Hallo, ich bin neu hier im Forum!
Ich schreibe gerade an einer Fantasy - Geschichte und möchte Euch ein kurzes Stück daraus vorstellen.
Verborgen im Torbogen ihres Hauses wartete sie, bis die Sonne hinter dem Horizont verschwand. Glutrot leuchteten dabei die Berge im Norden auf. Die sandsteinfarbigen Hauswände verfärbten sich für einen kurzen Augenblick orange. Wehmütig beobachtete sie das herrliche Farbenspiel, wie würde sie es vermissen. Danach versanken die schmalen Gassen im milden Dämmerlicht. Kein Bewohner der Stadt traute sich nach Sonnenuntergang auf die Straßen. Alle fürchteten die Dämonen der Nacht. Seit langer Zeit schürten die Templer diese Angst, sie saß in den Menschen fest wie eine Zecke in der Haut. Dennoch schlich Inanna, mit ihrem eilig geschnürten Ranzen in der Hand, verstohlen durch die immer größer werdenden Schatten zwischen den Häusern. Die goldenen Haare, wie immer unter einem Tuch versteckt, und in einen einfachen braunen Leinenmantel gehüllt, spähte sie vorsichtig um die Hausecken, damit sie ihren Verfolgern nicht in die Arme lief. Ihre Gedanken rasten. Sie verspürte keine Lust, den Templern vorgeführt zu werden. In eine dunkle Ecke gepresst, schüttelte sie ungläubig den Kopf. Sie verstand die Menschen nicht, irgendjemand musste sie tatsächlich verraten haben. Aber ihre Kräfte waren doch gefragt! Im Geheimen riefen sie verzweifelte Familien zu sich, wenn die Priester ihre Hilfe verweigerten, weil der Sold nicht bezahlt werden konnte. Sie selbst forderte keine Gegenleistung für ihre Arbeit. Allerdings versorgten sie die meisten aus Dankbarkeit mit dem Nötigsten. Lebensmittel, Gewand und ein Paar Schuhe brachten sie leichter auf als Gold oder Edelsteine, wie die Templer es verlangten. Ihre Dienste stören die Geistlichen sehr. Nur sie selbst durften, ihrer Meinung nach, Heilungen durchführen und in den Orakeln lesen. Inanna unterdrückte mühsam ihre Tränen, musste sie sich doch bitter eingestehen, dass der immer größer werdende Druck der Häscher die Wirkung nicht verfehlte. Die einfachen Leute fürchteten zunehmend um das Wohlergehen ihrer Familien, wenn sie den Anweisungen der Schergen, sie endlich der göttlichen Gerechtigkeit auszuliefern, nicht Folge leisteten. Den Bewohnern der Stadt war bewusst, dass Inanna´s Tun dem, in den Schreinen, gepredigtem Wort widersprach. Bisher reichte ihre enorme Überzeugungskraft, die berechtigten Zweifel und Ängste aus den Köpfen der Bittsteller zu vertreiben. Offensichtlich gelang ihr das in letzter Zeit nicht immer so gut, wie sie angenommen hatte. Sollte ihr Stolz sie zu Fall bringen? Die Templer verfolgten sie schon Jahre. Bis heute entging sie allen Zugriffen. Doch dieses Mal gab es keinen anderen Ausweg. Die Stadt quoll über von suchenden Augen, die nur nach ihrer Gestalt Ausschau hielten. Trotzig ballte sie ihre Fäuste. Niemand kann mich gegen meinen Willen fangen! Sie wissen nicht, mit wem sie es zu tun haben. Diese einfachen Geister werden mich nie beherrschen! Mit geschmeidigen Bewegungen huschte sie in den nächsten Schatten. Der braune Mantel ließ ihre Silhouette mit dem Hintergrund verschmelzen. In der Nebengasse hörte sie Geräusche, der Sand knirschte unter den schweren Schuhen der Schergen. Sie unterdrückte ihr Verlangen nach den Gedanken der Häscher zu greifen, das hätte sie unweigerlich verraten. Ganz auf sich konzentriert, lauschte sie in die Nacht, um den besten Zeitpunkt für ihre nächsten Schritte abzuwarten. Eines war Inanna klar, gefasst zu werden, bedeutete ihr Todesurteil. Die Obersten der Templer zögerten auf keinen Fall, sie für ihre Taten an den Galgen zu hängen. Atemlos verharrte sie in ihrem Versteck, bis sich das Gemurmel der suchenden Wächter immer weiter entfernte. Die Nacht senkte sich rasch über die Stadt. Erleichtert schlüpfte sie um einige Hauseingänge weiter. Sie erreichte, ohne längere Verzögerung, den Bereich des nördlichen Stadttores. In eine tiefe Türöffnung geduckt, hörte sie die aufgeregten Stimmen der zwei Torwachen ganz deutlich vor sich.
„Gerade heute wurde ich verdonnert Wache zu schieben, diese mondlosen Nächte machen mich immer nervös. Man weiß ja nie, wo die Dämonen auftauchen."
„Ja, sie hoffen, die selbsternannte Heilerin zu fassen. Damit sie nicht entkommt, müssen die Stadttore gesichert werden. Aber in so einer finsteren Nacht treiben sich wirklich nur die Dämonen herum, kein Mensch, auch sie nicht, wagt sich aus dem Haus."
Sie griff hinaus, glättete besänftigend die aufgewühlten Gedanken dieser Männer. Sofort beruhigte sich das aufgeregte Gespräch. Bald berichteten die Wachen entspannt von ihren Frauen und Kindern. Inanna schaute sich um, sie entdeckte einen kantigen Stein, der in ihrer Nähe im matten Licht des Abends lag. Mit einer nur gedachten Handbewegung beförderte sie ihn in hohem Bogen über die Stadtmauer. Mit einem dumpfen Knall landete er unweit der beiden Wachen auf dem steinigen Boden. Das Geräusch kam so überraschend für die zwei ahnungslosen Wächter, dass sie, laut nach Hilfe rufend, in Richtung Stadtzentrum liefen. Diesen Moment der Verwirrung nützte Inanna, um durch das Tor aus der Stadt zu schlüpfen. Schon hörte sie in den Gassen das Poltern der Schergen, die zu den Flüchtenden eilten. Diese Männer trugen Fackeln mit sich, die sie über ihren Köpfen hielten, um die Umgebung außerhalb des Stadttores auszuleuchten. Ihnen entging die laufende, zierliche Gestalt nicht, die sie gerade noch am Rande des Lichtkegels sahen. Mit zornigen Rufen nahmen sie die Verfolgung auf. Inanna beschleunigte ihre Schritte trotz des sandigen Bodens ohne Mühe, dabei rutschte ihr Tuch von Kopf und gab ihre Haare frei. Als diese im Licht ihrer Fackeln golden aufblitzten, schrien die Männer johlend auf.
„Da ist die Sünderin, jetzt holen wir sie uns!"
Zuerst versuchten sie verbissen Inanna einzuholen, schließlich gaben sie die Jagd auf. Niemand traute sich zu weit von der schützenden Stadt weg. Sie fürchteten die Dämonen der Nacht, die in der Dunkelheit auf sie lauerten. Der Flüchtigen räumten sie außerdem keine Überlebenschancen ein.
Bin sehr gespannt, was ihr dazu sagt!