Dialoge kürzen?

Ich habe das Problem, dass meine Dialoge teilweise zu lang werden. Hat jemand einen Tipp, wie ich Dialoge kürzen kann?

Gruß

Super Girl
PS: Mein aktuelles Projekt „Coloria - die Welt der Farbenvielfalt“ ist nämlich sehr dialoglastig. Ich habe fast keine Weltbeschreibungen ohne Dialogform drin. Um „Infodump“ zu vermeiden, erfährt man in meinen Dialogen sehr viel über die Hauptpersonen und die Welt an sich. Ist das nun gut oder eher schlecht?

Mein Vorschlag:
Nimm ein Diktiergerät (bzw. Handy-App oder ähnliches) und sprich darauf die mündliche Rede (ohne die Inquit-Formeln) wie in einem Hörspiel oder Theaterstück mit verschiedenen Stimmlagen für die verschiedenen Personen.

Hör dir den Dialog danach ein paarmal an. Dann merkst du, an welchen Stellen er zu lang oder zu geschraubt für ein echtes Gespräch klingt.

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Noch ein Tipp:

Mach dir bewusst, welche Ziele die Personen mit dem Gespräch verfolgen.

Ein Protagonist beschreibt und erklärt einer anderen Romanfigur die Welt, in der sie sich aufhalten. - Was ist sein Ziel dabei? Will er die Person mit seinem Wissen beeindrucken? Will er eigentlich nur Zeit mit ihr verbringen und labert sie zu, weil ihm nichts besseres einfällt, um sie aufzuhalten? Oder will er ihr unter die Nase reiben, dass er alles besser weiß als sie? Sie vor Gefahren warnen und vor Schaden bewahren? Seine Qualifikation für einen bezahlten Job als ihr Reiseführer unter Beweis stellen?

Wenn die verschiedenen Personen für das Gespräch Ziele haben, die nicht gut miteinander vereinbar sind, dann hat man einen kleinen Konflikt, der das Gespräch spannend machen kann.

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Ich schreibe sehr viel in Dialogen. Das ist unkonventionell, aber ich mag diesen Stil sehr.

Ich hatte zwar nicht direkt Dialoge, aber einen relativ langatmigen Part von 120 Seiten zu kürzen. Nun hat er nur noch 30. War also ne drastische Maßnahme. Ich hatte damals keine Ahnung, wie meine Story weitergeht und hab rumgeeiert.

Als Lösung hatten sich die bisher nicht verwendeten Textmarker von Papyrus angeboten. Ich bin dann meinen Text durchgegangen und hab zunächst wichtige Aussagen blau markiert. Das war quasi das Gerüst, um mich in so einem langen Text überhaupt zurechtzufinden.

Danach hab ich grün markiert, was in jedem Fall drinbleiben muss. Rot sollte raus, orange sollte wahrscheinlich raus und gelb hieß, dass ich mir das ansehen muss.

Deine Dialoge werden kürzer sein, sodass du sie eher überschauen können wirst. Darum wäre meine Vorgehensweise, mal die wichtigen Kernaussagen zu markieren. Danach kannst du ja schauen, was du von dem, was übrig ist, drinlassen willst.

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Liebes SuperGirl

Zunächst mal finde ich es (fast) immer gut, Beschreibungen der Umgebung und Bedingungen der Geschichte in Gesprächen der Protagonistinnen darzustellen. Aber klar: Zuviel ist immer bitter, und wenn es Zucker wäre.

Ich schrieb mal eine Kurzgeschichte über das Coming out einer jungen Frau. Ein Monolog schien mir nicht die richtige Form dafür zu sein, also wählte ich ein Gespräch, das meine Protagonistin mit einer Freundin führte. Alsbald sah ich mich in der gleichen Situation wie du, nämlich, dass der Dialog zwischen den beiden zu langatmig wurde und der Geschichte jede Spannung nahm. Also verpackte ich sie in einem zweiten Durchgang in eine parallel ablaufende, gemeinsame Aktivität der beiden – die Erzählerin lässt sich von ihrer Freundin die Nägel lackieren.

Diese, mitunter recht detaillierte „Nebenhandlung“ (ich wusste bis dahin gar nicht, welch komplexe Angelegenheit es sein kann, Fußnägel zu lackieren) gab dem Dialog der beiden dann Struktur und Rhythmus, in dem sie den Dialog der beiden immer dann unterbrach, wenn er eintönig zu werden drohte. Mir war das aber noch immer zu fade und ich wob in einer dritten Version stellenweise noch Nebendialoge (Rückfragen, Witzchen, etc.) sowie innere Monologe (Selbstreflexionen und Erinnerungen) der beiden Protagonistinnen in das Gespräch mit ein. Und siehe da, das fade hin und her in der ersten Variante war weg!

