Erregung öffentlichen Ärgernisses

Hallo liebe Forianer,

Ein Charakter in meiner Geschichte hat Sex in der Flughafentoilette bei offener Tür und wird dabei von einer älteren Dame entdeckt, die daraufhin die Polizei ruft. Der Lebenspartner meiner Protagonistin findet dummerweise einige Zeit später den Strafbefehl in der Post.
Mich interessiert, wie detailliert die begangene Tat in einem solchen Schreiben formuliert wird. Wird auch für einen Unbeteiligten (in meinem Fall dem bis dahin nichtsahnenden Partner) beim Lesen ersichtlich, wann, wo, auf welche Art und vor allen Dingen mit wem sie Sex hatte? Wird der Name der Zeugin ebenfalls genannt?
Ich habe kürzlich einen Strafbefehl von einer Bekannten gelesen, die einen schweren Unfall verschuldet hat. In dem Schreiben wurde der Unfall selbst sehr detailliert ausgeführt, inklusive Namen und Adressen aller Beteiligten.
Hat jemand von euch schon einmal einen Strafbefehl wegen “Erregung öffentlichen Ärgernisses” ausgestellt oder gesehen (erhalten hoffentlich nicht!)?

Gruß,
Claudia

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https://dejure.org/gesetze/StGB/183a.html

Darin steht “Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt (…)”.
Kann man ihnen Absicht oder Wissen bezüglich der offenen Tür unterstellen?

Glaube weniger, dass das derartig nachverfolgt wird, außer die alte Dame ist Mama eines sehr hohen Tieres oder so.

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Na ja, bei einer fehlenden Tür von einer Toilettenkabine wird es schwer sein, zu argumentieren, dass man das nicht bemerkt hat und damit wäre das “wissentlich” erfüllt. Dann wird zumindest billigend in Kauf genommen, dass es ein Ärgernis erregen könnte.

Zu deinen Fragen, @ClaCla:

Ein Strafbefehl soll ja ein Gerichtsverfahren “ersetzen” in einfachen/eindeutigen Fällen. Demnach muss er auch - wie ein Gerichtsverfahren - hinreichende Angaben enthalten zum konkreten Vorwurf, gegen welches Gesetz verstoßen wurde, eine eindeutige Beschreibung des Tathergangs, Zeugen, Strafe und Rechtsbehelfsbelehrung. Natürlich wird der Tathergang im “Amtsdeutsch” verfasst und nicht explizit beschrieben. In deinem Fall könnte der Text z. B. lauten: “Sie haben am xx.xx.xxxx gegen xx Uhr in der öffentlichen Toilette des Bahnhofs X-Stadt bei offener Tür sexuelle Handlungen mit dem ebenfalls beschuldigten Y vorgenommen.
Zeugen werden ebenfalls aufgeführt, genau wie bei dem Strafbefehl deiner Bekannten, die Staatsanwaltschaft unterscheidet da nicht. Es gibt keine Strafbefehle für “normale” Vergehen und eine diskrete Strafbefehlsvariante für eher pikante Delikte.
Google doch mal nach “Strafbefehl Muster” und geh auf die Bildsuche. Da gibt es einige echte Strafbefehle zu sehen, meist natürlich zu den “Klassikern” Trunkenheitsfahrt bzw. Rauschgiftbesitz.

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“Offen”, nicht “fehlend”.

Stimmt, dann ist noch mehr von Absicht auszugehen.

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Kommt darauf an, wie man »offen« definiert: »Nicht abgeschlossen« oder »offen stehend«?
Zweitens: Welche Tür? Die von einer Toilettenkabine oder die vom Toilettenraum – also dem gesamten Raum inkl. aller Kabinen, der Waschbecken usw.?

Bei einer offen stehenden Kabinentür kann man sehr wohl Absicht/Wissen unterstellen.
Wurde nur vergessen, sie abzuschließen, ist das etwas anderes.
Steht die Tür zum Toilettenraum offen … nun ja, auch da finde ich es schwer vorstellbar, dass das nicht bemerkt wurde. Und ich habe noch nie darauf geachtet, aber ich nehme an, diese Tür kann man gar nicht abschließen.

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Affekt im sexuellen Rausch. Dumm vor Lust. Ich sehe meine Anwältin mich da durchaus rausreden, wenn ein Verfahren nicht sogar vorher eingestellt wird.

EDIT: Anders würde es für mich aussehen, wenn die Protagonisten vor der alten Dame weitermachen. Hui, der Roman wird kinky.

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Vielen Dank für Eure Antworten!
Es freut mich sehr, dass auch der Mittäter namentlich erwähnt wird!
Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, spiele ich nun tatsächlich mit dem Gedanken, den Sex auf ein Waschbecken zu verlegen und die beiden vor der älteren Dame weitermachen zu lassen. Das würde zu ihr passen :smirk:
Würde dies dann im Strafbefehl explizit erwähnt werden? In etwa: „Beschuldigte X und Beschuldigter Y unterließen die sexuelle Handlung trotz einer entsprechenden Aufforderung von Zeugin Z nicht…“?

