Falten im Gesicht - Ideen für die Zwischenräume

brauchbare Definition:
“Als Hautfalte bezeichnet man sowohl Einsenkungen als auch Auswölbungen der Haut unter bzw. über das umgebende Hautniveau.”
Ich hab die ganzen medizinischen Begriffe ja auch mal gelernt, dass die Umgebung von Falten einen speziellen Namen hätte, wäre mir neu.

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Liebe @Suse!

Grundsätzlich denke ich, **so **ist es. Wellenberg und Wellental ergeben eine Welle. In anderen Zusammenhängen ist allerdings von stehenden Hautfalten die Rede (wobei man hier nur die Berge meint), aber das ist inhaltlich etwas anderes.
Was die medizinische Terminologie anbelangt, sind mir jetzt auf Anhieb keine feststehenden Begriffe bekannt, die in aller Munde wären. Es ist aber durchaus möglich, dass Hautärzte und Schönheitschirurgen ihre eigenen Fachbegriffe haben.
Da wäre ggf. @Lusmore’s Vorschlag hilfreich:

Schließlich sind die lateinischen Bezeichnungen in den letzten Jahren ein wenig aus der Mode gekommen, wenn auch sicher irgendwo zu finden.

Ich finde, du solltest dich da jetzt nicht verbiegen. Wenn keine geläufigen Fachbegriffe auf dem Markt sind, muss man nicht ungebräuchliche benutzen, die kein Mensch versteht. Ich würde von “Faltentälern” und “Faltenbergen” reden, wobei “-berge” die Sache nicht so ganz trifft.

mfg os|<ar

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Statt Falten könnte man auch mal Runzeln schreiben.

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Hubbel

Hm, vielleicht kontexabhängig: Was war deine 93jährige früher mal? Geologin? Zwischen Bergen und Tälern liegen Ebenen (Hoch-, Tief-). Hatte sie eine Beziehung zur Mathematik? Zwischen Minima und Maxima mag eine Nulllinie liegen.

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Hallo Suse,

ich habe jetzt mal etwa zwei Dutzend medizinischer Fachartikel bzw. Ausschnitte medizinischer Fachbücher (in GoogleBooks) – etwa zu Intertrigo u.ä. – konsultiert und stieß dabei stets auf die beiden Ausdrücke Hautfaltenzwischenraum bzw. simpler auch Faltenzwischenraum, so daß ich inzwischen fast schon überzeugt bin, daß spezielle(re) Bezeichnungen dafür kaum oder gar nicht Usus sind. – Texte aus der Beauty-Branche zeigen dasselbe Bild.
Ich würde nach dieser Recherche tatsächlich auf ‘Faltenzwischenraum’ gehen, wenn denn ein solcher Rekurs nötig wäre, ansonsten käme für mich vielleicht noch ‘Faltental’ in Frage.

Gruß von Palinurus

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Ich würde sagen, das Faltental ist die Falte und der Hautlappen, der herausragt ist unbenannt.

Die Sonnencreme setzte sich in der Falte über der Nasenwurzel fest und glänzte dort unpassend weiß auf der braunen Haut.

Liebe Unbefleckte,

das kann so gesehen werden. Für mich persönlich liegt in der vorliegenden Frage allerdings ein “tieferer Sinn” [sic] verborgen, der erst dann zutage tritt, wenn man sich Gedanken über die Voraussetzungen diverser Begriffsbildungen macht, also vom bloßen Gebrauch in jenen Modus umschaltet, den z.B. Hegel (wahrlich ein Begriffsfetischist!) mit dem Term ‘Reflexion’ einzufangen versuchte.

