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Hallo allerseits,
die folgende Szene ist relativ am Anfang des im Entstehen begriffenen Folgebandes meiner Urban Fantasy Geschichte. Die Protagonisten Charly ist auf dem Weg durch New York, um sich mit ihren Kollegen zu einem Grillabend im Brooklyn Bridge Park zu treffen. Mit ihrem Freund macht sie eine Pause auf einer Wieses und döst weg. Die Szene soll u.a. den Leser abholen, der die vorherigen zwei Bände nicht gelesen hat und erst im dritten einsteigt. Deswegen sind einige Erklärungen aus der Vergangenheit enthalten. Ist die Szene für euch schlüssig? Für Kritik bin ich sehr dankbar.

Charly dämmerte dahin und vergaß das Hier und Jetzt, glitt hinüber in einen Zustand zwischen Bewusstsein und Traum, bis sie sich auf der Wiese inmitten eines von großen Eichen umgebenen Steinkreises wiederfand. Hinter ihr, wusste sie, war der kleine, tiefe Teich, dessen Grund sie trotz des klaren Wassers nicht sehen konnte.
Sie blinzelte und sah sich um. Über den Baumwipfeln tauchte eine warme Sonne die Szenerie in angenehmes Licht. Die Grashalme und Blätter erschienen ihr wie mit einer hauchdünnen, durchscheinenden Schicht aus Gold überzogen.
Geschmeidig erhob sie sich und sah sich um. Sie wusste nicht, warum sie hier war. Das erste Mal war sie an diesem Ort erwacht, als sie im Krankenhaus gelegen hatte. Damals erholte sie sich von einem Sturz in einen alten Bergwerksschacht bei ihrer Heimatstadt. Sie hatte die Schule geschwänzt, um an einem See in der Nähe den Sommertag zu genießen. Dabei hatten sie und ihr damaliger Freund eine Schießerei zwischen zwei US Marshals und einer Gruppe von Verbrechern erlebt. Sie hatte versucht, einen der Beamten durch den Stollen in Sicherheit zu bringen und war abgestürzt. Auf der Suche nach einem Ausweg hatte sie ein verstecktes Amulett gefunden und seitdem immer getragen.
Erst Jahre später, als sie am Ende ihrer Ausbildung zur FBI-Agentin gewesen war, hatte das etwa münzgroße Schmuckstück eine seiner besonderen Kräfte offenbart: In Gegenwart bestimmter Wesenheiten oder übernatürlicher Einflüsse warnte es seine Trägerin durch Hitze.
Irgendwie musste die MIRAGE, die Mysterious Incidents Research and Abnormal Goings-on Examination, auf sie und ihre spezielle Fähigkeit aufmerksam geworden sein und hatte sie direkt nach dem Ende ihrer Ausbildung nach New York geholt. MIRAGE war eine im Jahre 1935 gegründete Gruppierung innerhalb des FBI, die sich mit allem befasste, was gemeinhin als paranormal klassifiziert wurde. Nominell gehört sie zwar zum FBI, tatsächlich operierte sie autonom mit eigenem Budget, und die Leiterin der MIRAGE hatte den Rang eines Assistant Directors, war aber nur dem Präsidenten Rechenschaft schuldig.
Mithilfe ihrer Kollegen, die sie schon seit der Zeit in Quantico kannte, war es ihr gelungen, einer Gruppe von Vampiren auf die Spur zu kommen und zwei zu vernichten.
