Anbei mal eine etwas lustigere Geschichte meinerseits. Es ist die Episode 2 meines Projekts „Nottinggrad - der dunkle Drakon“ (Drakon = Abkürzung für Drachenkontinent). Bin gespannt auf euer Feedback!
Gruß
Super Girl
Die Henne und das Ei (Episode 2)
„Hier her! Die Henne ist nach Osten gerannt“, rief Zara ihren Freunden zu.
„Nein, hier her! Jetzt ist sie wieder auf unserer Seite“, erwiderte Ronja.
„Jetzt ist sie wieder bei uns. Hoffentlich wird sie nicht überfahren“, betonte Willi. Sha’Red seufzte und sagte gar nichts dazu.
Eigentlich hatten die Freunde einen missionsfreien Tag genießen wollen, da war Ignatius mit einer neuen Aufgabe für die Abenteurer gekommen. „Bringt mir die magische Henne. Ich brauche von ihr ein goldenes Ei. Was es damit auf sich hat, wollt ihr sicher wissen. Ich erzähle es euch, sobald ihr die Henne eingefangen habt. Sie ist aus der Hühnerfarm meines Bekannten, dem Farmer Curt Tromer ausgebüchst“, hatte Ignatius den Freunden mitgeteilt. Nur widerwillig hatten sich Willi, Zara, Ronja und Sha’Red überreden lassen, Ignatius‘ Auftrag anzunehmen. Denn etwas Ruhe nach dem jüngsten Abenteuer hatten sie sich eigentlich verdient.
Doch dazu war es nicht gekommen. Stattdessen hatten die Freunde die magische Henne ausfindig machen müssen. Zara hatte einen Zauber gewirkt, um die Henne lokalisieren zu können. Mit einem „Filitatio Polatium“ war der Akt getan. Mit Schrecken hatten die Abenteurer festgestellt, dass die magische Henne durch ein Dimensionsloch gesprungen war. Natürlich waren die vier Freunde hinterhergeeilt und Zara hatte den Riss in der Dimension per Zauberei hinter sich geschlossen.
Die Freunde waren zu Willis Erleichterung in der Menschenwelt gelandet. Willi erkannte die Gegend als Alterlangen, einem Stadtteil von Erlangen. Allerdings hatte sich die Henne nicht einfangen lassen. Deswegen waren die Freunde kurz vor dem Verzweifeln gewesen.
„Hier her! Die Henne ist nach Osten gerannt“, rief Zara ihren Freunden zu.
„Nein, hier her! Jetzt ist sie wieder auf unserer Seite“, erwiderte Ronja.
„Jetzt ist sie wieder bei uns. Hoffentlich wird sie nicht überfahren“, betonte Willi. Sha’Red seufzte und sagte gar nichts dazu.
Ein Autofahrer eines roten Kleinwagens hupte verärgert, als er die Henne über die Straße rennen sah. Die tierliebe Zara reagierte instinktiv und ließ alle Sterblichen bis auf Willi in der Bewegung erstarren. Auf diese Weise gelang es ihr auch sämtliche Fahrzeuge erstarren zu lassen. So wurde das Federvieh nicht überrollt.
„Gute Arbeit, Frau Zauberin. Und das meine ich positiv“, lobte Willi sie.
Zara bedankte sich für das nette Kompliment. Dann wirkte sie mit einem Schlenker ihres Zauberstabs einen weiteren Zauber. Sie zauberte kurzerhand einen Vogelkäfig herbei.
Ronja und Sha’Red überquerten die Straße und gesellten sich zu ihren Freunden. Gemeinsam beratschlagten sie, wie sie im Fall mit der wilden Henne weiter vorgehen sollten.
Da schnippte Ronja mit den Fingern, denn ihr war ein rettender Einfall
gekommen, um das Hennenproblem schnell zu lösen. „Gebt mir alle eure Brotkrümel, falls ihr welche vom letzten Proviant habt. Wir locken die
magische Henne mit Futter. Dann kommt sie sicher von alleine!“
Von dieser Idee begeistert kramten die Freunde in ihren Taschen. Tatsächlich fanden Willi, Zara und Sha’Red einige Brotkrümel der letzten Brotzeit. Diese übergaben sie an ihre clevere Freundin. Ronja legte daraufhin eine Spur von der westlichen in die östliche Richtung, quer zur Möhrendorfer Straße und lockte die Henne auf diese Weise zu Zara und dem Vogelkäfig. Tatsächlich klappte Ronjas Trick. Die Henne pickte die Brotkrümel vom Boden weg, weigerte sich allerdings den Käfig zu betreten.
Zara zauberte ein weiteres Mal, um die Henne in den Käfig schweben zu lassen. Denn die Zauberin hatte keine Lust mehr auf weitere Scherereien mit dem Federvieh. Als sich die Käfigtür hinter dem Tier schloss, welches gackernd protestierte, konnten alle vier Abenteurer erleichtert aufatmen.