Tut man das in der hiesigen causa, wird schnell klar, daß es (schlicht und ergreifend) DIE Falte (bzw. DAS Faltental) überhaupt nicht gibt, sondern eine Rede davon im Grund genommen nur dann klärend ist, wenn mitbedacht wird (@oskar21 hatte das in seinem Beitrag bereits angedeutet), daß ein Faltental nur dann existiert, wenn es zugleich von begrenzenden Höhen erst konstituiert wird. – Wer darauf geht, merkt dann weiters sehr schnell, daß derlei Faltungen (mindestens) zwei unterschiedliche Ausprägungen (Typen) haben können: Einmal als Einschnitt in eine vorher glatte Oberfläche und einmal als Erhebung aus einer glatten Oberfläche.
Unter idealtypischen Bedingungen läßt sich das an Gebirgsformationen zeigen: Es gibt Auffaltungen von Gebirgen (z.B. der Alpen infolge des Drucks der afrikanischen Kontinentalplatte) durch sog. Kontinentaldrift oder bspw. auch Vulkanismus und es gibt andererseits Talbildungen durch Erosion oder Wasserabtrag oder beides innerhalb von Erhebungen, wobei sich dann eben Täler in (vorher glattere) Oberflächen eingraben.

So oder so – ich komme jetzt zum Kern der Sache – ergibt sich allerdings eine je begrenzende Höhung bzw. ein Tal stets nur dann, wenn das je Gegensätzliche mitgedacht wird. Einfacher formuliert: Ein Faltental setzt die begrenzende Auffaltung voraus – es existierte schlicht nicht, wäre es nicht von Höhungen begrenzt. Und eine Höhung wiederum kann begrifflich nur gefaßt werden, wenn ihr entweder eine sie umgebende “Niederung” entgegensteht oder wie im Fall eines Tales eben ein gehöhter counterpart, mit dem zusammen dann (erst) das Tal gebildet wird.

Bei Hautfaltenbildungen verhält es sich nicht anders: Das “Tal” kann durch Auffaltung an seinen Rändern entstehen oder durch Verlust der Glätte und Spannung von Hautpartien (wobei vermutungsweise das Letztere quantitativ gesehen den Hauptteil ausmacht: man nennt das ja “Verrunzeln” [siehe dazu etwa: http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GR09716#XGR09716 ]).
Von daher betrachtet: ‘Die (Haut-)Falte’ würde ich unter eben angesprochenen Auspizien immer als das (letztlich untrennbar zusammengehörige) Ensemble von “Berg und Tal” betrachten und nicht als “nur Tal” oder “nur Berg”.

Nachtrag: Der von mir hochverehrte Claude Lévi-Strauss hat im Rahmen seiner Strukturalen Anthropologie dazu eine Theorie entwickelt, die von der “ursprünglichen” sprachkonstitutiven Wirkung zuerst sinnlich wahrnehmbarer und dann auch kulturell gebildeter Opposita ausgeht; also etwa von ‘warm-kalt’, ‘feucht-trocken’, ‘roh-gekocht’, ‘weiblich-männlich’, ‘verwandt-nicht-verwandt’, ‘endogamisch-exogamisch’ usw.
Strukturalistische Ansätze – zu denen ich mich in gemäßigter Form bekenne – haben alle eine solch “holistische Sicht” an sich, also das Zusammenspiel von Teil und Ganzem als “sich gegenseitig erklärend”. Besonders augenfällig wird das am semiotischen Ansatz Ferdinand de Saussures anbei seiner Überlegungen zur Arbitrarität der Zeichen. Danach zeichnen sich entsprechende Systeme – wie etwa unser Alphabet – dadurch aus, daß kein Semen “für sich” irgendetwas bedeutet, sondern nur der jeweilige Verweisungszusammenhang. Trivialisiert formuliert kann man sich daran klarmachen, warum der Satz die kleinste Sinneinheit ist (und nicht etwa Wörter, wie oft geglaubt wird): Ein Wort – nach Saussure ebenfalls ein Zeichen – (allein für sich betrachtet) bedeutet danach gar nichts: Es erhält erst “einen Sinn” (Signifikat) dadurch, daß es mit anderen Wörtern (also noch anderen Zeichen) korreliert ist, sich ergo die im Satz konstellierten Wörter “gegenseitig erklären” bzw., besser ausgedrückt, in ihrer Konstellation auf einen Sinn zu verweisen vermögen.