Sie hatte darüber hinaus Kontakt zu der Entität in dem Amulett aufgenommen und sie als ihren Geistführer anerkannt. Oft hatte sie sich in Meditation begeben und war an diesen, ihren Kraftort, gereist, um von den dort ansässigen Wesen zu lernen. Sie hatte gelernt, wie sie Auren sehen und sogar astrale Reisen unternehmen konnte. Bei der Beherrschung dieser neuen Fähigkeiten stand sie noch sehr am Anfang. Ihr Geistführer in dem Amulett, der bisher als Drache in Erscheinung getreten war, hatte sich auch als menschlich aussehende Frau offenbart und als Cecilia vorgestellt, sodass Charly zwei Mentoren hatte.
»Du warst lange nicht mehr da, Charlotte. Stört etwas deine Verbindung?«, hörte sie die angenehm tiefe Stimme aus dem Nichts. Es war, als würden die Bäume zu ihr sprechen.
Charly besann sich und antwortete: »Ich war nicht allein, und ich musste mir über einige Dinge klar werden.«
»Du haderst mit deinem Vorgehen gegen den Untoten?«
»Ich bin mir nicht völlig sicher, ob unser – mein – Vorgehen richtig war.« Ihre Augen wanderten kurz zu Boden, als ob sie dort die Antwort finden könnte, die sie suchte.
Zunächst antwortete ihr nur Schweigen und sie hörte das leise Rauschen des Windes in den Blättern der Eichen. Dann vernahm sie eine weibliche Stimme hinter sich: »Du solltest deine Entscheidungen als zu der gegebenen Zeit richtig und unausweichlich akzeptieren. Dein Verstand darf sich nicht mehr daran aufhalten. Nur so kannst du dich freimachen und deine Seele wird leer, sodass du neue Impulse aufnehmen kanst. Mach dir keine Sorgen über die Vergangenheit. Wende dich dem Kommenden zu.«
Sie drehte sich um und stand vor Cecilia, die in einem weißen Kleid und offenem, von einem goldenen Reif gehaltenem Haar vor ihr stand.
Nachdenklich nickend stimmte Charly zu: »Ja, ich sollte aufhören, ein schlechtes Gewissen zu haben.«
»Wenn dein Handeln falsch gewesen sein sollte, dann akzeptiere das. Wenn dein Handeln richtig war, dann akzeptiere auch das. Befreie deinen Geist und kümmere dich um das, was vor dir liegen mag.«
Charly setzte sich im Schneidersitz ins Gras und sah nun zu der kleinen Frau empor.
»Das klingt leichter gesagt als getan.«
Die Schwarzhaarige lächelte.
»Natürlich. Du weißt doch schon lange, wie es gut wäre zu sein.«
»Wie Wasser?«, fragte sie mit unsicherem Unterton in der Stimme.
Cecilia nickte langsam und sagte zögernd: »Wie Wasser. Wasser passt sich an oder zerstört etwas, es ist weich und hart. Es ist nicht und es handelt nicht. So kommst du in ein wahres Gleichgewicht, Charlotte.«
Charly bemühte sich, keine Regung zu zeigen. Sie war verwirrt, weil sie keine Idee hatte, was Cecilia meinte. Sie traute sich jedoch nicht, um eine Erklärung zu bitten. Also murmelte sie: »Ich werde mich bemühen.«
Cecilia legte den Kopf für einen Moment schief und sah Charly an. »Du bist auf dem Weg und wirst verstehen, wenn du dich von deinem Ich befreit hast.«
