Ein Märchen der etwas anderen Art

Hallo in die Runde,

ich habe für ein Buchprojekt ein „Märchen der etwas anderen Art“ geschrieben. Es heißt „Zwerg Jonas“ und hat märchenhafte Elemente, die auf das Original-Märchen „Zwerg Nase“ anspielen. Für Rückmeldungen wäre ich euch sehr dankbar!

Gruß

Super Girl

Zwerg Jonas

Eines Nachts hatte Jonas einen seltsamen Traum. Seine Freunde und er wurden von einer bösen Hexe entführt. In der Hexenhütte sollten sie waschen, putzen, kochen und sich anderweitig als Haushaltsgehilfen nützlich machen. Vivian wurde zum Wäsche waschen verdonnert, Max sollte den Fußboden polieren und Jonas wurde für den Küchendienst eingeteilt. Die Hexe überwachte jeden Arbeitsschritt der Kinder genau. „Kinderarbeit ist verboten“, betonte Max hierzu. Doch das schien die erwachsene Hexe nicht zu interessieren.

In Jonas’ Traum waren die drei Abenteurer sieben Jahre in Gefangenschaft. Dann geriet Jonas in einen heftigen Streit mit der Hexe Walburga. Jonas weigerte sich weiterhin für seine Entführerin zu kochen. Die Hexe bestrafte ihn zwar mit zwanzig Peitschenhieben auf den Hosenboden, doch das beeindruckte Jonas nicht. Die Hexe verwandelte Jonas in einen hässlichen Zwerg, worüber Max und Vivian staunten. Vivian flehte die Hexe an, Gnade walten zu lassen. Doch Walburga erwies sich als besonders streng. Sie sperrte alle Drei in Käfige und hielt sie wie Haussklaven. Danach erwachte Jonas aus seinem Traum.

Als Jonas in den großen Wandspiegel seines Zimmers blickte, erschrak er sich zutiefst. Ihm war über Nacht eine viel zu lange Hakennase gewachsen. Zudem fühlte er sich irgendwie kleiner als zuvor.
„Richie, lass den Unsinn und verwandele mich gefälligst zurück“, schimpfte Jonas mit seinem unsichtbaren Freund.
„Aber ich habe gar nichts gemacht. Ehrenwort“, antwortete der Schelm daraufhin. „Außer dir kann keiner zaubern. Also musst du es gewesen sein“, kombinierte Jonas. „Mach mir sofort diese Hakennase weg. Ich will in der Schule nicht ausgelacht werden wegen diesem hässlichen Ding.“ Er deutete auf sein verunstaltetes Gesicht. „Jonas, so glaub mir doch. Ich war das nicht“, verteidigte sich der Junggeist.

Erst zehn Minuten später beruhigte sich der aufgebrachte Jonas, zog sich seine Tagesklamotten an und eilte in Richtung Frühstückstisch.

„Wer bist du und warum hast du die Klamotten unseres Jungen Jonas an?“, hakte sofort der Vater nach.
„Ich bin Jonas“, entgegnete der Jüngere genervt.
„Natürlich. Und ich wohne am Nordpol und heiße Santa Claus. Mach, dass du fortkommst, elendiger Zwerg.“
Der Vater schnappte sich den Kehrbesen, der in einer Ecke des Esszimmers stand und drosch damit auf Jonas ein.
„Aber Frank. Findest du nicht, dass du es ein bisschen übertreibst? Was, wenn er die Wahrheit sagt? Immerhin passen ihm die Klamotten unseres Jungen.“
„Ich weiß, dass ich der Älteste von drei Geschwistern bin. Ich habe noch zwei jüngere Geschwister. Ricky und Roman, die Zwillinge. Das kann nur Jonas wissen. Und der bin ich, was denn sonst?“
Jonas hatte keine Lust mit seinen Eltern herum zu streiten, so schnappte er sich ein belegtes Wurstbrot, packte seine Schultasche und war kurz darauf aus dem Elternhaus verschwunden.