Lévi-Strauss’ Oppositions-Struktur spiegelt das: Wer von ‘hoch’ oder ‘tief’ spricht, denkt das je notwendige Oppositum stets schon mit, auch wenn es gar keine Erwähnung findet oder “unbewußt bleibt”.
Den Unterschied zwischen “kalten” und “heißen Gesellschaften”, also zwischen sog. “primitiven” und traditionalistischen hier und modernen (“heißen”) dort macht L.-S. u.a. daran fest, daß die letzteren zu analysieren beginnen, was bei den kalten stets unanalysiert mitgesetzt ist (d.h.: sog. “Primitive” gehen nach L.-S. nicht “unlogischer” vor als wir, sondern bedienen sich vielmehr eines Vertrauens in “implizite Logiken”, derweil wir wähnen, über Analyse noch die “Logik der Logik” durchschauen zu können, freilich ohne es auch nur im Geringsten wirklich zu vermögen [warum das nicht geht, wir also letztlich nur hypertropher, aber nicht wirklich “schlauer” als Primitive sind, hat L.-S. auf seine Weise auch ganz gut gezeigt; formal korrekt ist es von Gödel auf den Punkt gebracht worden und nochmals anders – aber nicht weniger “logisch” (über Sprachkritik) – von Ludwig Wittgenstein]).

Viele Grüße von Palinurus

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Das nennt man dann den gesunden Menschenverstand. Nur die neuen Linken machen da nicht mit und negieren diesen. Oder sie diskreditieren ihn und er firmiert seit einiger Zeit unter neurechtem Gedankengut. Wer den gesunden Menschenverstand heute gebraucht, ist ein halber Nazi.

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Ich stimme dir dahingehend zu, liebe Immakulata, als ich den ‘Primitiven’ Lévi-Strauss’ durchaus einen wahrlich gesunden Menschenverstand zuschreiben würde (er rechtfertigt den Gebrauch des Terms ‘Primitive’ übrigens sehr gründlich, etwa in Das wilde Denken, weshalb man ihn nicht pejorativ besetzt vorstellen sollte [eigentlich schade, daß heutzutage solche Erklärungen notwendig sind, um nicht von … ähm … “weltanschaulich” Halbgewalkten in falsche Ecken ihres grobkantigen … ähm … “Weltbilds” gepreßt zu werden]). – Gleichwohl wird leider auch Mißbrauch mit diesem Begriff getrieben: Längst nicht alles, was heutzutage darunter firmiert, gehört dort einsortiert …

Daß es v.a. eine “linke Attitude” ist, den GMV zu diskreditieren, hat historische Gründe, die insgesamt “nicht ganz ohne” sind, inzwischen spielen die allerdings kaum noch eine Rolle – und genauso geht’s mit den einmal recht gut signifizierenden Kategorisierungen von linker und rechter politischer Einstellung zu: Sie sind derweil eigentlich kaum mehr als bloß noch plakativ in Gebrauch und dienen in den zunehmend manichäisch (auf-)gefaßten gesellschaftlichen Grundkonflikten hauptsächlich der Verunglimpfung – respektive Stigmatisierung – jeweiliger Gegner.
Daß das alles wenig befriedigend ist, darf wohl als gesetzt angesehen werden, zumindest bei Leuten, die keine festgefügten – je für absolut “gut” befundenen – … ähm … Weltbilder" wie anbetungserheischende Monstranzen vor sich hertragen und panisch darauf bedacht sind, nur auch immer “auf der richtigen Seite zu stehen”, woher auch immer das … ähm … “Wissen” davon herrühren mag, was denn nun eigentlich jeweils “gut”, “richtig” und wahr ist".
Der Vorwurf z.B., “Nazi zu sein”, ist heute derart überstrapaziert in seinem inflationären (und tlw. auch unsinnigen) Gebrauch, daß vorsichtigere Menschen – etwa mit wenigstens noch einem Minimum an geschichtlicher Bildung – m.E. zurecht den Verdacht hegen, damit könne das Bedrohliche, auch historisch Fatale und Perverse daran geradezu ausgewischt werden. Das bspw. ließe sich m.A.n. durchaus schon mit einigen Grundsätzen des GMV erklären – aber bringen darf man so ein Argument natürlich nicht, ohne ebenfalls sogleich zum Nazi deklariert zu werden; was doch schön zeigt, daß wir nicht in einer kalten, sondern eben äußerst heißen Gesellschaft nach der Klassifikation von Claude Lévi-Strauss leben, wobei ich mich manchmal frage, ob ich darin eigentlich leben möchte … – Aber was bringt’s? Der Alternativstrang ist ja nicht wirklich ersichtlich …