Charly nickte und gab dadurch vor, die Lektion zu begreifen. Sie hatte schon damals auf dem College die langen Vorlesungen der Philosophie des Rechts zwar interessiert, aber ohne allzu tiefgreifende Erkenntnis über sich ergehen lassen. Die Worte ihrer Mentorin erschienen ihr kryptisch. Natürlich war es sinnvoll, sich gleiten zu lassen und an die Gegebenheiten anzupassen, so wie Wasser, dachte sie. Das hatte sie auch in den langen Lektionen ihres Großvaters gelernt, und dieses Wissen hatte ihr sehr dabei geholfen, ihre Kampfkunst besser zu beherrschen, aber wahres Gleichgewicht durch Nichthandeln und Befreiung vom Ich; das erschien ihr merkwürdig. Sie wusste, dass sie ihren Geist frei von allen störenden Einflüssen machen musste, wenn sie sich in eine Meditation versenken, oder die Auren der sie umgebenden Menschen erkennen wollte. Und sie hatte mit einigen fortgeschrittenen Praktizierenden anderer Kampfkünste geübt, die im Grunde genau so gehandelt hatten und erstaunlich gut mit ihrem Handeln durch Nichthandeln kämpfen konnten. Generell ohne Bewusstsein und aktives Handeln zu sein, hielt sie für wenig hilfreich in ihrem Leben. Und auch diese Kampfkünstler hatten am Ende sehr explosiv gehandelt.
Sie bemerkte, dass sie selbst in ihrer Gestalt hier den Finger an ihre Nase gelegt hatte und nahm die Hand herunter.
»Ich werde über das, was du gesagt hast, nachdenken.«
»Denke nicht nach, erkenne, Charlotte.«
Charly dachte an ihre rechtsphilosophischen Vorlesungen und ihre Ermittlungstätigkeit zurück.
»Ist denn das Nachdenken nicht genau das, was geschehen muss, um Dinge zu erkennen und zu verstehen?«, gab sie Widerworte.
»Lerne zu erkennen, nicht zu grübeln. Plane nicht, wisse.«
Sie war verwirrt. Warum wurde ihr diese Lektion erteilt, der sie nur schwer folgen konnte? Sie lag entspannt mit ihrem neuen Freund auf einer Wiese in der Sonne und freute sich auf den Grillabend mit ihren Kollegen am Wochenende. Cecilia hatte sie an diesen Ort geholt, musste also einen Grund haben.
»Warum hast du mich hierhergebracht?«, fragte sie ihre Geistführerin.
Die kleine Frau lächelte milde. »Das habe ich nicht. Du bist gekommen, um mit mir zu sprechen. Du bist auf einem guten Weg, und weder du noch ich haben gehandelt, sondern fließen lassen.«
»Ich muss oft handeln und Entscheidungen treffen! In meiner neuen Rolle als offizielle Leiterin meines Teams wird das von mir verlangt!«, sagte sie mit Bestimmtheit.
»Überlege, was deine Rolle für dich ist und ob sie die Wirklichkeit ausmacht. Wird wirklich solch aktives Handeln von dir verlangt?«
Charly nahm ihre Hand, die sich wieder neben ihre Nase verirrt hatte, herunter.
Ihre Gedanken überschlugen sich. Natürlich musste sie aktiv handeln, das machte einen guten Teamleiter aus. Führungsstärke war das Vorgeben der generellen Richtung, in die die Ermittlungen zu laufen hatten. Jedenfalls hatte sie das bisher immer angenommen. Vielleicht war das, was Cecilia gesagt hatte, jedoch ein neuer Aspekt für sie, den sie bedenken sollte, um das zu werden, was sie für ihr Team sein wollte: eine Anführerin.
»Ich danke dir für die Hinweise«, sagte sie und deutete eine Verneigung an, wie sie sie vor ihren Kampfkunstlehrern machte.
Cecilia lächelte und erwiderte: »Du kannst jederzeit zu uns kommen, du bist ein gern gesehener Gast.«
Mit einer Handbewegung deutete sie an, dass das Gespräch beendet sei und der Ort vor Charly verblasste langsam.