„Na das kann ja heiter werden. Bin gespannt was Max und Vivian dazu sagen, wenn sie mich so sehen. Hoffentlich lacht mich keiner aus … wegen dieser blöden Hakennase“, murmelte Jonas vor sich hin.
„Kannst du mir die Nase nicht ein wenig kürzer zaubern, Richie?“, fragte er seinen Weggefährten.
„Ich kann es versuchen. Hokuspokus, dreimal verflixt und zugenäht, Jonas wird normal gedreht“.
Doch nichts geschah. Jonas‘ Hakennase blieb unverändert. Erst jetzt erzählte Jonas Richie von seinem Traum mit der bösen Hexe, der Entführung und seiner wundersamen Verwandlung in einen Zwerg.
„Ich verstehe. Du hattest eine Vision. Und jetzt ist sie dabei Wirklichkeit zu werden“, flüsterte Richie.
„Kann man denn wirklich gar nichts gegen diese Verwandlung machen?“, bohrte Jonas nach. Richie zuckte mit den Achseln.
„Das Einfachste wäre heute gar nicht zur Schule zu gehen. Aber dann wird es sicher Ärger mit meiner strengen Klassenlehrerin geben“, führte Jonas seinen Gedankengang weiter. Er entschied sich mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren. Allerdings waren seine Beine über Nacht so kurz geworden, dass er die Pedale nicht erreichen konnte.
„So ein verdammter Mist. Auch das noch. Du kannst dir ja denken, was das bedeutet. Ich muss den Bus nehmen, wenn ich nicht zu spät zur Schule kommen will.“

Leider hatte Jonas auch hier großes Pech. Er wurde nach der dritten Haltestelle aus dem Bus geworfen. Und das einfach so, ohne ersichtlichen Grund.
„Zu Fuß ist es immer noch eine weite Strecke bis zur Schule“, wusste Jonas. Daraufhin murmelte Richie einen neuen Zauberspruch. „Hokuspokus, dreimal verflixt und zugenäht, erscheine Portal, sonst ist es zu spät.“
Das hatte gewirkt. Erst jetzt erschien ein bläulich schimmerndes Zauberportal vor den Füßen des jungen Zwergs. Jonas schritt durch besagtes Portal, das sich hinter ihm schloss und mit einem schrillen Pfeifen verschwand. Glücklicherweise blieb seine Portalreise unbemerkt.

Trotz aller Eile kam Jonas zu spät in die Deutschstunde, sodass ihm seine Klassenlehrerin nachsitzen aufbrummte. Sie schien es nicht zu stören, dass Jonas anders aussah als sonst. Doch Jonas‘ Klassenkameraden waren tatsächlich gnadenlos und lachten den Zwerg aus. Nur Vivian und Max konnten sich ein Lachen verkneifen.

„Was schaut ihr mich so an? Ich bin es, Jonas. Ich weiß selber nicht, wieso ausge-rechnet ich zum Zwerg geworden bin“, sprach der Junge an seine Freunde gewandt. „Ich glaube dir. Zwerge gibt es normalerweise nur in Märchen. Vielleicht hat dich ein Kobold verhext oder eine Hexe verzaubert“, mutmaßte Vivian.
„Ja natürlich. Und an Weihnachten kommt der Osterhase.“ Max schüttelte den Kopf. Er konnte es immer noch nicht glauben, dass sich sein neuer bester Freund so dramatisch verändert hatte.

Frau Winkelmann schlug mit dem Zeigestock auf den Tisch von Jakob und Julian. Weiterhin rief sie: „Hört mit diesem hühnerartigen Gegacker auf, aber sofort. Sonst muss die ganze Klasse nachsitzen!“
Erst dann kehrte Ruhe im Klassenzimmer ein. Jonas hatte sich noch nie zuvor so sehr auf die große Pause gefreut. Zumal er für diese wundersame Verwandlung überhaupt nichts konnte. Es war für ihn in der Tat so, als wäre sein Traum Realität geworden. Fehlte nur noch, dass ihn eine Hexe entführte und ihn in der Küche schuften ließ.