Schöne Grüße von Palinurus

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Hallo @Palinurus ,

ich erlaube mir, Deinem “Nachtrag” in Beitrag #28 etwas zu widersprechen bzw. zu ergänzen. Deine aufgeführten Opposita sind m. E. weder gegensätzlich erklärend noch holistisch. Sie sagen nur etwas aus: Es gibt einen Dritten, der ein subjektives Urteil fällt. Wasser hat eine bestimmte Temperatur und einen bestimmten Aggregatszustand, Punkt. Die Einschätzung heiß oder kalt kann nur von einem Dritten kommen, der sich und sein Empfinden als Maßstab nimmt. Was ist also kalt oder heiß? Dieses Gegensatzpaar erklärt sich objektivierbar eben nicht gegenseitig, denn es gibt keine exakte Gradzahl, ab der jeder sagen würde “Das Wasser ist heiß”, sondern es bleibt ungenau. Auch dem Holistisch kann ich so nicht zustimmen, denn - um im Beispiel zu bleiben - weder werden dadurch die weiteren Eigenschaften von Wasser klassifiziert, noch das dadurch abgedeckte Temperaturspektrum hinreichend genau bezeichnet. Für mich ist es ein Unterschied, ob ein Gegenstand (hier jetzt nicht Wasser als Beispiel) 80° oder 800° Celsius hat.

Ebenso finde ich die Aussage, dass ein Wort für sich alleine keine Bedeutung, keinen Sinn hat, nicht treffend. Das Problem ist vielmehr, dass das Wort durchaus mehrere Bedeutungen haben kann (Orange: Farbe oder Frucht) oder aber so direkt nicht für jeden nachvollziehbar zur aktuellen Situation passt (“Nennen Sie eine Zahl zwischen 1 und 10!” “Grün!”) Erst durch den Satz werden die vielen Bedeutungen bis auf eine weggefiltert bzw. der Sinnzusammenhang zur aktuellen Situation dargestellt. Und auch das klappt im schriftlichen - was ja hier unser hauptsächliches Metier ist - nicht immer. Nehmen wir das Beispiel von zwei Männern, die im Auto sitzen und warten müssen, weil ein alter Mann mit Rollator langsam die Straße überquert. Schließlich sagt der Fahrer: “Ich werde den Opa jetzt umfahren.” Ohne weitere Informationen aus Betonung, Mimik, Gestik, etc., weiß man nicht, ob er nun um den alten Mann herum oder ihn über den Haufen fahren will.

Um jetzt den Bogen zum eigentlichen Thema zurückzuschlagen: Ob man nun von Faltenbergen und -tälern usw. spricht, hängt davon ab, was man als Ausgangsbasis, als Nulllinie betrachtet. Geht man davon aus, dass diese Ebene Null irgendwo zwischen Faltentälern und Faltenbergen liegt, dann existieren eben diese. Wenn man davon ausgeht, dass sozusagen die Faltenberge diese Nullebene darstellen, dann gibt es eben nur Faltentäler, so wie z. B. Alex Sassland sieht. Rein instinktiv hätte ich auch gesagt, Falten sind nur Vertiefungen (bezogen auf Haut, nicht Geologie). Wenn etwas hochsteht, sind es Schwellungen oder Pickel.

Just my two cents.