„Wir müssen weg von hier. Bevor uns noch ein Sterblicher aus Willis Welt mit dem magischen Huhn im Käfig entdeckt. Außerdem hält meine Zauberstarre auch nicht ewig an!“, rief Zara ihren Begleitern zu. Das ließen sich die anderen nicht zweimal sagen und folgten der Zauberin mit flotten Schritten in Richtung Kosbacher Weg, wo sich das Dimensionsloch geschlossen hatte. Zara vergewisserte sich, dass kein Außenstehender zusehen konnte. Dann zauberte sie ein letztes Mal. Sie erschuf ein Zauberportal, um zurück nach Moringrad zu reisen.
In weniger als einer Stunde waren die Freunde zurück bei Ignatius‘ Waldhütte. Der ältere Zauberer lobte die Abenteurer für ihr beherztes Eingreifen. Er war nicht allein vor Ort. Sein Bekannter, der Hühnerfarmer Curt Tromer, war bei ihm. Dieser nahm die ausgebüchste Henne gerne entgegen und bedankte sich überschwänglich bei Zara und ihren Freunden für die Hilfe. Als Gegenleistung schenkte er nun Ignatius wie versprochen ein goldenes Ei, das er in einer beleuchteten Box transportierte.
Knack. Knack. Nur wenige Sekunden nach der Übergabe der magischen Henne schlüpfte tatsächlich ein Küken aus dem goldenen Ei. Es stammte allerdings von einer zweiten magischen Henne. Curt hatte sich auf die Züchtung dieser seltenen Hennen spezialisiert. Über den Anblick des winzigen Kükens staunte selbst Zara. Sie hatte noch nie persönlich bei der Geburt eines Hühnerkükens zugesehen. Willi hingegen lächelte. Ronja durfte dem Küken einen Namen geben. Sie nannte es Zory Zottel, wegen ihres winzigen Zottelkopfs.
Ignatius gab den Freunden dann noch ein Rätsel auf. Es lautete: „Was war zuerst da? Die Henne oder das Ei?“ Die Freunde rätselten lange, bis Sha’Red mit den Fingern schnippte. Er hatte eine Theorie.
„Vielleicht gab es vor vielen Jahren eine Urhenne, die viele Eier gelegt hat. Und von diese Urhenne stammen alle weiteren Hennen ab!“
Sofort musste Zara lachen, doch Ignatius blieb ernst. „Das ist durchaus plausibel. Ich selbst habe keine passende Antwort auf diese Frage. Es ist eines der großen Rätsel unserer Zeit!“
„Aha, es gibt also doch etwas, das der große Meister Ignatius nicht weiß“, stichelte Zara ihren Onkel an.
„Niemand kann alles wissen. Das gilt auch für mich“, erwiderte Ignatius. Da er keinen Streit anzetteln wollte, beließ er es bei dieser Aussage und verwies auf eine Holzbank außerhalb seiner Waldhütte. Mit einem Schlenker seines Zauberstabs war ein herbeigezauberter Tisch gedeckt und vier Stühle schwebten aus dem Nichts herbei. Dann verschwand er kurz in
seiner Waldhütte. Wenig später kam er mit fünf dampfenden Tassen Kaffee heraus. Ronja half ihm beim Heraustragen eines Schokoladenkuchens.
„Selbst gebacken oder selbst gezaubert?“, wollte Zara wissen.
„Selbst gebacken natürlich, du Schlaumeierin!“
Beim anschließenden Kaffeeklatsch unterhielten sich die Freunde mit Curt, der die Einladung auf ein Stück Schokoladenkuchen und einer Tasse
Kaffee zu bleiben gerne annahm. Im Gespräch mit Curt erfuhren die Abenteurer dann, dass magische Hühner nach ihrem Tod durch goldene Eier wiedergeboren werden können. Dabei wurden ihre Seelen in ihre Nachfahren transferiert und über die Eier in eine verjüngte Form ausgegeben.
„Das heißt also, dass Zory Zottel schon einmal vor ihrer Geburt gelebt hat?“, erkundigte sich Ronja fasziniert. Curt nickte mit dem Kopf.
„So ist es, meine Freunde. Unglaublich, aber wahr.“
Als der Schokoladenkuchen verputzt war, bedankte sich Ignatius selbst noch einmal, dass die Freunde ihre missionsfreie Zeit unterbrochen hatten, um die Angelegenheit mit der entlaufenen Henne zu klären. Als Zeichen seines Dankes erzählte er den Vieren: „Weil ihr euch heute so tapfer in der Hennenjagd geschlagen habt, verrate ich euch etwas. Nottinggrad ist durch einen Kampf der Urdrachen entstanden. So sagt es jedenfalls eine alte Legende. Diese Drachen haben den heutigen Drachenkontinent zu dem gemacht, was er ist. Das könnt ihr in „Mythen und Legenden Nottinggrads“ in der magischen Bibliothek gerne nachlesen, wenn ihr mir nicht glaubt!“
„Wir glauben dir ja, Onkel“, bemerkte Zara, nachdem sie ihm aufmerksam gelauscht hatte. „In diesen verrückten Welten ist alles möglich!“