Ich habe heute beim Stöbern in meinem digitalen Archiv eine „Alt“-Geschichte aus meiner Jugend gefunden und diese gleich mal aufgepeppt. Dazu habe ich gleich mal folgende Fragen:
Wie gut, kommt das Modell „Show, don’t tell“ rüber?
Was ist noch verbesserungswürdig an dem bisher Geschriebenen (Episode 1)?
Sonstige Anmerkungen / Feedback / Kritik etc.
Das wäre erst mal alles meinerseits. Da ich im Fantasy- und Schreibforum bei der Übung „Show don’t tell“ mitmache, wären mir Rückmeldungen wichtig.
Gruß
Super Girl
Im „Vogelkäfig“ (Episode 1)
Lilly seufzte. Sich die vielen Jahreszahlen der historischen Ereignisse der Antike zu merken, war für sie sehr schwer. Die Grundschüler der fünften Klasse hatten gerade eine Geschichtsstunde und Lilly musste sich bemühen, dabei nicht einzuschlafen.
Eine Amsel flog am Klassenzimmerfenster vorbei und pickte dagegen, sodass Lilly aufschreckte. Sie war tatsächlich kurz eingenickt. Als sie die Amsel entdeckte, musste sie erneut seufzen. «Ein Vogel müsste man sein», dachte sie sich. Stattdessen saß sie im ‹Vogelkäfig›, der sich Schule nannte und lauschte widerwillig dem Vortrag ihres Lehrers. Am liebsten würde sie ihre Flügel ausstrecken und davonfliegen, was leider nur in ihrer Fantasie funktionierte.
Lilly hatte sich schon oft gefragt, was das für ein Gefühl sei. „Fliegen müsste man können. Aus dem Alltag davonfliegen, einfach weg von dem Stress. In die freie Welt hinaus, so oft man will. Ach ja, das wäre wirklich wunderbar“, dachte sie sich.
Plötzlich wurde die Schülerin in ihren Gedanken abgelenkt, denn sie spürte einen Papierflieger im Nacken. Sie griff danach, knüllte das Papier zusammen und warf es neben sich auf den Boden. Das war sicher wieder dieser Kevin, der nur Dummheiten im Kopf hatte. Erst vor kurzem hatte er einen Verweis kassiert, was ihn offenbar nicht daran hinderte, seinen Mitschülern weiterhin das Leben schwer zu machen. Leider war niemand stark genug, es mit Kevin aufzunehmen. Alle, die es wagten, sich ihm zu widersetzen, wurden gnadenlos fertiggemacht.
Allein bei dem Gedanken an Kevins nächste Gemeinheit, ließ Lilly die Hände zu Fäuste zusammenballen und grimmig dreinschauen. Sie war genau das Gegenteil zu Kevin. Lilly war Gerechtigkeitskämpferin aus Leidenschaft und setzte sich für das Wohlergehen der Schwächeren ein. Sie löste gerne Kriminalfälle oder griff bei Problemen des Alltags ein. Dafür war sie in ihrer Umgebung bekannt. Einige Gleichaltrige fanden es klasse, dass sich Lilly für die Gerechtigkeit einsetzte. Aber fiese Typen wie Kevin konnte sie überhaupt nicht leiden.
Wie gut, dass bald die Schulglocke läutete und das Wochenende ankündigte. Der Lehrer wollte noch etwas für Montag ankündigen, aber die Hälfte der Klasse war bereits davongerannt. Auch Lilly wollte verschwinden, aber der Pauker packte sie von hinten.
«Was gibt es denn, Herr Oettinger?»
«Kannst du bitte den anderen sagen, was ich euch soeben mitgeteilt habe? Diese Lümmel haben bestimmt nicht zugehört. Würdest du das machen?» Lilly nickte. «Alles klar. Dann bis Montag.»
Erst nach einer ganzen Weile trottete die Schülerin nach draußen und atmete frische Herbstluft ein. „Endlich Freiheit. Jetzt kann ich davonfliegen … zumindest bis nach Hause“, grinste sie.