Gruß
Ralf

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Ich nehme einmal an, dass, je mehr Falten jemand hat, desto größer die Wahrscheinlichkeit, in diesem Thread zu posten. Die jungen, faltenlosen Leute haben (hoffentlich!) etwas Besseres zu tun. Falten auf der Haut sind wie Furchen auf dem Acker. Man meint und benennt eigentlich nur die Vertiefungen. Die Hubbel werden nicht benannt. Das ist auf dem Acker genauso.

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Lieber Ralf,

bevor ich auf die von dir vorgebrachten Einwände eingehe – ich werde es tun, falls du nach diesem Post entsprechend reagierst --, möchte ich ganz vorsichtig darauf aufmerksam machen, daß sie äußerst kontrovers verhandelte Gegenstände sowohl der philosophischen Teildisziplinen Ontologie als auch Epistemologie berühren.
Damit sei gesagt: Sich darauf einzulassen (jedenfalls in einer Diskussion mit mir), führt notwendig weit vom eigentlichen Threadthema weg. Und da es einerseits (in diversen Zusammenhängen hier im Forum) schon vorgekommen ist, daß entsprechende Beiträge von mir (und wohl auch von anderen, wie einige Berichte durchscheinen ließen) – auf solche Dinge gehend – gecancelt wurden, andererseits die damit angesprochene Materie auch philosophisch/linguistisch nicht gerade unmaßgeblich voraussetzungsvoll ist (ich würde in Sachen ‚Wasser‘ und seiner [notwendigen (sic)] Eigenschaften etwa auf die durchaus komplexen modallogischen Überlegungen Saul Aaron Kripkes und Verwandtes rekurrieren), möchte ich erst anfragen, ob wir eine solche Diskussion wirklich führen sollen.
Ich habe nichts dagegen – und halte zudem so etwas, Schreiberlinge betreffend, auch gar nicht für so abwegig (halt wenigstens bzgl. einer Klärung des Grundsätzlichen daran … die Details sind ganz sicher nicht „normalmensch-tauglich“ :scream:).

Darüberhinaus sei darauf hingewiesen, daß ich Claude Lévi-Strauss’ Theorie zum Sachverhalt – sehr kursorisch – referiert habe und nicht meine eigene. Ich bin auf „rein philosophischer“ Basis (s.o.) ganz gewiß nicht vollkommen d’accord mit ihm (deshalb meine Eigencharakteristik als „gemäßigt strukturalistisch“ denkend); möchte dir allerdings an dieser Stelle einfach zu bedenken geben, daß seine Opposita-These ja eben aus dem strukturalistischen Paradigma erwächst, was deinen – in anderen Zusammenhängen sicher bedenkenswerten Einwand – in diesem Kontext nicht so arg durchschlagend erscheinen läßt. Will sagen: Der (nicht gemäßigte) Strukturalist würde dir „bescheiden“, etwa angesichts eines solchen Statements:

Jo! Und eben dieses sU käme nicht zustande, wenn ihm ontologisch nicht eine Struktur (in re) zugrundeläge, die die Opposition bereits an sich trägt! Ein orthodoxer Neostrukturalist setzte dann womöglich noch hinzu: Wobei ein jegliches Urteil immer nur subjektiv sein könnte, weil „objektiv“ natürlich einzig die différance (Derrida) ist und sonst … gar nix … :smiley:

Was das angeht:

Darüber möchte ich eigentlich eher nicht diskutieren, lieber Ralf. Bitte lege mir das nicht als schnöde Ignoranz aus, sondern sieh’s mir von daher nach, daß ich eine sprachphilosophische Ausbildung – samt späterer Selbstweiterbildung in derlei Feldern – genossen habe, die es aufgrund ihrer zugrundeliegenden Prämissen kategorisch ausschließt, lediglich ein Satzelement als kleinste Sinn(stiftende)Einheit aufzufassen denn den Satz selbst. Nach meiner Kenntnis gibt es heutzutage auch kaum noch ernstzunehmende linguistische oder sprachphilosophische Theorien, die so etwas vertreten würden. Ich kenne jedenfalls keine.