Ein wichtiger Tipp, den ich damals erhielt, war auch, auf das ewige „fragte und sagte“ (und ihrer Varianten) weitgehend zu verzichten. Das muss oft nicht dabeistehen, wenn den Lesenden die Rollen und Positionen der Charaktere klar sind. Und auch wichtig: Kommunikation geschieht nur zu 10% verbal und bezieht sich fast ausschließlich auf Inhalte, die rationaler Natur sind. Emotionales wir meist nonverbal mitgeteilt und sollte in einem gut geschriebenen Dialog auch angemessen dargestellt werden.

Viel Erfolg bei deiner Arbeit!

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Hm, da sind die Geschmäcker wieder unterschiedlich. Ich erlebe die Umgebung oft lieber in der Handlung. Also, statt dass ein Protagonist dem anderen Protagonisten erzählt und erklärt, dass es in ihrer Welt auch Drachen gibt, sollen sie doch lieber einem Drachen über den Weg laufen.

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Das ist keine schlechte Idee.

Danke für den Tipp. Ich versuche auch so gut es geht auf „fragte“ und „sagte“ (in ihren Varianten) zu verzichten. Es sei denn es sind zu viele Personen. Mein Problem ist nämlich auch, dass es im Laufe der Geschichte immer mehr Personen werden, die zu Wort kommen! Da muss man dann schon klar definieren, wer gerade spricht!

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Dialoge mit mehr als zwei Personen ist tatsächlich schwierig. In einem Romanprojekt hatte ich eine Söldnergruppe mit einem Anführer, seiner rechten Hand, die ihm gerne widersprach. Den lustigen Gesell, der nichts ernst nahm, einer Frau mit spitzen Kommentaren und einem alten Mann, der in Rätseln sprach, sowie die Protagonistin, aus deren Perspektive gelesen wurde.

Gespräche in dieser Gruppe waren sozusagen, dominiert von zwei Personen.
Anführer meint A,
Widersacher ist aber für B,
Anführer erklärt A,
Widersacher bleibt bei B, gibt dabei der Protagonistin die Schuld,
Einwand Protagonistin,
Widersacher setzt noch einen drauf.
Spitzer Kommentar von der Frau (nimmt Protagonistin in Schutz),
Der Komiker, (zieht die Lage ins Lächerliche)
Widersacher regt sich auf
Anführer, spricht nun ein Machtwort - alle gehen ab:
Weiser Mann sagt noch nen Schlusswort.

Somit kannst du eine Gruppe diskutieren lassen. Der Konflikt hier spielt sich zwischen Anführer, Widersacher und der Protagonistin ab. Die anderen Sprecher dienen nur der „Situationsbegleitung.“

Ansonsten sollten „Dialoge“ denselben Grundmuster wie Szenen folgen. Also du fragst dich: Warum gibt es diesen Dialog. Welches Interesse spiegelt sich darin wieder, und was soll der Effekt für später sein?
Dadurch kürzt sich die Länge des Dialoges automatisch ein.

Oder meinst du, dass jeder Sprecher einen ellenlangen Monolog hält?
Hier hilft das wechselseitige Lesen, wie es Corinna vorgeschlagen hat. Meistens redet jemand kaum mehr als ein paar Sätze am Stück. Höchstens wenn er Erinnerungen wiedergibt, werden Gespräche etwas länger.

Wenn Du Dialoge wählst, um Infodump darin einzupacken (wie Du schreibst), bleibt es immer noch Infodump. Das ist genauso auffällig wie ein langer Absatz oder ein Prolog über die Völker einer Fantasywelt, wenn die Relevanz für die Sprechenden oder die Natürlichkeit fehlt. „Der rosa Seidenschal an deinem langen Hals harmoniert hervorragend mit deinen goldenen Locken“ kann vielleicht eine (relevante?) Information transportieren, aber je nach Sprechsituation völlig dahergeholt klingen. Es muss passen, und dahingehend könntest Du Deine Dialoge überprüfen.
Dass Dialoglastigkeit funktionieren kann, zeigt z. B. „Eure Väter, wo sind sie? Und die Propheten, leben sie ewig?“ von Dave Eggers - da gibt es nur Dialog, streng stilisiert, ohne Dump, aber voller Information. Manchmal etwas bemüht.
Wenn Du den Dump entfernst und den Inhalt auf Relevantes, aus dem Gespräch oder der Situation Gewachsenes beschränkst, werden die Dialoge sicher schnell wieder kürzer und natürlicher.

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Danke für die Tipps.