Ein folgenschwerer Fehler : Kurzgeschichte

Hallo liebe Schreibfreude,
diese Kurzgeschichte von mir entstand im Rahmen meines Belletristik-Fernstudiums (selbstverständlich geschrieben mit Papyrus). Auf das Thema gebracht hat mich eine Begebenheit aus meinem Leben. Im Krankenhaus sollte ich eine nicht gerade unriskante Untersuchung über mich ergehen lassen. Als sie bereits zugange war, stellte sich plötzlich heraus, dass die mich mit einen anderen Patienten verwechselt haben… Freue mich auf Lob, Kritik oder Verbesserungsvorschläge.

Ein folgenschwerer Fehler

Ilona zittert vor Aufregung. Soeben brachte sie eine Krankenschwester vor die Tür. Sie betritt den im Sonnenlicht gefluteten Besprechungsraum der neurologischen Station des Klinikums Dortmund, wo sie, seit zwei Wochen untersucht wird.

Mit einem breiten Lächeln im Gesicht betritt die neue Patientin das Krankenzimmer, in dem zwei Frauen liegen. Sofort grüßt Ilona ihre älteren Mitpatientinnen, die anders als sie, nicht gerade guter Laune sind. »Einen schönen guten Morgen, meine Ladys! Ich bin die Ilona, eure neue Bettnachbarin!« Mit einem für eine Frau festen Druck schüttelt sie ihre Hände. Lange dauert es nicht, bis Ilona der typischen Langeweile eines Krankenzimmers ein Ende setzt und die triste Atmosphäre verwandelt sich in ein Meer aus herzhaften Gelächtern.

Doch an diesem Morgen scheint das alles wie ein verblassendes Echo der Vergangenheit zu sein, denn womöglich wird in wenigen Minuten ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Die schlaflose Nacht macht den ohnehin aussichtslosen Kampf gegen böse Vorahnungen, die Ilona jetzt wie ein Ruder wütender Wölfe verfolgen, nicht gerade leichter. In einer alten, gestreiften Jogginghose, einem grauen T-Shirt und ausgelatschten Schlappen sitzt sie auf einen Stuhl. Jede weitere Sekunde des Wartens auf die Ärzte ist für sie ein Martyrium.

Noch vor zwei Wochen war das Leben wie ein Besuch eines Vergnügungsparks. Doch dann fiel es wie vom Himmel.

Eines Morgens konnte Ilona nach dem Aufwachen auf dem linken Auge nicht mehr richtig sehen. Das jagte ihr einen Riesenschrecken ein. Sofort kam der Gedanke an die jüngere Cousine, bei der eine Sehnenentzündung der Beginn einer besonders heimtückischen Autoimmunerkrankung war, die das Mädchen innerhalb weniger Monate in den Rollstuhl zwang.

Die Tür öffnet sich. Doktor Vujicic, ein grauhaariger Mann mit einem väterlichen Gesicht und eine brünette Frau um die 30 betreten den Raum. Ilona steht auf.

»Guten Morgen, Frau Wernecke.« Händeschütteln. »Am besten setzen wir uns.«
Der Chefarzt breitet einen grauen Patientenordner vor sich aus.

Mit einer zittrigen Stimme fragt Ilona: »Und, haben Sie eine konkrete Diagnose für mich?«

Er seufzt. »Frau Wernecke, in der Tat liegt uns eine konkrete Diagnose vor. Bei der körperlichen Untersuchung und der darauffolgenden Blutanalyse, sowie der Überprüfung der Nervenfunktion, die Doktor Völpel durchführte, gab es, wie Sie ja wissen, keine Auffälligkeiten. Doch bei der Untersuchung des Nervenwassers nach der Lumbalpunktion wurden sogenannte oligoklonale Banden im Liquor nachgewiesen, was leider auf eine Entzündung hindeutet. Die gestrigen MRT-Aufnahmen bestätigten es. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Sie an multiple Sklerose erkrankt sind.«

Mit halb offenem Mund schaut Ilona zur Seite in die Leere. Ohne ein Wort zu sagen, springt sie auf. Ihre Beine sind weich und schwer wie mit zwei mit Wasser getränkte Schwämme. Wovor sie sich all die Jahre gefürchtet hat, ist über sie gekommen. Dann steht sie auf und begibt sich zur Tür.

»Frau Wernecke, wo wollen Sie denn hin? Eine MS-Diagnose muss nicht zwangsläufig…«, sagt die Assistenzärztin.

»Ich will einfach nur alleine sein«, unterbricht sie und verlässt den Raum. Mit Ratlosigkeit in Gesichtern schauen sich die beiden Ärzte an.

Ilona öffnet die Tür ihres Krankenzimmers. Erschrocken fragt eine Mitpatientin, ob alles in Ordnung sei, doch sie antwortet nicht. Stattdessen knallt sie die Badezimmertür hinter sich zu. Weinend wie ein kleines Mädchen sinkt Ilona gelehnt an die Innenseite der Tür auf den Boden. Sie zittert.