Als der erlösende Schulgong ertönte und die Schüler in die wohlverdiente
Mittagspause schickte, atmete Jonas erleichtert auf. Max zog Jonas hinter sich her. „Wo gehen wir hin?“, erkundigte sich Jonas bei seinem besten Freund.
„In die Bibliothek. Wir müssen herausfinden, wie wir dich in den Normalzustand zurückversetzen können“, betonte Max, der Jonas‘ Situation endlich ernst nahm. Vivian nickte eifrig mit dem Kopf.

„Ich habe etwas Interessantes gefunden“, flüsterte Vivian nach einer zwanzigminütigen Buchrecherche.
„Märchen aus aller Welt? Bist du sicher, dass dies das richtige Buch für unsere Ausnahmesituation ist?“, hakte Max sogleich nach.
„Hier. Ich wusste, dass mir die wundersame Verwandlung in einen Zwerg irgendwie bekannt vorkommt. Das Märchen von Zwerg Nase von Wilhelm Hauff. Vielleicht finden wir hier einen Hinweis darauf, wie wir unseren Jonas wieder in einen normalen Menschenjungen zurückverwandeln können“, kombinierte Vivian. So blätterte die Gruppenälteste in besagtem Märchenbuch.

„Du musst ein ganz bestimmtes Kraut finden und daran riechen, dann verwandelst du dich zurück. So steht es hier in diesem Buch. Denkt daran, Jungs, in den meisten Märchen steckt ein Körnchen Wahrheit“, sprach Vivian nach einer Weile des Grübelns weiter. „Allerdings habe selbst ich keine Ahnung, wo wir das Kräutlein Niesmitlust finden können.“
„Aber ich“, ertönte die Stimme von Richie, der den Worten von Vivian genau gelauscht hatte. „Wir müssen in den Wichtelwald. Dort wachsen alle magischen Kräuter. Auch solche, die sehr selten sind“, betonte der Junggeist.
„Alles klar. Worauf warten wir noch? Los geht’s“, kommentierte Max. Erst jetzt konnte Jonas wieder lachen.

„Das besagte Kraut entfaltet seine Wirkung nur um Mitternacht“, wusste Richie. „Also nützt es uns nichts, wenn wir jetzt schon drauf los stürmen.“ Diese Worte des Junggeistes bremsten den Tatendrang des abenteuerlustigen Max nur teilweise ab. „Ich kenne das Märchen und weiß wie es ausgehen soll. Am Schluss verwandelt sich Zwerg Nase zurück in einen Menschenjungen. Seine Freundin, die Gans Mimi, verwandelt sich in ein Menschenmädchen. Gemeinsam mit den Eltern von Jakob lebt die Familie glücklich bis ans Ende ihrer Tage“, berichtete Vivian. „Mimi und Jakob werden zudem ein Paar.“
„Lass mich raten. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“, ergänzte Jonas die Ansprache seiner Klassenkameradin. Vivian nickte mit dem Kopf.

So ging es für die Schüler der Dorfschule nach der großen Pause zunächst in den Sportunterricht. Die Mädels kicherten, als sie Jonas mit der langen Hakennase sahen. Die Jungs machten sich über den Zwerg lustig. Max drohte jedem Jungen aus seiner Klasse mit der Faust, wenn er noch einmal etwas Schlechtes über seinen besten Freund sagte. Vivian hingegen verabscheute Gewalt. Sie versuchte friedlich zwischen den Fronten zu vermitteln.

Dann ertönte ein Pfiff durch die Trillerpfeife. Der Sportlehrer ermahnte seine Schützlinge den armen Jonas in Ruhe zu lassen. Er erkannte den Jungen an seinen Sportklamotten.
„Wenigstens einer, der zu mir hält“, flüsterte Jonas vor sich hin. „Keine Sorge, Richie. Wir werden heute um Mitternacht in den Wichtelwald gehen, besagtes Kraut suchen und wenn wir es gefunden haben richtig anwenden, damit ich meine wahre Gestalt zurückerlange“, führte Jonas seinen Gedankengang weiter.
„Es gibt noch eine zweite Option“, wisperte Richie zurück. „Wenn es uns gelingen sollte Eugene, die Kräuterhexe, ausfindig zu machen, könnten wir versuchen das fehlende Kraut von ihr zu erwerben.“
Jonas war mit diesem Plan einverstanden. Dann wandte sich der Jüngere dem Zirkeltraining, das Trainer Friedrich Schütt für die Schüler aufgebaut hatte, zu.