Im Grund genommen sagst du es auch selbst, denn dein Bsp. …

… weist ja gerade auf die Unhintergehbarkeit des – kontextanzeigenden und damit erst signifizierenden – Satzes!

Im Übrigen halte ich ‚Orange‘ (Frucht) und ‚Orange‘ (Farbe) für** zwei** (verschiedene) Wörter mit je gleicher Signifikanten-[sic]-Konstellation! Denn die Signifikate sind natürlich je verschieden!

Um das zu demonstrieren:

(1) „Hmmm, diese Orangen werden uns munden!“ (Sprechhandlungskontext dürfte klar sein)

(2) „Ohhh, dieses Orange müssen Sie wieder übermalen, Herr Malermeister! Das ist für mich zu knallig!“ (dito)

Es ist doch eigentlich klar, daß wir’s hier mit zwei Wörtern zu tun haben, deren Homophonie und gleicher Signifikantenstand nur suggeriert, es handle sich um ein Wort. Denn sofern Wörter Bedeutung annehmen können, nehmen die beiden hiesigen im jeweiligen Kontext unterschiedliche Signifikate an. I.d.R. markieren das u.a. auch die sie konstellierenden anderen Wörter im Satz sowie dessen je spezifische grammatische Form.

Nachtrag:

Noch eine in diesem Zusammenhang wichtige Zusatzüberlegung: Es ist einerseits im hiesigen Zusammenhang nicht unerheblich, ob es sich bei den Wörtern um Namen oder Begriffe oder noch andere Wortarten handelt, wobei in deinem angeführten Fall ja Namen ventiliert werden, was etwa einen Rekurs auf Kripke schon beinahe unvermeidlich machte (etwa hinsichtlich der Frage, ob es rigid designators sind oder nicht); und andererseits wäre m.E. auch immer mitzubedenken, was im Fokus der Betrachtung steht: Z.B. ‚Erwähnen‘ im Sinn von Zitation (ein ungeheuer komplexes sprachphilosophisches Problem!) oder ‚Benennen‘ sowie außerdem ‚Sagen‘ oder ‚Meinen‘.
Beim Letzteren sind sich viele Menschen gar nicht klar darüber, daß es da tiefgreifende Unterschiede gibt. Ich nehme als Bsp. mal ‚Feuer!‘ statt dein Beispiel ‚Orange‘, weil sich daran besonders schön der Unterschied zwischen Sagen und Meinen demonstrieren läßt:

(3) Ein pervertierter amerikanischer Colonel im Vietnamkrieg sagt während einer Situation, wo sich eine Abteilung total zugekiffter GI’s mit Gewehr im Anschlag einer Ansammlung vietnamesischer Frauen und Kinder gegenübersieht: „Feuer!“

(4) Eine äußerst dominant erscheinende Dame im Pelzmantel etc.pp. – neben sich ein jämmerliches männliches Wesen, das devot zu ihr aufschaut – entnimmt ihrem diamantenbesetzten Handtäschchen eine Zigarette, setzt sie auf ein elfenbeingefertigtes Spitzel und sagt dann: „Feuer!“

Beider Sagen ist vom (äußeren) speechact (vgl. Austin/Searle) her (gleich und) imperativ. – D.h., wir haben es vom illokutiven Anteil betrachtet mit einem sog. directive act zu tun. Interessanterweise ist der propositionale Anteil auf ein einziges Wort reduziert. Wobei freilich klar ist, daß trotzdem ein Satz vorliegt!

