Hallo, der Held meiner heiteren Liebesgeschichte ist ein Mathe-Nerd (kein Physik-Nerd, glücklicherweise) und soll zweimal seine Verliebtheit mit Raketen vergleichen.
Mit minimaler Recherche stellte ich bereits fest, dass ich “Raketenabschussrampe” besser durch “Raketenstartrampe” ersetze und “Raketentriebwerk” wohl korrekter ist als “Raketenantrieb”.
Beim Raketenstart und vor allem bei der Zündung habe ich die Recherche aber aufgegeben, viel zuviel Zeitaufwand für nur zwei bis drei Sätze.
Subtile Star Trek-Anspielungen wären für mein Buch auch noch nett. “Faszinierend” und “unendliche Weiten” habe ich schon, “Warpgeschwindigkeit” war mir nicht subtil genug. Sind hier zufällig Fans?
Das sind die beiden Raketen-Abschnitte momentan, mit denen bin ich noch nicht zufrieden:
-
Die Verliebtheit packte ihn mit neuer Intensität. Seit Dienstag fühlte er sich hilflos ausgeliefert wie auf einer Achterbahn, doch die hatte sich plötzlich in eine Raketenstartrampe verwandelt. Seine Gefühle wurden in ganz neue Höhen katapultiert.
-
„Was denkst du?“
Ihm fiel es schwer, überhaupt zu denken. Die Gefühlsachterbahn, die seit Tagen sein Leben auf den Kopf stellte, hatte sich zum zweiten Mal in eine Raketenstartrampe verwandelt. Oder hatte das Raketentriebwerk jetzt erst gezündet? So starke Gefühle hatte er noch niemals erlebt, hätte er überhaupt nicht für möglich gehalten. Sie wirkte unsicher und verletzlich, ihrer Stimme hörte er eine tiefe Sehnsucht an. Das weckte in ihm mehr als nur den Wunsch, sie zu beschützen und sie glücklich zu machen. Nein, ‚Wunsch‘ traf es nicht annähernd. Er fühlte sich, als wäre es sein gesamter Lebensinhalt, für sie zu sorgen. Das machte ihm Angst. Er befand sich** im freien Flug im luftleeren Raum** und suchte nach Halt.
Wahrscheinlich gefällt es dir deshalb nicht, weil es durchweg “tell” ist. Was bedeutet es, wenn ihn die “Verliebtheit packt”? Wie äußert sich das?
Auch das “hilflose Ausgeliefertsein” ist nicht sehr aufschlussreich, ebenso wenig die Gefühle, die in “neue Höhen katapultiert” werden.
Was soll das heißen?
Du musst seine Verliebtheit zeigen. Zeigen, was sich in seinem Körper und in seinen Gedanken verändert.
Vielleicht zittert er vor Aufregung vor dem Wiedersehen mit seiner Liebsten wie eine Rakete, die gerade gezündet wurde?
Um was für Gefühle handelt es sich? Aber noch wichtiger: Wie äußern sie sich, wenn sie “in neuen Höhen” sind? Schwitzen seine Hände, als hätte er sie gerade in die Nähe eines Raketentriebwerkes gehalten? Bleibt ihm die Luft weg, als hätte jemand die Sauerstoffzufuhr zu seinem Raumanzug gekappt? Hüpft sein Herz ihm in die Kehle als hätte der Rückstoß der Rakete es dort hinkatapultiert?
Das ist es, was mit “show” gemeint ist. Zeige seine körperlichen Reaktionen und überlasse es dem Leser, Schlussfolgerungen zu ziehen.
Sprich nicht von irgendwelchen “Gefühlen”, sondern benenne ihre Symptome.
Verstehst du den Unterschied? Ich versuche, Bilder zu verwenden. Ich kann “Gefühle in neuen Höhen” nicht vor meinem geistigen Auge sehen. Aber einen jungen Mann, der vor freudiger Erregung zittert, kann ich mir vorstellen. Ich kann mir eine Verliebtheit mit “neuer Intensität” nicht vorstellen, aber ich kann mir vorstellen, dass er vor Aufregung schwitzt etc.
4 „Gefällt mir“
Ich finde das Bild unpassend, zusätzlich zu den Anmerkungen von @Pamina22.
Du schreibst von Achterbahnen, die sich in Startrampen verwandeln. Das ist aber der Wechsel von etwas Dynamischem zu etwas Statischem, denn eine Startrampe ist etwas Stabiles, was einer Rakete Halt gibt. Du willst aber wahrscheinlich eher einen Raketenstart ansprechen, wo zunächst die Ladekabel und sonstige Verbindungen zur Außenwelt gekappt werden, der Höllenlärm, wenn die Motoren starten, das Fauchen beim Zünden der Triebwerke, die das riesige, vermeintlich stabile Gebilde zum Zittern bringen, unsicher erst gegen die Beharrungskräfte der Gravitation ankämpft, um dann langsam abzuheben und dann immer schneller werdend ihrem Ziel folgt.