Nach dem gemeinsamen Sportunterricht verließen Jonas, Max und Vivian das Schulgelände. Jonas erzählte seinen Freunden von Richies spontanem Einfall besagte Kräuterhexe zu besuchen. Max und Vivian waren mit dieser Idee ein-verstanden. So machten sich die drei Abenteurer auf den Weg zum Marktplatz. Tatsächlich hatte Eugene, die Kräuterhexe, dort ihren Stand.
„Wir suchen ein bestimmtes Kraut…“, sprach Vivian zaghaft.
„Da seid ihr bei mir an der richtigen Adresse, junges Fräulein. Ich verkaufe über 100 verschiedene Kräuter. Welches darf es denn sein?“, fragte die Frau mittleren Alters an die Kinder gewandt.
„Nun ja. Wir suchen ein Kraut mit dem Namen Niesmitlust. Führen Sie auch seltene Krautgewächse?“, erkundigte sich Vivian bei der Kräuterhexe.
„Das ist in der Tat ein sehr seltenes Kraut. Das führe ich leider nicht in meinem Sortiment“, erwiderte Eugene. „Aber ich kenne einen Ort, wo es wächst. Auf
einer geheimen Lichtung hinter dem Nebelwald.“
Max bedankte sich bei der Alten für diese Information. Jonas durfte trotzdem an den verschiedenen Kräutern riechen, welche die Kräuterhexe zum Verkauf anbot. Doch nichts geschah. Niedergeschlagen trottete Jonas weiter. Seine Freunde folgten ihm.

Mitternacht. Jonas, Max und Vivian schlichen sich durch den Nebelwald.
„Man erkennt besagtes Kraut daran, dass es unter Buchen wächst und im Dunkeln leuchten kann“, hatte Richie seinen Freunden zuvor erklärt. Er murmelte einen Zauberspruch, woraufhin sich ein Portal öffnete. Die Reisenden landeten im Wichtelwald. Doch von Buchen fehlte jede Spur. Dann versteckten sich die Drei hinter einem Busch, denn Jonas hatte ein merkwürdiges Geräusch gehört. Zum Erstaunen der Freunde entdeckten sie eine Gans, die durch den Wald stolzierte. „Wie im Märchen“, flüsterte Vivian. Vorsichtig schlichen sich die Jungs voran. Vivian blieb vorerst im Gebüsch.
„Wer seid ihr und was wollt ihr?“, ertönte die schnatternde Stimme erneut.
Max konnte sie der Gans zuordnen und staunte darüber sehr.
„Was macht eine sprechende Gans hier im Wichtelwald?“, erkundigte sich Jonas bei dem Tier.
„Ich habe mich verlaufen“, antwortete die Gans. „Und was treibt euch in den Wald?“ „Wir suchen ein bestimmtes Kraut, damit sich unser Freund Jonas zurück in einen Menschen verwandelt“, antwortete Vivian. Sie verließ nun ihre Deckung, da sie der Meinung war, dass von besagter Gans keine Gefahr ausging. Nur widerwillig erzählte Jonas die ganze Geschichte. Von seinem Traum bis hin zu seiner realen wundersamen Verwandlung in einen Zwerg. Die Gans stellte sich den Freunden als Zoey vor. Sie lauschte gebannt den Erzählungen der Jungs.
„Und ich bin eine verzauberte Prinzessin“, schnatterte die Gans dazwischen. „Ich benötige genau wie ihr das Kräutlein Niesmitlust, um mich zurück in eine Prinzessin zu verwandeln“, sprach Zoey weiter.
„Dann haben wir ja ein gemeinsames Ziel“, mischte sich Max in das Gespräch mit ein. So suchten die Freunde nun zu viert nach besagtem Kraut.

