Aw: Frühlingsmelodie
Hallo Wüstenvogel,
hier ist ja der Platz zur Vorstellung und zu konstruktiver Kritik. Deshalb will ich mal ein paar Worte zu dem schönen, lyrischen Versuch sagen. Du wählst ja die Form eines Gedichtes. Aber warum brichst Du die Zeilen so um, das eine wesentliche Charakteristik verloren geht. O. k., heute muss sich nicht mehr alles reimen, aber Du hast gereimt, diese Form gewählt.
Das Stück lautet also dann:
Sanfter Wind streift durch Wiesen und Felder,
Sonnenstrahlen wärmen schon.
Viele zieht’s hinaus in verzauberte Wälder
in allem erklingt ein heller, zarter Ton.
Eifrig schmettern Vögel ihre Lieder
hoch oben leuchtet des Himmels blaues Band
Frühling ist es endlich wieder
in den Herzen der Menschen im ganzen Land.
Na also: a-b-a-b, das ist die Form und Gedichte sind Form, sonst wäre es ja Prosa. Ich will nicht die Frage aufwerfen, ob Lyrik sich reimen muss, Du hast gereimt, und zwar durchgängig, passend und schön, dann nimm doch auch die Form.
Ich gestehe, des Öfteren auch Lyrisches abzusondern. Der Härtetest ist immer Vorlesen. Dabei testet man den Rhythmus (aber wem erzähle ich das, ich habe gerade mal in Deinem Profil gespingst). Die erste Strophe enthält da einen Stolperer, und zwar in der dritten Zeile die ›verzauberten‹ Wälder. Der Rhythmus wäre passend, wenn da einfach ›in die Wälder‹ stünde. Tut’s aber nicht, und ›die‹ ist auch nicht so schön! Wie wäre denn: Hinaus zieht’s in verzauberte Wälder …?
Die zweite Strophe ist nur in der zweiten Zeile leicht ruckelig und nach meinem Geschmack auch etwas übertrieben. Jeder erwartet oben den Himmel. Warum nicht einfach: ›hoch oben leuchtet ein blaues Band.‹
Das wäre dann insgesamt:
Sanfter Wind streift durch Wiesen und Felder,
Sonnenstrahlen wärmen schon.
Hinaus zieht’s in verzauberte Wälder,
in allem erklingt ein heller, zarter Ton.
Eifrig schmettern Vögel ihre Lieder
hoch oben leuchtet ein blaues Band.
Frühling ist es endlich wieder
in den Herzen der Menschen im ganzen Land.
Wie gefällt Dir das?
Wenn wir jetzt noch Perfektionisten wären, könnten wir statt „in allem erklingt ein herller, zarter Ton.“ schreiben „es klingt ein heller, zarter Ton.“ oder gar „dort klingt ein heller, zarter Ton.“ Auch sehr nett! Und - wie gesagt, nur für Perfektionisten! - „im Herzen der Menschen, im ganzen Land.“ Aber das kann man auch gut so lassen.
So, wenn Du mir jetzt nicht böse bist, sind zwei sehr zufrieden. Wenn mir Dein Gedicht nicht gefallen würde, hätte ich keine Mühe hineingesteckt.
Schönes Wochenende .