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Könnte ich mir vorstellen, wenn es für die Höhe des Strafmaßes eine Rolle spielt (Stichwort Uneinsichtigkeit). Aber Standardtexte gibt es dafür nicht, da kann auch eine Staatsanwaltschaft in engen Grenzen ihre schriftstellerischen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen. :smiley:

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Wie schrieb schon Knigge:
“Mit Verliebten ist vernünftigerweise gar nicht umzugehn; sie sind so wenig als andre Betrunkene zur Geselligkeit geschickt; außer ihrem Abgotte ist die ganze Welt tot für sie.” (Freiherr von Knigge)

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Naja, zentrale Motivation bei dieser Toilettenepisode scheint mir weniger Emotion sondern eher Erektion zu sein - was aber der Quintessenz deines Beitrages in keinster Weise widerspricht, @Neri :kissing:

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Hmmm – vielleicht hatte Herr von Knigge doch die Erektion im Kopf, hat es aber, ganz im Sinne eines guten Benehmens, hübsch umschrieben? :wink:

Mir gefällt die Protagonistin schon jetzt. :smiley:

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Okay, jetzt wird’s selbst mir zu hardcore.

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Das würde erklären, warum seine Benimmregeln immer etwas steif wirken…

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Ich kenne Deine Charakteren und die Vorgeschichte nicht.
Die Story ließe sich ohne Strafbefehl auch umgestalten, wenn die ältere Frau keine Anzeige erstattet sondern auf der Toilette ihr Handy zückt und Bilder oder gar ein Video macht, der Dame mit einem Taxi folgt und einen Erpressungsversuch unternimmt.

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Hmmm. Die erpressende alte Dame passt m.E. aber nur für Geschichten mit einem gewissen humoristischen Ton. Was der Fall sein mag – wir wissen es ja noch nicht.

Aaaaber vor allem sehe ich hier Probleme: Woher soll die alte Dame wissen, dass sich hier eine Erpressung lohnt? Also, dass die Protagonistin gerade fremd geht, anstatt mit ihrem Partner der gemeinsamen Leidenschaft von Sex an ungewöhnlichen Orten nachzugehen?
Und wenn die Dame erpressen will, spricht sie zuerst die Frau an – das ist eine ganz andere Situation, als wenn der Lebenspartner (ohne, dass die Frau es ahnt) von dem Techtelmechtel erfährt.

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Ich würde weniger Aufmerksamkeit darauflegen, ob nun Kabine oder Waschbecken als Turngerät dienen. Eine öffentliche Toilette ist immer öffentlich, egal ob man sich in einer Kabine, auf dem Waschbecken, oder auf dem Pissoir befindet und die Türen offen oder geschlossen sind. Hat man Sex darin, fühlt sich davon jemand gestört und kann man nicht beweisen, dass man Vorkehrungen getroffen hat, um Entdeckung zu verhindern oder ähnliches, dann ist der Tatbestand erfüllt.

Ob die Polizei oder Staatsanwalt beschließen, dass zu verfolgen, wenn man sonst noch nicht aufgefallen ist und ob es für eine Verurteilung genügt, dass eine ältere Dame eine Zeugenaussage macht, ist eine andere Frage. Die Beweislast liegt letztlich vor allem da, zu beweisen, dass die Rammelei tatsächlich stattgefunden hat, weniger, dass man absichtlich oder wissentlich etwas anderes als einander erregt hat.

Da würde man sich vielleicht überlegen müssen, ob die Herrschaften so konzentriert bei der Sache waren, dass sie die Entdeckung durch die ältere Dame nicht bemerkt haben oder es ihnen egal war und sich so lange weiter sportlich betätigt haben, bis die Polizei/Sicherheitspersonal vom Flughafen vor Ort war, die Dame gefilmt / fotografiert hat oder es Sicherheitskameras gab, die auf Waschbecken (nicht Kabinen) gerichtet sind.

Hier auch nochmal eine erleuchtende Internetseite, welche die einzelnen Komponenten des Gesetzestexts erklärt:
https://kujus-strafverteidigung.de/strafrechts-abc/erregung-oeffentlichen-aergernisses/

Und weitere Informationen zu Voraussetzungen eines und der Prozedur bis zum Strafbefehl:
https://www.juraforum.de/lexikon/strafbefehl

Nun zur eigentlichen Frage:
Bei Unsicherheit zu Formulierung des Texts würde ich mal bei der örtlichen Staatsanwaltschaft/ dem örtlichen Strafgericht anrufen und fragen, ob es möglich wäre ein Muster für dein Buchprojekt zu bekommen. Oftmals ist man überrascht, wie weit man mit einer freundlichen Frage tatsächlich kommt :slight_smile:

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Was ist mit Vorsatz? Fehlt der dann nicht trotzdem, um den Tatbestand zu erfüllen?

Zwar nicht bei offener Tür, aber auch interessant:
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/haslach-sex-auf-der-zugtoilette-ist-nicht-strafbar-a-1181122.html

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@Ennui
… interesseanter Link. Eine Bestrafung wäre auch unverständlich, wo doch selbst von politischer Seite stets zum öffentlichen Nahverkehr geraten wird.

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Ich danke dir @Lisella für deine ausführliche Antwort.

Das ist eine tolle Idee! :thumbsup:

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