«Fünf Hausaufgaben, wie öde! Die Lehrer haben doch einen Schuss! Ständig bombardieren sie dich mit schwierigen Aufgaben. Und wenn du sie nicht löst, kriegst du Ärger. Schule ist eine harte Nuss», seufzte Lilly und brütete über dem Schreibtisch in ihrem Zimmer. Schicksalsergeben wandte sie sich der Matheaufgabe zu. «Also gut, dann mal ran. Damit wir es hinter uns haben!» Zuerst wärmte sie sich die Hände an einer dampfenden Tasse, aus der ein Geruch von heißer Schokolade stieg. Sie trank einen ordentlichen Schluck, erst danach widmete sie sich der verhassten Matheaufgabe zu.
Da Lillys Konzentration mit der Zeit nachließ und die Mutter «Essen ist fertig» nach oben rief, schreckte die Schülerin aus ihren Gedanken. Sie war kurzzeitig abgedriftet zu den Vögeln, die sie liebte. «Wenn ich doch nur fliegen könnte wie ein stolzer Adler, dann wäre ich längst über alle Berge. Meinetwegen auch eine Amsel. Hauptsache weg von den doofen Hausaufgaben», dachte sie sich.
Als ihre Mutter ein zweites Mal rief und Lilly ihr berühmtes «Komme gleich» erwiderte, setzte sie sich in Bewegung, nachdem sie ihren Füller ordentlich geschlossen hatte, dass keine Tinte daneben tropfte.
Ihr jüngerer Bruder Laurenz, der an diesem Abend bei einem Freund übernachten durfte, saß bereits am Esstisch und zappelte mit den Beinen. Doch der Vater der Kinder hatte darauf bestanden, erst zu essen, wenn alle Familienmitglieder am Tisch saßen.
«Lilly! Da bist du ja. Wir wollen anfangen. Hast du vergessen, dass ich heute bei Malte aus der dritten übernachten darf? Er wartet sicher schon. Also, was ist jetzt? Fangen wir mit Essen an? Es gibt heute Fischstäbchen mit Kartoffelbrei, das ist doch auch dein Lieblingsessen!»
«Natürlich ist das mein Lieblingsessen, gleich nach Mamas selbstgemachter Lasagne!», rief Lilly zurück. Sie eilte zum Tisch und setzte sich gegenüber ihres zappelnden Bruders. Lilly wusste, dass Laurenz ein richtiges Nervenbündel war, wenn er nichts zu essen bekam. So wollte sie ihn nicht länger warten lassen und betonte: «Also dann, Leute, hauen wir rein!»
Die Fischstäbchen mit Kartoffelbrei waren schnell verputzt. Nach dem dritten Teller waren Lilly und Laurenz satt. Mutter Frederike lachte über den großen Appetit ihrer Kinder. «Da haben zwei Räuber aber großen Hunger.»
«Das stimmt. Hausis machen hungrig!» Lilly lächelte.
«Darf ich jetzt zu Malte gehen? Der wartet sicher schon, dass wir das neue Videospiel zocken!»
«Ist es das, wo man Monster züchten kann? Das kenne ich auch. Viel Spaß bei deinem Kumpel. Ich habe immer noch drei Hausis vor mir!» Lilly stöhnte. Sie wollte gar nicht daran denken, dass noch zwei Aufgaben auf sie warteten: Geschichte und Biologie.
Zurück in ihrem Zimmer erledigte Lilly zuerst die Geschichtsaufgabe, an der sie fast zwei Stunde lang knobelte. Zuletzt wandte sie sich dem Aufsatz für Biologie. Gleich nach Deutsch und Religion stand Biologie auf dem dritten Platz ihrer Lieblingsfächer. Lilly, die in ihrer Freizeit schon immer gern Abenteuer- und Detektivgeschichten geschrieben hatte, wandte sich nun also dem Aufsatz. Es sollte sich um das eigene Lieblingstier handeln. Da musste Lilly nicht lange überlegen. Sie würde definitiv über einen Goldadler schreiben. Allerdings nickte sie noch während ihres Aufsatzes kurz ein. Was folgte, war ein sonderbarer Traum über einen Jungen, der im Garten der Familie Jacobsen abstürzte!