Es muss nicht immer Kaviar sein

Es muss nicht immer Kaviar sein …
Es war ein Tag im Mai anno 1975. An jenem Tag sollte ich das erste Mal mit dieser, zunächst nichts Gutes verheißenden Mahlzeit in Berührung kommen. Ich gebe unumwunden zu, nicht alles Essbare wandert automatisch in meinen Verdauungstrakt, mäkelig bin ich aber ebenso wenig. In diesem zu beschreibenden Falle blieb mir keine Wahl, die Umstände zwangen mich zum Handeln und dies unter dem Ausdruck innigsten Wohlgefallens.
Man stelle sich folgende Situation vor:
Der erste Besuch bei den zukünftigen Schwiegereltern stand bevor. Aufregung pur, die hinter mir liegende Nacht war die Hölle, nicht etwa weil Träume es waren, die mich in den Schweiß brachten, nein Fragen über Fragen durchliefen mein Gehirn. Was nehme ich als der Situation angemessenes Einstiegsgeschenk mit, womit lege ich eine Punktlandung hin? Ein Blumenstrauß und eine Flasche Weinbrand übernahmen die Aufgabe, das Eis zu brechen. Um es vorwegzunehmen, es hat geklappt und das lag dann doch nicht an den Mitbringseln.
Jetzt die Schuhe geputzt, den besten Pullover übergestreift, rein in den Mantel und ab in den DKW F8. Gestern für 10 Mark getankt, hoffentlich reicht der Sprit, mehr war nicht drin.
Eine Stunde später, die Kirchturmuhr meiner anvisierten Stadt schlug soeben 12 Uhr, ein Parkplatz unweit der Haustür ward gefunden, auf in den Kampf.
„Herzlich willkommen, sie kommen zur rechten Zeit, der Mittagstisch ist gedeckt.“ Ich legte den Mantel ab, kämmte die wunderbar langen Haare und begab mich in das Esszimmer. Auf dem Tisch standen zwei Töpfe, einer mit dampfenden Salzkartoffeln und ein weiterer mit heißer Milch. Ergänzt wurde das Gedeck durch einen großen Teller gefüllt mit Scheiben ungarischer Salami, einem Salztopf und Pfeffer. Was das wohl wird, das passt doch nimmer zusammen, warme Milch, Salz, Pfeffer und Wurst. Unwissend der Dinge, die da kommen, versetzte ich meine Mimik in Alarmzustand. Schwiegervater begann diesen kulinarischen Akt zu zelebrieren, indem er die Teller mit Kartoffeln füllte und sie mit reichlich Milch bedeckte. Je nach Lust und Laune ergänzte ein jeder sein Mal mit Salz und Pfeffer, ich war mir meines Zustandes nicht sicher. Dem herzhaften Biss in die bereitliegende Wurstscheibe, gefolgt von einem Löffel angefüllt mit diesem Gemisch aus scheinbar wahllos zusammengemixten Nahrungsmitteln und - Sekunden des Glücks erfüllten Gaumen und Seele. Nach dem dritten geleerten Teller fühlte ich mich dem kulinarischen Himmel ein Stück näher, zwar mit Bauchdrücken aber glücklich.
Schwiegereltern waren sichtlich erleichtert angesichts meiner glänzenden Augen und des leichten Stöhnens ob des strammen Bauches. Die Zeit hat sich längst an ihnen genährt, Milchkartoffeln erfreuen nach wie vor unsere Gaumen, es sei denn, es gibt Bauernfrühstück, aber das ist eine andere Geschichte.

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Die Geschichte macht Appetit. Das würde ich glatt mal ausprobieren.

Den Titel solltest du aber ändern. Das ist ein recht bekannter Roman und nimmt den Fokus somit weg von deiner eigenen Geschichte.

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Hallo Anachronica, vielen Dank für Deine Anmerkung, die Erste seit dem 12. Oktober überhaupt und daher für mich eine besondere. Der Johannes Mario Simmel möge diesen Fauxpas verzeihen und ich bin mir der Unglaubwürdigkeit meiner Ausrede durchaus im Klaren, aber der Titel kam unbewusst dieser Tatsache zustande. Das Thema war damals „… ein außergewöhnliches Essen“ und aus den Tiefen meines Unterbewusstseins sprudelten jene Worte, ich werde dereinst diesen Film gesehen haben, wobei sein Titel den Weg in die unendlichen Windungen meines Gehirns fand und dort seitdem auf eben jene Gelegenheit lauerte. Ich habe auf die Schnelle keine Möglichkeit gefunden, den Text zu editieren, glaube aber auch nicht an eine Notwendigkeit ob der schmalen Resonanz auf meinen Beitrag.
Wie auch immer, nochmals Dank und Dir und den Deinen eine gesunde und reizvolle Weihnachtszeit.
PS: Ich empfehle das Gericht ausdrücklich, wenn auch nicht gerade als Ersatz für die Weihnachtsgans, wichtig ist eine gute, feste Salami.

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Ehrlich gesagt, mir wäre sowas lieber als die Gans :slightly_smiling_face:
Ja, manchmal ist es ein wenig unverständlich, warum manche Geschichten so komplett unbeachtet bleiben. Ich finde deine Schreibe flott und es ist eine gelungene Kurzgeschichte.
Dir auch alles, was du dir so von der Weihnachtszeit wünscht :christmas_tree:

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Schön geschrieben, Deine Geschichte gefällt mir

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Hallo Lyrikfan, vielen Dank für die Einschätzung, hat mich gefreut. Dir und den Deinen wünsche ich eine besinnliche, Kräfte regenerierende Zeit.