Die Angst in der Brust fühlt sich an wie eine zugleich eiskalte und heiße Flüssigkeit, die sich im Innern des Körpers wie ein streuendes Krebsgeschwür ausbreitet und ihn von ihnen zerfrisst. Ilonas jeglicher Kontrolle beraubte Gedankenwelt gleicht einem Marathon, der niemals zu enden scheint.

Wird sie wie ihre Cousine Lina bald im Rollstuhl sitzen, oder schlimmer, erblinden? Und was wird aus ihren Job als Flugbegleiterin? Sie schreit: »Warum? Warum? Warum passiert es gerade mir?!« Tränen überfluten ihr Gesicht.

Währenddessen sind die beiden Ärzte im Begriff das Besprechungszimmer zu verlassen. Als der Chefarzt den Ordner zu klappt und ihn in die Hand nimmt, macht die Assistenzärztin eine Entdeckung.

»Warten Sie Herr Doktor!«

»Was ist passiert, Frau Lemke?«

»Doktor Vujicic, Wieso steht auf dem Aufkleber Aileen Werning und nicht Ilona Wernecke?«

Der Chefarzt schreckt zurück. »Tatsächlich! Wie konnten wir es nicht merken? Kommen Sie!«

pawelm, ich lese auf drei verschiedene Weisen. Erst die Geschichte, dann die Sprache und ungern Rechtschreibung und Interpunktion. Genau in dieser Reihenfolge bewerte ich auch 1/2, 1/4, 1/4. Das nur zum Verständnis, denn ich bewerte nicht.
Die Geschichte gefällt mir, überzeugt mich aber nicht. Die Sprache ist mir teilweise zu üppig.
Das muss nichts bedeuten. Als Quertreiber lese ich auch anders.
Ich will Dich aber ermutigen. An meine ersten Versuche denke ich nicht gern zurück, weil ich dann rote Ohren bekomme.

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Hallo Anton,
vielen Dank für dein Feedback und Ermutigung! Es freut mich sehr, dass meine Geschichte dir gefiel.

Was genau meinst du bzw. würdest du es mir genauer erklären?

Das ist zu üppig für die Situation

Hier mal etwas sparsamer und dramatischer

Die Worte trafen zielgenau meine tiefsten Ängste. Ich versteinere, blicke ins Leere und stehe wie ferngesteuert auf. Mit zitternden Beinen.

Lieber Gruß, Anton.

Hallo Anton,
danke für die Erklärung bzw. Korrekturvorschlag.

Ich finde, das trifft es ziemlich gut. Bei einem solch emotionalen Thema, ist die Ich-Erzählperspektive meistens die bessere Wahl. Der Leser ist einfach näher dran, im Grunde mittendrin, was eine Erzählung in der 3. Person niemals hinkriegt.

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Einerseits gebe ich PeRo recht. Andererseits kriegt man das auch in der 3. Person hin.
Hier ein Vorschlag von mir:
Ilona starrt den Arzt mit offenem Mund an. All ihre Ängste und Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Panik steigt in ihr auf und ihr Herz beginnt, wild zu schlagen. Ilona schließt die Augen. Ihr Atem geht stoßweise. Sie versucht, die Panik wegzuatmen, doch es gelingt ihr nicht. Wie in Trance steht sie auf. Fast versagen ihre Beine. Sie krallt sich kurz an der Stuhllehne fest, dann wendet sie sich zur Tür und verlässt langsam den Raum.

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Du siehst pawelm, das kriegen wir gemeinsam hin. Warte noch bis Stephen King etwas dazu gesagt hat.

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Der Verbesserungsvorschlag gefällt mir. Danke! Darf ich es in meine Geschichte so übernehmen?

Da bin ich zuversichtlich!
Bist du dir aber sicher, dass auch er ein Mitglied dieses Forums ist? :cool: Auf jedem Fall würde mich die Meinung solch einer Person brennend interessieren! Na ja, leider kommt man an so einen praktisch nicht ran (als Normalsterblicher wie ich) :zipper_mouth_face: …wobei, hatte schon Mailkontakt mit Sebastian Fitzek. Er hat mich unter anderem echt sehr ermutigt!!

Hey, pawelm, freut mich, wenn dir der Vorschlag gefällt. Und klar, darfst du das so übernehmen.:slight_smile:

Ein paar Dinge sind mir noch aufgefallen:

ein Meer aus herzhaftem Gelächter.

Rudel wütender Wölfe

An diesem Satz bin ich hängen geblieben. Das klingt ein wenig merkwürdig. Der Satz passt meines Erachtens nicht so recht. Den könnte man evtl. ganz rausnehmen.

“Guten Morgen, Frau Wernecke”, begrüßt der Arzt Ilona freundlich und schüttelt ihr die Hand. Er setzt sich an den Schreibtisch und deutet auf den Besucherstuhl davor. “Bitte behalten sie doch Platz.”

Mit zitternder Stimme

Das sind – wie gesagt – nur Vorschläge. Doch wenn sie dir weiterhelfen, würde mich das sehr freuen.