In diesem Buch werden drei Märchen erzählt, die in nicht allzu ferner Zukunft spielen. Die Hauptperson ist immer ein mutiges, neugieriges Kind, das über seinen Schatten springt, um die Schatten, die über den Menschen liegen, zu besiegen.
Wir begegnen den beiden “Naturgeistern” NAtalinde und TURamon. Von diesen beiden, die eins sind, haben sich die Menschen immer weiter entfernt.
Nur bestimmten Kindern ist es möglich, nach vielen Anstrengungen und Mühen, den Weg zu Natainde und Turamon zu finden. Dort angelangt, müssen sie noch eine allerletzte Aufgebe meistern.
Die Märchen sind umrahmt von eingen Gedichten, die von finsterer Verzweiflung, aber auch von heller Hoffnung künden - Gedichte vom nahen Ende und einem neuen Anfang…
Dieses kleine Buch wird voraussichtlich im Juli/August in gedruckter Form (mit einigen Bildern) erscheinen.
In nicht allzu ferner Zeit
gibt es Geschichten
von mutigen Kindern
will ich berichten
Erzählungen
voller Hoffnung und Verzweiflung
voller Angst und Mut
noch wird am Ende
alles gut…
Viel zu lange schon
haben die Menschen übertrieben
Kriege statt Frieden
hassen statt lieben
zerstören statt gestgalten
ohne Achtung
vor den Gewalten
der Natur.
Märchen sollen es sein
denn ohne Phantasie
gelingt es nie
die Welt zu erlösen
und zu befrei’n.
Das Märchen vom Schwarzen Wald
Schon bald wird ein steinalter Großvater seinen Enkeln erzählen:
"Vor langer Zeit, als ich in eurem Alter war, da lebte ich am Rande großer, dunkler, geheimnisvoller Wälder. Dort gab es so viele Bäume, dass man ungezählte Stunden, manchmal sogar Tage, zwischen ihnen umherlaufen konnte, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Trotzdem fühlte ich mich dort niemals einsam, denn fröhliches Vogelgezwitscher, das leise, sanfte Gurgeln kleiner Bäche, die flink die Abhänge hinuntersprangen und viele andere Geräusche, an die ich mich kaum noch erinnere, kündeten von vielfältigem reichem Leben. Ich war allein, ohne verlassen zu sein.
Die Bäume trugen fast das ganze Jahr über immergrüne Kleider in vielen Schattierungen und Abstufungen. Unter ihnen dämpften weiche Nadeln oder weiches Gras meine Schritte. Wenn dann die Sonne durch die Wipfel brach, wirkte alles wie verzaubert, von goldenem Licht durchdrungen."
Hier hielt der alte Mann inne. Er blickte auf die Schar seiner Enkel, die gebannt, mit offenen Mündern, um ihn herum saßen. Sie versuchtgen, sich diese Wäldedr vorzustellen, die sie nur von Erzählungenund alten, längst vergilbten Bildern kannten.
Bernd, das vorlauteste und neugierigste Kind von allen, unterbrach schließlich die Stille und fragte: “Großvater, sag’, warum gibt es heute keine Wälder mehr? Dort könnte man bestimmt ganz toll spielen und rumtoben.”
Traurig lächelnd erklärte der Alte: "Ihr habt sicher schon von der guten Fee Natalinde und ihrem mürrischen, oft schlecht gelaunten Mann Turamon gehört. Man kann nicht sagen, dass dieser böse wäre, aber wenn er einmal die Geduld verloren hat, wird er sehr wütend. Dann lässt er seinen Launen freien Lauf: Erdbeben, Überschwemmungen, Unwetter, Missernten, Seuchen, Insektenplagen und viele andere schlimme Dinge brechen dann über due Menschen herein. Bis jetzt hat es Natalinde immer weider geschafft, ihn irgendwann zzu besänftigen, seine Wut zu zügeln und so den Schaden irgendwie in Grenzen zu halten.
Es gibt ein altes Lied über die beiden. Hört genau zu, dann könnt ihr viel über sie erfahren:
Natalinde und Turamon
Die eine voller Schönheit und Anmut
für alles Leben gut
der andere voller Zorn und Gewalt
macht vor nichts und niemandem Halt.
Natalinde, zu dir kommen wir gerne
suchen dich oft
in der Nähe und Ferne
immer freundlich und liebenswert
Schöpfungskraft und Phantasie
Frühlingserwachen und Herbstvergehen
erfüllst alles Leben
mit deiner Magie.
Turamon, du dunkler Gesell’
vor dir flüchten wir
ganz weit und sehr schnell
grimmig und unbeherrscht
Zerstörung ujnd Katastrophe
Winterfrost und Sommerglut
bedrohst alles Leben
mit deiner Wut.
