Sonnabend früh, ein herrlicher, sonniger Tag. Karl, mein 5-jähriger Enkelsohn, ist zu Besuch. Es ist fast Tradition, dass wir beiden Männer morgens losziehen, um Frühstücksbrötchen zu holen, dabei haben wir dann genug Zeit zum Quatschen und Ideen zu schmieden. Beim Bäcker - eine lange Schlange von maskierten Kunden. Wir durchleben zurzeit eine Situation, in der alle Menschen sich vor der Ansteckung mit dem gefährlichen Corona Virus schützen müssen und deshalb jene Masken vor Mund und Nase tragen. Na ja, es ist Sonnabend und wir sind nicht in Eile.
Die Brötchen sind endlich gesichert, als der Gedanke in mir wächst, Karl eine kleine Freude in Form einer Zeitschrift zu bereiten. Gedacht, getan, wir schlendern durch die Reihen der Kaufhalle, um die Situation zu sondieren. Die scheinbar endlosen Regale mit den verführerischen Süßigkeiten erfolgreich hinter uns lassend, erscheint der Zeitungsstand. Hier werden wir fündig und bewegen uns weiter in Richtung Kasse. Nein, da ist sie wieder, diese kaum zu überschauende Schlange der wie es scheint gleichen, maskierten Menschen vom Bäcker. Ich gebe meinem Enkel das Geld, er ist begeistert von dem Gedanken, den Kaufvorgang selber zu vollenden.
Mir fällt auf, der Kunde vor uns dreht sich öfter um und freut sich über Karls kindliche Kommentare. Den glänzenden Augen des Herren sehe ich die Freude an, mit der er ihn beobachtet. Ein Mimen Spiel ist durch die Maske nicht zu erkennen. Ich möchte die Situation nicht unkommentiert vorüberziehen lassen und beginne eine schmale Konversation, welche sich aber als einseitig erweist. Es drängt sich mir der Eindruck auf, der Herr versteht mich nicht und er kann mit meinen Worten nichts anfangen. Es wird der undeutlichen Aussprache durch die Masken geschuldet sein, denke ich. In mir wächst das Gefühl, einige wenige Minuten und die beiden werden sich anfreunden, ihre Verständigung, so scheint es zumindest, klappt.
Die Kasse, Karl bezahlt seinen Einkauf, der nette Herr, er schenkt ihm ein Schokoladen Ei.
Kurze Stille, Ratlosigkeit umgibt mich, Bilder schießen in Windeseile durch mein Gehirn. Ich habe das Gefühl, von allen Seiten beobachtet zu werden. Wie mit dieser, doch ungewöhnlichen Situation umgehen? Es kommen flüchtige Gedanken in mir auf, für die ich mich jetzt im Nachhinein schäme, verdammte Vorurteile, lästige Angst.
Wir bedanken uns, der Herr sagt etwas, verstanden wird es leider nicht, blöde Maske, freundlicher Abschied.
Vor der Kaufhalle schwebt das soeben erlebte, wiederholt an meinem geistigen Auge vorüber. Die Stimme, nein die Sprache kommt mir doch bekannt vor, nur woher? Na klar, damals, schon lange her, in der Schule, zugegeben, nicht die besten Erinnerungen an ein Schulfach, welches ich gerne ausgetauscht hätte - es war … russisch?
Und jetzt fällt es mir ein, bei uns haben einige Flüchtlinge aus der Ukraine Zuflucht gefunden. Der in ihrem Land wütende, verheerende Krieg veranlasst viele Nationen dieser Erde flüchtenden Menschen Asyl zu gewähren und unser Dorf gehört dazu.
Wenn etwas helfen kann, die Gräben zwischen den verschiedenen Kulturen in diesem Land zu überwinden, dann sind es solche kleinen Episoden. Ein Dank an den unbekannten Herren möge seinen und allen anderen Kindern dieser Welt gleiches widerfahren und denkbar wäre es, gäbe es für die Erwachsenen unseres Planeten ähnliche Situationen, dann hätten wir es geschafft.
Karl und ich gehen mit einem Gefühl tiefster Freude nach Hause, wir werden schon sehnlichst erwartet, das Gesprächsthema am Frühstückstisch war vorprogrammiert.
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