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Zu weichgespült für mich.

Brrr. Abgedroschen.

hatte sie das Amulett gefunden (der Leser weiß vermutlich, was es für eines ist)

Das mag ich!

Rede so jemand, der selber „untot“ ist?

Da würde ich einen Satz nachschieben. So etwas, wie: Ja, so etwas passiert, wenn man für MIRAGE arbeitete. Your daily dosis of f*** shit.

Bildhaft, aber mir zu viel. Da fände ich einen Kontrast cooler. Die Manifestation als Pandabär mit NY Yankees Mütze z.B. (übertrieben gesagt - aber keine griechische Hohepriesterin)

Das ist der Anfang einer sehr langen, etwas den Lesefluss hemmenden Beschreibung, die zu viel Infodump (Kampfkunststrategie, Philosophie, Familiengeschichte) enthält.

Da musste ich grinsen. Juristische Vorlesungen? Oder eher so AFD Gesinnungsphilosphie? (bitte nicht böse sein). Aber der gesamte Folgedialog ist etwas zu gewollt. Das ganze „Erkenne Dich selbst“ des Orakel von Delphi ist hier zu wage. Ich würde direkter und weniger „mystisch“ formulieren.

Insgesamt sind das nur MEINE Eindrücke. Nichts davon muss so richtig sein. Das Setting urban fantasy meets x-files finde ich prima! Aber die o.g. Punkte stören mich - es sei denn man peppt sie selbstironisch auf und zieht sie etwas an den überzogenen Haaren heraus. (Derek Landy macht so etwas in den Demon Road Stories.)
Ich hoffe es hilft etwas. Nur, weil ich kritisiere, heißt das nicht, dass ich es
a)nicht mag oder
b) besser machen könnte.

Liebe Grüße,

m.

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Ich würde an deiner Stelle versuchen, den Rückblick subtiler über die Kapitel zu verteilen - dann vermeidest du diese Häufung:

Den Satzbau verwendest du recht häufig - auch mit anderen Verben und recht kurz hintereinander. Normalerweise triggert mich das gar nicht so, aber hier fand ich die Häufung auffällig

Rechtsphilosophie als Teil der Juavorlesungen am College. Keinn AFD-Kram, der ist ja seit heute auch offiziell verfassungswidrig …
Die Geistführerin gehört so mystisch und das vage „Erkenne Dich selbst“ ist durchaus absichtlich so angelegt. Es stammt übrigens nicht aus Delphi, sondern aus dem Daoismus.
Vielen Dank für deine Mühen und die guten Hinweise, von denen ich einige direkt umgesetzt habe.
Schöne Grüße
C.

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Ok, vielen Dank. Ich werde mal sehen, ob ich das abwechslungsreicher hinkriege. Danke für das Feedback.

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Gerade als neuer Leser, der nicht weiß was los ist, will ich mit Fragen bombardiert werden. Für den bereits vertieften Lesen ist es sowieso schnuppe, der weiß ja was los ist. Hier ist mein Problem mit dem Beginn:

Sie dämmert dahin, halb schläfrig (wie friedlich). Die warme Sonne und das angenehme Licht (da würde man sich ja gerne wieder hinlegen und weiterschlafen :slightly_smiling_face:). Und dann noch der kleine Teich … ich hab gerade eine wunderbar idyllische Szene vor Augen.
Aber Charly weiß nicht, warum sie hier ist? Und dann erhebt sie sich geschmeidig und nicht abrupt und aufgeschreckt? Das passt für mich alles nicht zusammen. Und dann kommt eine Erzählung, die mich nicht unbedingt fesselt, die in mir keinen Entdeckerdrang aufkommen lässt. Und wieder: ja, der bereits vertiefte Leser weiß schon, was los ist, aber die Szene willst du ja, damit du neue abholst? Und das schaffst du nicht nur durch Infos, sondern da musst du auch ein wenig Spannung reinbringen.

Ich fände so einen Einstieg besser:
Charly sprang vom Boden auf und sah sich um. Nichts von dem, was sie sah, entsprang dem, was in ihr vor sich ging. Das angenehme Wiegen der Blätter im warmen Wind … Blablabla.
Sie war doch gerade noch in einem Krankenhaus gelegen? Oder etwa nicht? Ein kurzer Schwindel überfiel sie und sie hielt sich den Kopf, als wolle sie verhindern, dass ihr Bewusstsein sie nicht verlässt. Nein, da waren die Erinnerungen - sie passten. Der Sturz im Bergwerk, die Schießerei der Marshals, die Flucht, das Amulett …

Meine Sätze sind da jetzt nicht sonderlich gut, aber so ähnlich würde ich starten. Danach ist mir ein wenig zu viel Erklärung auf einmal, wenn ich ehrlich sein soll. Ich würde Cecilia auftauchen lassen, erst dann das Amulett einführen. So wäre es nicht so viel geballter Rückblick auf einmal.

Grundsätzlich finde ich die Idee gut, aber ich würde es etwas auflockern. Rückblicke und Erinnerungen sind (fast) immer passives Geschehen und bremsen die Spannung aus, Dialoge sind (fast) immer Action und nehmen den Leser mit. Hier würde ich etwas hin und her wechseln.

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Alles klar, Danke für das Feedback. Mal sehen, was ich davon einbauen kann.

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