Erst eine Viertelstunde später erkundeten Jonas, Max, Vivian und Zoey einen Teil des Wichtelwaldes, in dem allerlei Buchen wuchsen. Es war Vollmond. Im Schein des Mondlichts entdeckten die Fünf schließlich das schwer erhältliche Kraut. Jonas deutete mit seinen Zwergenfingern auf das Kraut, das im Dunkeln leuchtete.
„Na endlich. Da wächst es. Das Kräutlein Niesmitlust. Die Reise hierher hat sich also doch gelohnt“, rief Max aufgeregt. Jonas pflückte zwei Stängel des Krautes. Das Erste überreichte er feierlich der sprechenden Gans. Das Zweite behielt er für sich. Er roch an dem Kraut und musste nur wenige Sekunden später niesen. Die Gans wartete nicht lange, sondern verschlang ihren Anteil mit einem Happs. Vivian lächelte darüber.
„Und? Wie sehe ich aus?“, fragte Jonas an seine Freunde gewandt.
„Wie ein normaler Mensch. Deine viel zu kleinen Hände und Füße sind wieder im Normalzustand. Zudem ist deine Hakennase verschwunden.“ Max lächelte ebenfalls.

Endlich konnte Jonas erleichtert aufatmen. „Da bin ich aber echt froh, Leute, dass ich wieder ich bin. Also ohne diese lästige Zwergengestalt.“ Auch Zoey verwandelte sich. Die Gans hatte Recht behalten. Nur wenige Sekunden später stand ein wunderschönes Mädchen vor den Abenteurern. „Wenn ihr mich noch in mein Schloss bringen könntet, wäre ich euch sehr dankbar“, sprach Zoey an ihre neuen Freunde gewandt. So murmelte Richie erneut den Portalerschaffungszauber.
„Keine Sorge, wir helfen doch gerne.“

So kam es, dass Zoey in dieser Nacht ins Schloss ihrer Familie zurückkehren konnte. Der Vater, ein reicher König des Adelsgeschlechts „von Hohenstein“, überschüttete die Retter seiner Tochter mit viel Gold und Silber. Doch Jonas lehnte den Reichtum ab, was Max stutzig machte.
„Ich helfe gerne anderen Leuten. Und erwarte dafür keine Gegenleistung“, sprach Jonas an den Erwachsenen gewandt. Der darüber sehr staunte. Jonas, Max und Vivian verabschiedeten sich von Zoey und ihrem Vater. Das Einzige, was Jonas annahm, war eine leckere Mitternachtssuppe. Seine Freunde taten es ihm gleich. Anschließend machten sich die Freunde auf den Heimweg. Richie zauberte erneut. Aber nur um seine Begleiter schnell nach Hause zu bringen. Bei einer Straßenkreuzung, die bei den Kindern bekannt war, verabschiedete sich Jonas von Vivian und Max.
„Meine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen, weil ich so spät nach Hause komme. Also, bis bald“, rief Jonas. Glücklich darüber wieder ein Mensch zu sein rannte er zu seinem Elternhaus. Seine Geschwister schliefen bereits, ebenso die Eltern. Eine ordentliche Mütze Schlaf hatte sich der Abenteurer redlich verdient nach all diesen Strapazen des turbulenten Tages!

Hier noch mal eine etwas abgeänderte Variante, mit dem Titel „Finn und Fabienne“. Grundidee ist die gleiche, nur etwas abgeändert, damit nicht zu viele Namen vorkommen. Ihr dürft auch hier gerne Feedback geben, was gut war und was noch verbessert werden kann!