Lieben dich sehr, Natalinde
möchten für immer bei dir sein
hassen dich nicht, Turamon,
doch sei uns nicht böse
bleib’ lieber allein.
Ihr zwei gehört zusammen
niemand kann euch trennen
auch wenn wir euch
mit verschiedenen Namnen nennen.
Ihr seid in uns
um uns herum
zu finden
höchste Zeit
uns wieder zu verbinden
mit der Natur.
Doch eines Tages waren die Menschen zu weit gegangen. Es gab nur noch wenige, die die beiden achteten. Fast alle dachten, sie könnten tun und lassen, was sie wollten, ohne an Natalinde und Turamon zu denken. Es kam der Zeitpunkt, an dem die Maschinen und Kraftwerke der Menschen die Luft immer mehr verpesteten. Viele neugeborene Kinder starben, andere bekamen starken Husten. Oft traute sich niemand mehr auf die Straße, weil die Luft einfach zu schlecht war.
Darüber regte sich Turamon furchtbar auf. Anfangs konnte ihn Natalinde noch beschwichtigen, doch als es immer schlimmer wurde, tat er einen furchtbaren Schwur: Da ihr überheblichen Menschen euch anmaßt, mir den Atem zu rauben, werde ich euch die Bäume nehmen und mit ihnen die Möglichkeit, jemals wieder frische Luft zu atmen, bis ihr an eurem Dreck erstickt seid! Ich werde mich erst dann wieder gnädig zeigen, wenn es einem von euch gelingt, den Weg zu uns zu finden. Aber er muss reinen Herzens sein und die Natur lieben.
Zunächst hatte Turamon von Versöhnung überhaupt nichts wissen wollen. Er wollte sich nur blindwütig an den Menschen rächen. Doch Natalinde hatte es geschafrft, ihm diese letzte Zugeständnis zu entlocken.
Seitdem sucht sie nach einem Menschen, wie ihn Turamon beschrieben hat, bisher jedoch ohne Erfolg. Keiner hat den Erwartungen ihres Mannes entsprochen, wenn es auch vilee versucht haben. Die meisten wollten Turamon irgendwie überlisten, aber der kann bis auf den Grund der menschlichen Seele schauen und jede Unehrlichkeit sofort erkennen."
In der folgenden Nacht hatte Bernd einen seltsamen Traum: Er saß auf EInem großen, moosbewachsenen Stein inmitten eines grünen, riesigen Waldes, wie ihn Großvater beschrieben hatte. Da blitzte ein Licht vor ihm auf! Eine wunderschöne Waldfee, in verschiedene Grüntöne gekleidet, mit goldglänzenden, lockigen Haaren, die ein zartes, anmutiges Gesicht umhüllten, erschien vor ihm. Mit leiser, melodischer Stimme sprach sie ihn an: “Lieber Bernd, schon lange habe ich dich beobachtet ud mit Wohlgefallen betrachtet. Jetzt kennst du den unseligen Fluch meines Mannes, an dem die Menschen nicht unschuldig sind. Aber es zerreißt mir das Herz, wenn ich die Menschen so leiden sehen, vor allem wegen euch Kinder, die ich besonders liebe und die keine Schuld an der Entwicklung trifft. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass ihr noch zu retten seid. Meine Wahl ist auf dich gefallen. Erstens, weil du ein fröhlicher und aufgeweckter Jugne bist, zweitens, weil ich weiß, dass Turamon, mag er sich auch noch so finster und böse gebärden, niemals einem Kind Schaden zufügen würde. Sei also guten Mutes und höre mir genau zu: Mach’ dich auf den Weg und suche den Schwarzen Wald. Dorthin haben wir uns zurückgezogen. Sprich mit Turamon und versuche, ihn umzustimmen. Du musst dich beeilen, denn er trägt sich mit dem Gedanken, auch das Wasser versiegen zu lassen, was euren baldigen Tod bedeuten würde. Dann müssten wir beide uns von hier zurückzhiehen, weil wir vom Leben abhängig sind. Lass es nicht dazu kommen, denn im Grunde lieben wir diese Welt, jeder auf seine Weise. Ich hoffe, dass wir uns bald sehen werden. Wenn es jemand schaffen kann, dann bist du es. Leb’ wohl!”
Am nächsten Morgen konnte sich Bernd noch deutlich an jedes Wort von Natalinde erinnern. Kurzentschlossen packte er etwas Proviant zusammen, holte seinen synthetischen Wanderstock aus dem Schrank und trat zur Haustür hinaus…