Frage zur Lesbarkeit

Hallo liebe Community,
hätte mal eine Frage zum Lesbarkeitsindex bei Papyrus. Hab hierzu schon in den Archiven gewühlt und ein paar nützliche Hinweise gefunden, bin mir aber trotzdem noch unsicher in welchem Bereich ich mich letztlich bewegen soll. Jemand hat geschrieben, dass alles unter 70 bearbeitet werden muss … Um Gotteswillen, da komm ich nie hin. Mein Anspruch wäre durchaus eine vernünftige Lesbarkeit, möchte aber dennoch einen gewissen sprachlichen Anspruch aufrecht erhalten. Treibe ich die Handlung voran, z.B. in Spannungsszenen, dann eher kurze und knackige Sätze, liege ich mit der Lesbarkeit meist höher. Nehme ich das Tempo raus, um dem Leser auch mal eine Verschnaufpause zu gönnen, nimmt analog dazu der Index rapide ab … liegt sicherlich auch an meinem Schreibstil. Im Mittel bewege ich bei einem Wert so um die 50. Als rote Linie habe ich mir die 30 gesetzt, was aber nicht immer leicht einzuhalten ist. Wie macht ihr das so? Gibt es bewährte Werte? Sicherlich auch abhängig vom Genre, in meinem Fall Spannungsliteratur für Erwachsene. Voreingestellt habe ich übrigens „Belletristik“. Danke schonmal für eure Tips, Liebe Grüße, Harry

Hi,
da gibt es wohl kein Geheimrezept. Bei meinem aktuellen Werk sieht es so aus:
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Ich schreibe gern kurze, knackige Sätze. Dennoch habe ich Passagen mit Schachtelsätzen, die mir als verklebt angezeigt werden und angefragt wird, ob man den Satz - bestehend aus 60 Wörtern - nicht besser kürzen möchte. Nein, möchte ich nicht, denn es ist der Redeschwall eines Betrunkenen.
Anders ausgedrückt: Es kommt eben ganz darauf an. Ich persönlich mache mir erst einen Kopf darüber, wenn der komplette Text im roten Bereich liegt oder extrem nach rechts ausschlägt.
Alles in Allem finde ich da die Stilstatistik hilfreicher, die bei meinem aktuellen Werk so aussieht:


Die „Ausschläge“ sind an genau den richtigen Stellen.

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Hi Suse,
danke für deine schnelle Antwort. Ich glaube das „ … es kommt darauf an … „ ist der richtige Weg. Ich tendiere leider dazu, mich vom „roten Bereich“ oft gängeln zu lassen … dabei hast du völlig recht, die kleinen Peaks an den richtigen Stellen haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Du scheinst mit der Stilstatistik recht fit zu sein, weshalb ich mir noch eine Frage erlaube: Gibt es die Möglichkeit, sich die Ausreißer im Balkendiagramm direkt im Text anzeigen zu lassen?

Soweit ich weiß, werden dir nur die Kapitel angezeigt, in denen sie vorkommen. Mit einem Doppelklick kommst du direkt ins Kapitel.

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Ich denke, dass der Lesbarkeitsindex genau wie die Stilanalyse vor allem dafür hilfreich ist, dass der „betriebsblinde“ Autor beim Überarbeiten nichts übersieht. Das Computerprogramm zeigt eine Besonderheit auf, daraufhin sollte der Autor einen Moment darüber nachdenken, ob - oder ob nicht - diese Besonderheit gewollt und sinnvoll ist.

So gut ist das Computerprogramm noch nicht, dass der Lesbarkeitsindex wirklich die Lesbarkeit beurteilen kann. Eine Anhäufung von kurzen Sätzen beispielsweise kann im Einzelfall den Lesefluss auch bremsen und den Leser irritieren. Vertrau im Zweifelsfall mehr auf dein Sprachgefühl als auf den Index.

