch eine Fleißaufgabe sein immer die richtige Schriftart zu verwenden. Zumal beide Schriftarten auf den jeweiligen Reader gespeichert sein müssen und die Individuellen Einstellungen des Lesers spielen hier auch eine Rolle. Von daher wäre die Schriftart eine Lösung mit vielen Problemen.
Also den Gedanken an verschiede Schriftarten oder -farben habe ich mittlerweile ad acta gelegt. Danke für eure Beiträge!
Innerhalb eines Kapitels habe ich ca. 15 Szenen. Manchmal wechselt die Ich-Perspektive von Szene zu Szene, es kommt aber auch vor, dass mal 2-3 Szenen aus einer Perspektive (weiblich) und dann 2-3 Szenen aus der anderen (männlich) erzählt werden. Ansonsten wird die Geschichte mal vom Einen mal von der Anderen weitergetrieben. Die Szenen dauen mal 2 oder mehr Seiten, dann wieder nur eine 3/4 Seite, was Überschriften absurd werden lässt.
Abgesehen davon, versuche ich, den Lesern innerhalb von 2-3 Sätzen und anhand der Handlung klarzumachen, um welche Perspektive es sich handelt. Nach allem, was bisher erwähnt wurde, erscheint mir das die beste Variante.
Grüße aus Spanien.