Gruß

Super Girl

Finn und Fabienne

Es war einmal ein Bauernjunge, der lebte mit seiner Familie in einem Dorf nahe eines Waldes. Eines Nachts hatte der Bauernjunge einen seltsamen Traum. Er wurde von einer bösen Hexe entführt. Im Hexenhaus sollte der Bauernjunge Wäsche waschen, das Essen kochen und alles blitzeblank putzen. Die Hexe forderte, dass der Bauernjunge sofort mit seinen Tätigkeiten begann, sonst würde ihm eine Tracht Prügel drohen. Als er sich weigerte, die Wäsche zu waschen, wurde ihm das Mittagsmahl gestrichen. Weiterhin bekam er zwanzig Hiebe auf den Hosenboden. Trotzig nahm der Junge die Wäsche der alten Hexe und wusch sie in dem großen Holzzuber. Danach sollte er die Wäsche zum Trocknen aufhängen. Das tat er ohne große Widerworte. Doch als es ans Essen kochen ging, weigerte er sich erneut. Wieder wurde ihm eine Mahlzeit gestrichen und wieder bekam er zwanzig Hiebe auf den Hosenboden.

In seinem Traum war der Bauernjunge sieben Jahre in Gefangenschaft. Dann stritt er sich heftig mit der alten Hexe. Der Junge weigerte sich weiterhin für die Hexe zu kochen. Wieder bestrafte die Hexe ihn mit zwanzig Peitschenhieben auf den Hosenboden, doch das beeindruckte den Jungen nicht. Daraufhin verwandelte die Hexe ihn in einen Zwerg.

Als der Junge aus seinem Traum erwachte, bemerkte er, dass sein Bett größer geworden war. Denn er brauchte fünf Schritte und etwas Anlauf, um aus dem Bett zu steigen. Zuerst dachte er sich nichts groß dabei. Er schlüpfte in seine Tagesklamotten und bemerkte, dass diese viel zu groß für ihn waren. Nun doch etwas misstrauisch warf er einen Blick in den Wandspiegel. Was er dort sah, erschrak ihn zutiefst. Viel zu kurze Arme und Beine bewegten sich im Spiegelbild. Weiterhin prangte eine hässliche Hakennase in seinem Gesicht. Voller Schreck taumelte der Junge zurück.

Dann wurde der Junge von seiner Mutter gerufen. „Finn, wo bleibst du denn? Du kommst noch zu spät in die Schule!“
„Komme gleich, muss nur noch schnell etwas erledigen!“

Finn wusste, dass seine Mitschüler ihn als Zwerg gnadenlos auslachen würden, deswegen zog er sich rasch die Klamotten aus seiner Grundschulzeit an, die ihm wie durch ein Wunder wieder passten. Danach öffnete er sein Fenster und stahl sich davon. Finn hatte noch nie zuvor die Dorfschule geschwänzt. Allerdings war dies ein echter Notfall, deswegen wusste er keinen anderen Ausweg.

Draußen wurde er sofort von einem Nachbarn angepöbelt. „Scher dich weg, du kleiner Landstreicher!“ Finn wollte etwas erwidern, doch er wusste, dass dies keinen Zweck haben würde. In dieser hässlichen Gestalt würde ihn so schnell niemand erkennen, nicht einmal seine eigenen Eltern. Deswegen rannte er, so schnell ihn seine kurzen Beine trugen, auf und davon.

Nach einer Weile des Grübelns fiel dem Jungen sein Traum wieder ein. Der mit der bösen Hexe und der grässlichen Hausarbeit. Das brachte ihn auf eine Idee. So rannte er zum Marktplatz, um die Frau aufzusuchen, die überall im Dorf als „Kräuterhexe“ bekannt war. Er klagte ihr sein Leid.