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Hallo Corinna,
danke für deinen guten Tipp. Wie so häufig im Leben; Bauch schlägt Kopf und Sprachgefühl die Technik. Sollte man(n) nur öfters drauf hören … :slight_smile:

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Ich verwende den Lesbarkeitsindex als Richtwert … aber aus dem Bauch heraus. Bei Belletristik ist alles um die 70 okay, denke ich. Bei Kinderbüchern versuche ich den Mittelwert in Richtung 80 zu verschieben; je jünger desto höher.
50 wäre mir persönlich zu wenig. Hängt aber stark vom jeweiligen Thema ab. Fachbegriffe oder Amtssprache kosten Punkte. Wenn es aber nicht anders geht, geht es eben nicht anders.

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P.S.: Ich hatte letztens im Supermarkt einen Regionalkrimi in der Hand, bei dem der Klappentext anscheinend für das „erste Lesealter“ geschrieben war. Nur einfache, kurze Sätze. Diesen Schreibstil fand ich so nervig, dass ich noch nicht mal den Klappentext bis zum Ende gelesen habe.

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Oh ja, ich arbeite ehrenamtlich in einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung. Da gibt es häufig Texte und Broschüren in sogenannter „leichter Sprache“. Wenn man das nicht gewohnt ist, sind die schwieriger zu lesen als die Originale.

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Hallo Neri,
in der Tat, mein Subgenre ist der klassische Ermittler-Krimi. Bei realistischen Dialogen unter Beamten kommt man hin und wieder nicht drumrum, in eine gewisse Amtssprache zu verfallen … Auch so Begriffe wie „Kriminalfachdezernat“ oder etwa „Rechtsmedizinisches Institut“ kosten ordentlich Punkte …

Na und? Macht doch nichts. Lass dich deshalb nicht abschrecken.

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Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass Polizisten in Dialogen „Rechtsmedizinisches Institut“ sagen. Intern gibt es dafür vermutlich gebräuchliche Abkürzungen, und selbst Laien gegenüber würde ich eine Kurzform wie „… wird zur Rechtsmedizin gebracht …“ eher erwarten.

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Es kommt ganz darauf an, wer zu wem in welchem Zusammenhang spricht. So pauschal lässt sich das nicht sagen, dass es unwahrscheinlich wäre.

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Ja, da hast du auch wieder recht. Da sind wir wieder beim Bauchgefühl.

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Ja das stimmt, diese Begriffe entstammen tatsächlich keinen Dialogen. Ansonsten bedient sich die „Polizistensprache“ in einem unendlich scheinenden Fundus an Abkürzungen, die dem Lesefluss auch nicht gerade zuträglich sind … so gesehen ein fürchterliches Genre, aber ich liebe es :slight_smile:

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Ob Absätze blau oder grün sind, ist nicht so wichtig (außer bei Kinderbüchern oder wenn es einfache Sprache sein muss). Aber mehrere rote Absätze direkt hintereinander sind definitiv ein Signal, dass man sich die Passage nochmal genau anschauen sollte.

Oft hilft am besten: einfach nochmal neu schreiben, am besten in einem neuen Dokument, sodass man die Passagen nebeneinander und vergleichen stellen kann (Fenster abreißen, verkleinern). In der Regel ist die neue Passage deutlich besser → alte Passage raus (aufs Klemmbrett, wenn man Muffe hat), neue Passage reinkopieren.

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Hallo Andreas,
danke für den Tipp, tatsächlich verfahre ich mit den roten Absätzen ähnlich. Teilweise spiele ich solange an einer Formulierung, bis ich mit der Hintergrundfarbe leben kann und plötzlich klingt die Sache rund … Oft liegt der Grund für einen schlechten Index nur an einem Fremdwort, Fachbegriff oder der charakterlich notwendigen Sprache einer Figur im Dialog. Ist dies der Fall, (erkennt man ganz schön, wenn man das betreffende Wort kurz rausnimmt und sich der Index sprunghaft verbessert), dann lass ich es auch mal so stehen. Beruhigt mich auf jeden Fall sehr, dass du es auch erst als kritisch betrachtest, wenn mehrere Absätze hintereinander rot sind.

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