Und nun: Sofern nur das Sagen betrachtet wird, sind beide Sätze gleich! Aber wer nur daran denkt, hat nicht begriffen, daß sich ein *gesprochener Satz *darin allein nicht erschöpft. Denn – und jetzt kommt Wittgenstein ins Spiel! – er ist stets eine Teilmenge von diversen Sprachspielen, und Sprachspiele finden in kulturell vorgeprägten Handlungszusammenhängen statt und stehen unter Regelführung. Heißt im Klartext: Auch wenn Sätze das Gleiche zu sagen scheinen, lassen sich darin ganz unterschiedliche Arten des Meinens feststellen:

Bei (3): ‚Feuer!‘ impliziert des Colonels Befehl: „Knallt diese verdammten asiatischen Untermenschen ab!“
Bei (4): ‚Feuer!‘ impliziert der Domina Befehl: „Hole das Feuerzeug raus und mach es an, damit ich meine Zigarette rauchen kann (du Jammerlappen)!“

Ersichtlich sind trotz gleicher Illokution verschiedene Propositionen im Schwange beim jeweiligen Sprechakt, was sich daher erklärt – vgl. PU von Wittgenstein oder auch Searles Schrift Speechacts --, daß der jeweilige Handlungskontext sie mitbestimmt. Und weiters wird daran ersichtlich, daß ein einziges Wort gleichwohl einen ganzen Satz (eigentlich exakter: eine komplette Aussage) zu implizieren vermag. Der Witz daran ist hier (das läßt sich freilich nicht auf alle Wörter übertragen): Die Proposition ist niemals „einwortig“. Sie impliziert zwingend ein syntaktisches Gefüge! Was ich meine, kommt immer in der Proposition zum Ausdruck. Daher ist der je mitgesetzte Handlungszusammenhang unentbehrlich, das Meinen zu entschlüsseln. Im (bloßen) Sagen bleibt es oft diffus.

Wie eine kleine Einführung ins Thema (wenigstens einiger Aspekte davon samt notwendigen Weiterungen) kann ich dazu Albrecht Wellmers Wie Worte Sinn machen empfehlen:

https://www.suhrkamp.de/buecher/wie_worte_sinn_machen-albrecht_wellmer_29452.html?d_view=inhaltsverzeichnis

Außerdem: Grundsätzlicher (auch älter, aber nichtsdestotrotz absolut erhellend noch immer) des großen Sprachphilosophen Franz von Kutschera Buch* Sprachphilosophie*:

Hier online (frei zugänglich über Uniserver Regensburg):

https://epub.uni-regensburg.de/12447/1/ubr05467_ocr.pdf

Als Buch sicher auch antiquarisch günstig zu erhalten.

Unabhängig davon gilt jedoch: Ich lasse mich allerdings gern belehren, wenn ich mit obigen Notizen nachweislich falsch liegen sollte. Denn ich möchte wahrlich nicht ignorant erscheinen und lerne gern dazu.

Freundliche Grüße von Palinurus

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Die Überschrift dieses Themas könnte eine Grönemeyer Lied sein …

Uh uh ih yeah,
ooooh ooh
Uh, oh yeeeeahhh

Falten im Gesicht
Ideen für die Zwischenräume
Das Lachen längst schon gemalt
Eure Gedanken sind nicht mehr bei mir
Antwortet mir philosophisch
Nicht mehr steril

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Hallo @Palinurus ,

nach einem sehr entspannenden Wochenende komme ich endlich dazu, Dir zu antworten.
Ich muss zugeben, dass mich die - m. E. - apodiktische Postulierung der Opposita und deren Bedeutung getriggered hat. Grundsätzlich fordern “Das ist die alleinige Wahrheit”-Statements meinen Widerspruchsgeist heraus und ich spiele schon fast zwanghaft den Advocatus diaboli, da mussten schon mehrere Leute darunter leiden :smiley:
Erschwerend kommt hinzu, dass ich mir unabhängig von Strukturalisten, Germanisten, Philosophen und sonstigen Hochgelehrten auch den Luxus eigener Gedanken und Meinungen erlaube.

In der Wort-Satz-Debatte liegen wir auch gar nicht so weit auseinander. Du sagst ja selbst, dass das Wort “Feuer” unterschiedliche Bedeutungen hat. Welche konkret gemeint ist in einer Situation, ergibt sich aus der jeweiligen Situation, Mimik, Gestik oder eben auch einem Satz. Nichts anderes hatte ich bereits oben geschrieben. Und wenn Du schreibst (sinngemäß) ein Wort kann auch ein Satz sein und daher einen Sinn haben - jo, damit kann ich leben.

