Die Socke lag mitten auf der Dorfstraße vor dem Haus Nummer 6. Eine einzelne Socke, Sie leuchtete rot und gelb auf dem dunklen Asphalt. Gegenüber im Haus Nummer 7 öffnete sich die dunkelbraune Eingangstür und ein kleines Mädchen lugte neugierig hinüber zu dem bunten Farbfleck auf der Straße. Die Kleine namens Inge hüpfte die drei Stufen von der Tür zur Straße hinunter und lief hinüber zu der Socke. Sie umrundete staunend das Söckchen ein Mal und rief hinüber zum Haus und ihrem ein Jahr älteren Bruder: „Auf der Straße liegt eine Socke! Schau mal.“ Der Bruder war sieben Jahre alt und gerade eingeschult worden. Er fühlte sich solchem banalen Kram überlegen. „Na und?“ Erwiderte er, „lass mich in Ruhe. Ich lese gerade ein Buch.“ Das Mädchen kicherte: „Du liest?“ Kannst ja erst ein paar Buchstaben, du Angeber.“
Dann hüpfte sie singend weiter in den Hof vor Haus Nummer 6 und rief: „Tante Klara, fehlt dir eine Socke?“ Niemand antwortete und das kleine Mädchen lief zurück nach Hause, um den Bruder weiter zu ärgern. Das half gegen Langeweile.
Ein Auto kam die Dorfstraße entlang und verlangsamte die Fahrt. Die Fahrerin schaute interessiert auf den farbigen Fleck auf der Straße und fuhr vorsichtig um die Socke herum. Fünf Häuser weiter parkte sie vor ihrem Haus und ging voll bepackt mit Einkaufstüten hinein. Da läutete das Telefon und ihre Freundin Helga aus der übernächsten Straße war dran. „Was gibt es Neues?“, fragte sie. „Es ist so langweilig in unserem Dorf!“ Die Fahrerin namens Karla erwiderte: „Du wirst es nicht glauben! Vor Haus Nummer 6 in meiner Straße liegt mitten auf dem Asphalt eine bunte Socke. So eine leuchtend rot-gelbe Socke. Wem die wohl gehört?“ Karlas Freundin Charlotte staunte: „Eine einzelne Socke? Vor Klaras Haus?“ Karla erwiderte: „Ja, ja, eine einzelne Socke, hat sich wohl selbständig gemacht.“
An diesem Nachmittag machte die Nachricht von der Socke auf der Straße die Runde unter den Freundinnen im Dorf. Nachdem Karla Charlotte informiert hatte, rief Charlotte bei Klara an, um ihr mitzuteilen, das vor ihrem Haus eine Socke lag. Niemand ging jedoch bei Klara ans Telefon. Dann rief Charlotte Monika an, Monika erzählte die Sache beim Kaffeekränzchen mit Hilda und Sabine, diese riefen später von zuhause bei Klara an und weil niemand abnahm, sprachen sie auf den Anrufbeantworter; „Klara, vor deinem Haus liegt eine Socke auf der Straße, ist das deine?“ Dann erzählten Hilda und Sabine die Dorfneuigkeit den Freundinnen Angelika, Ruth und schließlich noch Maria. Alle Freundinnen riefen bei Klara an und sprachen ihr auf den AB, weil niemand abnahm.
Als Klara aus ihrem tiefen Mittagsschlaf erwachte, blickte ihr Anrufbeantworter wild und sie hörte sieben Mal die Nachricht: „Vor deinem Haus liegt eine Socke!“
Da läutete es an der Eingangstür und Klaras Nachbarin stand mit der Socke vor der Tür: „Hier, Klara, deine Socke, sie lag auf der Straße vor deinem Haus.“