„Ich habe von einer bösen Hexe geträumt, die mich entführt hat. Ich sollte für sie in ihrem Hexenhaus die Hausarbeit erledigen, Wäsche waschen, kochen und putzen. Sieben Jahre war ich ihr Haussklave. Als ich mich eines Tages geweigert habe, weiterhin für sie zu kochen, hat sie mich verwandelt… in diesen Zwerg! Weißt du, wie ich wieder zum Menschen werde?“

Die Kräuterhexe musterte den armen Jungen von oben bis unten.
„Hausarbeit für eine böse Hexe? Nein, das geht nun wirklich nicht. Kinderarbeit ist verboten! Ich sehe mal, was ich für dich tun kann, junger Freund. Sag mir nur eins, wie heißt du?“
„Erkennst du mich wirklich nicht? Ich bin Finn, Sohn des Bauern Ferdinand!“
„Der Finn? Wie könnte ich den vergessen!“, rief die Kräuterhexe daraufhin.
„Warte, Junge, du bist sicher verzaubert worden. Vielleicht kann ich dir wirklich weiterhelfen. Ich kenne ein Kraut, das alle magischen Gestalten aufheben kann. Es heißt Niesmitlust und wächst unter Buchen!“

Die Kräuterhexe kramte in einer Schachtel herum, aus der allerlei Pflanzen herausragten. Als sie wenig später mit dem Kopf schüttelte, war der Funken Hoffnung in Finns Gedanken wieder erloschen. „Tut mir Leid. Ich habe es leider nicht vorrätig. Und ich kann hier noch nicht weg, ich muss mich um meinen Kräuterstand kümmern, bis Kundschaft kommt. Ich würde dir ja gerne helfen, Finn. Aber du siehst ja, was hier los ist!“

Mittlerweile hatte sich eine lange Schlange hinter den beiden gebildet. Ein älterer Mann rief verärgert: „Verschwinde, du Zwerg. Sonst mach ich dir Beine!“ Er unterstrich seine Worte mit einem Schwingen seines Gehstocks. Finn ballte seine viel zu kleinen Hände zu Fäusten. Er ließ sich noch schnell von der Kräuterhexe den Weg zum Buchenwald beschreiben, dann rannte er davon.

Atemlos erreichte Finn den von der Kräuterhexe beschriebenen Wald. Er musste kurz verschnaufen, denn das zu schnelle Rennen hatte ihm ein unangenehmes Stechen in der linken Körperseite beschert. Außerdem war er trotz der Tatsache, dass er nur einen kurzen Spurt hingelegt hatte, erschöpft.

Als sich Finns Körper einigermaßen von der körperlichen Anstrengung beruhigt hatte, setzte der Junge seine Reise durch den Wald fort. Er suchte überall nach dem Kraut Niesmitlust, konnte es aber nirgendwo finden.

Da ertönte plötzlich eine schnatternde Stimme: „Wer bist du Zwerg und was willst du hier?“
„Ich bin kein Zwerg. Ich bin ein Mensch und heiße Finn“, erwiderte der Junge trotzig. „Ich wurde verzaubert!“
„Und ich bin eine Prinzessin und heiße Fabienne. Ich wurde ebenfalls verzaubert… in eine Gans, wie du unschwer erkennen kannst!“

Die sprechende Gans plusterte sich auf. Dabei verlor sie zwei Federn. Finn bückte sich nach den Federn und hielt sie der Gans hin. „Sind das magische Federn?“
„Kann sein. Immerhin wurde ich verzaubert. Möglich ist alles!“

Finn, der schon von einigen Legenden in seinem Dorf gehört hatte, kam ein genialer Gedanke. Diesen teilte er der verzauberten Prinzessin mit.
„Magische Federn machen Unsichtbares sichtbar. Davon hat mir mein Großvater berichtet, als ich noch ein kleiner Junge war!“
„Und was bist du jetzt?“
„Ein kleiner Zwerg. Aber das liegt an dem Zauber, ehrlich!“

Da die Gans Mitleid mit dem Jungen hatte, plusterte sie sich noch einmal auf. Doch dieses Mal flogen keine Federn. „Tut mir Leid. Aber ich hab’s versucht“, schnatterte sie.
„Macht doch nichts. Dann nehmen wir eben die Federn, die wir schon haben!“
Finn hielt sich an seinem Hoffnungsschimmer fest.
„Außerdem sind zwei Federn besser als gar keine!“

Mit Finns Plan einverstanden machten sich nun beide verzauberten Wesen auf die Suche nach einer Stelle, wo viele Buchen wuchsen. Denn auch Fabienne kannte die Geschichte von Niesmitlust, da sie genau wie Finn nach diesem Kraut suchte.