Aber ich stimme Dir zu, dass wir uns damit schon sehr weit vom eigentlichen Threadthema - Suses Faltenzwischenraumbezeichnungsproblem (so schöne lange Substantive lassen sich echt nur in Deutsch bilden ;)) - wegbewegen, vermutlich viele der anderen Foristen langweilen und ggf. Ulli nur wieder Arbeit verursachen. *Let’s agree to disagree *an dieser Stelle und belassen wir es dabei.

Viele Grüße

Ralf

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. Das Wort ist noch besser als “Unbedenklichkeitsbescheinigung” über das sich meine norwegischen Freunde herzlichst amüsiert haben.

Das ist in der Plauderecke wohl nicht weiter schlimm.

Eigentliche Frage war: Wie heißen die Faltenzwischenräume.
Konkrete Antwort ist: Die haben keinen speziellen Namen.

Ja. Gute Idee. Zu dem Thema ist vermutlich tatsächlich alles aus allen Richtungen beleuchtet worden, was ja generell nicht schaden kann.

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Lieber Ralf, da stehst du in der Welt wahrlich nicht allein. Claude Lévi-Strauss’ Theorie dazu ist ganz sicher hochumstritten; ich selbst vertrete “nur” einen gemäßigten strukturalen Ansatz und nicht jenen des großen frz. Gelehrten. Wenn du so willst: Es ist letztlich die Arbitraritätsthese – im Gefolge von de Saussures Semiotik – mit der ich einige Verbindungen zur Theorie von L.-S. teile. Was mir bei ihm besonders schwierig scheint, ist die dabei klammheimlich gesetzte ontologische Prämisse. Sieht man es pragmatisch, kann man allerdings getrost mit diversen Opposita-Feldern (sagen wir mal etwas großzügig: in der Art etwa, wie heutzutage z.B. Markus Gabriel mit sog. ‘Sinnfeldern’ operiert) arbeiten. Und das hat L.-S. auch praktisch – durchaus eindrucksvoll – vorgeführt; nämlich anhand seiner tiefgreifenden Mythenanalysen (das entsprechende Referenz-Werk dazu, die Mythologica, sind wahrlich monumental).

Das ist kein Luxus, sondern die conditio sine qua non für** eigene** Urteilsfähigkeit. – Wer nur nachplappert, was vermeintliche oder wirkliche Kapazitäten zu dieser oder jener causa sagen, hat meistens gar nix verstanden. Aber es geht ja immer gerade darum: Ohne “etwas zu verstehen von der jeweiligen Sache” kann man niemals zu einem eigenen Urteil kommen, das sich dann ggf. auch rechtfertigen*** läßt (nur das sind nämlich Urteile … alles andere ist bloß dahergeschwafelte Meinung). Ich schätze deine kritische Haltung.

***das geht zurück auf Platon, der ‘Wissen’ gegenüber bloßem Plappern als “wahre, gerechtfertigte Meinung” qualifiziert hat (vgl. dazu Theaítētos 201d)

Viele Grüße von Palinurus

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Interessant. Tatsächlich waren für mich bisher Falten immer das Gesamte: sowohl Vertiefung als auch Erhebung. So wie eine Welle ja auch nicht der Berg ist oder das Tal, sondern beides zusammen.

Hm. Eine Welle ist für mich tatsächlich nur die Erhebung. Wenn ich beim Surfen auf die nächste Welle warte, meine ich damit nur die Erhöhung bzw. das, was sich dazu aufbaut - die trägt mich weiter.

Das ist aber kurzsichtig, denn ohne das Wellental kannst du warten, bis du schwarz wirst, es wird einfach keine neue Welle kommen. Aber es ist klar, was du meinst und die meisten Schreiber in diesem Thread haben sich auch so geäußert.

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