Oder du nimmst die Perspektive des Astronauten, der ohne selbst eingreifen zu können dem unerbittlichen Countdown folgt, sich dabei klarmacht, dass er gerade in einer riesigen Bombe sitzt, deren Bauteile eine sparsame Verwaltung bei den billigsten Anbietern eingekauft hat, plötzlich von Urgewalten durchgeschüttelt wird, usw.
4 „Gefällt mir“
Ich habe jetzt länger darüber nachgedacht, was du geschrieben hast, @Pamina22
Danke für deine ausführliche Antwort.
Ich sehe ein, dass ich in dem obigen Absatz mehr beschreiben muss. Einfach nur “intensives Gefühl”, da nehme ich den Leser nicht mit hinein, das sehe ich ein.
Ich habe jetzt aber auch entschieden, dass ich “show, don’t tell” für mein Buch nicht möchte.
Ich möchte die Art Buch schreiben, die ich selbst gern lese, und ich hasse es bei Romanen, wenn nur von außen die Mimik beschrieben wird und der Leser sich selbst denken soll, was in den Personen vorgeht. Ob jemand ärgerlich, ängstlich, frustriert, unsicher … oder sonstige Adjektive … ist, möchte ich nicht in ein Stirnrunzeln hineininterpretieren müssen, sondern im Buchtext lesen.
Romane, die das hartnäckig durchziehen, lese ich nicht zuende. Ich kann das einfach nicht leiden.
Statt der körperlichen Reaktionen werde ich versuchen, den Drang zu beschreiben, in ihrer Nähe zu sein, das Bedürfnis, sie lächeln zu sehen, Unzufriedenheit, wenn sie nicht da ist, oder sowas in der Art. Ich hoffe, dass ich den Leser so in seine Gefühlswelt hineinnehmen kann.
Dieses Fass ist ein sehr tiefes, nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich und natürlich technisch.
Fangen wir mal mit dem Stil an (nur Beispiel 1). Du mischst ein Simile mit einer Metapher im gleichen Satz,
mir persönlich wäre das als Leser zu verwirrend. Entscheide Dich für eins und bleib dabei.
Dass der zweite Satz passiv ist, könntest Du vermeiden, wenn Du “erreichte neue Höhen” schreibst.
Das wäre dann auch technisch besser, (Achtung Überleitung) mit Katapult hat eine Startrampe
nämlich nichts mehr zu tun. Ich nehme hier mal den Begriff der “Startrampe”, weil ich denke, dass Du
lieber über Mondraketen mit Astronauten schreiben möchtest, nicht über moderen Waffentechnik.
Und zur Begriffsklärung: ein Antrieb besteht üblicherweise aus mehreren Triebwerken.
Da sind wir dann auch schon halb beim Inhalt. Das Bild vom freien Fall (Achtung: nicht Flug!) paßt
ja noch halbwegs, das bekommst Du aber auch mit der Achterbahn. Aber wer denkt denn über
sich selbst: “Seit Dienstag fühle ich mich hilflos ausgeliefert”? Wenn das funktionieren soll, brauchst
Du einen personalen Erzähler mit einer gewissen Distanz zu den Figuren. Ob das für einen Liebesroman
eine gute Entscheidung ist, kann ich nicht sagen. Keine Ahnung.
Zur Vereinfachung: Niemand denkt in Begriffen wie “Raketen-XY”, da gibt es nur Triebwerke und Rampen,
weil sowieso klar ist, worum es geht. Das ist wahrscheinlich in jeder Branche so.
Ich bin nicht sicher, ob Dir das weiterhilft. Geschmacksfragen sind natürlich immer persönliche Meinung.
Die technischen Feinheiten kriegen wir hin, aber generell schließe ich mich Ralf an. Ein schönes Bild ist das nicht.
Und, mal ehrlich, wie viele Deiner Leserinnen könnten ein solches Bild nachfühlen?
2 „Gefällt mir“
Könnte es sein, dass du in der Auswahl guter Romane dann ziemlich eingeschränkt bist?
“guter Romane”, das ist Geschmackssache, oder?
Ich habe da aber gestern abend übertrieben, normalerweise lese ich Bücher zuende, auch wenn mir der Stil nicht gefällt.
Spontan fällt mir Marc Levy ein. Ein Buch von ihm hatte ich gelesen (bis zum Ende), und es hatte mich total genervt, dass darin konsequent nur beschrieben wurde, was der Leser von außen sehen und hören würde. Also habe ich nie mehr ein Buch von ihm gelesen. Ich empfinde es nicht als Einschränkung, auf Romane von Marc Levy zu verzichten.
Wenn ich Bilder ansehen möchte, stelle ich den Fernseher an. Beim Lesen möchte ich mich in die Gedanken, Beweggründe und Gefühle einer Person hineinversetzen lassen.
Tut es sehr, ganz lieben Dank. Ich habe jetzt ganz viel zum Nachdenken:
Ich denke, ich schreibe meine erste Romanfassung erstmal fertig, und weiß jetzt dank euch @Füllwort und @Pamina22 , einiges, worauf ich beim Überarbeiten schwerpunktmäßig und ganz grundsätzlich achten muss.
1 „Gefällt mir“