An einer besonders geeigneten Stelle blieb Fabienne stehen.
„Wedel doch mal hier mit den Federn, vielleicht hilft das was!“, schnatterte sie. Finn tat, wie ihm geheißen und hielt die erste Feder ganz dicht über den Boden. Daraufhin wurde das seltene Kraut sichtbar. „Tatsächlich. Es funktioniert.
Junger Freund, du bist ein Genie!“
„Das wahre Genie ist ein verzaubertes Federvieh!“ Finn lächelte, als er merkte, dass sich seine Worte reimten. Doch er hielt sich nicht lange mit weiteren Reimen auf, sondern pflückte das Kraut und gab es der Gans. Diese bedankte sich überschwänglich, erstarrte plötzlich in der Bewegung und rief aus vollem Hals:
„Aber was ist mit dir?“
„Keine Sorge, ich habe noch eine Feder, schon vergessen? Damit mache ich wieder ein Kraut sichtbar, versprochen!“
Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, wedelte er mit der zweiten Feder über dem Boden und wieder wurde ein Kraut sichtbar. Er pflückte auch dieses und verschlang es in einem Happs. Die Gans tat es ihm gleich.

Wenige Sekunden später verwandelten sich Finn und Fabienne in ihre wahre Gestalt. Finn wurde zum Menschenjungen. Auch Fabienne hatte nicht gelogen, nur ein paar Herzschläge später stand eine hübsche Prinzessin vor dem erstaunten Jungen. Sofort verliebte sich Finn in die Prinzessin. Diese bedankte sich noch einmal bei ihrem Retter und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Aus Dankbarkeit zeigte Fabienne dem glücklichen Jungen ihr Schloss, das sich hinter dem Wald in einer Hochebene befand.

Der König war überglücklich, als sein Töchterchen nach Hause kam. Er nahm sie in die Arme und fragte nach dem Grund für ihr spätes Erscheinen. Fabienne erzählte ihm die Geschichte und ließ dabei nicht aus, wie Finn, der Bauernjunge sie aus einer misslichen Lage befreit hatte. Erst jetzt bemerkte Finn, der noch nicht gefrühstückt hatte, dass sein Magen knurrte. Der König organisierte ein Festmahl zu Ehren des mutigen Helden. Fabienne fand, dass ihr Vater maßlos übertrieb. So gefährlich war das Abenteuer auch wieder nicht gewesen.

Finn fiel der Abschied von Fabienne wirklich schwer, aber er war der Meinung, dass es an der Zeit wäre, nach Hause zu gehen. Er würde eines Tages wiederkommen, das versprach er Fabienne. Auch er gab der Prinzessin einen Kuss, um ihr seine Liebe zu zeigen.

Die überglücklichen Eltern glaubten Finn kein Wort von seiner wundersamen Verwandlung, als er nach einigem Grübeln doch davon erzählte. Sie hatten bereits die Dorfwache eingeschaltet, da Finn nicht wie üblich in der Dorfschule erschienen war. Finn nahm sogar eine Strafe seines Vaters in Kauf, da er nun schon seit drei Stunden fort war. Der Vater gab ihm zwanzig Hiebe auf den Hosenboden. Wie die böse Hexe in Finns Traum.

Sieben Jahre später läuteten im Schloss die Glocken. Der König gab die Hochzeit von Finn und Fabienne bekannt. Die beiden hatten sich ordnungsgemäß verlobt und dieser Verlobung sollte nun eine königliche Hochzeit folgen.

Auch die Eltern von Finn waren gekommen, um ihren Sprössling ein letztes Mal zu sehen. Denn Finn hatte beschlossen, den Rest seines Lebens mit Fabienne im Schloss zu verbringen.

Der König selbst erklärte die mittlerweile erwachsenen Verlobten zu Mann und Frau. Es folgte ein leidenschaftlicher Kuss von Finn und Fabienne. Damit war ihre Bündnis besiegelt.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!